Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

"Der Erwerb eines Grundstücks zur Erweiterung eines Friedhofs fällt nicht unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Abs. 1 Ziff. 4 Buchst. a GrEStG 1940."

 

Normenkette

GrEStG § 4/1/4/a

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) hat von einer Erbengemeinschaft im Tauschwege zwei Parzellen erworben, von denen die größere zur Erweiterung des Gemeindefriedhofs bestimmt ist. Streitig ist die von der Bfin. beantragte, von den Vorinstanzen versagte Anwendung der Befreiungsvorschrift des § 4 Abs. 1 Ziff. 4 Buchst. a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) auf den Erwerb dieser Parzellen. Hilfsweise begehrt die Bfin., daß der Steuerberechnung der Einheitswert des von ihr als Gegenleistung in Tausch gegebenen Grundstücks und nicht der höhere gemeine Wert zugrunde gelegt wird, dessen von den Vorinstanzen vorgenommenen Ansatz mit 3.000 DM sie zudem beanstandet.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) hat keinen Erfolg.

Nach der angeführten Vorschrift ist von der Besteuerung ausgenommen

"4. bei öffentlichen Straßen, Plätzen und Grünanlagen:

Der Erwerb eines Grundstücks zur Schaffung und Erweiterung von öffentlichen Straßen, öffentlichen Plätzen und öffentlichen Erholungs-, Wald- und sonstigen Grünanlagen ..."

Die Voraussetzungen der Ausnahmebestimmung sind nicht gegeben.

Ein Friedhof ist kein (öffentlicher) Platz im Sinne dieser Bestimmung. Es genügt für die Annahme eines "öffentlichen Platzes" nicht, wie die Bfin. annimmt, daß die in Rede stehende Grundfläche (in bestimmtem Umfange) der öffentlichkeit gewidmet ist und nicht bebaut werden darf. Es ist zu berücksichtigen, daß die Befreiungsvorschrift, wie besonders die Einleitung der Ziff. 4 erkennen läßt, "öffentliche Straßen" und "öffentliche Plätze" im Zusammenhang behandelt. Bei diesem Zusammenhang können entsprechend dem klaren Wortsinn und dem gewöhnlichen Sprachgebrauch darunter nur dem allgemeinen Verkehr von Fuhrwerken, Fußgängern usw. dienende öffentliche Wege (Straßen) und Kreuzungspunkte oder sonstige Erweiterungen von Straßen (Plätze) verstanden werden. Mit entsprechender Begründung hat schon der frühere Reichsfinanzhof in dem Urteil II A 490/21 vom 7. Oktober 1921 (Reichsfinanzhof Slg. Bd. 7 S. 23) entschieden, daß Friedhöfe nicht zu den "Plätzen" im Sinne der im wesentlichen gleichlautenden Befreiungsvorschrift des § 8 Abs. 1 Ziff. 10 Satz 1 GrEStG damaliger Fassung gehören (so auch Urteil des Reichsfinanzhofs II 481/21 vom 10. Januar 1922, Mrozek-Kartei § 8 Abs. 1 Ziff. 10 Satz 1 GrEStG alter Fassung, Rechtsspruch 1). Der erkennende Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs abzuweichen, zumal auch nach der Begründung zu § 4 Abs. 1 Ziff. 4 Buchst. a GrEStG 1940 (Reichssteuerblatt - RStBl. - 1940 S. 397) jedenfalls mit dieser Vorschrift eine Erweiterung der Befreiungen über den Rahmen des § 8 Ziff. 10 GrEStG alter Fassung offensichtlich nicht beabsichtigt war.

Zu Unrecht beruft sich die Bfin. auf die Steuerfreiheit des Erwerbs eines Grundstücks zur Anlegung eines Marktplatzes. Einmal handelt es sich bei einem solchen schon nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch um einen öffentlichen Platz; zum anderen hat der frühere Reichsfinanzhof die Steuerfreiheit auch nur für einen Marktplatz anerkannt, der außerhalb der Marktzeiten im Rahmen der Gegebenheiten dem öffentlichen Straßenverkehr zur Verfügung steht (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs II A 531/30 vom 2. Dezember 1930, Mrozek-Kartei § 8 Nr. 10 Satz 1 a. a. O. Rechtsspruch 37). Diese Voraussetzungen sind bei einem Friedhof nicht gegeben.

In der Rb. bringt die Bfin. zum Ausdruck, daß sie die Befreiungsvorschrift nicht deshalb in Anspruch nehme, weil die Erweiterung des Gemeindefriedhofs zugleich die Schaffung einer "öffentlichen Grünanlage" bezwecke. Es sei aber darauf hingewiesen, daß auch unter diesem Gesichtspunkt wegen des überwiegenden Zweckes der Schaffung einer Ruhestätte für die toten die Anwendung der Befreiungsvorschrift selbst dann nicht in Frage käme, wenn eine Friedhofsanlage im Einzelfall (z. B. bei einem Waldfriedhof) wie eine Grünanlage geeignet wäre, zugleich als öffentliche Erholungsstätte zu dienen (vgl. z. B. Urteil des Reichsfinanzhofs II A 80/30 vom 25. Februar 1930, Mrozek-Kartei § 8 Nr. 10 Satz 1 a. a. O. Rechtsspruch 32 = Steuer und Wirtschaft - StuW - 1930 Nr. 544).

Der Senat verkennt keineswegs, daß die Erweiterung des Gemeindefriedhofs im öffentlichen Interesse liegt und gemeinnützigen Zwecken dient. Es lag aber nicht in der Absicht des Gesetzgebers, jeden Grundstückserwerb zu öffentlichen oder gemeinnützigen Zwecken von der Steuer zu befreien. Vielmehr hat der Gesetzgeber die Befreiung auf wenige, von ihm im einzelnen gekennzeichnete Fälle besonderer gemeinnütziger Verwendung beschränkt; deshalb ist eine ausdehnende Auslegung der Ausnahmebestimmung nicht angängig.

Der Erwerb der von der Bfin. eingetauschten Parzellen ist daher steuerpflichtig. übrigens würde der Erwerb der nicht für Friedhofszwecke bestimmten kleineren Parzelle auch dann der Grunderwerbsteuer unterliegen, wenn die größere für die Erweiterung des Kirchhofs vorgesehene Parzelle unter die Freistellungsvorschrift fallen würde, da über die Frage der Steuerbefreiung für jedes Teilgrundstück getrennt zu entscheiden ist.

Zutreffend hat das Finanzgericht bei der Berechnung der Grunderwerbsteuer als Wert des Grundstücks, das die Bfin. als Gegenleistung für die von ihr erworbenen Parzellen in Tausch gegeben hat, unter Bezugnahme auf das Urteil des erkennenden Senats II 21/51 S vom 2. Juli 1951 (Bundesfinanzhof Slg. Bd. 55 S. 390 Bundessteuerblatt - BStBl. - 1951 III S. 154) den gemeinen Wert (Verkehrswert) zugrunde gelegt; auf die eingehende Begründung dieses angeführten Urteils wird verwiesen. Mit der Behauptung, der angesetzte Wert von 3.000 DM entspreche nicht dem Verkehrswert des von der Bfin. in Tausch gegebenen Grundstücks, kann sie in der Rechtsbeschwerdeinstanz um so weniger gehört werden, als ihr Bürgermeister in einem Schreiben an das Finanzamt vom 6. November 1951 diese Wertangabe von 3.000 DM gemacht hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407649

BStBl III 1953, 160

BFHE 1954, 410

BFHE 57, 410

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge