Entscheidungsstichwort (Thema)

FA trägt die Beweislast, wenn es die Investitionszulage zurückfordern will

 

Leitsatz (NV)

Ändert das FA einen bestandskräftigen Investitionszulagebescheid gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 i. V. m. § 5 Abs. 5 InvZulG, so trägt es grundsätzlich die objektive Beweislast (Feststellungslast) dafür, daß die Voraussetzungen für die Gewährung der Investitionszulage nicht vorgelegen haben.

 

Normenkette

AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 1; InvZulG § 5 Abs. 5

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hatte dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) mit Bescheid vom 8. April 1976 eine Investitionszulage nach § 4 b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1975 in Höhe von 2 418,11 DM für die Lieferung eines Pkw Mercedes Benz gewährt. In seinem Zulageantrag hatte der Kläger angegeben, daß er den Pkw am 30. Juni 1975 bestellt habe.

Im Anschluß an Ermittlungen der Steuerfahndung bei der Niederlassung von Daimler Benz in . . . forderte das FA die Zulage mit Bescheid vom 29. Dezember 1981 wieder zurück; außerdem setzte es Zinsen in Höhe von 816 DM fest. Das FA vertrat die Auffassung, daß nach dem Ergebnis der Ermittlungen der Kläger den Pkw nicht nachweislich innerhalb des Begünstigungszeitraums des § 4 b InvZulG (1. Dezember 1974 bis 30. Juni 1975) bestellt habe. Es stützte sich dabei auf Eintragungen im Auftragsbuch der örtlichen Niederlassung von Daimler Benz.

Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging im Anschluß an Entscheidungen des FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 2. Juni 1981 2 K 132/80, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1982, 94) und des FG Münster (Urteil vom 31. Mai 1983 VI 5341/82 F, EFG 1984, 80) ebenfalls davon aus, daß der Investor auch im Falle der Rückforderung einer Zulage die Beweislast (Feststellungslast) dafür trage, daß er ein Wirtschaftsgut rechtzeitig bestellt hat. Würden nachträglich Tatsachen oder Beweismittel bekannt, welche die Rechtzeitigkeit der Bestellung begründet in Frage stellten, so sei das FA berechtigt, den ursprünglichen Zulagebescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) zu ändern. Das FA brauche in einem solchen Fall nicht seinerseits zu beweisen, daß die Bestellung außerhalb des Begünstigungszeitraums erfolgt sei. § 173 AO 1977 kehre insoweit die Beweislast nicht um. Das FG kam nach Durchführung einer Beweisaufnahme zu dem Ergebnis, daß es dem Kläger nicht gelungen sei, den Nachweis zu führen, daß er den Pkw rechtzeitig bestellt habe.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom Senat mit Beschluß vom 15. Mai 1986 III B 17/84 zugelassenen Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Der Senat hat zwischenzeitlich durch Urteil vom 13. Dezember 1985 III R 183/81 (BFHE 146, 320, BStBl II 1986, 441) zur Beweislastfrage bei der Investitionszulage Stellung genommen. Er hat entschieden, daß das FA die Tatsachen nachzuweisen hat, die nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 zu einer Änderung oder Aufhebung eines bestandskräftigen Investitionszulagebescheids führen sollen, und daß es im Rückforderungsverfahren nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten des FA geht, wenn ein Sachverhalt unaufklärbar bleibt.

Das bedeutet im konkreten Fall, daß der Bescheid vom 8. April 1976 nur aufgehoben werden kann, wenn zur Überzeugung des FG feststeht, daß der Kläger den Pkw Mercedes Benz tatsächlich erst nach dem 30. Juni 1975 bestellt hat.

Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Sie wird deshalb zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG muß unter Beachtung der aufgezeigten Rechtsgrundsätze neu über die Klage entscheiden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 424356

BFH/NV 1988, 768

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