Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Gesellschaftsteuer bei Einbringung eines Unternehmens in eine GmbH

 

Leitsatz (NV)

1. Tragen die tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts dessen Entscheidung nicht, so leidet diese an einem ohne Rüge nachprüfbaren materiellen Fehler.

2. Versprechen die Gesellschafter einer neu gegründeten GmbH sog. Sacheinlagen, deren Wert teilweise auf die Einlageforderung verrechnet und im übrigen als Darlehensverbindlichkeit der GmbH behandelt werden soll, dann ist nur der Teil der Sacheinlage gesellschaftsteuerpflichtig, der Gegenleistung für den Ersterwerb von Gesellschaftsrechten ist.

 

Normenkette

KVStG 1972 § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 8 S. 1 Nr. 1 Buchst. a

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine durch Vertrag vom . . . 1979 errichtete GmbH, die drei Gesellschafter (A, B und C) hatte. A und B versprachen, als Sacheinlagen das Geschäft der X-KG mit allen Aktiva und Passiva ausgenommen den Grundbesitz zu den Buchwerten der Handelsbilanz der X-KG zum 31. Dezember 1979 einzubringen. Sie erfüllten dieses Versprechen am 31. Dezember 1979. Die X-KG blieb als sog. Besitzgesellschaft bestehen. In einem erst am 25. Februar 1981 abgeschlossenen Ergänzungsvertrag legten die Gesellschafter der Klägerin den Gesamtwert der Einlagen von A und B aufgrund der in der Handelsbilanz der X-KG zum 31. Dezember 1979 festgestellten Buchwerte mit 3 182 451 DM fest. Davon wurden 770 000 DM auf die von A und B zu erbringenden Stammeinlagen verrechnet. Den Restbetrag in Höhe von 2 412 451 DM wies die Klägerin als Darlehensverbindlichkeit gegenüber A und B aus.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte den Wert der von A, B und C für den Ersterwerb von Gesellschaftsrechten erbrachten Gegenleistungen mit 1 446 000 DM an. In einem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid wurde die Gesellschaftsteuer auf 14 460 DM festgesetzt.

Nach einer Außenprüfung ermittelte das FA den Wert der von A, B und C erbrachten Gegenleistungen mit (5 660 290 DM + 229 710 DM + 30 000 DM =) 5 920 000 DM. Es setzte die Gesellschaftsteuer durch Änderungsbescheid vom 5. März 1985 auf 59 200 DM fest. Der Einspruch der Klägerin hatte insoweit Erfolg, als das FA den Wert der Gegenleistung nur noch mit 5 330 000 DM ansetzte und die Gesellschaftsteuer in der Einspruchsentscheidung vom 11. November 1985 auf 53 300 DM herabsetzte.

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin, von dem Ausgangswert in Höhe von 5 330 000 DM die Darlehensgutschriften in Höhe von 2 412 451 DM abzusetzen und die Gesellschaftsteuer von 2 917 549 DM zu berechnen. Das FA lehnte dies ab, weil es die Darlehensgutschriften bereits bei der Ermittlung des Vermögenswertes der X-KG abgesetzt hatte.

Die Klage blieb ohne Erfolg.Mit ihrer vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 8 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG) 1972.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Dessen tatsächlichen Feststellungen tragen die getroffene Entscheidung nicht. Damit leidet die Vorentscheidung an einem ohne Rüge nachprüfbaren materiellen Fehler (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22. Juli 1987 I R 74/85, BFHE 150, 447, BStBl II 1987, 823).

1. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1972 unterliegt der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber der Gesellschaftsteuer. Ergänzend dazu regeln die §§ 5 und 6 KVStG 1972, was unter einer inländischen Kapitalgesellschaft und was unter Gesellschaftsrechten zu verstehen ist. Danach ist eine GmbH mit Sitz und Geschäftsleitung in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) eine inländische Kapitalgesellschaft (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 KVStG 1972). Geschäftsanteile an einer inländischen GmbH sind Gesellschaftsrechte (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1972). Sie sind den Gesellschaftern zuzurechnen (§ 6 Abs. 2 KVStG 1972).

Zu diesen Voraussetzungen hat das FG in tatsächlicher Hinsicht und den erkennenden Senat bindend festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), daß die Klägerin als inländische GmbH errichtet wurde. Durch den Gründungsakt erwarben die Gesellschafter der Klägerin Gesellschaftsrechte. Damit war der Besteuerungstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1972 verwirklicht.

2. Gemäß § 8 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a KVStG 1972 wird die Gesellschaftsteuer beim Ersterwerb von Gesellschaftsrechten i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1972 vom Wert der Gegenleistung berechnet, wenn eine solche zu bewirken ist. Dazu hat das FG für den erkennenden Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt, daß die Gesellschafter der Klägerin im Gesellschaftsvertrag vom 27. Oktober 1979 eine Sacheinlageverpflichtung übernahmen, die sie am 31. Dezember 1979/1. Januar 1980 bewirkten. Hierin liegt eine Gegenleistung i. S. des § 8 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a KVStG 1972. Folglich ist von dieser Vorschrift bei der Ermittlung des Steuermaßstabes auszugehen.

3. Das FG hat in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß die Einlagen der Gesellschafter der Klägerin mit einem Wert von 3 182 451 DM in Höhe eines Betrages von 770 000 DM auf die zu erbringenden Sacheinlagen und in Höhe von 2 412 451 DM auf Darlehensverbindlichkeiten gegenüber den Gesellschaftern verbucht wurden. Sollte diese Verbuchung den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen, so hätten die Gesellschafter für die von ihnen erbrachten Sacheinlagen nicht nur Gesellschaftsrechte, sondern außerdem Darlehensforderungen erworben. Entsprechend müßte die erbrachte Gegenleistung wertmäßig in eine solche für den Erwerb der Gesellschaftsrechte und in eine solche für den Erwerb der Darlehensforderungen aufgeteilt werden. Nur der auf den Erwerb der Gesellschaftsrechte entfallende Teil der Gegenleistung würde den Steuermaßstab gemäß § 8 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a KVStG 1972 bilden. Das FG hätte deshalb feststellen müssen, ob die Verbuchung dem tatsächlich verwirklichten Sachverhalt entspricht. Diese Feststellung hat das FG auf Grund eines Rechtsirrtums über die Entscheidungserheblichkeit unterlassen.

4. Der erkennende Senat kann die Feststellung nicht in eigener Zuständigkeit nachholen, weil der Sachverhalt weiterer Aufklärung bedarf.

a) Einerseits ist in dem Gesellschaftsvertrag vom 27. Oktober 1979, auf den das FG in seinem Tatbestand Bezug genommen hat, von einer Umwandlung von Eigen- in Fremdkapital die Rede, soweit der Einbringungswert den Betrag von 770 000 DM übersteigt. Andererseits macht das Eigenkapital der Gesellschafter der X-KG 1 494 000 DM und das Stammkapital der Klägerin, soweit es durch Sacheinlagen zu belegen war, 770 000 DM aus. Die Differenz ergibt auch dann nicht den als Gesellschaftsdarlehen ausgewiesenen Betrag, wenn man den zurückbehaltenen Grundbesitz berücksichtigt.

b) Die Gesellschafter der Klägerin übertrugen das Vermögen der X-KG mit allen Aktiva und Passiva - ohne Grundbesitz - auf die Klägerin. Danach gingen Gesellschafterverbindlichkeiten, die die X-KG schon vor dem 1. Januar 1980 eingegangen war, am 1. Januar 1980 auf die Kläger über, ohne daß sie als Gegenleistung besonders berücksichtigt werden könnten. Laut Einbringungsbilanz der X-KG zum 31. Dezember 1979, auf die das FG ebenfalls Bezug genommen hat, betrugen die Verbindlichkeiten der XKG gegenüber den Gesellschaftern 4 029 415,76 DM. Demgegenüber sind in der Eröffnungsbilanz der Klägerin zum 1. Januar 1980 nur Verbindlichkeiten gegenüber den Gesellschaftern in Höhe von 2 412 972 DM ausgewiesen. Dies spricht dafür, daß es sich bei den in der Eröffnungsbilanz ausgewiesenen Darlehensforderungen nur um solche handeln kann, die schon vor dem 1. Januar 1980 bestanden und für die die Gesellschafter der Klägerin keine Gegenleistung erbrachten. Allenfalls kann in Höhe des Differenzbetrages ein Forderungsverzicht der Gesellschafter und insoweit eine zusätzliche Gegenleistung für den Erwerb von Gesellschaftsrechten in Betracht gezogen werden.

5. Demgegenüber greifen die Überlegungen des FG nicht durch. Die Beteiligten streiten einmal über die Höhe des Vermögenswertes der eingebrachten Aktiva und Passiva und zum anderen darüber, was die Gesellschafter der Klägerin für ihre Gegenleistungen erhielten. Zwischen den Beteiligten ist dagegen die Anwendung des Stuttgarter Verfahrens und die Höhe des Ertragswertes unstreitig.

Sachlich trifft es nicht zu, daß das der Klägerin gewidmete Kapital um die Darlehensbeträge gekürzt worden sei. Das entsprechende Kapital beträgt 770 000 DM + 30 000 DM = 800 000 DM. Das FA hat seiner Berechnung des Vermögenswertes laut Einspruchsentscheidung den Betrag von 770 000 DM ungekürzt zugrunde gelegt. Der Ansatz des Betrages von 3 182 451 DM bedeutet, daß die Stammeinlage von 770 000 DM zunächst um 2 412 451 DM erhöht und anschließend um denselben Betrag wieder gekürzt wurde. Dann aber heben sich die Erhöhung und die Kürzung wechselseitig auf. Tatsächlich ist also das FA von der ungekürzten Stammeinlage ausgegangen.

6. Da das FG von einer fehlerhaften Rechtsauffassung ausgegangen ist, kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. In tatsächlicher Hinsicht ist festzustellen, ob die von den Gesellschaftern erbrachten Sacheinlagen auch Gegenleistung für den Erwerb von Darlehensforderungen waren. Diese Feststellungen nachzuholen ist die Aufgabe des FG. Zu diesem Zweck war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache war an das FG zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417310

BFH/NV 1991, 405

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