Entscheidungsstichwort (Thema)

(Forschungs- oder Entwicklungszulage auch möglich, wenn eine Versuchsanlage im Ausland errichtet wird - Streitwertfestsetzung bei Investitionszulage)

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Anschaffung oder Herstellung beweglicher Wirtschaftsgüter kann Forschungs- oder Entwicklungszulage nach § 4 InvZulG 1982 auch dann zu gewähren sein, wenn die Versuchsanlage im Ausland (hier in der Schweiz) betrieben wird. Voraussetzung ist nur, daß die betreffenden Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen eines inländischen Betriebs gehören.

 

Orientierungssatz

NV: Streitwertfestsetzung im Verfahren wegen Forschungszulage und Entwicklungszulage nach § 4 InvZulG mangels anderer Anhaltspunkte anhand der Zulagenanträge des Klägers unter Berücksichtigung, daß die Anlage noch nicht endgültig fertiggestellt war.

 

Normenkette

InvZulG § 4 Abs. 2 Nr. 1 Fassung: 1982-06-04; DBA CHE Art. 7 Abs. 1 Sätze 1-2, Art. 5 Abs. 3 Buchst. e; GKG § 25 Abs. 2 S. 1 Fassung: 1994-06-24; KostRÄndG 1994

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist zum 1. Januar 1984 aufgrund einer Betriebsaufspaltung aus der A-KG hervorgegangen. Sie verpachtete fortan die bei ihr verbliebenen Grundstücke und beweglichen Wirtschaftsgüter der (früheren) A-KG an die B-KG, die das Unternehmen der A-KG weiterbetrieb.

Die A-KG begann im Jahre 1982 mit der Herstellung einer Versuchsanlage zur Erprobung einer neuen Verfahrenstechnik für ... an einem gemieteten Standort in der Schweiz. Die für die Anlage benötigten beweglichen Wirtschaftsgüter wies sie und später die Klägerin als Teil des inländischen Betriebsvermögens aus. Für die Versuchsanlage bewilligte der Bundesminister für Forschung und Technologie mit Bescheid vom 29. Oktober 1982 eine Zuwendung von 50 v.H. der Selbstkosten, höchstens ... DM.

Den Antrag der A-KG, ihr für die im Jahre 1982 angefallenen Anschaffungs- und Herstellungskosten der Versuchsanlage (auch) Investitionszulage nach § 4 des Investitionszulagengesetzes(InvZulG) 1982 (für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen) zu gewähren, lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) mit bestandskräftigem Bescheid vom 5. Oktober 1983 ab. Das FA war der Auffassung, für Investitionen in einer ausländischen Betriebsstätte könne keine Zulage gewährt werden.

Mit Anträgen vom 24. September 1984 und vom 26. September 1985 begehrte dann die Klägerin für die weiteren, in den Jahren 1983 und 1984 (Streitjahre) angefallenen Herstellungskosten die Gewährung von Zulagen nach § 4 InvZulG 1982. Die Herstellungskosten gab sie mit ... DM (1983) und ... DM (1984) an. Das FA lehnte mit Bescheiden vom 10. Januar und vom 14. Oktober 1985 auch diese Anträge ab. Die dagegen erhobenen Einsprüche wies es mit Entscheidung vom 28. Oktober 1985 zurück.

Die Klage hingegen hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hob die Einspruchsentscheidung sowie die zugrunde liegenden Ablehnungsbescheide auf und verpflichtete das FA gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. Art. 3 § 4 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit zur erneuten Entscheidung. Zu der dabei vom FA zu berücksichtigenden Rechtsauffassung führte das FG im wesentlichen aus:

Zwischen den Beteiligten sei allein streitig, ob die von der A-KG und der Klägerin angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter --im Hinblick auf ihren Standort im Ausland-- i.S. von § 4 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 InvZulG 1982 "im Betrieb des Steuerpflichtigen ... dienen". Dies sei entgegen der Auffassung des FA zu bejahen, da es nicht auf den Standort der betreffenden Wirtschaftsgüter ankomme, sondern allein darauf, ob diese zum Betriebsvermögen eines Betriebs im Inland gehörten. Der Gesetzgeber habe die Zulagengewährung nach § 4 InvZulG 1982 bei beweglichen Wirtschaftsgütern nicht davon abhängig gemacht, daß diese nach ihrer Anschaffung oder Herstellung an einem bestimmten Ort verblieben (anders dagegen § 4 Abs. 2 Nr. 3 InvZulG 1982 für immaterielle Wirtschaftsgüter). Die von § 4 Abs. 2 Nr. 1 InvZulG 1982 --lediglich-- geforderte Zuordnung zu einem Betrieb im Inland oder in Berlin (West) werde durch die Verwendung des betreffenden Wirtschaftsguts im Ausland nicht ausgeschlossen. Der Zielsetzung des § 4 InvZulG 1982, im Interesse der Herstellung einer internationalen Wettbewerbsfähigkeit die inländische Wirtschaft in die Lage zu versetzen, die notwendigen eigenen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben selbst durchzuführen (Hinweis auf die BTDrucks V/3890, S.19), könne auch durch die Verwendung eines Wirtschaftsguts im Ausland genügt werden, wenn dessen Einsatz der Forschungs- oder Entwicklungstätigkeit eines inländischen Betriebs diene.

Die streitige Versuchsanlage sei (auch) dem inländischen Betrieb der Klägerin zuzuordnen. Das FA stelle dies für den Bereich der ertragsteuerlichen Gewinnermittlung selbst nicht in Frage (Hinweis auf den Betriebsprüfungsbericht vom 20. Februar 1989, Tz.34). Für die Gewährung der Investitionszulage könne aber nichts anderes gelten. Als "Betrieb des Steuerpflichtigen" i.S. des § 4 Abs. 2 Nr. 1 InvZulG 1982 sei ein der inländischen Besteuerung unterliegender Betrieb zu verstehen. Ein dahingehender Wille des Gesetzgebers ergebe sich auch aus § 5 Abs. 3 Satz 1 InvZulG 1982, wonach die Investitionszulage aus den Einnahmen an Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer gewährt werde. Soweit ein Betriebsteil im Ausland belegen sei, komme es demnach für die Zulagenberechtigung darauf an, ob der Ertrag dieses Betriebsteils im Ausland oder im Inland zu versteuern ist. Im Verhältnis zur Schweiz bestimme zwar Art. 7 Abs. 1 des Abkommens vom 11. August 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen --DBA-Schweiz-- (BGBl II 1972, 1021, BStBl I 1972, 518), daß Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaates nur in diesem Staat besteuert werden können, es sei denn, daß das Unternehmen seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebstätte ausübt. Die Versuchsanlage der Klägerin gelte aber gemäß Art. 5 Abs. 3 Buchst. e DBA-Schweiz --ungeachtet der (nur für das Inland maßgeblichen) Regelungen in § 12 der Abgabenordnung (AO 1977)-- nicht als Betriebstätte im Sinne dieses Abkommens, weil es sich um eine ausschließlich der wissenschaftlichen Forschung dienende Geschäftseinrichtung handele. Daraus ergebe sich die Zuordnung dieses Betriebsteils zum inländischen Betrieb der Klägerin, mit der Folge, daß die Investitionszulage für die Anschaffungs- und Herstellungskosten der in der Versuchsanlage verwendeten beweglichen Wirtschaftsgüter --vorbehaltlich der weiteren Voraussetzungen des § 4 InvZulG 1982-- zu gewähren sei.

Dagegen wendet sich das FA mit der vom FG zugelassenen Revision. Es rügt die Verletzung von § 4 InvZulG 1982 sowie von § 76 Abs. 1 FGO und führt dazu im wesentlichen aus:

1. Die Finanzverwaltung verlange seit Bestehen des InvZulG, daß begünstigte Investitionen im Inland vorgenommen werden müßten (Hinweis auf die Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 12. Februar 1970, BStBl I 1970, 226, Abschn. 8 Abs. 3; vom 5. Mai 1977, BStBl I 1977, 246, Tz.109, sowie vom 31. Dezember 1986, BStBl I 1987, 51, Tz.1 und 115 f.). Für diese Auffassung spreche insbesondere der zeitliche und sachliche Zusammenhang des (ersten) InvZulG mit dem Auslandsinvestitionsgesetz (AIG). Beide Gesetze seien --im Rahmen des Steueränderungsgesetzes (StÄndG) 1969 (BGBl I 1969, 1211, BStBl I 1969, 477)-- am selben Tage erlassen worden. Beide Gesetze regelten jeweils abschließend die Voraussetzungen der steuerlichen Begünstigungen und Erleichterungen für Investitionen deutscher Unternehmen. Für sogenannte Auslandsinvestitionen kämen daher ausschließlich die Regelungen im AIG zur Anwendung; Begünstigungen nach dem InvZulG seien ausgeschlossen. Dafür spreche auch die Gesetzesbegründung zu § 2 InvZulG 1969 (ab 1973 § 4 InvZulG). Danach sollte für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen neben den Sonderabschreibungen (§ 51 Abs. 1 Ziff.2 Buchst. u des Einkommensteuergesetzes --EStG--, § 82d der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung --EStDV--) auch Investitionszulage gewährt werden. Dabei habe die Bundesregierung erwartet, "daß diese Investitionszulage, die in ihrer Ausgestaltung der Investitionszulage für das Zonenrandgebiet, die Bundesausbaugebiete und die Bundesausbauorte gleicht, wesentlich dazu beitragen wird, der deutschen Wirtschaft die Finanzierung der für eine Intensivierung ihrer Forschungs- und Entwicklungstätigkeit erforderlichen Investitionen zu erleichtern" (BTDrucks V/3890, S.19). Aus dieser Formulierung folge, daß die Investitionszulage nach § 2 InvZulG (1969) ausschließlich für Investitionen im Inland gedacht gewesen sei. Zum gleichen Ergebnis führten die Überlegungen des Gesetzgebers zur Einführung der sogenannten Konjunkturzulage nach § 4b InvZulG 1975 (Hinweis auf die BTDrucks 7/2979, S.7).

Diese Auffassung werde auch im einschlägigen Fachschrifttum geteilt (Hinweis auf Dankmeyer in Blümich, Einkommensteuergesetz/Körperschaftsteuergesetz/Gewerbesteuergesetz, 14. Aufl., § 4 InvZulG Rdnr.29, sowie auf Steuerberaterhandbuch 1986, 1486 --richtig 1424-- Nr. 6 b).

2. Hilfsweise werde gerügt, daß das FG den maßgebenden Sachverhalt nicht erschöpfend ermittelt habe. Zur Begründung seiner Auffassung, daß die Versuchsanlage zum inländischen Betrieb der Klägerin gehöre, habe sich das FG ausschließlich auf den Betriebsprüfungsbericht vom 20. Februar 1989 gestützt. Es hätte jedoch auch die Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Firma C in der Schweiz vom 1. Februar 1984 in seine Beurteilung einbeziehen müssen. In § 5 Buchst. b dieser Vereinbarung stehe (z.B.): "Der Vermieter (= die Firma C als Eigentümerin des Geländes, auf dem die Versuchsanlage errichtet wurde) beansprucht und erhält hiermit vom Ersteller das Alleinrecht, während 10 Jahren ab Maschinenerprobung in ... als Gründer eines ...-Industriewerkes auf der Basis der dieser Vereinbarung zugrunde liegenden, neuen Verfahrenstechnik zu fungieren". Hätte das FG diese Vereinbarung bei seiner Urteilsfindung berücksichtigt, wäre es möglicherweise zu dem Ergebnis gelangt, daß die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 3 Buchst. e DBA-Schweiz nicht vorliegen; es sich bei der Versuchsanlage vielmehr um eine Betriebstätte i.S. des Art. 5 Abs. 1 und 2 DBA-Schweiz handele, für die das Besteuerungsrecht gemäß Art. 7 Abs. 1 DBA-Schweiz nicht der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) zustehe.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des FA ist unbegründet.

Das FG hat in verfahrensrechtlich nicht zu beanstandender Weise und materiell-rechtlich zutreffend entschieden, daß die Errichtung der Versuchsanlage in der Schweiz wegen dieser Standortwahl nicht zulagenschädlich war.

1. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 InvZulG 1982 dürfen bei der Bemessung der sogenannten Forschungs- und Entwicklungszulage die Anschaffungs- und Herstellungskosten von beweglichen Wirtschaftsgütern nur dann berücksichtigt werden, wenn diese Wirtschaftsgüter --neben anderen, hier nicht streitigen Voraussetzungen-- mindestens drei Jahre (nach ihrer Anschaffung oder Herstellung) im Betrieb des Steuerpflichtigen ausschließlich der Forschung und Entwicklung i.S. des § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. u Satz 4 EStG dienen.

a) Von diesem Wortlaut ("im Betrieb des Steuerpflichtigen") sind auch Investitionen in unselbständigen Teilen eines (inländischen) Betriebs erfaßt, die im Ausland belegen sind. Anders als z.B. bei § 4b Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1975 ist dieser Wortlaut auch nicht mehrdeutig; im Vergleich zu jener Vorschrift fehlen hier die Zusätze, daß es sich auch um eine (inländische) "Betriebstätte" handeln kann und daß insbesondere ein Bezug zum Inland --Betrieb (Betriebstätte) "im Inland"-- bestehen muß (s. dazu das Urteil des erkennenden Senats vom 2. März 1990 III R 24/85, BFHE 160, 367, BStBl II 1990, 756).

b) Entgegen der Auffassung des FA erfordert auch der Zweck des Gesetzes nicht, daß § 4 Abs. 2 Nr. 1 InvZulG 1982 auf allein im Inland eingesetzte Wirtschaftsgüter beschränkt wird. Nach den Gesetzesmaterialien kam es der Bundesregierung bei Einführung des § 2 InvZulG 1969, der ersten Vorgängervorschrift zu § 4 InvZulG 1982, darauf an, die deutsche Wirtschaft --im Hinblick auf das Wirtschaftswachstum und die internationale Wettbewerbsfähigkeit-- in die Lage zu versetzen, die notwendigen eigenen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben selbst durchzuführen (BTDrucks V/3890, S.19 li. Sp.). Dieser Zielsetzung genügt aber --worauf das FG zutreffend hingewiesen hat-- grundsätzlich auch die Verwendung eines im Ausland belegenen Wirtschaftsgutes, sofern es nur der eigenen Forschungs- und Entwicklungstätigkeit eines inländischen Betriebs dient.

Anders als z.B. bei § 4b InvZulG 1975 geben die Gesetzesmaterialien nichts dafür her, daß von § 2 InvZulG 1969 --zusätzlich-- z.B. auch Anreize für die deutsche Investitionsgüterindustrie oder die Bauwirtschaft ausgehen sollten (zu diesem doppelten Impuls s. z.B. das Urteil des erkennenden Senats vom 22. Juli 1988 III R 44/84, BFHE 154, 301, BStBl II 1988, 903). § 2 InvZulG 1969 hatte vielmehr nur den Zweck, die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit im eigenen Betrieb zu fördern.

Bei dieser Rechts- und Sachlage ist der den Investor begünstigenden Auslegung der Vorzug zu geben (vgl. dazu etwa auch das Senatsurteil vom 9. Dezember 1988 III R 27/86, BFHE 155, 444, BStBl II 1989, 242, zur gemeinsamen Anspruchsberechtigung im Zusammenhang mit der sogenannten Konzernklausel des § 4b InvZulG 1982).

c) Für dieses Ergebnis spricht --entgegen der Auffassung des FA-- auch der Umstand, daß § 2 InvZulG 1969 als weitere Fördermaßnahme neben die Sonderabschreibungen nach § 82d EStDV i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. u EStG treten sollte (s. hierzu auch BTDrucks V/3890, S.19 re. Sp. oben, sowie Strauß,

Deutsche Steuerzeitung/Ausgabe A --DStZ/A-- 1969, 58).

Die Ermächtigung der Bundesregierung (mit Zustimmung des Bundesrates), eine Verordnung über diese Sonderabschreibungen zu erlassen, war durch das StÄndG 1964 (BGBl I 1964, 885, BStBl I 1964, 553) in das EStG eingefügt worden; § 82d EStDV selbst ist durch die Verordnung zur Änderung der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung vom 14. April 1966 (BGBl I 1966, 209, BStBl I 1966, 243) in die EStDV aufgenommen worden. Beide Vorschriften enthielten keine Aussagen über den Standort der der Forschung und Entwicklung dienenden beweglichen Wirtschaftsgüter; erforderlich war lediglich, daß sie zum Anlagevermögen des Steuerpflichtigen (im Inland) gehörten. Weitere Voraussetzungen bestanden auch im Jahre 1969, in dem --aufgrund des StÄndG 1969-- auch § 2 InvZulG (1969) in Kraft trat, nicht (s. z.B. § 82d EStDV 1969, BGBl I 1970, 373, BStBl I 1970, 280, 308). Durch das StÄndG 1969 wurde § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. u EStG nur insoweit geändert, als bereits auch Anzahlungen auf Anschaffungskosten sowie Teilherstellungskosten begünstigt wurden und als die Sonderabschreibungsmöglichkeit bis zum Ende des Jahres 1974 verlängert wurde.

Mit Wiedereinführung der Sonderabschreibungsmöglichkeit durch Art. 5 Nr. 11 Buchst. b des Steuerentlastungsgesetzes (StEntlG) 1984 (BGBl I 1983, 1583, BStBl I 1984, 14) und Art. 1 Nr. 5 der Verordnung zur Änderung der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung und zur Aufhebung anderer Verordnungen vom 7. März 1984 (BGBl I 1984, 385, BStBl I 1984, 220) --ab 1983-- wurde dann allerdings das (ausdrückliche) Erfordernis aufgestellt, daß die betreffenden Wirtschaftsgüter der Forschung oder Entwicklung in einer inländischen Betriebstätte des Steuerpflichtigen zu dienen hätten (s. insbesondere § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. u letzter Satz EStG i.d.F. des StEntlG 1984). Diese Regelung ging auf eine Empfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zurück (s. BTDrucks 10/686, S.1 und 15). Die Ermächtigungsvorschrift des § 51 EStG sollte dadurch insoweit "geändert" werden, als die Anspruchsvoraussetzung der dreijährigen Verweildauer der begünstigten Wirtschaftsgüter auf die inländischen Betriebe und Betriebsteile bezogen werden sollte (BTDrucks 10/716, S.12 Nr. 8). Von einer Änderung (und nicht etwa lediglich einer Klarstellung) gegenüber der früheren Rechtslage gehen z.B. auch Altehoefer/Krebs/Nolte/Roland in Deutsche Steuer-Zeitung (DStZ) 1984, 4, 20 und 21, aus.

§ 4 (früher § 2) InvZulG wurde hingegen --auch in der Folgezeit-- nicht im gleichen Sinne geändert. Etwas anderes ergibt sich --für den Streitfall (mit den Streitjahren 1983 und 1984)-- auch nicht etwa aus der Verweisung in § 4 Abs. 2 Nr. 1 letzter Halbsatz InvZulG 1982 auf § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. u EStG. Denn es wird nur auf den vierten Satz dieser Vorschrift (Definition von Forschung und Entwicklung) verwiesen; das Erfordernis des Einsatzes in einer inländischen Betriebsstätte ist aber (erst) im siebten Satz enthalten.

Daraus schließt der Senat zum einen, daß ursprünglich für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen sowohl Sonderabschreibungen als auch Investitionszulagen unabhängig davon gewährt wurden, ob die betreffenden Wirtschaftsgüter des Steuerpflichtigen im Inland oder im Ausland zum Einsatz kamen, sofern sie nur zum inländischen Anlagevermögen gehörten. Zum anderen ist der Senat der Auffassung, daß sich an dieser Rechtslage für die Begünstigung nach § 4 InvZulG bis zum Außerkrafttreten des InvZulG 1986 nichts geändert hat. Ein eventuell abweichender Wille des Gesetzgebers ist nicht zum Ausdruck gekommen (vgl. hierzu z.B. das Senatsurteil vom 10. April 1992 III R 184/90, BFHE 167, 436, BStBl II 1992, 814, Abschn. II Nr. 2 b bb a.E. der Entscheidungsgründe).

d) Fehl geht der Hinweis des FA, daß § 2 InvZulG (1969) im Zusammenhang mit dem AIG zu sehen sei, da er aufgrund desselben Gesetzes (des StÄndG 1969) in Kraft getreten sei, und daß das AIG Investitionen mit Auslandsberührung abschließend regele. Das AIG enthält --soweit es hier überhaupt in Betracht gezogen werden könnte-- Vorschriften über die gewinnmäßige Behandlung der Überführung von Wirtschaftsgütern aus einem inländischen in ein ausländisches Betriebsvermögen (s. § 1 AIG). Es ist nicht ersichtlich, inwieweit dieses Gesetz auf die zulagenrechtliche Behandlung von Wirtschaftsgütern, die --trotz ihres Einsatzes im Ausland-- zu einem inländischen Betriebsvermögen gehören (s. hierzu für den Streitfall die folgenden Ausführungen), Einfluß haben könnte.

2. Zutreffend hat das FG die für die Zulagengewährung in Betracht kommenden Wirtschaftsgüter auch dem (inländischen) Anlagevermögen der A-KG und (später) der Klägerin zugeordnet.

a) Dabei ist von den tatsächlichen Feststellungen des FG auszugehen, wonach die Versuchsanlage auf einem gemieteten Grundstück in der Schweiz errichtet wurde und ausschließlich der wissenschaftlichen Forschung im Betrieb der A-KG bzw. der Klägerin diente. Die dagegen vom FA erhobene Rüge der mangelhaften Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) greift nicht durch. Dies folgt schon daraus, daß das FA die Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Firma C erstmals im Revisionsverfahren angesprochen hat. Außerdem hatte das FA in der Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 1985 die Auffassung vertreten, daß es sich bei der Versuchsanlage um eine Betriebstätte handele, die "unstreitig dem inländischen Unternehmen" der Klägerin zuzurechnen sei. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung sieht der Senat insoweit gemäß Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

b) Revisionsrechtlich unangreifbar ist das FG sodann zu dem Ergebnis gelangt, daß es sich bei der Versuchsanlage nicht um eine (Schweizer) Betriebstätte i.S. des Art. 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 DBA-Schweiz handelte, für deren Gewinne die Schweizerische Eidgenossenschaft das Besteuerungsrecht hätte beanspruchen können. Nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. e DBA-Schweiz galt die Versuchsanlage gerade nicht als Betriebstätte in diesem Sinne. Sie war vielmehr als unselbständiger Betriebsteil dem Unternehmen und damit auch dem Betriebsvermögen der A-KG bzw. der Klägerin im Inland zuzurechnen; die zum Zwecke ihres Betreibens angeschafften oder hergestellten beweglichen Wirtschaftsgüter waren Anlagevermögen i.S. des § 4 Abs. 2 Nr. 1 InvZulG 1982.

c) Bei dieser Rechtslage (keine Betriebstätte in der Schweiz) beruft sich das FA möglicherweise zu Unrecht auf die BMF-Schreiben in BStBl I 1970, 226; 1977, 246, und 1987, 51, nach denen die Zulage (nach § 4, früher § 2, InvZulG) für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen in ausländischen Betriebsstätten nicht zu gewähren ist. Doch braucht der Senat dies nicht zu entscheiden. Wäre die vom FA angenommene einengende Auslegung nämlich beabsichtigt, so wäre sie für die Entscheidung des Streitfalles gleichwohl unbeachtlich, da sie --wie oben (unter Nr. 1) dargelegt-- einer entsprechenden Rechtsgrundlage entbehrte.

++/ 3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 25 Abs. 2 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes i.d.F. des Kostenrechtsänderungsgesetzes 1994 vom 24. Juni 1994 (BGBl I 1994, 1325). Dabei ist der Senat mangels anderer Anhaltspunkte von den Zulagenanträgen der Klägerin vom 24. September 1984 und vom 26. September 1985 ausgegangen. Weiter hat er berücksichtigt, daß die Anlage nach diesen Anträgen am 31. Dezember 1983 noch nicht endgültig fertiggestellt war, so daß für die den Betrag von 500 000 DM übersteigenden Aufwendungen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 Satz 2 InvZulG 1982 nur 7,5 v.H. Zulage gewährt werden können. /++

 

Fundstellen

Haufe-Index 65683

BFH/NV 1995, 92

BFHE 178, 287

BFHE 1996, 287

BB 1995, 2310 (L)

DB 1995, 2300 (L)

DStR 1996, 258-259 (KT)

DStZ 1996, 152-153 (KT)

HFR 1996, 85-86 (L)

StE 1995, 709 (K)

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