Leitsatz (amtlich)

Bei einer steuerrechtlich anzuerkennenden Pensionszusage einer Ein-Mann-GmbH & Co. KG gegenüber dem Ehegatten des alleinigen Kommanditisten der KG und alleinigen Gesellschafters der Komplementär-GmbH steht die Gesellschafterstellung des letzteren der Einbeziehung der Anwartschaft auf Witwen(Witwer)versorgung in die Bildung der Rückstellung für die Pensionsverbindlichkeit nicht entgegen.

 

Orientierungssatz

1. Für Pensionszusagen, die im Rahmen eines steuerlich anzuerkennenden Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer-Ehegatten gegeben werden, können Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG nur gebildet werden, wenn die Zusage betrieblich veranlaßt war, die Verpflichtung aus der Zusage ernstlich gewollt und eindeutig vereinbart ist und wenn der Steuerpflichtige eine solche Versorgung auch einem familienfremden Arbeitnehmer erteilt haben würde. Diese Voraussetzungen sind auch bei der Zusage einer Altersversorgung an den Arbeitnehmer-Ehegatten eines (beherrschenden) Gesellschafters zu beachten (vgl. BFH-Rechtsprechung).

2. Zivilrechtlich und handelsrechtlich ist auch eine Ein-Mann-GmbH & Co. KG eine Personengesellschaft und, wenn sie ein Handelsgewerbe betreibt, eine Personenhandelsgesellschaft, nämlich eine KG i.S. der §§ 161 ff. HGB.

3. Das Fehlen ausreichender tatsächlicher Feststellungen stellt einen ohne Rüge nachprüfbaren materiellen Mangel des angefochtenen Urteils dar (vgl. BFH-Rechtsprechung).

 

Normenkette

EStG §§ 6a, 15 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 19; FGO § 118 Abs. 2; EStG § 24 Nr. 2; HGB §§ 161ff, 161, 172a, 249; GmbHG § 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG (KG). Alleinige Komplementärin ist eine GmbH, deren alleinige Gesellschafterin Frau B ist. Frau B ist auch alleinige Kommanditistin der KG. Zwischen der KG und dem Ehemann von Frau B besteht ein Arbeitsverhältnis. Eine im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses erteilte Pensionszusage schließt auch die Witwenversorgung ein. Die KG bildete aufgrund der Pensionszusage gewinnmindernde Rückstellungen und berücksichtigte dabei auch die zugesagte Witwenversorgung.

Nach einer Betriebsprüfung erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Rückstellung mit der Begründung, die Klägerin sei wirtschaftlich einem Einzelunternehmen gleichzuachten, nicht an, soweit sie die Anwartschaft auf Witwenversorgung berücksichtigt. Die Gewinnfeststellungsbescheide 1978 bis 1982 und die Bescheide über den Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1.Januar 1979 bis zum 1.Januar 1983 wurden entsprechend gemäß § 164 Abs.2 der Abgabenordnung (AO 1977) geändert bzw. erstmals erlassen.

Die Klage hatte Erfolg.

Dagegen richtet sich die vom Finanzgericht (FG) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs.2 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) zugelassene Revision, mit der das FA Verletzung materiellen Rechts rügt. Das FA trägt vor, mit dem Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29.Januar 1976 IV R 42/73 (BFHE 118, 176, BStBl II 1976, 372) könne die Anerkennung der Rückstellung nicht gerechtfertigt werden. Der BFH lasse in diesem Urteil ausdrücklich offen, ob eine Rückstellung auch bei einer Ein-Mann-GmbH & Co. KG gebildet werden könne. Nach dem Erlaß des Finanzministeriums des Landes Rheinland-Pfalz vom 4.September 1984 komme für die Bildung einer Rückstellung bei Pensionszusagen zwischen Ehegatten in Einzelunternehmen nur eine Zusage auf Alters-, Invaliditäts- und Waisenrente in Betracht, nicht hingegen für eine Witwenversorgung, da insoweit der Unternehmer im Versorgungsfalle die Leistungen selbst erhalte (Vereinigung von Forderung und Schuld). Die Ein-Mann-GmbH & Co. KG sei wirtschaftlich dem Einzelunternehmen gleichzustellen. Im Urteil vom 29.Januar 1976 (a.a.O.) weise der BFH darauf hin, daß die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) über die Besteuerung der Gesellschafter einer Personengesellschaft von dem Prinzip getragen seien, den Gesellschafter einer Personengesellschaft nach Möglichkeit so zu stellen wie er als Einzelunternehmer stünde. Dieser Grundsatz greife allerdings nicht ein, wenn --wie der BFH ausgeführt habe-- die Verhältnisse bei einem Einzelunternehmen und einem Gesellschafter einer Personengesellschaft gewisse Unterschiede aufweisen, die gewichtig genug erschienen, eine Differenzierung in der einkommensteuerrechtlichen Behandlung zuzulassen. Solche gewichtigen Unterschiede seien im zu entscheidenden Fall nicht erkennbar.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Schon bei einem Einzelunternehmer müsse die Bildung einer Rückstellung auch für die zugesagte Witwenrente zugelassen werden, da für den Fall der Auflösung der Ehe vor Eintritt des Versorgungsfalls und der Wiederverheiratung des Arbeitnehmers der Versorgungsanspruch nach dessen Tode dem letzten Ehegatten des Arbeitnehmers zustehe. Erst recht verbiete es sich bei einer GmbH & Co. KG, abweichend von der handelsrechtlichen Lage in Anwendung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ein Zusammentreffen von Anspruch und Verpflichtung zu unterstellen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG.

1. Zu Recht hat das FG allerdings die Anerkennung der Rückstellung für die Zusage auf Witwenversorgung nicht mit der Begründung abgelehnt, die Klägerin sei eine sog. Ein-Mann-GmbH & Co. KG.

a) Der erkennende Senat hat schon in dem Urteil in BFHE 118, 176, BStBl II 1976, 372 entschieden, daß bei Erteilung einer Pensionszusage durch eine Personengesellschaft bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen eine Rückstellung nach § 6a EStG auch gebildet werden kann, soweit die dem Arbeitnehmer zugesagte Altersversorgung eine Anwartschaft auf Witwenversorgung umfaßt und der Arbeitnehmer mit einer Gesellschafterin der Personengesellschaft verheiratet ist. Dafür war vornehmlich die Erwägung maßgebend, daß nach Eintritt des Versorgungsfalles die der Witwe von der Personengesellschaft zufließenden Altersbezüge nicht Vergütungen für Leistungen der Gesellschafterin im Sinne des § 15 Abs.1 Nr.2 EStG sind, sondern ihr als nachträgliche Vergütungen für Arbeitsleistungen des verstorbenen Ehemanns und damit als (nachträgliche) Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne der §§ 19, 24 Nr.2 EStG zufließen. Die Zahlung der Witwenrente gehe auf einen Leistungsaustausch zurück, der sich weder nach zivilrechtlicher noch nach wirtschaftlicher Betrachtung als Beitrag zur Förderung des Gesellschaftszwecks darstelle. Der Senat hat daraus gefolgert, dem Vorgang könne die steuerliche Anerkennung auch nicht unter Berufung auf einen allgemeinen Grundsatz versagt werden, Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen einer Personengesellschaft und ihrem Gesellschafter seien einkommensteuerrechtlich nicht anzuerkennen und berührten lediglich das Eigenkapital. An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten.

b) Im Urteil in BFHE 118, 176, BStBl II 1976, 372 ist offengelassen worden, ob etwas anderes gilt, wenn dem Gesellschafter- Ehegatten die Zusage von einer sog. Ein-Mann-GmbH & Co. KG erteilt wird. Der Senat ist der Auffassung, daß dies nicht der Fall ist.

aa) Zivil- und handelsrechtlich ist auch die Ein-Mann-GmbH & Co.KG eine Personengesellschaft und, wenn sie ein Handelsgewerbe betreibt, eine Personenhandelsgesellschaft, nämlich eine KG im Sinne der §§ 161 ff. des Handelsgesetzbuches (HGB). Dies ergibt sich aus § 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), wonach eine GmbH auch durch nur eine Person errichtet werden kann, und aus den Vorschriften des HGB, wonach eine KG auch nur einen Kommanditisten haben kann (§ 161 Abs.1 HGB), einziger persönlich haftender Gesellschafter einer KG auch eine GmbH sein kann (vgl. § 172a HGB) und entsprechende rechtliche Gestaltungen auch nicht für den Fall ausgeschlossen werden, daß Alleingesellschafter der GmbH der alleinige Kommanditist der KG ist.

bb) Von dieser zivilrechtlichen Lage geht das Steuerrecht aus, wenn es in § 15 Abs.1 (Satz) 1 Nr.2 EStG bestimmt, daß zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch die Gewinnanteile der Gesellschafter einer OHG, einer KG oder einer anderen Gesellschaft gehören, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen ist. Dabei ist in der Rechtsprechung des BFH anerkannt, daß das EStG mit dem Begriff "Gewinnanteil" in § 15 Abs.1 (Satz 1) Nr.2 EStG an den Gewinnanteil anknüpft, der sich aus der aus der Handelsbilanz abgeleiteten Steuerbilanz der Personengesellschaft als solcher ergibt; diesem Anteil sind für ertragsteuerrechtliche Zwecke die in § 15 Abs.1 (Satz 1) Nr.2 und Satz 2 EStG bezeichneten Vergütungen hinzuzurechnen (Beschluß vom 10.November 1980 GrS 1/79, BFHE 132, 244, 251, BStBl II 1981, 164, 167).

cc) Personenhandelsgesellschaften, also auch die Ein-Mann-GmbH & Co. KG, dürfen in ihren Handelsbilanzen für Pensionszusagen, die Arbeitnehmern im Rahmen eines Dienstverhältnisses mit der KG erteilt werden, Pensionsrückstellungen bilden; für nach dem 31.Dezember 1986 erteilte Pensionszusagen müssen Rückstellungen gebildet werden (vgl. § 249 Abs.1 HGB in der Fassung des Bilanzrichtlinien-Gesetz --BiRiLiG-- und Art.28 Abs.1 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch --EGHGB--). In der Steuerbilanz der Personengesellschaft darf die Rückstellung nur mit dem sich nach § 6a EStG ergebenden Wert berücksichtigt werden. Weder die handelsrechtlichen Vorschriften noch § 6a EStG erlauben oder gebieten es jedoch, den Teil der Zusage unberücksichtigt zu lassen, der sich auf die Witwenversorgung bezieht, wenn der hieraus Begünstigte gleichzeitig alleiniger Kommanditist und alleiniger Gesellschafter der Komplementär-GmbH ist. Denn auch aus diesem Teil der Zusage ergibt sich für die Gesellschaft als solche eine ungewisse Verbindlichkeit, der durch Bildung einer entsprechenden Rückstellung Rechnung getragen werden darf und nach neuem Handelsrecht (§ 249 Abs.1 HGB) und nach Steuerrecht (vgl. Abschn.41 Abs.1 Satz 2 der Einkommensteuer- Richtlinien 1987 --EStR--) Rechnung getragen werden muß.

dd) Das EStG enthält weder Vorschriften noch allgemeine Grundsätze, die hiervon abweichend die Nichtberücksichtigung der Witwenversorgung bei der Ein-Mann-GmbH & Co. KG gebieten. Daß § 15 Abs.1 (Satz 1) Nr.2 EStG dafür keine Rechtsgrundlage bietet, ergibt sich aus dem Urteil in BFHE 118, 176, BStBl II 1976, 372. Die vom FA behauptete Rechtsfolge kann auch nicht auf die Erwägung gestützt werden, die Vorschriften des EStG seien von dem Bestreben getragen, den Gesellschafter einer Personengesellschaft nach Möglichkeit so zu stellen, wie er als Einzelunternehmer stünde. Der BFH hat bereits in den Urteilen vom 21.Dezember 1972 IV R 53/72 (BFHE 107, 564, BStBl II 1973, 298, 302) und vom 23.Juli 1975 I R 210/73 (BFHE 117, 144, 147, BStBl II 1976, 180, 181) klargestellt, daß dieser Satz keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen kann und nur gilt, soweit das Gesetz eine solche Gleichstellung zuläßt. Dieses Gesetzesverständnis liegt auch dem Beschluß des Großen Senats vom 25.Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, 431, BStBl II 1984, 751, 764) zugrunde. Das Gesetz, nämlich die handels- und die einkommensteuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung der Personengesellschaft einschließlich der Vergütungen im Sinne des § 15 Abs.1 (Satz 1) Nr.2 EStG schließt aber, wie dargelegt, die steuerrechtliche Anerkennung einer Zusage auf Witwenversorgung an einen Arbeitnehmer einer Ein-Mann-GmbH & Co. KG auch für den Fall nicht aus, daß der Arbeitnehmer Ehegatte des Gesellschafters ist. Darauf, ob eine Zusage auf Witwen- oder Witwerversorgung im Rahmen von Ehegatten-Pensionszusagen in Einzelunternehmen nicht rückstellungsfähig ist (so Abschn.41 Abs.11 Satz 6 EStR), kommt es danach nicht an. Im übrigen ergibt sich aus der Richtlinienregelung im Umkehrschluß, daß die von einer Ein-Mann-GmbH & Co. KG erteilte Zusage auf Witwen- oder Witwerversorgung rückstellungsfähig ist, da hier bei Eintritt des Versorgungsfalles Anspruch und Verpflichtung nicht in einer Person zusammenfallen; Inhaber des Anspruchs ist die Witwe oder der Witwer des verstorbenen Arbeitnehmers, verpflichtet ist die GmbH & Co. KG.

2. Das FG-Urteil muß gleichwohl aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen werden (§ 126 Abs.3 Nr.2 FGO). Nach der Rechtsprechung des BFH können für Pensionszusagen, die im Rahmen eines steuerlich anzuerkennenden Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer-Ehegatten gegeben werden, Pensionsrückstellungen nach Maßgabe des § 6a EStG nur gebildet werden, wenn die Zusage betrieblich veranlaßt war, die Verpflichtung aus der Zusage ernstlich gewollt und eindeutig vereinbart ist und wenn der Steuerpflichtige eine solche Versorgung auch einem familienfremden Arbeitnehmer erteilt haben würde (vgl. Urteil vom 30.März 1983 I R 162/80, BFHE 138, 351, BStBl II 1983, 500 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind auch bei der Zusage einer Altersversorgung an den Arbeitnehmer-Ehegatten eines (beherrschenden) Gesellschafters zu beachten (vgl. BFH-Urteile vom 12.April 1979 IV R 14/76, BFHE 128, 207, BStBl II 1979, 622, und vom 24.November 1982 I R 42/80, BFHE 138, 26, BStBl II 1983, 405). Das FG-Urteil enthält keine tatsächlichen Feststellungen, aus denen sich ergibt, daß diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt waren; eine Entscheidung darüber, ob die Rückstellung zu Recht gebildet worden ist, ist dem Senat danach nicht möglich. Das Fehlen ausreichender Feststellungen stellt einen ohne Rüge nachprüfbaren materiellen Mangel des angefochtenen Urteils dar (vgl. BFH-Urteile vom 22.Januar 1985 VII R 112/81, BFHE 143, 203, BStBl II 1985, 562, 565, und vom 20.August 1986 I R 87/83, BFHE 147, 521, 523, BStBl II 1987, 75, 76).

 

Fundstellen

Haufe-Index 62420

BStBl II 1988, 883

BFHE 153, 555

BFHE 1989, 555

BB 1988, 2013-2014 (LT1)

DB 1988, 2131-2132 (LT)

DStR 1988, 642 (ST)

HFR 1989, 79 (LT)

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