Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn ein Kaufmann die Beteiligung an einer seinem Einzelunternehmen nahestehenden Kapitalgesellschaft erwirbt, deren bisherige Verluste und Mängel in der Geschäftsführung ihm bekannt sind, so besteht die widerlegbare Vermutung, daß der Preis der Beteiligung auch durch die Aussichten auf die wirtschaftliche Zukunft in Verbindung mit der Möglichkeit der Einflußnahme auf die Kapitalgesellschaft bestimmt ist. Eine Teilwertabschreibung ist nicht gerechtfertigt, wenn sich diese Erwartungen erfüllen.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Ziff. 2

 

Tatbestand

Der Steuerpflichtige betreibt ein Omnibusunternehmen und beteiligte sich seit 1952 in zunehmendem Masse an einem Ende 1951 unter der Firma "K. GmbH" in L. gegründeten Reisebüro, das er schließlich im Jahre 1959 - nachdem er zusammen mit seiner Ehefrau rund 96 % der Geschäftsanteile erworben hatte - in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt hat. Von dem Stammkapital der K. erwarb der Bf. in den Jahren 1952 und 1953 zunächst Geschäftsanteile im Nennwert von insgesamt 50 000 DM, und zwar

a) am . . Oktober 1952 . . . 10 000 DM für 15 000 DM, b) am . . Dezember 1952 . . 25 000 DM für 25 000 DM, c) am . . September 1953 . . 5 000 DM für 5 000 DM, d) am . . Oktober 1953 . . . 10 000 DM für 10 000 DM.Im Zusammenhang mit dem Erwerb des ersten Geschäftsanteils stellte die K. den Bf. als Leiter ihrer Autobusreisen-Abteilung an mit der ausdrücklichen Befugnis, bevorzugt seine eigenen Autobusse einzusetzen. Am . . . September 1953 wurde der Bf. zum alleinigen Geschäftsführer der K. bestellt. Die aus Mitteln seines Omnibusbetriebs erworbenen und als Betriebsvermögen behandelten Geschäftsanteile an der K. aktivierte der Bf. jeweils im Zeitpunkt der Bezahlung.

Nachdem der Bf. bereits zum 31. Dezember 1952 mit Billigung des Finanzamts den am . . . Oktober 1952 für 15 000 DM erworbenen Geschäftsanteil von 10 000 DM auf einen niedrigeren Teilwert von 3 000 DM abgeschrieben hatte, nahm er in der Bilanz zum 31. Dezember 1953 auch auf die am . . . Dezember 1952 und . . . Oktober 1953 jeweils zum Nennwert erworbenen Geschäftsanteile von 25 000 DM und 10 000 DM zu Lasten des Gewinn 1953 eine Teilwertabschreibung in Höhe von insgesamt 24 500 DM vor, so daß die am 31. Dezember 1953 bilanzierten Geschäftsanteile der K. nur noch mit 30 % ihres Nennbetrags zu Buche standen. Der Bf. begründete diese Teilwertabschreibungen mit der Feststellung des gemeinen Werts der Anteile auf 30 DM für je 100 DM des eingezahlten Stammkapitals, die das Finanzamt für Zwecke der Vermögensbesteuerung auf den 31. Dezember 1951 und auf den 31. Dezember 1952 durch Feststellungsbescheid vorgenommen hat. Er wies ferner darauf hin, daß die K. bis einschließlich 1953 mit hohen Verlusten gearbeitet habe, die unstreitig

1951 11 000 DM, 1952 70 000 DM und

1953 50 000 DM betrugen, und daß der Verlustvortrag in der am 7. Juli 1954 aufgestellten Bilanz der K. auf den 31. Dezember 1953 mit 140 000 DM als Stammkapital von 135 000 DM überstiegen habe. Diese ungünstige Lage der K. am 31. Dezember 1953 habe er beim Erwerb der Anteile von 25 000 DM und 10 000 DM noch nicht gekannt, sie sei erst bei der späteren Aufstellung des Jahresabschlusses für 1953 offenbar geworden. Er habe auch den Geschäftsanteil von 10 000 DM am . . . Oktober 1953 von der Z. vor allem deshalb erworben, um einen lästigen Gesellschafter auszuschalten, der die Tätigkeit der K. aus Konkurrenzgründen sabotiert habe. Da für die Wertansätze in seiner Bilanz auf den 31. Dezember 1953 die Verhältnisse der K. am gleichen Stichtag maßgebend seien, habe er nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung eine Teilwertabschreibung vornehmen müssen.

Das Finanzamt ließ die Teilwertabschreibung auf die K.-Anteile nicht zu und erhöhte den steuerlichen Gewinn aus Gewerbebetrieb.

Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht führte unter anderem aus, wenn auch die K. am Bilanzstichtag über kein positives Betriebsvermögen verfügt habe, so habe der Steuerpflichtige durch den Erwerb der streitigen Geschäftsanteile zusammen mit dem schon im Jahre 1952 erworbenen Anteil von 10 000 DM und dem zwar 1953 noch nicht gebuchten, aber bereits am . . . September 1953 vollzogenen Erwerb eines weiteren Geschäftsanteils von 5 000 DM eine wesentliche Beteiligung von 37 % erlangt und hierdurch sowie durch die im Zusammenhang damit übernommene Stellung des alleinigen Geschäftsführers tatsächlich einen maßgeblichen Einfluß auf die K. ausüben können.

Für die steuerliche Bewertung sei regelmäßig von der Vermutung auszugehen, daß der Teilwert eines Wirtschaftsguts nicht unter den Aufwendungen liege, die der Steuerpflichtige für den Erwerb gemacht habe.

Daß der Erwerb der Anteile zum Nennwert bei rückschauender Betrachtung objektiv keine Fehlmaßnahme gewesen sei, liege angesichts der Aufwärtsentwicklung der K. seit 1954 auf der Hand. Wenn auch diese günstige Entwicklung am 31. Dezember 1953 noch nicht mit Sicherheit vorauszusehen gewesen sei, so habe doch an diesem Stichtag kein hinreichender Anlaß bestanden, den erst kurz vorher erfolgten Anteilserwerb als Fehlmaßnahme zu betrachten.

Mit der Rb. trägt der Bf. vor, für den streitigen Abschluß 1953 seien die objektiven Wertverhältnisse, die zum 31. Dezember 1953 bestanden, maßgebend. Bestenfalls könne die bessere Erkenntnis bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung herangezogen werden. Am 31. Dezember 1953 habe der Wert des Beteiligungsbesitzes als verloren betrachtet werden müssen, denn die Verbesserung der Wertverhältnisse sei nicht vorauszusehen gewesen. Wenn der Wert einer Beteiligung so stark sinke, daß auch mit bestem Willen der Anschaffungspreis nicht mehr vertretbar sei, entschließe sich die Gesamtheit der ehrbaren Kaufleute nach den Verpflichtungen, die die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung auferlegen, zu einer der tatsächlichen Wertentwicklung in etwa folgenden Abschreibung. Das habe er getan. Hierzu sei er berechtigt und sogar verpflichtet gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist unbegründet.

Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, beruht der Wert einer Beteiligung, die ein Kaufmann an einem wirtschaftlich verwandten Unternehmen erwirbt, nicht nur auf dem in den Geschäftsanteilen verkörperten Recht auf einen Teil des jeweiligen Betriebsvermögens der Gesellschaft; er wird vielmehr auch durch die Aussichten auf die wirtschaftliche Zukunft und durch die Möglichkeit der Einflußnahme auf ein wirtschaftlich nahestehendes Unternehmen bestimmt. Im vorliegenden Falle erhielt der Bf. die Möglichkeit, die Geschäftspolitik der K. maßgeblich zu gestalten und sein Omnibusunternehmen mit der Geschäftstätigkeit der K. abzustimmen. Beim Erwerb der hier in Rede stehenden Anteile waren dem Bf. als Gesellschafter die Verluste der Jahre 1951 und 1952 bekannt. Wie in den Schriftsätzen vom . . . September 1957 und . . . Februar 1958 vorgetragen, kannte er auch den Grund für die Erfolglosigkeit der Gesellschaft, nämlich die Uneinigkeit zwischen den Gesellschaftern und die ungenügende Geschäftsführung. Wenn er gleichwohl in Kenntnis dieser Umstände noch im September und Oktober 1953 Geschäftsanteile zum Nennwert erwarb, so muß davon ausgegangen werden, daß ihm die Anteile diesen Preis für sein Unternehmen wert schienen. Bereits der Reichsfinanzhof hat im Urteil I A 244/30 vom 10. März 1931 (RStBl 1931 S. 302) ausgeführt, daß der Teilwert von Aktien höher sein kann als der Marktpreis, wenn der Steuerpflichtige ein Aktienpaket besitzt, mit dem bestimmte in Geld schätzbare Vorteile verknüpft sind, wie z. B. die Einschränkung des Wettbewerbs durch maßgeblichen Einfluß in einem Konkurrenzunternehmen. In einem solchen Falle besteht die widerlegbare Vermutung, daß die Höhe des erreichten Vorteils dem Mehrbetrag entspricht, den der Steuerpflichtige aufgewendet hat.

Als Teilwert des Aktienpaketes ist daher zunächst grundsätzlich der gezahlte Kaufpreis anzusehen. Dies trifft auch in vorliegendem Falle zu.

Die Vermutung kann allerdings durch den Nachweis entkräftet werden, daß die Anschaffung eine Fehlmaßnahme war (Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 9/39 vom 9. Januar 1940, RStBl 1940 S. 643; Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 229/59 U vom 11. Oktober 1960, BStBl 1960 III S. 509, Slg. Bd. 71 S. 695). Einen solchen Nachweis vermag der Bf. aber nicht zu führen. Es mag zugegeben werden, daß die später eingetretene günstige Entwicklung am Bilanzstichtag und bei der Aufstellung der Bilanz für 1953 nicht zu übersehen war. Die Vorinstanz hat jedoch zutreffend ausgeführt, daß die zum Verlust führenden Mißstände bei der K. durch den Erwerb der Anteile und die übernahme der Geschäftsführung durch den Bf. beseitigt waren. Am 31. Dezember 1953 lagen darum keine Umstände vor, die den Erwerb der Anteile, der in Kenntnis der ungünstigen Verhältnisse erfolgt war, zu einer Fehlmaßnahme machen könnten.

Dem Bf. ist uneingeschränkt darin zuzustimmen, daß der Kaufmann "Non-valeurs" abschreiben muß. Ein solcher Nichtwert kann aber im allgemeinen nicht anerkannt werden, wenn der Kaufmann selbst durch die Entrichtung des vollen Kaufpreises beweist, daß er das Wirtschaftsgut für wert hält. Der Bf. hat die Anteile in Kenntnis der Vorjahresverluste und des schlechten Geschäftsganges gekauft. Nachdem er den vollen Kaufpreis gezahlt hat, hat sich keine Verschlechterung der Lage, sondern eine ständige Besserung eingestellt. Diese Tatsache unterscheidet den vorliegenden auch von jenen Fällen der Rechtsprechung, auf die sich der Bf. bezieht (RStBl 1934 S. 859, S. 741; 1937 S. 1007; 1939 S. 746 und 229); in allen diesen Fällen traten nach der Aktivierung Ereignisse ein, die auf eine Wertminderung schließen ließen. Hier hatte im Augenblick des Erwerbs der Anteile die K. ihren Tiefstand erreicht - wie der Bf. selbst ausführt - und seither trat eine ständige Besserung ein. Da auch - wie oben dargelegt - eine Fehlmaßnahme durch den Erwerb nicht gegeben ist, haben die Vorinstanzen die Teilwertabschreibung mit Recht versagt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411230

BStBl III 1964, 362

BFHE 1964, 358

BFHE 79, 358

BB 1964, 710

DB 1964, 867

DStR 1964, 396

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