Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Bundesfinanzhof schließt sich der Auffassung des Reichsfinanzhofs an, daß bei Schenkungen im Namen einer OHG nicht die Gesellschaft als Schenkerin anzusehen ist, sondern daß die Gesellschafter als Schenker gelten.

Zur Frage, ob eine in erhöhter Umstellung bestehende Schenkung vorliegt.

 

Normenkette

ErbStG § 3 Abs. 1 Ziff. 1, § 22 Abs. 1, § 23 Abs. 1; BewG § 3; StAnpG § 11 Ziff. 5

 

Tatbestand

Die X. OHG in Y. (- im folgenden kurz als OHG bezeichnet -) hatte im Juni 1948, also kurz vor der Währungsreform, die Möglichkeit, einen größeren Posten Import-Honig zu erwerben. Da sie selbst nicht imstande war, den Kaufpreis allein aus eigenen Mitteln aufzubringen, trat sie an verschiedene Personen, darunter den Bf., einen ihrer Angestellten, mit der Bitte heran, ihr Mittel zum Erwerb des Honigs zur Verfügung zu stellen. Der Bf. hat der OHG daraufhin am 14./15. Juni 1948 einen Betrag von 18.000 RM überlassen. Die OHG hat die ihr von den angegangenen Personen überlassenen Gelder nach Angabe eines der Geldgeber am 22. September 1949 im Verhältnis 10 : 7,5 umgestellt; in diesem Verhältnis sind die Gelder auch in der RM-Schlußbilanz / DM- Eröffnungsbilanz ausgewiesen. Das Finanzamt hat hierin eine Schenkung der OHG an den Bf. in Höhe des über die gesetzliche Umstellung hinausgehenden Betrags, also von (18.000 x 3 : 4 DM - 1.800 DM =) 11.700 DM erblickt und ihn mit diesem Betrage zur Schenkungsteuer herangezogen. Das Finanzamt hat den Fall des Bf. als Musterfall behandelt und den Einspruch des Bf. gegen die Bejahung der Schenkungsteuerpflicht als unbegründet zurückgewiesen. Auch die Berufung des Bf. ist ohne Erfolg geblieben. Gegen dieses Urteil richtet sich die Rb. des Bf. mit dem Antrag auf Freistellung von der Schenkungsteuer.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. muß zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen.

Das Finanzgericht hat wie das Finanzamt die OHG selbst als Schenkerin angesehen. Dies ist jedoch unrichtig. Der Reichsfinanzhof hat in dem Urteil V e A 242/28 vom 12. Juni 1928 (Slg. Bd. 23 S. 282) zum Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) 1925 ausgesprochen, daß bei Schenkungen im Namen einer OHG nicht die Gesellschaft als Schenkerin anzusehen ist, sondern daß die Gesellschafter als Schenker gelten. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung auch für das hier anzuwendende ErbStG 1951 an. Sie folgt aus § 22 Abs. 1 ErbStG 1951 in Verbindung mit § 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) 1934 und § 11 Ziff. 5 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpg). (- Für das jetzt geltende Erbschaftsteuerrecht findet die genannte Auffassung ihre Grundlage in § 23 Abs. 1 ErbStG 1959 in Verbindung mit § 3 BewG 1958 und § 11 Ziff. 5 StAnpG -.) Hiernach könnten, wenn überhaupt, nur Schenkungen der Gesellschafter der OHG nach dem Verhältnis ihrer Anteile an der OHG vorliegen. Dies hat die angefochtene Entscheidung verkannt. Nach ihrer Aufhebung kann der erkennende Senat über die spruchreife Sache nach freier Beurteilung entscheiden.

In Wirklichkeit liegt eine Schenkung an den Bf. nicht vor. Das Finanzgericht geht zutreffend davon aus, daß für die Beurteilung der Rechtslage die vertraglichen Vereinbarungen maßgebend sind, wie sie das gleichlautend an alle Geldgeber gerichtete Schreiben der OHG vom 14. Juni 1948 enthält, das unter anderem auch der Bf. mündlich bestätigt hat. In dem Schreiben der OHG erklärt diese, daß sie die mit den erhaltenen Geldern erworbene Partie Import- Honig in Höhe des jeweils von dem einzelnen Geldgeber überwiesenen Geldbetrags für den betreffenden Geldgeber auf Lager zu seiner Verfügung halte. Sobald die OHG das Geld für die anteilige Partie des Geldgebers in Händen habe, werde es sofort an diesen zurücküberwiesen. Gelange das Geld nach Durchführung der neuen Währungsreform zur Auszahlung, so könne die OHG nur den geretteten Tageswert vergüten. Entsprechend dieser Vereinbarung sind die betreffenden Honigmengen auch in der Bestandsaufnahme vom 20. Juni 1948 als "Dritten gehörig" ausgewiesen worden. Wenn die Beteiligten die auf dem Schreiben der OHG vom 14. Juni 1948 beruhende Ansicht nachträglich aufgegeben haben, so kann das entgegen der Auffassung des Finanzgerichts nicht maßgebend sein. Vielmehr kommt es nach feststehender Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Frage der eine Freigebigkeit ausschließenden Annahme einer rechtlichen Verpflichtung zu höherer Umstellung (Urteile des Bundesfinanzhofs III 41/50 U vom 24. Januar 1952, BStBl 1952 III S. 45, Slg. Bd. 56 S. 110, und III 198/54 U vom 1. Juli 1955, BStBl 1955 III S. 231, Slg. Bd. 61 S. 86) auf die zwischen den Umstellungsbeteiligten getroffenen und äußerlich festgehaltenen Vereinbarungen an. In dieser Richtung hat die angefochtene Entscheidung insofern einen richtigen Gedankengang eingeschlagen, als sie die Vereinbarung der OHG mit dem Bf. "als eine Art Sicherstellung des Kredits durch Sachwertdeckung" angesehen hat. Diese Erwägung hat das Finanzgericht jedoch nicht folgerichtig fortgeführt. Nach den Urteilen des Reichsgerichts VI 180/08 vom 29. März 1909 (Juristische Wochenschrift 1909 S. 309 Nr. 4) und IV 4/37 vom 15. Juni 1937 (Juristische Wochenschrift 1937 S. 2765) kann eine Darlehnshingabe, wenn sich der Darlehnsnehmer zur Bestellung einer Sicherheit verpflichtet, wirtschaftlich als ein Kapitalanlagegeschäft, rechtlich als Kauf einer Sicherheit anzusehen sein; ein solches Verhältnis beurteilt sich nach § 445 BGB (vgl. auch Staudinger, BGB, 11. Auflage 1955, Vorbemerkung 10 c vor § 607). Im vorliegenden Falle spricht alles dafür, daß den Beteiligten bei ihrer Vereinbarung vom 14. Juni 1948 eine derartige Rechtsgestaltung vorgeschwebt hat. Handelt es sich aber im Sinne der erwähnten Rechtsprechung des Reichsgerichts um den Kauf einer Sicherheit, so liegt überhaupt keine umstellbare Geldsummenforderung (§§ 13, 16 des Umstellungsgesetzes), sondern eine bloße auf Bestellung einer Sicherheit gehende Geldwertforderung vor, so daß schon aus diesem Grunde eine Schenkung nicht vorliegen kann.

Selbst wenn man aber die Rechtsbeziehungen der OHG zu ihren Geldgebern als reine Darlehnsverhältnisse ansieht, also umstellbare Geldsummenforderungen annehmen will, so würde vorliegendenfalls eine Schenkung durch erhöhte Umstellung dadurch ausgeschlossen sein, daß sich die OHG zum Zeitpunkt der Umstellung, dem 22. September 1949, nach den getroffenen Vereinbarungen zu einer solchen erhöhten Umstellung für rechtlich verpflichtet halten konnte (vgl. außer den oben erwähnten Urteilen des Bundesfinanzhofs noch das weitere, amtlich nicht veröffentlichte, aber in "Der Betriebs-Berater" 1955 S. 829 teilweise abgedruckte Urteil des Bundesfinanzhofs III 60/51 vom 8. August 1952).

Hiernach war auch die Einspruchsentscheidung nebst dem Steuerbescheid aufzuheben und der Bf. von der Schenkungsteuer freizustellen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409725

BStBl III 1960, 358

BFHE 1961, 295

BFHE 71, 295

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge