Entscheidungsstichwort (Thema)

(Erfassung des Gewinns aus der Veräußerung eines Kommanditanteils "mit Wirkung vom 1. Januar" - Definition: Veräußerung i.S. des § 16 EStG - revisionsrechtliche Nachprüfung der Auslegung einer Willenserklärung)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft, der nach der vertraglichen Vereinbarung der Beteiligten "mit Wirkung vom 1.Januar" eines Jahres verkauft wird, ist nicht allein auf den Wortlaut des Vertrags abzustellen, sondern unter Würdigung aller Umstände zu entscheiden, welchem Feststellungszeitraum der Veräußerungsgewinn zuzurechnen ist (Anschluß an BFH-Urteil vom 2.Mai 1974 IV R 47/73, BFHE 113, 195, BStBl II 1974, 707).

2. Der Vertrag ist grundsätzlich, sofern die Abmachung des Zeitpunkts "mit Wirkung vom 1.Januar" von den Beteiligten klar getroffen und nicht tatsächlich schon früher vollzogen ist, erst in diesem Jahr, nicht schon am 31.Dezember des Vorjahres realisiert (Abgrenzung zum BFH-Urteil in BFHE 113, 195, BStBl II 1974, 707).

 

Orientierungssatz

1. Unter Veräußerung i.S. des § 16 EStG ist jede entgeltliche Übertragung des bürgerlich-rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums an Wirtschaftsgütern an eine andere natürliche oder juristische Person zu verstehen. Dabei kommt es nicht auf das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft, sondern das dingliche Erfüllungsgeschäft an (vgl. BFH-Urteil vom 16.10.1984 VIII R 299/81).

2. Bei der Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft können die Vertragspartner bürgerlich-rechtlich einen späteren Zeitpunkt der Anteilsübertragung als den des Vertragsabschlusses vereinbaren. Auch einkommensteuerrechtlich unterliegt eine solche für die Zukunft wirkende Abmachung zwischen dem bisherigen und dem neuen Gesellschafter --im Gegensatz zu rückwirkenden Vereinbarungen-- im allgemeinen keinen Bedenken (vgl. BFH-Urteil vom 21.12.1972 IV R 194/69).

3. Revisionsrechtlich nachprüfbar ist, ob eine Willenserklärung eindeutig und die Auslegung des FG nach dem Wortlaut der Erklärung möglich ist, sowie die Frage, ob das FG die für die Auslegung bedeutsamen Begleitumstände, insbesondere die Interessenlage der Beteiligten erforscht hat. Dagegen ist die Ermittlung des subjektiven Parteiwillens Sache des FG als Tatsacheninstanz.

 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 1 Nr. 2; BGB §§ 133, 157; FGO § 118 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Revisionsklägerin ist die Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes (Kläger), der an der Firma ... A-GmbH & Co. KG (B-KG) in C als Kommanditist beteiligt war. Mit Vertrag vom 6.November 1978 haben er und sein Sohn ihre Kommanditanteile in Höhe von nominell ... DM bzw. ... DM an die Firma D-GmbH & Co. KG (D-KG) in X veräußert.

Die D-KG hatte zuvor im gleichen Jahr die an der B-KG als Komplementärin beteiligte Firma A-GmbH übernommen. Am 14.Dezember 1978 wurde der alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der D-KG, der Zeuge E, zum Geschäftsführer der A-GmbH bestellt.

Nach § 2 des Vertrags wurden die Kommanditeinlagen "mit Wirkung vom 1.Januar 1979" verkauft. Gemäß § 3 Abs.1 war der Kaufpreis in Höhe von ... DM an dem Tage fällig, an dem der Austritt der Kommanditisten und der Eintritt des Erwerbers als Kommanditist in die B-KG in das Handelsregister eingetragen wurde --dies ist nach Anmeldung zur Eintragung vom 13.Dezember 1978 am 2.Februar 1979 geschehen--. Nach § 3 Abs.2 vergütete die B-KG den Verkäufern den Stand der Privatkonten in der in der Bilanz zum 31.Dezember 1978 ausgewiesenen Höhe. Die Privatkonten waren mit feststehenden Summen am 1.Mai 1979 und 10.Juli 1979 zu tilgen. Der noch nicht feststehende, sondern über die Bilanz zum 31.Dezember 1978 festzustellende Rest war am 10.August 1979 zu leisten. Die Beträge wurden beginnend ab 1.Januar 1979 verzinst. Ausgangsbasis für die Festlegung des Kaufpreises war die Bilanz der B-KG zum 31.Dezember 1976; die Bilanzen zum 31.Dezember 1977 und zum 31.Dezember 1978 waren nach den bisherigen Bilanzierungsgrundsätzen aufzustellen. Die Verkäufer garantierten in § 5 des Vertrages den Bestand des Umlaufvermögens und der Verbindlichkeiten, wie sie in der Bilanz zum 31.Dezember 1978 ausgewiesen waren. Nach dem 31.Dezember 1978 anfallende Einnahmen oder Aufwendungen, welche die Zeit vor dem bzw. bis zum 31.Dezember 1978 betreffen, wurden auf einem besonderen Konto erfaßt, dessen Saldo zugunsten bzw. zu Lasten der Verkäufer ging. Auch etwaige Nachzahlungen betrieblicher Steuern aufgrund einer Außenprüfung, die zum 31.Dezember 1978 nicht oder nicht ausreichend zurückgestellt sein sollten, gingen zu Lasten der Verkäufer.

In der Bilanz der B-KG zum 31.Dezember 1978 sind als Inhaber der Kapitalkonten noch die bisherigen Kommanditisten aufgeführt. Der Gesellschafterwechsel wurde erst in der Bilanz zum 1.Januar 1979 unter Aufstockung der Aktiva berücksichtigt. Dagegen hat die D-KG (nach dem Urteil des Finanzgerichts --FG--) den Erwerb der Kommanditanteile bereits in der Bilanz zum 31.Dezember 1978 ausgewiesen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erfaßte den Veräußerungsgewinn des Klägers in Höhe von ... DM im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte für das Streitjahr 1978, während der Kläger die Auffassung vertrat, der Gewinn sei erst 1979 eingetreten. Sein Einspruch hatte nur insoweit Erfolg, als der Veräußerungsgewinn auf ... DM ermäßigt wurde.

Während des hiergegen vom Kläger angestrengten Klageverfahrens gab der erkennende Senat der Revision des Klägers gegen die vom FG versagte Aussetzung der Vollziehung des Feststellungsbescheids 1978 mit nicht veröffentlichtem Urteil vom 16.Oktober 1984 VIII R 299/81 statt.

Das FG lud die B-KG sowie den Sohn des Klägers notwendig bei und vernahm den Geschäftsführer der A-GmbH sowie die an den Vertragsabschlüssen für die Beteiligten aufgetretenen Bevollmächtigten, nämlich den Wirtschaftsprüfer Dr. F (für die D-KG) sowie den Steuerberater G (für den Kläger) als Zeugen. Es wies die Klage im wesentlichen als unbegründet ab, indem es den Veräußerungsgewinn auf ... DM herabsetzte. Das FG führte im wesentlichen aus:

Das FA habe den Gewinn des Klägers aus der Veräußerung seines Kommanditanteils zu Recht im Streitjahr 1978 erfaßt. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 2.Mai 1974 IV R 47/73 (BFHE 113, 195, BStBl II 1974, 707) sei bei der steuerlichen Zuordnung von Ereignissen im zeitlichen Schnittpunkt zwischen den Jahren unter Beachtung aller Umstände zu beurteilen, wohin ein Schnittpunktereignis gehöre und ob es im alten Jahr oder im neuen Jahr steuerrechtlich zu erfassen sei. Dem stehe die Senatsentscheidung vom 16.Oktober 1984 VIII R 299/81 nicht entgegen. Mit dem dort befürworteten Rückgriff auf den Eintritt des Leistungserfolgs (§ 362 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--) werde im Streitfall nichts geklärt.

Aus der Auslegung des Anteilsübertragungsvertrags unter Berücksichtigung der Zeugenaussagen ergebe sich, daß die Veräußerung des Kommanditanteils dem Kalenderjahr 1978 zuzurechnen sei.

In dem Anteilsübertragungsvertrag finde sich keine Regelung, die den Verkäufern für das Jahr 1979 noch eine Kompetenz zuweise.

Nach der Aussage des Zeugen Dr. F sei es für die D-KG wichtig gewesen, daß die Übernahme der Kommanditanteile am Schnittpunkt zum 31.Dezember 1978/1.Januar 1979 wirksam erfolgt sei. Denn für die D-KG habe die vermögensmäßige Zurechnung der Kommanditanteile bei der Einheitsbewertung zum 1.Januar 1979 sichergestellt werden sollen. Bei der Zurechnung zu einem späteren Zeitpunkt wäre der Einheitswert um ca. ...Mio DM höher gewesen. Aus diesem Grunde seien von dem Zeugen alle Versuche sowohl des Klägers als auch dessen steuerlichen Beraters, des Zeugen G, die in dem Vertragsentwurf befindliche Formulierung "mit Wirkung zum 1.Januar 1979" durch die Formulierung "im Laufe des 1.Januar 1979" zu ersetzen, zurückgewiesen worden.

Mit der vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügt die Revisionsklägerin Verletzung materiellen Rechts (§ 2 Abs.7 des Einkommensteuergesetzes --EStG--, § 38 der Abgabenordnung --AO 1977--) und Verfahrensfehler.

Die Revisionsklägerin beantragt, zum Teil sinngemäß, unter Aufhebung des FG-Urteils und der Einspruchsentscheidung den Feststellungsbescheid 1978 in der Fassung vom 3.Juli 1981 dahingehend zu ändern, daß der Gewinn aus der Veräußerung des Kommanditanteils nicht erfaßt wird.

Das FA beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es tritt der Vorentscheidung bei.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist schon wegen Verletzung materiellen Rechts begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Klagestattgabe.

1. a) Nach § 16 Abs.1 Nr.2 EStG zählt zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung eines Kommanditanteils, weil der Kommanditist Mitunternehmer i.S. des § 15 Abs.1 Nr.2 EStG ist.

Unter Veräußerung i.S. des § 16 EStG ist, wie der Senat bereits im nicht veröffentlichten Urteil vom 16.Oktober 1984 VIII R 299/81 zur Aussetzung der Vollziehung des strittigen Gewinnfeststellungsbescheids im Anschluß an Erdweg in Herrmann/ Heuer/Raupach (Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19.Aufl., § 16 EStG Anm.55) ausgesprochen hat, jede entgeltliche Übertragung des bürgerlich- rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums an Wirtschaftsgütern auf eine andere natürliche oder juristische Person zu verstehen. Dabei kommt es nicht auf das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft, sondern das dingliche Erfüllungsgeschäft an.

Maßgebend für die einkommensteuerrechtliche Beurteilung ist zunächst die bürgerlich- und handelsrechtliche Rechtslage (BFH-Urteil vom 21.Dezember 1972 IV R 194/69, BFHE 108, 495, BStBl II 1973, 389, Ziffer II, 1.Absatz der Gründe). Bürgerlich-rechtlich handelt es sich um die rechtsgeschäftliche Übertragung eines Schuldverhältnisses im Ganzen, die auch durch gleichzeitige Auswechslung aller Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft möglich ist (Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 8.November 1965 II ZR 223/64, BGHZ 44, 229, 231; Palandt/Heinrichs, BGB, Kommentar, 51.Aufl., § 398 Anm.10). Allerdings muß die Anteilsveräußerung an Dritte nach herrschender Meinung entweder im Gesellschaftsvertrag zugelassen oder mit Zustimmung aller Gesellschafter erfolgt sein (vgl. BGH-Urteil vom 30.Juni 1980 II ZR 219/79, BGHZ 77, 392, 395/396). Davon ist hier mit dem FG auszugehen.

Auch hinsichtlich des Zeitpunkts der Anteilsübertragung ist zunächst an die vertraglichen Vereinbarungen der Beteiligten anzuknüpfen (so --zur Betriebsveräußerung-- schon BFH-Urteil vom 10.August 1961 IV 192/59, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1961, 268, Steuerrechtsprechung in Karteiform --StRK--, Einkommensteuergesetz, § 5, Rechtsspruch 282 unter Hinweis auf das Urteil des Reichsfinanzhofs --RFH-- vom 8.Februar 1938 I 256/37, RFHE 43, 234). Bürgerlich-rechtlich steht außer Frage, daß die Vertragspartner einen späteren Zeitpunkt der Anteilsübertragung als den des Vertragsabschlusses vereinbaren können, z.B. den Tag der Eintragung im Handelsregister (BGH-Urteil vom 28.Oktober 1981 II ZR 129/80, BGHZ 82, 209, 212, betreffend den "Eintritt" des Kommanditisten i.S. des § 176 Abs.2 des Handelsgesetzbuches --HGB--; Baumbach/Duden/Hopt, Handelsgesetzbuch, Kommentar, 28.Aufl., § 176 Anm.3 A; Schilling in Großkommentar zum HGB, § 173 Anm.3; § 176 Anm.16; K. Schmidt, Anm. in Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1982, 886, Ziff.1, und Knobbe-Keuk, Steuerberater-Jahrbuch --StbJb-- 1983/84, S.74, 77). Auch einkommensteuerrechtlich unterliegt eine solche für die Zukunft wirkende Abmachung zwischen dem bisherigen und dem neuen Gesellschafter --im Gegensatz zu rückwirkenden Vereinbarungen-- im allgemeinen keinen Bedenken (BFH-Urteil in BFHE 108, 495, BStBl II 1973, 389, 391; Hörger in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15.Aufl., § 16 EStG, Rdnr.149).

Sind die Vereinbarungen der Beteiligten über den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts unklar oder mehrdeutig, ist der Vertragsinhalt mit Hilfe der gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) und unter Berücksichtigung der bedeutsamen Begleitumstände zu ermitteln (BFH-Urteile vom 11.Februar 1981 I R 13/77, BFHE 133, 3, BStBl II 1981, 475, und vom 24.April 1991 XI R 9/87, BFHE 164, 279, BStBl II 1991, 723, 725).

Bei Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft, der nach der vertraglichen Vereinbarung der Beteiligten "mit Wirkung vom 1.Januar" eines Jahres verkauft wird, ist nach dem BFH- Urteil in BFHE 113, 195, BStBl II 1974, 707 nicht allein auf den Wortlaut des Vertrags abzustellen, sondern unter Würdigung aller Umstände zu entscheiden, welchem Feststellungszeitraum der Veräußerungsvorgang zuzurechnen ist. Dem hat sich der erkennende Senat im Urteil vom 24.April 1990 VIII R 424/83 (BFH/NV 1991, 804) angeschlossen.

Einkommensteuerrechtlich kommt der tatsächlichen Durchführung des Vereinbarten durch die Beteiligten besondere Bedeutung zu. Damit stimmt der von der ständigen Rechtsprechung entwickelte Grundsatz überein, daß der Gewinn aus einer Betriebsveräußerung dann realisiert wird, wenn der Erwerber nach dem Willen der Vertragspartner wirtschaftlich über das erworbene Betriebsvermögen verfügen kann (BFH-Urteile in HFR 1961, 268, StRK, Einkommensteuergesetz, § 5, Rechtsspruch 282; vom 30.Oktober 1973 I R 38/70, BFHE 111, 235, BStBl II 1974, 255 --zur Betriebseinbringung--, und vom 23.Januar 1992 IV R 88/90, BFHE 167, 78, BStBl II 1992, 525 -- zur Praxisübertragung--). Bei Veräußerung eines Grundstücks ist der Tag maßgebend, an dem Besitz, Nutzungen und Lasten übergehen (BFH-Urteil vom 7.November 1991 IV R 43/90, BFHE 166, 329, BStBl II 1992, 398, sowie der erkennende Senat im Urteil vom 7.August 1990 VIII R 223/85, BFH/NV 1991, 294, 295/296).

Im Falle der Übertragung eines Gesellschaftsanteils handelt es sich allerdings um einen schlichten Rechtsübergang i.S. des § 413 BGB (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 413, Anm.1; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2.Aufl., § 45 III 3, S.1090), der bürgerlich-rechtlich keiner weiteren Vollzugsakte bedarf. Davon ist auch bei der einkommensteuerrechtlichen Beurteilung auszugehen, da aus bilanzsteuerlichen Gründen nichts anderes folgt.

Bei der Veräußerung eines Gesellschaftsanteils "mit Wirkung vom 1.Januar" ist der Veräußerungsgewinn grundsätzlich, sofern die Abmachung dieses Zeitpunkts von den Beteiligten klar getroffen und nicht tatsächlich schon früher vollzogen ist, erst in diesem Jahr, nicht schon am 31.Dezember des Vorjahres realisiert (ebenso FG Köln im Urteil vom 23.Februar 1988 3 K 228/86, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1988, 264, rkr; Bunjes, StRK-Anm., Einkommensteuergesetz, § 16, Rechtsspruch 166; Hörger in Handbuch der Unternehmensbesteuerung 1990, C 518 und in Littmann/Bitz/ Meincke, a.a.O., Rdnr.135; Reiß in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 16 Anm.E 15; Schlutz, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 1990, 562, 564, und Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Tz.6972.1; a.A. FG Köln, Urteil vom 28.April 1981 XII 283/78 F, EFG 1982, 80, rkr.; Gänger in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 16 Rz.165; Kauffmann in Frotscher, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 16 Anm.108 und wohl auch Stuhrmann in Blümich, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 14.Aufl., § 16 Rz.273).

Mit dieser Entscheidung weicht der Senat nicht von dem BFH- Urteil in BFHE 113, 195, BStBl II 1974, 707 ab, da der IV.Senat dort wesentlich auf den wirtschaftlichen Vollzug der Übertragung noch im alten Jahr abgestellt hat --vor allem hatte die Verkäuferin des Gesellschaftsanteils bereits am 31.Dezember des Vorjahres einen erheblich über ihrem Kapitalkonto liegenden Teil des Kaufpreises erhalten--.

b) Das FG-Urteil ist mit den vorstehenden Grundsätzen nicht vereinbar. Sowohl die Auslegung des Veräußerungsvertrags durch das FG als auch seine rechtliche Würdigung der hierzu getroffenen tatsächlichen Feststellungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Denn es läßt sich --entgegen dem FG-- weder aus dem Vertrag noch aus den Begleitumständen entnehmen, daß die D-KG nach dem Willen der Vertragspartner bereits am 31.Dezember 1978 wirtschaftlich über den Kommanditanteil des Klägers verfügen konnte.

Der Senat darf nach ständiger Rechtsprechung die Würdigung eines Vertrags durch das FG daraufhin überprüfen, ob das FG die gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) beachtet und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. BFH- Urteil in BFHE 164, 279, BStBl II 1991, 723, 725, m.w.N.). Revisionsrechtlich nachprüfbar ist auch, ob eine Willenserklärung eindeutig und die Auslegung des FG nach dem Wortlaut der Erklärung möglich ist, sowie die Frage, ob das FG die für die Auslegung bedeutsamen Begleitumstände, insbesondere die Interessenlage der Beteiligten erforscht hat. Dagegen ist die Ermittlung des subjektiven Parteiwillens Sache des FG als Tatsacheninstanz (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2.Aufl., § 118 Rz.17).

Das FG hat sein Urteil zu Unrecht im wesentlichen darauf gestützt, daß der Kläger im Jahre 1979 keinerlei Gesellschafterrechte mehr habe ausüben können, während es nach den vorstehenden Ausführungen darauf ankommt, ob er bis zum Ende des Streitjahres 1978 Kommanditist geblieben ist, so daß der Rechtsübergang am 1.Januar 1979 stattgefunden haben muß. Diese Frage ist im vorliegenden Fall zu bejahen. Zeitpunkt des Rechtsübergangs ist nach dem insoweit eindeutigen Vertragswortlaut nicht der 31.Dezember 1978, sondern der 1.Januar 1979. Die weiteren vertraglichen Bestimmungen sind, wie der Senat bereits im Urteil vom 16.Oktober 1984 VIII R 299/81 ausgesprochen hat, keine zwingenden Anzeichen dafür, daß die Anteilsveräußerung entgegen dem Wortlaut des Vertrages noch im Jahre 1978 anzusetzen wäre. Sie lassen sich vielmehr durchweg als Ausdruck dessen verstehen, daß sich der Kläger erst mit vollständigem Ablauf des Streitjahres 1978 von seinem Kommanditanteil trennen wollte.

Einen hiervon abweichenden Willen der Beteiligten hat die Beweisaufnahme des FG nicht ergeben. Insbesondere hat das FG nicht festgestellt, daß es sich hinsichtlich des vereinbarten Übertragungszeitpunkts vom 1.Januar 1979 um eine falsa demonstratio gehandelt hätte, die Beteiligten also übereinstimmend vom früheren Zeitpunkt des 31.Dezember 1978 ausgegangen wären. Vielmehr war der im Vertragstext gewählte Rechtsübergang "mit Wirkung vom 1.Januar 1979" das Ergebnis eingehender Verhandlungen, wie die Zeugen übereinstimmend bekundet haben. Mit dieser Vertragsfassung wurde der unterschiedlichen Interessenlage beider Vertragsparteien Rechnung getragen.

Wenn der Erwerberin vor allem aus vermögensteuerlichen Gründen an der Zurechnung auf den 1.Januar 1979 gelegen war, so wurde dem bereits mit der gewählten Vereinbarung des Rechtsübergangs "mit Wirkung vom 1.Januar 1979" entsprochen. Daß sich der Kläger mit dem Bestreben, stattdessen die Formulierung "im Laufe des 1.Januar 1979" zu wählen, wie das FG feststellt, nicht habe durchsetzen können, erscheint demgegenüber nicht entscheidungserheblich; damit wäre die Fixierung des Rechtsübergangs auf den 1.Januar 1979 nur verdeutlicht, nicht erst begründet worden.

Auch die sonstigen Feststellungen des FG zur Durchführung der Anteilsveräußerung gestatten keine Zuordnung zum Streitjahr 1978. Soweit das FG die Bilanzierung des Anteilserwerbs durch die D-KG zum 31.Dezember 1978 für maßgeblich, die hiervon abweichende bilanzielle Behandlung durch die B-KG indessen für unerheblich erachtet hat, entbehrt diese Unterscheidung einer stichhaltigen Begründung. Vor allem wurde hier unstreitig --anders als im Falle des BFH-Urteils in BFHE 113, 195, BStBl II 1974, 707-- im Jahre 1978 nichts von dem wirtschaftlich vorweggenommen, was erst ab 1.Januar 1979 gelten sollte. Außer der --an sich unerheblichen-- Handelsregistereintragung des Gesellschafterwechsels vom 19.Februar 1979 ist auch der Kaufpreis vereinbarungsgemäß erst im Jahre 1979 gezahlt worden.

2. Da die Vorentscheidung schon aus materiell-rechtlichen Gründen aufzuheben ist, erübrigt sich eine Senatsentscheidung zu den Verfahrensrügen.

3. Die Sache ist spruchreif. Unter Aufhebung des FG-Urteils und der Einspruchsentscheidung war der einheitliche und gesonderte Feststellungsbescheid 1978 in der Fassung vom 3.Juli 1981 dahingehend abzuändern, daß die Einkünfte aus Gewerbebetrieb von ... DM auf ... DM ermäßigt werden und bei dem Kläger der Ansatz eines Veräußerungsgewinns in Höhe von ... DM entfällt. Die übrigen Gewinnanteile bleiben unverändert.

 

Fundstellen

Haufe-Index 64342

BFH/NV 1993, 19

BStBl II 1993, 228

BFHE 170, 29

BFHE 1993, 29

BB 1993, 777

BB 1993, 777-779 (LT)

DB 1993, 717-719 (LT)

DStR 1993, 393 (KT)

HFR 1993, 307 (LT)

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