Leitsatz (amtlich)

Gewährt die GEMA einem inländischen Schallplattenhersteller die nicht ausschließliche Befugnis, ihr Repertoire durch die Aufnahme von Musiktiteln auf Tonträger und deren Vertrieb im In- und Ausland auszuwerten, so hat die GEMA dem Schallplattenhersteller ein einfaches Nutzungsrecht (§ 31 Abs. 1 UrhG) eingeräumt. In jedem Fall der Auswertung dieser eingeräumten Nutzungsbefugnis bewirkt die GEMA eine einheitliche Duldungsleistung (Duldung fremder Rechtsausübung). Ort dieser sonstigen Leistung ist der Sitz des Schallplattenherstellers, mit dem die GEMA in Vertragsbeziehungen getreten ist.

 

Normenkette

UStDB 1951 § 7

 

Tatbestand

Die Klägerin ist ein inländisches Unternehmen der Schallplattenindustrie, das sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Schallplatten beschäftigt. Sie hat im zweiten Halbjahr 1965 Schallplatten auch an ausländische Abnehmer geliefert und beim Finanzamt (Beklagten) für diese Ausfuhrlieferungen gemäß §§ 21, 26 des Umsatzsteuergesetzes 1951 (UStG 1951) in der Fassung des Fünfzehnten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 19. März 1964 - 15. UStÄndG - (BGBl I 1964, 147, BStBl I 1964, 253) die Gewährung von Ausfuhrvergütung beantragt. In der Bemessungsgrundlage der beantragten Ausfuhrvergütung waren Gebühren in Höhe von 850 000 DM enthalten, welche die Klägerin an die Gesellschaft zur Verwertung musikalischer Aufführungsrechte (GEMA) für die Gestattung der mechanischen Vervielfältigung und Verbreitung von Werken der Tonkunst aufgrund eines im Jahre 1963 geschlossenen Vertrags bezahlt hatte.

In diesem Vertrag, der inhaltlich dem sogenannten Hauptvertrag der GEMA mit Schallplattenherstellern entspricht (vgl. Schulze, Urheberrecht in der Musik, 3. Aufl., Berlin 1965 S. 332 ff.) heißt es u. a. :

§ 1

(1) Der Hersteller erwirbt hierdurch von der GEMA die nicht ausschließliche und nicht übertragbare Befugnis, ihr jeweiliges Repertoire nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen mechanisch zu vervielfältigen und zu verbreiten.

(2) Die GEMA behält sich jedoch für begründete Ausnahmefälle vor, zu verbieten, daß Werke in Ländern verbreitet werden, in denen sie noch nicht veröffentlicht sind. Wird nach einem Verbot für ein Land die Veröffentlichung erlaubt, so wird die GEMA dies dem Hersteller unverzüglich mitteilen.

§ 2

Die Autorisation gemäß § 1 umfaßt die Befugnis,

a) Werke des GEMA-Repertoires mechanisch zu vervielfältigen und zu verbreiten, soweit die Tonträger zur Wiedergabe für das Gehör und zum privaten Abspielen bestimmt sind,

b) die Tonträger - vorbehaltlich aller Rechte der Werkberechtigten - auch zu anderen Zwecken Dritten zu überlassen. Der Erwerber des Tonträgers muß jedoch im Vertragsverhältnis zur GEMA stehen.

In Fällen der Filmeinblendung benachrichtigt der Hersteller die GEMA nach Maßgabe des Anhangs 1.

§ 3

(1) Das Urheber-Persönlichkeitsrecht darf vom Hersteller nicht verletzt werden. Erlaubt sind lediglich die Änderungen, denen der Urheber zustimmt, denen er nach Treu und Glauben nicht widersprechen kann oder die durch das Gesetz zugelassen sind.

...

§ 10

(1) Der Hersteller zahlt an die GEMA für jede Schallplatte, die aus dem Zentrallager ausgeliefert wird und zur Verbreitung in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Westberlin bestimmt ist, eine Vergütung von 8 % des deutschen Detailpreises der Schallplatte (4 % pro Plattenseite), mindestens jedoch die aus Abs. (7) a)-c) ersichtlichen Vergütungssätze.

...

§ 11

Dagegen gilt für die Exporte folgendes:

a) Maßgebend sind die Vergütungen, die von den Herstellern des Bestimmungslandes an die GEMA-Vertretung gezahlt werden; jedoch beträgt der Lizenzsatz für Exporte nach Australien, Neuseeland und Südafrika auch da 2,5 % vom Detailpreis pro Plattenseite, wo das Gesetz einen Lizenzsatz von 1,25 % vorsieht.

b) Besteht keine GEMA-Vertretung, so gelten die landesüblichen Vergütungen des Bestimmungslandes.

c) Soweit weder GEMA-Vertretungen bestehen noch landesübliche Vergütungen bekannt sind, werden die Vergütungen berechnet, wie sie für die Bundesrepublik Deutschland einschließlich Westberlin gelten.

d) Für die Lizenzberechnung nach Fremdwährungen sind die amtlichen Paritätskurse der Deutschen Bundesbank zugrunde zu legen, die die GEMA dem Hersteller jeweils bekanntgeben wird.

Widerruf innerhalb eines Monats vor Schluß einer jeden Abrechnungsperiode für die betreffende Periode bleibt jedoch insoweit - etwaiger Auf- und Abwertungen wegen - vorbehalten.

§ 12

(1) Vergütungspflichtig ist grundsätzlich jedes in seinem Ursprungsland graphisch urheberrechtlich geschützte Werk.

(2) Bei einem Manuskript gilt als Ursprungsland das Land, dessen Staatsangehörigkeit der Urheber besitzt; bei einem erschienenen Werk gilt als Ursprungsland entweder das Land, dessen Staatsangehörigkeit der Urheber besitzt, oder das Land, in dem das Werk zuerst erschienen ist, je nachdem, welches Land die längere Schutzfrist gewährt. Ist das Werk in mehreren Ländern gleichzeitig erschienen, so gilt als Ursprungsland das Land mit der längsten Schutzfrist.

(3) Schützt das Gesetz des Verkaufslandes literarische und musikalische Werke nicht, so gilt die Schutzfrist des Herstellungslandes.

§ 13

Maßgebend für die Berechnung der Schutzfrist ist grundsätzlich die Schutzfrist im Verkaufsland. Ist die Schutzfrist im Ursprungsland jedoch kürzer als im Verkaufsland, so gilt - vorbehaltlich abweichender bi- oder multilateraler Abkommen - die Schutzfrist des Ursprungslandes.

§ 15

(1) Der Hersteller hat jedes von ihm aufgenommene Werk der GEMA innerhalb kürzester Frist - in begründeten Ausnahmefällen vor Plattenversand - zu melden. Dasselbe gilt für die Auswertung von fremden Matrizen.

Soweit die GEMA schon früher die Einzeichnung vorgenommen hatte, ist bei Verwendung einer neuen Katalognummer die Anmeldung zu wiederholen.

...

§ 16

(1) Die GEMA wird dem Hersteller sobald als möglich mitteilen, ob das in Betracht kommende Werk zu ihrem Repertoire gehört.

(2) Der Hersteller kann sich jedoch erst dann auf § 1 dieses Vertrages berufen, wenn er von der GEMA die Bestätigung erhalten hat, daß das angemeldete Werk zu ihrem Repertoire gehört.

(3) Soweit die GEMA durch ihre Einzeichnung gegenüber dem Hersteller ein Werk für sich in Anspruch nimmt, stellt sie ihn bei Anerkennung dieser Einzeichnung von Ansprüchen Dritter für das gleiche Werk frei; der Hersteller hat der GEMA die Geltendmachung solcher Ansprüche unverzüglich mitzuteilen.

§ 17

(1) Der Anspruch auf die vereinbarte Vergütung entsteht bei Ausgang der Schallplatte aus dem Zentrallager. Verfügt der Hersteller über mehrere Lager, so ist von ihm ein Zentrallager zu bestimmen, in dem alle Ein- und Ausgänge von Schallplatten erfaßt sind. In diesem Falle entsteht der Anspruch bei Ausgang aus diesem Lager.

...

§ 21

(1) Kommt der Hersteller seinen Verpflichtungen aus diesem Vertrag nicht nach oder verstößt er auf andere Weise gegen Vertragsbestimmungen, so hat die GEMA einen Monat nach fruchtloser Mahnung (Einschreiben-Rückschein) das Recht, den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist vorzeitig zum Ende der laufenden Abrechnungsperiode zu kündigen.

§ 22

(1) Der Hersteller räumt der GEMA das Recht zur uneingeschränkten Kontrolle über Pressung und Auslieferung bei sich selbst und in Verbindung mit ihm stehenden Dritten ein.

(2) Zur Erleichterung der Kontrolle wird die GEMA mit dem Hersteller Einzelheiten des anzuwendenden Verfahrens vereinbaren.

(3) Die GEMA hat ferner das Recht zur Einsicht in die in Betracht kommenden Bücher und sonstigen Unterlagen des Herstellers.

Das Finanzamt hatte zunächst die Auffassung vertreten, die GEMA-Gebühren seien in voller Höhe als Kosten für im Ausland in Anspruch genommene Leistungen im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1951 zu beurteilen, und hatte die Ausfuhrvergütung für das III. und IV. Kalendervierteljahr 1965 um 25 500 DM niedriger als beantragt festgesetzt (Kürzung der Bemessungsgrundlage der Ausfuhrvergütung um 850 000 DM und entsprechende Kürzung der Ausfuhrvergütung unter Anwendung des Vergütungssatzes von 3 v. H. für Gegenstände der Zolltarifnr. 92.12 gemäß § 25 Abs. 1 UStG 1951 in Verbindung mit Anlage 7 des Gesetzes). Im Einspruchsverfahren änderte das Finanzamt seine Rechtsauffassung und ging nunmehr unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 10. März 1966 V 7/63 (BFHE 85, 257, BStBl III 1966, 302) davon aus, mit der Überlassung der Nutzungsrechte an Werken der Tonkunst durch die GEMA seien Duldungsleistungen im Inland (Schallplattenherstellung) und Duldungsleistungen im Ausland (Vertrieb) bewirkt worden; diese Leistungen stünden gleichwertig nebeneinander, so daß eine Aufteilung der GEMA-Gebühren im Verhältnis 1 : 1 gerechtfertigt sei. Das Finanzamt hat dementsprechend die Ausfuhrvergütung um 12 750 DM erhöht und den Einspruch im übrigen zurückgewiesen.

Das Finanzgericht hat der Klage mit dem Begehren, das Finanzamt zu verpflichten, die Vergütung in Höhe weiterer 12 750 DM zu gewähren, unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 17. Juli 1969 V 93/65 (BFHE 96, 434, BStBl II 1969, 693) stattgegeben und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die von der GEMA erbrachten sonstigen Leistungen könnten nicht in solche der Duldung von Vervielfältigung und der Duldung der Verbreitung aufgespalten werden. Diese beiden Leistungen bildeten wirtschaftlich eine Einheit, was sich auch dem im Hauptvertrag festgelegten Parteiwillen eindeutig entnehmen lasse. Ort der einheitlichen Duldungsleistungen sei das Inland, da hier die GEMA durch die Duldung der Vervielfältigung (im Wege der inländischen Schallplattenherstellung) geleistet habe. Der Ausübung des Vervielfältigungsrechts durch den Wahrnehmungsberechtigten komme die entscheidende Bedeutung zu. Das Verbreitungsrecht habe demgegenüber minderes Gewicht, wie sich aus § 17 Abs. 2 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) vom 9. September 1965 (BGBl I 1965, 1273) ergebe. Sei ein Werk rechtmäßig veräußert, sei seine Verbreitung ohne Erlaubnis des Urhebers zulässig; habe die Klägerin die Schallplatten in Verkehr gebracht, sei deshalb jeder berechtigt, die Schallplatten zu verkaufen. Daraus folge, daß ein Verbreitungsrecht, das allen zustehe, nicht mehr Gegenstand einer entgeltlichen Duldungsleistung der GEMA sein könne.

Mit der Revision rügt der Beklagte Verletzung des § 7 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (UStDB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. September 1951 (BGBl I 1951, 796, BStBl I 1951, 482) durch unzulässige Anwendung des § 17 Abs. 2 UrhG. Unter Berufung auf das bereits vom Finanzgericht erwähnte Urteil des Bundesfinanzhofs vom 17. Juli 1969 V 93/65 kehrt er zu seiner ursprünglichen Auffassung zurück, die GEMA habe einheitliche Duldungsleistungen erbracht. Für die Bestimmung des Leistungsorts seien die von den Vertragsparteien getroffenen und durchgeführten Vereinbarungen maßgeblich. Nach ihnen habe nicht der Zeitpunkt der Vervielfältigung, sondern derjenige des Vertriebs die Lizenzzahlung ausgelöst; ferner sei das Land, in das vertrieben werden sollte, für die Höhe der Lizenzgebühr maßgeblich gewesen. Die Klägerin habe selbst auf die Besonderheit der Schallplatten-Normalverträge hingewiesen, bei deren Abfassung das wirtschaftliche Argument eine Rolle spiele, daß der Urheber dort nichts verdienen sollte, wo der verwertende Schallplattenhersteller nichts verdient. Mit diesen wirtschaftlichen Gegebenheiten habe sich das angefochtene Urteil nicht auseinandergesetzt; infolgedessen sei es rechtsirrig zu der dem Parteiwillen entgegengesetzten, rein urheberrechtlich begründeten Auffassung gelangt, es komme allein auf die Vervielfältigung an. Die an § 17 Abs. 2 UrhG anknüpfenden Ausführungen seien schon deswegen fehlsam, weil sie den Fall der Erstverbreitung, um den es sich hier handele, nicht in Betracht gezogen hätten.

Der Beklagte beantragt, das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Nach ihrer Auffassung geht es in erster Linie um positive sonstige Leistungen der GEMA mit Leistungsort im Inland, da die GEMA mit der Übertragung der Urheberrechte zugleich gemäß § 16 Abs. 3 des Hauptvertrages die Nutzungsberechtigten von etwaigen Ansprüchen Dritter freigestellt habe. Somit habe die GEMA dem Schallplattenhersteller vertraglich den Anspruch gewährt, ihm die Auswertung aller Rechte im In- und Ausland zu ermöglichen. Folge man dem nicht, liege nach der Rechtslage aufgrund nationalen und internationalen Urheberrechts eine Duldung der Ausübung von Autorenrechten im Inland vor. Allgemein sei in den Kulturstaaten lediglich das Vervielfältigungsrecht geschützt; nur die Bundesrepubliken Deutschland und Österreich schützten zusätzlich das Recht der Verbreitung. Der in Art. 5 Abs. 2 der Revidierten Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst (Stockholmer Fassung) verankerte Grundsatz der Inländerbehandlung billige dem Urheber des Ursprungslandes nur den Schutz nach Maßgabe der Rechtsvorschriften des Bestimmungslandes zu. Das bedeute zwar Schutz vor unerlaubter Vervielfältigung in diesem Lande; für Schallplatten aber, die im Ursprungsland erlaubterweise hergestellt worden seien, könnte nach dem im Bestimmungsland geltenden Urheberrecht weder die Einfuhr noch der Vertrieb verboten werden. Das Schwergewicht der GEMA-Leistung liege deshalb in der Gewährung des Vervielfältigungsrechts; Urheber bzw. GEMA hätten demnach die Herstellung von Schallplatten (im Inland) geduldet, nicht aber auch deren Vertrieb. Geduldet werden könne nur dort, wo der Rechtsinhaber verbieten könnte. Die Ansicht des Beklagten, nach dem Hauptvertrag könne von der GEMA der Vertrieb in einem bestimmten Land ungeachtet der oben dargestellten Urheberrechtslage verboten werden, bringe das "dingliche" Urheberrecht und das obligatorische Vertragsrecht durcheinander. In solchen Fällen könne die GEMA nur aus positiver Vertragsverletzung klagen, nicht dagegen wegen Verletzung von Schutzrechten des Autors.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist unbegründet.

1. Gemäß § 24 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1951 sind u. a. aus der Bemessungsgrundlage der Ausfuhrvergütung auszuscheiden die Kosten für im Ausland in Anspruch genommene sonstige Leistungen. Die demnach notwendige Bestimmung des Leistungsorts derjenigen sonstigen Leistungen, für die die Klägerin den Betrag von 850 000 DM aufgewendet hat, erfordert vorrangig eine Klärung der Frage, wer als leistender Unternehmer am Leistungsaustausch mit der Klägerin beteiligt war und welchen Inhalt dieser Leistungsaustausch hatte.

2. Die Befugnis zur mechanischen Vervielfältigung und Verbreitung von Musikwerken hat - als Vertragspartnerin der Klägerin - die GEMA im eigenen Namen eingeräumt. Mit Abschluß derartiger Verwertungsverträge wird die GEMA nach der im zivilrechtlichen Schrifttum vertretenen Auffassung für ihre Mitglieder und sonstigen Wahrnehmungsberechtigten (Komponisten, Textdichter, Bearbeiter und Musikverleger) treuhänderisch tätig (so Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 2. Aufl., § 84, S. 373 f.; Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 3. Aufl., S. 230 f.; Coing, Die Treuhand kraft privaten Rechtsgeschäfts, S. 83 f.; ebenso Urteil vom 10. März 1966 V 7/63, BFHE 85, 257, BStBl III 1966, 302; differenzierend Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 3. Aufl., § 6 WahrnG Bem. 6, die einen urheberrechtlichen Nutzungsvertrag eigener Art annehmen, welcher Elemente des Auftrages, insbesondere bezüglich der treuhänderischen Rechtsübertragung, sowie des Gesellschafts-, des Dienst- und des Geschäftsbesorgungsvertrages enthalte). Zweifel an einem echten Treuhandverhältnis macht v. Gamm (Urheberrechtsgesetz, § 31 Rdz. 8) geltend.

Diese zivilrechtlichen Meinungen zur treuhänderischen Rechtsstellung der GEMA gegenüber Urhebern und anderen Wahrnehmungsberechtigten sind ohne Auswirkung auf die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung. Für diese ist maßgebend, daß die GEMA als im eigenen Namen handelnder Unternehmer aufgetreten ist und aufgrund der Berechtigungs- oder Wahrnehmungsverträge Leistungen der Mitglieder und Wahrnehmungsberechtigten empfangen sowie vermittels der Verwertungsverträge Leistungen an Nutzungsberechtigte erbracht hat. Mit dem Abschluß des Wahrnehmungsvertrages zwischen der GEMA einerseits und Urheber bzw. Wahrnehmungsberechtigtem andererseits haben letztere nicht eigene Rechtspositionen zur treuhänderischen Wahrnehmung auf die GEMA übertragen. Vielmehr sind in der Person der GEMA eigene Rechtszuständigkeiten begründet worden (dazu unten Abschn. 3 b), welche die GEMA zwar uneigennützig, aber weisungsfrei ausübt (vgl. §§ 6, 7 des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten - WahrnG - vom 9. September 1965, BGBl I 1965, 1294). Diese der GEMA zustehenden Nutzungsrechte der §§ 31 ff. UrhG sind nach ihrer rechtlichen Ausgestaltung an die Person des Nutzungsberechtigten gebunden, widerstreben schon begrifflich einer Zurechnung nach § 11 Nr. 2 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) bzw. § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) und gehören dem Vermögen der Urheber bzw. Wahrnehmungsberechtigten wirtschaftlich nicht an (vgl. auch Ulmer, a. a. O., § 83 IV S. 371/72).

3. a) Die GEMA hat in Erfüllung des mit der Klägerin abgeschlossenen Hauptvertrages sonstige Leistungen in Form der Duldung mit Leistungsort im Inland bewirkt. In § 1 Abs. 1 des Hauptvertrages hatte die GEMA der Klägerin die nicht ausschließliche und nicht übertragbare Befugnis eingeräumt, ihr jeweiliges Repertoire nach Maßgabe näherer vertraglicher Regelung mechanisch zu vervielfältigen und zu verbreiten. Das Recht, ein Musikwerk durch Aufnahme auf Tonträger mechanisch zu vervielfältigen und durch Vertrieb der Werkstücke zu verbreiten, steht dem Urheber als ausschließliches Verwertungsrecht im Sinne der §§ 15 bis 17 UrhG zu (so bis zum 31. Dezember 1965 die hier einschlägigen Vorschriften der §§ 11, 12 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Tonkunst). Im vorliegenden Fall haben die Urheber diese Verwertungsrechte nicht selbst ausgeübt, sondern der GEMA ein ausschließliches Nutzungsrecht eingeräumt. Dieses Nutzungsrecht entspricht im geltenden Urheberrecht dem des § 31 Abs. 1 UrhG (arg. § 35 UrhG). Die GEMA wiederum hat der Klägerin ein einfaches Nutzungsrecht (im Sinne des § 31 Abs. 2 UrhG) zur Schallplattenherstellung und -verbreitung eingeräumt. Ein solches Recht ist gegeben, wenn der Erwerber (nur) berechtigt ist, das Werk neben dem Urheber oder anderen Berechtigten auf die ihm erlaubte Art zu nutzen. Der Erwerber erhält hier eine (u. U. vertraglich eingegrenzte) positive Nutzungsbefugnis, aber nicht das im Urheberrecht enthaltene Abwehrrecht (vgl. Hubmann, a. a. O., S. 192; v. Gamm, a. a. O., § 31 Rdz. 14). Dem entsprechen die im Hauptvertrag enthaltenen Vereinbarungen, insbesondere die in § 1 Abs. 1 getroffene Abrede.

b) Das dem Berechtigten eingeräumte Nutzungsrecht setzt (wie übrigens auch das ausschließliche Nutzungsrecht) ein entsprechendes Verwertungsrecht des Urhebers voraus; denn ein Nutzungsberechtigter ist rechtlich nicht imstande, ein Urheberrecht im größeren Umfang zu nutzen, als es der Urheber selbst verwerten könnte. Gleichwohl sind einer anderen Person eingeräumte Nutzungsrechte nicht ein abgetretener Teil der dem Urheber zustehenden Verwertungsrechte. Die Nutzungsrechte stehen, was auch der Aufbau des Urheberrechtsgesetzes deutlich macht und in der Zeit vor seinem Inkrafttreten durch die höchstrichterliche Rechtsprechung anerkannt worden war (vgl. v. Gamm, a. a. O., § 31 Rdz. 6), neben den Verwertungsrechten des Urhebers und werden bezeichnet als vom Urheberrecht abgeleitete Rechte (so Ulmer, a. a. O., § 68, S. 298), als Abspaltungen vom Gesamtrecht (so v. Gamm, a. a. O., § 31 Rdz. 10) bzw. als Rechte, die das Urheberrecht belasten (so Hubmann, a. a. O., S. 192) und erst mit ihrer Einräumung (nur) in der Person des (der) Nutzungsberechtigten zum Entstehen kommen (so das vorbezeichnete Schrifttum).

Eine derartige rechtsgeschäftliche Verfügung, die auf die Verschaffung urheberrechtlicher Befugnisse gerichtet ist, enthält der zwischen der GEMA und der Klägerin abgeschlossene Hauptvertrag. Ihm allein sind Art, Inhalt und Umfang der der Klägerin zugefallenen Befugnisse zu entnehmen. Dieser Vertrag regelt die Rechtsbeziehungen der Parteien erschöpfend in Form der Gewährung bzw. Annahme einer einfachen Nutzungsbefugnis, wie sie vom Urheberrechtsgesetz als eigenständiges Rechtsinstitut ausgestaltet ist. Von dieser konkreten vertraglichen Rechtsbeziehung werden die dem Urheber zustehenden Verwertungsrechte nur mittelbar berührt. Da sie selbst weder Gegenstand einer irgendwie gearteten Rechtsüberlassung sein können, noch die Nutzungsrechte an ihnen selbst begründet werden, erschöpft sich die Berührung in der Rechtsfolge, daß neben den Verwertungsberechtigten ein Nutzungsberechtigter getreten ist.

c) In umsatzsteuerrechtlicher Sicht folgt aus dieser urheberrechtlichen Lage, daß die Klägerin mit der Auswahl und der Vervielfältigung, Verbreitung oder anderweitigen Verwendung von Musikwerken des GEMA-Repertoires von ihrer für eine unbestimmte Zahl von Fällen eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht hat, die ihr im Hauptvertrag überlassene Rechtsposition (Einräumung einfacher Nutzungsrechte) wirtschaftlich auszuwerten. Mit jedem Fall der Auswertung ist eine einheitliche Duldungsleistung der GEMA (Duldung fremder Rechtsausübung) verbunden (so im Ergebnis zutreffend Urteil vom 17. Juli 1969 V 93/65, BFHE 96, 433, BStBl II 1969, 693, unter Aufgabe entgegenstehender Ausführungen im Urteil vom 10. März 1966 V 7/63, BFHE 87, 257, BStBl III 1966, 302), da das jeweilige Urheberrecht für eine bestimmte Zeit mit der ungestörten wirtschaftlichen Nutzung der Klägerin belastet war, welche die GEMA (mithin auch der Urheber) im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen hinnehmen mußte. Dieses konkrete wirtschaftliche Geschehen bestimmte maßgeblich den Charakter der von der GEMA erbrachten sonstigen Leistungen. Die gesetzliche Alternative des Unterlassens eigener Rechtsausübung ist hier nicht gegeben, da die GEMA an der Gewährung weiterer einfacher Nutzungsrechte an andere Unternehmer nicht gehindert ist.

4. Ort der Duldungsleistungen der GEMA war der Sitz ihrer Vertragspartnerin, nämlich der Klägerin; denn dort hat die GEMA zum wesentlichen Teil geduldet. Nach dem abgeschlossenen Hauptvertrag hatte die GEMA die Auswertung der überlassenen Nutzungsbefugnis zur Disposition der Klägerin gestellt. Diese vollzog die Auswertung jeweils durch Auswahl und Aufnahme des Repertoirestücks (mit dem technischen Vollzug der Anmeldung nach § 15 Abs. 1 mit der Folge der sogenannten Einzeichnung nach § 16 Abs. 1 des Hauptvertrages), der Festlegung der Auflagenhöhe und der Bestimmung des Herstellungsorts und des Verbreitungsorts. Alle diese die Nutzungsbefugnis ausfüllenden und das Urheberrecht berührenden unternehmerischen Entscheidungen traf die Klägerin im Rahmen ihrer Unternehmensführung; diese ist an ihrem Sitz zu lokalisieren.

Nicht entscheidend ist, ob der Herstellungsort vom Sitz des vertragsschließenden Schallplattenherstellers abweicht. Denn die Verfügung über das Recht wird nicht erst am Herstellungsort getroffen, sondern am Sitz der Unternehmensleitung des vertragsschließenden Schallplattenherstellers. Setzte demgemäß die Klägerin nach Vollzug der sachlichen vorgehenden Entscheidungen die Schallplatten im Verbreitungsgebiet ab, so vertrieb sie diese ebenfalls von ihrem Sitz aus, selbst wenn die Schallplatten an einem anderen Ort gelagert und von diesem Ort ausgeliefert wurden. Die tatsächlichen Vorgänge der Schallplattenherstellung und des Schallplattenabsatzes folgen mithin der Unternehmensentscheidung nach, sind akzessorischer Natur und machen den Rechtsvorgang der Auswertung sichtbar.

Der Ort der sonstigen Leistung kann nicht dadurch beeinflußt werden, daß der Schallplattenhersteller - wenn auch aus wohlerwogenen wirtschaftlichen Gründen - in bezug auf einen Auswertungsvorgang (Aufnahme eines Musiktitels und dessen Verbreitung auf Schallplatte) verschiedene Herstellungsorte wählt und die Schallplatten eines Titels an verschiedenen Orten bis zu ihrem Vertrieb lagert. Demgemäß hat auch die GEMA in § 17 des Hauptvertrages die Entstehung ihres Vergütungsanspruchs an den Ausgang der Schallplatte aus dem Zentrallager geknüpft, also ohne Rücksicht darauf, ob der Klägerin die beabsichtigte Verbreitung gelang, was z. B. im Falle des Untergangs beim Transport nicht der Fall gewesen wäre.

Demgegenüber hält der Beklagte die Handlungen der Herstellung und Verbreitung zur Bestimmung des Leistungsorts für maßgeblich und weist zur Begründung dieser Auffassung darauf hin, daß der Urheber sich gegen den Einbruch eines Nichtberechtigten in die Urheberrechtssphäre erst bei Eintritt tatsächlicher Verwertungshandlungen wehren könne und nicht schon gegen die vorangehenden und noch nicht erkennbaren Entschlüsse des Nichtberechtigten. Dabei verkennt der Beklagte, daß in diesem Fall ein Rechtsverhältnis zwischen Urheber und Nichtberechtigtem erst durch die Verletzung des Urheberrechts begründet wird, während die Klägerin aus eigenem Recht auswertete und nicht in fremde Rechtspositionen eingriff.

 

Fundstellen

BStBl II 1979, 594

BFHE 1979, 95

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