Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Teilbarkeit von Fahrschulumsätzen

 

Leitsatz (NV)

1. Gibt das FA dem Klagebegehren durch Erlaß eines Steueränderungsbescheids während des Revisionsverfahrens weitgehend statt und macht der Kläger den Änderungsbescheid zum Gegenstand des Verfahrens, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache an das FG nach § 127 FGO, wenn die vom FG festgestellten tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs unberührt geblieben sind.

2. Bei der Ausbildung von Fahrschülern kommen die einzelnen Fahrstunden und die Vorstellung zur Prüfung als Teilleistungen in Betracht. Die übrigen durch die Grundgebühr abgegoltenen Ausbildungsleistungen sind erst mit Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit ausgeführt.

 

Normenkette

FGO §§ 68, 123 S. 2, § 127; UStG 1980 § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betrieb eine Fahrschule. Die Abrechnung der von ihm erbrachten Leistungen übernahm X. Entsprechend den Vereinbarungen mit den Fahrschülern rechnete diese die erteilten Fahrstunden alle 14 Tage ab.

In den Umsatzsteuervoranmeldungen für 1981 versteuerte der Kläger die im Jahre 1981 abgerechneten Leistungen mit dem damals für Angehörige eines freien Berufes geltenden ermäßigten Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 5 des Umsatzsteuergesetzes -- UStG 1980 -- a. F.).

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) vertrat im Anschluß an eine Außenprüfung die Auffassung, die Leistungen seien erst am Tage der Fahrprüfung erbracht worden, und unterwarf dementsprechend die vom Kläger bereits 1981 versteuerten Entgelte im Streitjahr (1982) der Regelbesteuerung, soweit die Fahrschüler sich erst im Jahre 1982 der Fahrprüfung unterzogen hatten (nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung -- AO 1977 -- geänderter Umsatzsteuerbescheid vom 10. Februar 1988).

Die Klage gegen diesen Umsatzsteuerbescheid hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) sah in den Fahrstunden jeweils selbständige Leistungen, so daß sie -- soweit streitig -- im Jahre 1981 zu versteuern seien.

Das FA hat gegen das Urteil Revision eingelegt. Während des Revisionsverfahrens hat es den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid zugunsten des Klägers entsprechend den Grundsätzen des Schreibens des Bundesministers der Finanzen vom 12. Mai 1982 IV A 1 -- S 7210 -- 86/82; IV A 2 -- S 7270 -- 13/82 (BStBl I 1982, 540 Rz. 37) dahin geändert, daß es die im Jahre 1981 erbrachten Fahrstunden nicht mehr im Streitjahr (1982) versteuerte. Lediglich bezüglich der Grundgebühr bejahte es noch eine einheitliche Ausbildungsleistung des Klägers, die -- soweit streitig -- im Jahre 1982 erbracht worden sei.

Der Kläger hat den Änderungsbescheid vom 2. März 1994 gemäß § 68, § 123 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht und beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

1. Gegenstand des Verfahrens ist der Umsatzsteueränderungsbescheid vom 2. März 1994, den der Kläger gemäß §§ 121, 123, 68 FGO in das Revisionsverfahren überleitete. Der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das FG bedarf es nicht schon hierwegen gemäß § 127 FGO, da das FA mit dem Änderungsbescheid dem Klagebegehren überwiegend stattgegeben hat und im übrigen die vom FG festgestellten tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs unberührt geblieben sind (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 127 Anm. 2; Geist, Finanz-Rundschau -- FR -- 1989, 229, 235 rechte Spalte oben).

Wie sich aus dem der angefochtenen Steuerfestsetzung zugrundeliegenden Außenprüfungsbericht und der Einspruchsentscheidung vom 22. Juli 1988 ergibt, hatte das FA für die Fahrschüler, die ihre Fahrausbildung im Jahre 1981 begonnen und im Jahre 1982 beendet hatten, sowohl die Grundgebühr als auch das Entgelt für die im Jahre 1981 erbrachten Fahrstunden im Streitjahr 1982 mit dem damals geltenden Regelsteuersatz versteuert. Dieser Sachverhalt ist vom FG durch die Bezugnahme auf die Außenprüfung und den angefochtenen Bescheid festgestellt worden.

2. Das FA hat dem Grunde nach zu Recht die 1981 begonnenen und 1982 beendeten Ausbildungsleistungen, soweit sie mit der Grundgebühr abgegolten wurden, im Streitjahr (1982) versteuert.

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG 1980 entsteht die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Bei Ausbildungsverhältnissen ist die Ausbildungsleistung grundsätzlich erst mit Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit ausgeführt, sofern nicht die Sonderregelung des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Sätze 2 und 3 UStG 1980 für Teilleistungen eingreift (ähnlich für Grundstücksvermietung Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 19. Mai 1988 V R 102/83, BFHE 154, 166, BStBl II 1988, 848). Dem entspricht die Rechtsauffassung des FA, daß der Kläger die Ausbildung der Fahrschüler, die im Jahre 1982 ihre Fahrprüfung ablegten, erst in diesem Jahre beendet und gleichzeitig die durch die Grundgebühr abgegoltene Ausbildungsleistung ausgeführt hat. Substantiierte Einwendungen hiergegen hat der Kläger nicht erhoben.

Die durch die Grundgebühr abgegoltene Ausbildungsleistung kann nicht in Teilleistungen zerlegt werden. Teilleistungen liegen vor, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG 1980). Fahrschulen müssen ihre Unterrichtsentgelte durch Aushang in den Geschäftsräumen bekanntgeben und dabei insbesondere das Entgelt für die allgemeinen Aufwendungen des Fahrschulbetriebs einschließlich des gesamten theoretischen Unterrichts, für eine Fahrstunde zu 45 Minuten und für die Vorstellung zur Prüfung angeben (§ 19 des Gesetzes über das Fahrlehrerwesen vom 25. August 1969, BGBl I 1969, 1336). Als Teilleistungen kommen demnach die einzelnen Fahrstunden und die Vorstellung zur Prüfung in Betracht. Die übrigen durch die Grundgebühr abgegoltenen Ausbildungsleistungen können mangels eines gesondert vereinbarten Entgelts nicht in weitere Teilleistungen aufgegliedert werden.

3. Den Sachverhaltsfeststellungen des FG kann nicht entnommen werden, ob sich das ursprünglich streitige Gesamtentgelt von ... DM so aus Beträgen für Fahrstunden und aus Grundgebühren zusammensetzt, wie dies das FA im Änderungsbescheid vom 2. März 1994 angenommen hat. Der Senat kann deshalb nicht selbst in der Sache entscheiden (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 419920

BFH/NV 1995, 367

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