Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesellschaftsteuer bei Umwandlung einer KG in eine KGaA

 

Leitsatz (amtlich)

Wird eine Kommanditgesellschaft in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien gemäß §§ 40 ff. UmwG umgewandelt, so ist die als Folge des Ersterwerbs von Gesellschaftsrechten (§ 2 Abs.1 Nr.1 KVStG 1972) anfallende Gesellschaftsteuer nach § 8 Satz 1 Nr.1 Buchst.b KVStG 1972 vom Wert der Gesellschaftsrechte der Kommanditaktionäre zu berechnen, weil keine Gegenleistung zu bewirken ist.

 

Orientierungssatz

Unter Umwandlung i.S. der §§ 40 ff. UmwG ist die Veränderung der Rechtsform eines Unternehmens ohne Auflösung (Liquidation) und ohne Einzelübertragung der Vermögensgegenstände des Gesellschaftsvermögens zu verstehen. Die Vermögensübertragung ist nicht einmal Tatbestandsvoraussetzung des Umwandlungsbegriffes. Soweit sie jedoch speziell in § 41 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UmwG gefordert wird, vollzieht sie sich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (vgl. Literatur).

 

Normenkette

KVStG 1972 § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 8 S. 1 Nr. 1 Buchst. b; UmwG §§ 40ff, 40, 41 Abs. 1 S. 2 Nr. 2

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), die durch den notariell beurkundeten Beschluß der Gesellschafter der Kommanditgesellschaft G (G-KG) vom 7.Mai 1980 errichtet wurde. Nach dem Beschluß sollte die G-KG in die Klägerin gemäß §§ 40 ff. des Umwandlungsgesetzes (UmwG) umgewandelt werden. An der neu errichteten Klägerin sollten sämtliche Gesellschafter der G-KG beteiligt sein. Das Vermögen der G-KG sollte unter Zugrundelegung der Umwandlungsbilanz zum 31.Dezember 1979 auf die Klägerin übergehen. Das Grundkapital der Klägerin wurde auf 12,5 Mio DM festgesetzt. Die Umwandlung der G-KG in die Klägerin wurde am 6.Juni 1980 in das Handelsregister eingetragen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) ermittelte im Bescheid vom 12.Februar 1981 den Wert des Unternehmens der G-KG nach dem sog. Stuttgarter Verfahren (Abschn.76 ff. der Vermögensteuer-Richtlinien ―VStR―) mit 20 144 630 DM und setzte die Gesellschaftsteuer auf 201 446,30 DM fest. Es lehnte es ab, die Bemessungsgrundlage um die in Abschn.77 Abs.5 und/oder 80 Abs.2 Satz 1 VStR genannten Abschläge zu kürzen, weil keine Gesellschaftsrechte, sondern das in die Klägerin eingebrachte Unternehmen der G-KG zu bewerten seien.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Während des Klageverfahrens änderte das FA den angefochtenen Steuerbescheid am 29.Februar 1984. Die Gesellschaftsteuer wurde auf 249 004 DM festgesetzt, ohne daß dadurch der zwischen den Beteiligten streitige Punkt seine Erledigung gefunden hätte. Die Klägerin leitete den geänderten Bescheid in das Klageverfahren über (§ 68 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Mit ihrer vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Die Revisionsbegründung zielt darauf ab, als Bemessungsgrundlage die Summe der Werte der durch die Umwandlung untergegangenen Kommanditanteile an der G-KG anzusetzen.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Gesellschaftsteuerbescheid vom 29.Februar 1984 zu ändern und die Gesellschaftsteuer auf 154 836 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 FGO).

1. Nach § 2 Abs.1 Nr.1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes 1972 (KVStG 1972) unterliegt der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber der Gesellschaftsteuer. Die Vorschrift wird durch §§ 5 und 6 KVStG 1972 ergänzt. Darin ist geregelt, daß eine KGaA Kapitalgesellschaft im Sinne des KVStG 1972 ist (§ 5 Abs.1 Nr.2 KVStG 1972) und daß Aktien als Gesellschaftsrechte an einer KGaA gelten (§ 6 Abs.1 Nr.1 KVStG 1972).

Zu diesen Voraussetzungen hat das FG in tatsächlicher Hinsicht und den erkennenden Senat bindend festgestellt (§ 118 Abs.2 FGO), daß die Klägerin durch den Beschluß der Gesellschafter vom 7.Mai 1980 als KGaA errichtet wurde. Der Beschluß wurde mit seiner Eintragung im Handelsregister wirksam (§ 44 Abs.1 Satz 1 UmwG). Alle Gesellschafter der G-KG wurden auch Kommanditaktionäre der Klägerin. Sitz und Geschäftsleitung der Klägerin waren im Inland gelegen.

Auf der Grundlage dieser tatsächlichen Feststellungen wurde die Klägerin am 7.Mai 1980 als inländische Kapitalgesellschaft im Sinne des § 5 Abs.1 Nr.2 KVStG 1972 errichtet. Die Errichtung wurde am 6.Juni 1980 wirksam. An diesem Tag erwarben die Kommanditaktionäre Gesellschaftsrechte im Sinne des § 6 Abs.1 Nr.1 KVStG 1972 als Ersterwerber. Damit war der Besteuerungstatbestand des § 2 Abs.1 Nr.1 KVStG 1972 verwirklicht.

2. Nach § 8 Satz 1 Nr.1 Buchst.a KVStG 1972 wird die Gesellschaftsteuer bei einem Erwerb von Gesellschaftsrechten im Sinne des § 2 Abs.1 Nr.1 KVStG 1972 vom Wert der Gegenleistung berechnet, wenn eine solche bewirkt wird. Im Falle der Umwandlung einer Personengesellschaft in eine KGaA gemäß §§ 40 ff. UmwG fehlt es jedoch an einer zu bewirkenden Gegenleistung im Sinne des § 8 Satz 1 Nr.1 Buchst.a KVStG 1972.

a) Der Senat hat schon in seinem Urteil vom 18.Oktober 1989 I R 25/85 (BFHE 158, 471, BStBl II 1990, 225) dargelegt, daß der Begriff "Gegenleistung" im Sinne des § 8 Satz 1 Nr.1 Buchst.a KVStG 1972 der gegenständliche Ausdruck für das ist, was geschuldet wird, d.h. für das ist, was der Gesellschafter aufgrund einer entsprechenden Verpflichtung für den Ersterwerb der Gesellschaftsrechte leistet. Daraus folgt im Umkehrschluß, daß es an einer Gegenleistung fehlt, wenn der Gesellschafter eine solche nicht zu bewirken hat, d.h. wenn es an einer entsprechenden Verpflichtung fehlt. Insoweit ist auch das ―allerdings zur Börsenumsatzsteuer ergangene― Urteil des Senats vom 14.Dezember 1988 I R 397/83 (BFHE 155, 414, BStBl II 1989, 317) einschlägig. Dort wurde entschieden, daß der zwischen zwei Genossenschaften abgeschlossene Verschmelzungsvertrag keinen Leistungsaustausch in dem Sinne zum Gegenstand hat, daß die übertragende Genossenschaft eine Leistung an die übernehmende und die übernehmende Genossenschaft eine Gegenleistung an die Mitglieder der untergehenden Genossenschaft erbringen. Der Zweck des Verschmelzungsvertrages im Sinne der §§ 93a ff. des Genossenschaftsgesetzes (GenG) besteht vielmehr darin, den Eintritt einer gesetzlichen Gesamtrechtsnachfolge herbeizuführen. Dies setzt zwar den Abschluß eines Verschmelzungsvertrages voraus. Dieser beinhaltet aber keine Leistungsverpflichtung zu einer Vermögensübertragung, sondern der Übergang des Vermögens tritt ohne Leistungsverpflichtung kraft Gesetzes mit der Eintragung der Verschmelzung im Genossenschaftsregister ein. Die Eintragung bewirkt das Erlöschen der übertragenden Genossenschaft und der an ihr bestehenden Mitgliedschaftsrechte. Mit der Eintragung entstehen die neuen Mitgliedschaftsrechte an der übernehmenden Genossenschaft ebenfalls kraft Gesetzes.

b) Für die Umwandlung einer Personengesellschaft in eine KGaA gilt Entsprechendes. Dies ergibt sich bereits aus dem in §§ 40 ff. UmwG verwendeten Umwandlungsbegriff. Unter Umwandlung im Sinne der §§ 40 ff. UmwG wird die Veränderung der Rechtsform eines Unternehmens ohne Auflösung (Liquidation) und ohne Einzelübertragung der Vermögensgegenstände des Gesellschaftsvermögens verstanden. Die Vermögensübertragung ist an sich nicht einmal Tatbestandsvoraussetzung des Umwandlungsbegriffes. Soweit sie jedoch speziell in § 41 Abs.1 Satz 2 Nr.2 UmwG gefordert wird, vollzieht sie sich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (vgl. Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Rdnr.3). Die Vermögensübertragung durch Gesamtrechtsnachfolge macht eine Vermögensübertragung durch Leistung der Gesellschafter oder der untergehenden Gesellschaft entbehrlich. Deshalb zielt der gesellschaftsrechtliche Organisationsakt, durch den die Umwandlung herbeigeführt werden soll, immer nur auf eine Vermögensübertragung durch Eintritt der Gesamtrechtsnachfolge und nicht auf eine solche durch Leistung der untergehenden Gesellschaft bzw. der Gesellschafter.

c) Die Umwandlung gemäß §§ 40 ff. UmwG unterscheidet sich zwar von der Verschmelzung im Sinne der §§ 93a ff. GenG dadurch, daß sie nur einen Beschluß der Gesellschafter der Personengesellschaft (§ 41 Abs.1 Satz 1 UmwG) und keinen Vertrag zwischen der untergehenden Personengesellschaft und der zu errichtenden KGaA voraussetzt. Dieser Unterschied betrifft jedoch nur die Art des gesellschaftsrechtlichen Organisationsaktes. Die andere Art der Umwandlung erklärt sich daraus, daß bei Fassung des Umwandlungsbeschlusses die zu errichtende KGaA noch nicht besteht. Gerade deshalb kann aber der Beschluß weder eine Leistung noch eine Gegenleistung zum Inhalt haben. Bei Beschlußfassung fehlt es an der Person, der gegenüber die untergehende Personengesellschaft bzw. ihre Gesellschafter sich zu einer Leistung verpflichten könnten. Nach Eintragung des Beschlusses ist die Personengesellschaft erloschen. Sie kann deshalb keine Leistung mehr erbringen. Der Umwandlungsbeschluß ist lediglich auf die Veränderung der Rechtsform der bisherigen Personengesellschaft (G-KG) ohne Auflösung und ohne Einzelübertragung (Leistung) gerichtet. Er setzt zwar voraus, daß die Gesellschafter der Personengesellschaft (G-KG) den Eintritt der Veränderung der Rechtsform ohne Auflösung und ohne Einzelübertragung mehrheitlich wollen. In diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn nach § 41 Abs.1 Satz 2 Nr.2 UmwG der Umwandlungsbeschluß die Übertragung des Vermögens der Personengesellschaft auf die KGaA enthalten muß. Die entsprechende Gesetzesformulierung bedeutet jedoch nicht, daß die Gesellschafter der Personengesellschaft sich selbst zur Übertragung des Vermögens der Personengesellschaft auf die KGaA verpflichteten. In vielen Fällen ist dies rechtlich gar nicht möglich.

d) Zwar hat der Bundesfinanzhof (BFH) sowohl die Verschmelzung zweier Aktiengesellschaften (vgl. Urteil vom 26.November 1980 II R 93/73, BFHE 132, 321, BStBl II 1981, 252) als auch die zweier Genossenschaften (vgl. BFH in BFHE 155, 414, BStBl II 1989, 317) unter den Begriff des Einbringens im Sinne des § 18 Abs.2 Nr.1 KVStG 1972 gefaßt. Dies wurde mit der Funktion der Verschmelzung als vereinfachte Form der Übertragung des Gesellschaftsvermögens erklärt. Diese Überlegung zwingt jedoch nicht dazu, im Falle der Verschmelzung oder Umwandlung gemäß §§ 40 ff. UmwG auch eine Gegenleistung anzunehmen. § 8 Satz 1 Nr.1 Buchst.a und b KVStG 1972 knüpft an den zivilrechtlichen Begriff der Gegenleistung an. Wenn deshalb zivilrechtlich die Annahme einer Gegenleistung ―und sei es auch nur aus Vereinfachungsgründen― ausgeschlossen wird, so wirkt sich dies auf die Anwendung des § 8 Satz 1 Nr.1 Buchst.a und b KVStG 1972 aus. Eine Gesetzeslücke entsteht dadurch nicht, weil § 8 Satz 1 Nr.1 Buchst.b KVStG 1972 seiner Natur nach ein Auffangtatbestand ist, der Anwendung findet, wenn die Voraussetzungen des Buchst.a nicht erfüllt sind.

3. Die Auffassung des erkennenden Senats hat zur Folge, daß der Steuermaßstab für eine Sacheinlage gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten dem § 8 Satz 1 Nr.1 Buchst.a KVStG 1972 und der Steuermaßstab für das Einbringen des Vermögens einer Personenhandelsgesellschaft gemäß § 41 UmwG dem § 8 Satz 1 Nr.1 Buchst.b KVStG 1972 zu entnehmen ist. Dies bedeutet jedoch nicht die steuerliche Ungleichbehandlung zweier an sich vergleichbarer Sachverhalte. Dazu ist im Grundsatz davon auszugehen, daß die Steuermaßstäbe des § 8 Satz 1 Nr.1 Buchst.a und b KVStG 1972 gleichwertig sind. Wenn sie dennoch im konkreten Einzelfall zu unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen führen, so beruht dies darauf, daß die Anwendung des sog. Stuttgarter Verfahrens (Abschn.76 ff. VStR) im Interesse der Vereinfachung und der Gleichbehandlung Werte ergibt, die unter denen liegen, die bei einer Veräußerung des übergehenden Vermögens im gewöhnlichen Geschäftsverkehr tatsächlich zu erzielen wären. Solche Abweichungen müssen jedoch im Interesse der beabsichtigten Vereinfachung und Gleichbehandlung hingenommen werden.

4. Fehlt es aber im Streitfall an einer Gegenleistung im Sinne des § 8 Satz 1 Nr.1 Buchst.a KVStG 1972, so ist die Gesellschaftsteuer von dem Wert der Gesellschaftsrechte zu bemessen (§ 8 Satz 1 Nr.1 Buchst.b KVStG 1972), die die Gesellschafter als Ersterwerber erwarben. Zum Wert der Aktien der Kommanditaktionäre fehlen im Streitfall jegliche tatsächliche Feststellungen. Deshalb kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Sie war aufzuheben. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Die fehlenden tatsächlichen Feststellungen nachzuholen ist die Aufgabe des FG. Deshalb war die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs.3 Nr.2 FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 63124

BFH/NV 1991, 17

BStBl II 1991, 413

BFHE 162, 460

BFHE 1991, 460

BB 1991, 336 (T)

DB 1991, 740 (KT)

HFR 1991, 282 (LT)

StE 1991, 61 (K)

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