Leitsatz (amtlich)

Nach der Niedersächsischen Gebührenordnung für die Schlachttier- und Fleischbeschau sowie für die Trichinenschau vom 30. März 1955 (Nieders. GVBl, 110) ist der Gebührenschuldner der Schlächter (vgl. BFH-Urteil V 187/57 U vom 31. März 1960, BFH 71, 491, BStBl III 1960, 432). Die Gebührenbeträge sind ein Teil des Entgelts für die Schlachtung, auch wenn sie von einem anderen Unternehmer bezahlt werden.

 

Normenkette

UStG § 1 Nr. 1, § 5 Abs. 3; UStDB § 10

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Steuerpflichtiger) betreibt die Lohnschlächterei. Er Schlachtet das von den Bestellern angelieferte Vieh in seinem Betrieb und verkauft das Fleisch im Namen und für Rechnung der Besteller an einen Händler. Die Tiere und das Fleisch werden in seinem Betrieb der Schlachttier- und Fleischbeschau sowie der Trichinenschau unterworfen Die Gebühren für diese Amtshandlungen (kurz: Schlachtgebühren) bezahlt der Händler an die Beschauer. Der Händler verrechnet diese Beträge dem Fleischverkäufer (Besteller der Schlachtung), indem er sie vom Kaufpreis abzieht.

Das FA behandelte diese Beträge in dem gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 UStG auf den Monat August 1960 verkürzten Veranlagungszeitraum als Teil der für die Schlachtungen vereinnahmten Entgelte und zog sie ... mit 4 v. H. zur Umsatzsteuer heran. Der Steuerpflichtige vertritt die Auffassung, die Gebührenbeträge seien nicht für seine Werkleistung, sondern für die Amtshandlungen der Beschauer bezahlt worden und könnten deshalb nicht als Entgelt der Berechnung seiner Umsatzsteuer zugrunde gelegt werden. Seine Sprungberufung (jetzt Klage) wurde vom FG als unbegründet zurückgewiesen. Gegen dieses Urteil legte der Steuerpflichtige die Rechtsbeschwerde ein.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Das Rechtsmittel, das seit dem Inkrafttreten der FGO am 1. Januar 1966 als Revision zu behandeln ist (§ 184 Abs. 2 Nr. 1 FGO), ist nicht begründet.

Gemäß § 10 UStDB ist Entgelt alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufwendet, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten. Die Bestimmung hat nicht die Bedeutung, daß dem Entgelt auch diejenigen Beträge zuzurechnen sind, die der Empfänger im Rahmen eines eigenen Schuldverhältnisses mit einem Dritten aufwenden muß, damit der Unternehmer seine Leistung erbringen kann. Vielmehr gehören Zahlungen des Empfängers an einen Dritten nur dann zum Entgelt des Unternehmers, wenn sie für Rechnung des Unternehmers geleistet werden und im Zusammenhang mit der Leistung stehen. Die Gebührenzahlungen können deshalb nicht schon allein aus dem Grunde zu den Entgelten des Steuerpflichtigen hinzugerechnet werden, weil sie die Voraussetzung für die Zulässigkeit seiner Werkleistungen bildeten.

Ein Aufwand der Besteller im Sinne des § 10 UStDB kann durch die Gebührenzahlungen nur dann entstanden sein, wenn der Steuerpflichtige selbst Gebührenschuldner war, wenn also die Besteller der Schlachtungen den Steuerpflichtigen durch ihre Zahlungen von Unkosten freigestellt haben, die der Steuerpflichtige zur Bewirkung seiner Leistung hätte aufwenden müssen und die den Werklohn erhöht hätten.

Das FG ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, daß diese Rechtslage gegeben war. Denn nach den Gründen des auch vom FG herangezogenen Urteils des Senats V 187/57 U vom 31. März 1960(BFH 71, 491, BStBl III 1960, 432) ist allein der Schlächter gesetzlicher Schuldner der Schlachtgebühren. Er ist nach den Grundsätzen dieser Entscheidung "Besitzer" des Schlachttiers im Sinne der §§ 2, 7 Abs. 1 der Niedersächsischen Gebührenordnung für die Schlachttier- und Fleischbeschau sowie für die Trichinenschau vom 30. März 1955 (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt S. 110 - GVBl 110 -) - GebO - und wird nach diesen Bestimmungen, ohne daß es eines besonderen Gebührenbescheids bedürfte, mit dem Beginn der Beschau Schuldner der zu diesem Zeitpunkt fälligen Gebühren.

An dem Urteil vom 31. März 1960 hält der Senat fest. Die Ausführungen der Revisionsbegründung können keine andere Entscheidung rechtfertigen. Insbesondere greifen gegenüber diesem Urteil die Bedenken nicht durch, die der Steuerpflichtige aus der Verwendung des Begriffs "Besitzer" in Bestimmungen des Fleischbeschaugesetzes und den Ausführungsbestimmungen A zur Verordnung über die Durchführung dieses Gesetzes herleitet und die auch das FG grundsätzlich teilt. Der Senat verbleibt vielmehr bei der im herangezogenen Urteil ausgesprochenen und begründeten Rechtsauffassung, daß die Gebührenordnung den unmittelbaren Veranlasser der Beschau, also den Schlächter, der die Schlachtung anmeldet und den Beschauer zeitlich nach den besonderen Verhältnissen seines Betriebs in Anspruch nimmt, Schuldner der Gebühr ist. Diese Auffassung ergibt sich insbesondere aus der Regelung, nach der sich die Beschaugebühren erhöhen, wenn die Beschau außerhalb der üblichen Arbeitszeit verlangt wird (§ 4 GebO). Auch die Darlegungen des Steuerpflichtigen in der mündlichen Verhandlung, daß die Tierbeschau im Interesse der Tiereigentümer durchgeführt werde und den Beschauern dieses Interesse bekannt sei, führt zu keiner anderen Auslegung der GebO. Denn einerseits ist auch der Schlachtbetrieb an der Beschau interessiert, damit er seinen Aufträgen nachkommen kann, anderseits ist der Verordnungsgeber nicht gehalten, den eigentlichen Interessenten an der Amtshandlung als Gebührenschuldner heranzuziehen; es bestehen vielmehr keine rechtlichen Bedenken dagegen, den unmittelbaren Veranlasser des Amtsgeschäfts in Anspruch zu nehmen.

Da der Steuerpflichtige somit Gebührenschuldner war, sind die angefallenen Beschaugebüren Unkosten seiner Unternehmertätigkeit. Durch die Zahlungen des Fleischhändlers an die Beschauer wurde der Steuerpflichtige von seiner eigenen Zahlungspflicht befreit. Diese Leistung ist gemäß § 10 UStDB den Entgelten für die Schlachtungen hinzuzurechnen und deshalb zur Bemessung der Umsatzsteuer heranzuziehen (§§ 5 Abs. 1, 11 Satz 1 UStG). Als durchlaufende Posten im Sinne des § 5 Abs. 3 UStG können die Beträge unter diesen Umständen nicht beurteilt werden.

Der Steuerpflichtige kann auch für den strittigen Veranlagungszeitraum nicht aus den besonderen Umständen des Falles und der früheren Rechtsprechung des Senats verlangen, steuerlich so behandelt zu werden, als wäre in seiner Person keine Gebührenschuld entstanden. Voraussetzung für einen solchen Vertrauensschutz wäre, daß der Steuerpflichtige das gesetzliche Schuldverhältnis nicht gekannt hätte. Nach den Feststellungen des FG wurden allerdings die dem Abschn. (3) des Abrechnungserlasses entsprechenden Gebührennachweise auf den Namen des Empfängers der Schlachtleistung (Tiereigentümer) ausgestellt und es wurde damit zum Ausdruck gebracht, daß diese Beteiligten als Gebührenpflichtige herangezogen werden sollten. Außerdem wurden die Durchschriften dieser Quittungen nicht dem Steuerpflichtigen, sondern nur dem Händler übergeben. Auch aus den weiteren Feststellungen des FG kann nicht entnommen werden, daß der Steuerpflichtige in irgendeiner Weise für die Gebühren in Anspruch genommen wurde. Von den Beschauern wurden zwar weitere Gebührennachweise ausgestellt, in denen die Gebühr dem Steuerpflichtigen "in Rechnung gestellt" wurde. Hierbei handelt es sich aber um die Gebührenzusammenstellungen nach Abschn. (5) und (6) des Abrechnungserlasses, die der Berechnung der von den Beschauern an die Landeskasse abzuführenden Beträge dienen und die ihrer Natur nach nur für die Behörde bestimmt waren. Es ist deshalb möglich, daß das Gebührenschuldverhältnis gegenüber dem Steuerpflichtigen in keiner Weise geltend gemacht worden war. Da außerdem der BFH im Urteil V 209/57 U vom 13. Februar 1958 (BFH 66, 412, BStBl III 1958, 158) im Gegensatz zur Entscheidung V 187/57 U, a. a. O. noch die Auffassung vertreten hatte, daß der Besitzer im Sinne der GebO sowohl der Eigentümer wie der Schlächter des Tieres sein könne, war die Frage zu prüfen, ob der Klage nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben zu entsprechen sei.

Es steht aber fest, daß dem Steuerpflichtigen das erst im BStBl vom 7. November 1960 veröffentlichte Urteil des BFH vom 31. März 1960, a. a. O., schon vor dem in Streit stehenden Veranlagungszeitraum bekanntgegeben worden war. Diese Tatsache ergibt sich aus dem der Umsatzsteuervoranmeldung für August 1960 vom Steuerpflichtigen beigefügten Erlaß der Oberfinanzdirektion ..., aus der Klageschrift und den Darlegungen des FA ..., deren Richtigkeit vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich bestätigt wurde.

Da der Steuerpflichtige somit schon für den Monat August 1960 mit der Heranziehung der Beschaugebühren zur Berechnung seiner Umsatzsteuer rechnen mußte, steht ihm der Vertrauensschutz nicht zu.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68023

BStBl II 1968, 463

BFHE 1968, 56

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