Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Senat folgt der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, daß bei den Mitgliederleistungen an Versicherungsvereine a. G. zwischen steuerpflichtigen Versicherungsbeiträgen und steuerfreien Einlagen zu unterscheiden ist.

2. Im allgemeinen werden Eintrittsgelder insoweit, als ein Rückzahlungsanspruch beim Austritt besteht, der in seiner Höhe genau festgelegt ist und nicht vom Betriebsergebnis abhängt, steuerfreie Einlagen darstellen.

 

Normenkette

KStG § 8; KStDV § 18 Abs. 2

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist ein Schiffsversicherungsverein auf Gegenseitigkeit (a. G.). Er bezweckt die Versicherung seiner Mitglieder gegen den Verlust oder die Beschädigung ihrer Fahrzeuge durch Unglücksfälle. Die Mitglieder haben zur Deckung der Ausgaben des Vereins laufend Jahresbeiträge zu entrichten, die durch die Mitgliederversammlung alljährlich festgesetzt werden. Die Erhebung von Nachschüssen ist in der Satzung vorbehalten. Daneben haben die Mitglieder ein Eintrittsgeld für jedes zur Versicherung angemeldete Schiff zu entrichten. Die Höhe des Eintrittsgeldes richtet sich nach dem Versicherungswert der Schiffe. Die Eintrittsgelder fließen in voller Höhe, die laufenden Jahresbeiträge mit dem nach Bestreiten der Ausgaben verbleibenden überschuß dem zur Deckung außerordentlicher Verluste gebildeten Reservefonds zu. Von den Eintrittsgeldern werden bei Aufhören des Versicherungsverhältnisses dem ausscheidenden Mitglied 90 v. H., in besonderen Fällen 75 v. H. zurückgezahlt.

Am 12. Februar 1949 beschloß die Mitgliederversammlung, zum Zwecke der Wiederherstellung des Reservefonds eine Zuzahlung zum Reservefonds in Höhe von 3 v. H. der Versicherungssumme. Bei einer Gesamtversicherungssumme von 2 343 300 DM betrug die Summe der Zuzahlungen somit 70 299 DM. Sie wurde zusammen mit den in II/1948 und 1949 vereinnahmten Eintrittsgeldern in Höhe von 7 488 DM in der Bilanz zum 31. Dezember 1949 dem Reservefonds zugeführt. Das Finanzamt sah in den Zuzahlungen und den Eintrittsgeldern steuerpflichtige Einnahmen und legte der Veranlagung für II/1948 und 1949 statt eines erklärten Verlustes von 38 423 DM einen Gewinn von 37 434 DM zugrunde.

Der Versicherungsverein machte hiergegen geltend: Weder die vom Finanzamt als Nachschüsse aufgefaßten Zuzahlungen zum Reservefonds noch die als Eintrittsgelder bezeichneten Einnahmen unterlägen der Körperschaftsteuer. Beide Einnahmen des Vereins seien mit den Einlagen bei Genossenschaften zu vergleichen, die auch zur Deckung von Verlusten herangezogen würden, ohne aber bei ihrer Einzahlung der Körperschaftsteuer unterlegen zu haben. Der Reservefonds sei außerdem keine allgemeine Verlustrücklage, sondern nur zur Deckung außerordentlicher Verluste bestimmt. Zur Deckung der laufenden Schadensleistungen seien die in den Bilanzen ausgewiesenen besonderen Rückstellungen vorhanden. Das Vorgehen des Finanzamts führe zu einer Ungleichmäßigkeit der Besteuerung der Versicherungsvereine gegenüber den in der Form von Kapitalgesellschaften und Genossenschaften betriebenen Versicherungsunternehmen. Die Firma bezieht sich auf den Aufsatz von Riepl in der Deutschen Steuer-Rundschau 1951 S. 131.

Das Finanzgericht wies die Berufung als unbegründet zurück. Es stützte sich auf das Urteil des Reichsfinanzhofs I 365/40 vom 20. Dezember 1940, Reichssteuerblatt 1941 S. 250, nach dem zur Auffüllung des Reservefonds eingehobene Beiträge Entgelt für die übernahme der Versicherung darstellten. Nach der DM-Eröffnungsbilanz habe der Reservefonds 21 353,40 DM betragen. Daß er bei einer Gesamtversicherungssumme von fast 2 1/2 Mill. DM nicht ausreiche und deshalb erhöht werden müsse, liege auf der Hand. Nach der Satzung solle der Reservefonds mindestens 5 v. H. der Versicherungssumme, also etwa 120 000 DM betragen. Gespeist werde er nach § 45 der Satzung aus Eintrittsgeldern (im Veranlagungszeitraum 7 488 DM), etwaigen Jahresüberschüssen (d. h. den laufenden Mitgliederbeiträgen nach Bestreitung der Schadenszahlungen und Verwaltungskosten) und aus den Zinsen des vorhandenen Vermögens. Der Reservefonds sei nur zur Deckung außerordentlicher Verluste bestimmt, worunter die Satzung insbesondere wiederholte Totalverluste versicherter Schiffe innerhalb desselben Geschäfsjahres verstehe. Praktisch diene das gesamte Vermögen des Vereins, soweit es nicht durch die Verwaltungskosten aufgezehrt werde, dem Vereinszweck. Daher seien auch die Beiträge der Mitglieder, gleichgültig unter welcher Bezeichnung sie erhoben würden, nur diesem Vereinszweck gewidmet und damit Gegenleistungen für die übernahme der Versicherung durch den Verein. Steuerfreie Mitgliederbeiträge im Sinne des § 8 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) könnten deshalb bei den Versicherungsvereinen a. G. nicht in Betracht kommen.

Anders sei die Rechtslage beim Gründungsstock. Sein wesentliches Merkmal sei, daß er getilgt werde. Nach § 22 Abs. 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes müsse die Tilgung beginnen, sobald die Errichtungs- und Einrichtungskosten des 1. Geschäftsjahres gedeckt worden seien. Der Gründungsstock könne einem Versicherungsverein auch von Personen zur Verfügung gestellt werden, die nicht Mitglieder des Vereins seien. Hier lägen also echte Einlagen vor, da sie nicht als Gegenleistung für die übernahme eines Versicherungsschutzes durch den Verein gegeben würden.

Der Reichsfinanzhof habe die Steuerpflicht auch der Eintrittsgelder in den Urteilen II A 337/33 vom 16. Februar 1934, Reichssteuerblatt S. 398, und I A 134/36 vom 6. April 1937, Reichssteuerblatt S. 900, festgestellt. Als notwendige Folge ihrer Steuerpflicht bei der Einzahlung ergebe sich die Abzugsfähigkeit der an ausscheidende Mitglieder zurückgezahlten Beträge bei der Gewinnermittlung des Vereins (Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 180/41 vom 23. September 1941, Reichssteuerblatt 1942 S. 316). Der Versicherungsverein sehe in der Rückzahlung bei Beendigung der Mitgliedschaft ein Moment, das gegen ihre steuerpflichtige Behandlung als Versicherungsentgelte spräche und sie den Einlagen bei Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften gleichstelle. Dem vermöge sich das Finanzgericht nicht anzuschließen. Die Gesellschafts- oder Genossenschaftseinlagen würden in der Regel verzinst und beim Ausscheiden des Mitgliedes voll zurückgezahlt. Sie hätten also anlageähnlichen Charakter. Im vorliegenden Falle würden die Eintrittsgelder nicht verzinst. Beim Ausscheiden des Mitgliedes würden 10 bis 25 v. H. einbehalten. In der Höhe der einbehaltenen Beträge und darüber hinaus in dem Verzicht auf eine Verzinsung sei in jedem Fall ein dem Verein endgültig verbleibender Beitrag zu erblicken. Tatsächlich würden sie auch nur in Höhe der dem Verein verbleibenden Teile körperschaftsteuerlich erfaßt. In der Bilanz zum 31. Dezember 1949 stünde dem Zugang von 7 488 DM ein Abgang von 1 928 DM gegenüber, der die Summe der im abgelaufenen Geschäftsjahr zurückgezahlten Eintrittsgelder darstelle.

Daß auch die Eintrittsgelder ihrem Wesen nach nichts anderes als Versicherungsentgelte seien, gehe daraus hervor, daß sie nicht für die Person des Mitglieds, sondern für jedes einzelne zur Versicherung angemeldete Schiff erhoben würden. Nach § 42 der Satzung gehörten die Eintrittsgelder ferner, d. h. neben den in diesem Paragraphen genannten wiederkehrenden Beträgen und den Zinsen des Vereinsvermögens zu den außerordentlichen Einnahmen des Vereins. Sie seien also den laufenden Prämien gleichgestellt. Die Rückzahlung der Eintrittsgelder zu 90 oder 75 v. H. beim Aufhören eines Versicherungsverhältnisses habe auch nicht zur Folge, daß der Reservefonds dadurch gemindert werde. Erfolge der Austritt, weil ein Schiff untauglich werde oder an einen anderen Eigentümer übergehe, der nicht beim Verein versichert sei, so vermindere sich mit dem Reservefonds auch der Versicherungsbestand und das Risiko. Die Summe der eingezahlten und im Reservefonds festgelegten Eintrittsgelder entspreche also stets dem Bestand an versicherten Schiffen.

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung der Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vereins ergibt folgendes:

Die Entscheidung des Finanzgerichts entspricht der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs. Die Währungsumstellung mit ihren Begleiterscheinungen läßt es aber zweifelhaft erscheinen, ob diese Rechtsprechung in vollem Umfange den wirtschaftlichen Gegebenheiten gerecht wird.

Das Körperschaftsteuergesetz 1934 stellt im Gegensatz zu § 4 Abs. 2 Buchstabe a in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Nr. 4 KStG 1925 die Versicherungsvereine a. G. den übrigen steuerpflichtigen Körperschaften gleich. Dies hat zur Folge, daß geprüft werden muß, inwieweit die Leistungen der Mitglieder der Versicherungsvereine a. G. Einlagen darstellen und inwieweit sie den steuerpflichtigen Einnahmen zuzurechnen sind.

Die Aufgabe der Versicherungsvereine a. G. besteht darin, ihren Mitgliedern Versicherungsschutz zu gewähren. Die Verträge der Versicherten mit den Versicherungsunternehmungen sind schwebende Verträge, bei denen sich Leistung und Gegenleistung gegenüberstehen. Die Leistungen der Versicherten aus diesem Vertragsverhältnis stellen beim Verein steuerpflichtige Einnahmen dar, auch wenn sie als Vereinsbeiträge bezeichnet werden. Im Wesen eines gewerblichen Unternehmens ist es aber begründet, daß neben den Werten, die sich aus den schwebenden Verträgen ergeben, noch sonstiges betriebliches Vermögen vorhanden sein muß, mit dem insbesondere die Gegenstände des Anlagevermögens finanziert werden. Hierzu gehören bei Versicherungsgesellschaften z. B. die Geschäftsgrundstücke, die Ausstattung der Büros. Es trifft wohl zu, daß auch der Aufwand durch den Verzehr des Anlagevermögens im Ergebnis in den Versicherungsleistungen durch Einkalkulierung der Abnutzungsabsetzungen seinen Ausdruck findet. Das Anlagevermögen ist aber nicht Aufwand eines Jahres, sondern Aufwand einer Reihe zukünftiger Geschäftsjahre. Seiner Natur nach wird es mit Eigenkapital finanziert. Siehe auch Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 4/52 vom 17. Mai 1952, Bundessteuerblatt III S. 208. Es ist wohl denkbar, daß hierzu auch Gewinne dienen können. Bei Gründung des Unternehmens muß aber für diese Zwecke Eigenkapital zur Verfügung stehen. Bei den Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Genossenschaften tritt dieses Kapital in Form von Stammkapital, Grundkapital, Geschäftsguthaben in Erscheinung. Da sich die Versicherungsvereine lediglich in ihrem rechtlichen Aufbau, nicht aber in ihrer wirtschaftlichen Grundlage von den anderen handelsrechtlichen Körperschaften unterscheiden, muß auch bei ihnen ein Eigenkapital vorhanden sein.

Der Reichsfinanzhof hat in seiner Entscheidung I A 134/36 vom 6. April 1937, Reichssteuerblatt S. 900, aus den gleichen Erwägungen heraus ausgesprochen, daß bei den Versicherungsvereinen a. G. Leistungen in Frage kommen können, die sich als Gesellschaftereinlagen darstellen und nicht unter den Begriff des Einkommens im Sinne des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes fallen. Nach der Entscheidung I 365/40 vom 20. Dezember 1940, Reichssteuerblatt 1941 S. 250, wird es bei Untersuchung der Frage, ob die Leistungen der Vereinsmitglieder den steuerpflichtigen Beiträgen oder den steuerfreien Einlagen zuzurechnen sind, darauf ankommen, ob die Leistungen ein Entgelt für die übernahme der Versicherung darstellen, oder ihren Grund in der Mitgliedschaft haben, d. h. von der Versicherungsleistung unabhängig sind und wirtschaftlich einer Gesellschafterleistung gleichstehen. Die Entscheidung sah in den Beiträgen zum Gründungsstock steuerfreie und in den Beiträgen zum Reservefonds steuerpflichtige Einnahmen. Dementsprechend rechnete die Entscheidung I 180/41 vom 23. September 1941, Reichssteuerblatt 1942 S. 316, die satzungsmäßigen Zahlungen an ausscheidende Mitglieder zu den Betriebsausgaben, wenn die den Ausscheidungszahlungen entsprechenden Eintrittsgelder zu den steuerpflichtigen Einkünften gerechnet werden. In diesem Zusammenhang erscheint es auch bedeutsam, daß die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs bei Versicherungsvereinen a. G. die Möglichkeit von Gewinnausschüttungen, insbesondere auch von verdeckten Gewinnausschüttungen gegeben sah (so Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 411/40 vom 19. November 1940, Reichssteuerblatt S. 75).

Der Senat tritt dem Reichsfinanzhof darin bei, daß auch bei Versicherungsvereinen a. G. grundsätzlich zwischen steuerfreien Einlagen und steuerpflichtigen Beiträgen unterschieden werden muß. Für einen Gewerbebetrieb ist ein bestimmtes Eigenkapital erforderlich. Die Versicherungsvereine a. G. können hiervon keine Ausnahme machen. Des weiteren tritt der Senat dem Reichsfinanzhof bei, daß die Entscheidung, ob es sich um steuerfreie Einlagen oder steuerpflichtige Beiträge handelt, davon abhängt, ob die einzelnen Beträge Versicherungsleistungen oder davon unabhängige Mitgliederbeiträge darstellen, die sachlich den Charakter von Einlagen haben.

Wie der Reichsfinanzhof in seiner Entscheidung I 240/40 vom 11. Februar 1941, Reichssteuerblatt S. 380, ausgesprochen hat, haben die Mitglieder der Gegenseitigkeitsvereine eine Doppelstellung. Sie sind Versicherer und Versicherungsnehmer in einer Person. Neben dem Versicherungsverhältnis des Mitgliedes steht das Gesellschaftsrecht der reinen Mitgliedschaft. Es muß deshalb im Einzelfall untersucht werden, inwieweit die einheitlich geleisteten Beiträge Einlagen und inwieweit sie unmittelbare Versicherungsleistungen darstellen.

Der Reichsfinanzhof sah in den Beiträgen zur Bildung des Gründungsstockes steuerfreie Einlagen. Für die Beurteilung dieser Beträge erscheinen zwei Gesichtspunkte beachtlich.

In erster Linie ist es bedeutsam, daß die Personen, die die Mittel für den Gründungsstock aufbringen, einen Rückzahlungsanspruch erhalten. Die Garanten stellen regelmäßig nur Darlehen zur Verfügung, die der Versicherungsverein a. G. tilgen muß. Selbst wenn man diese Beträge als steuerpflichtige Einnahmen ansehen wollte, müßte der Tatsache des Rückzahlungsanspruches bilanzmäßig Rechnung getragen werden. Es wäre die Frage zu prüfen, ob nicht eine Rückstellung gebildet werden müßte. Es sind hier gleichartige Verhältnisse wie in der Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 112/39 S vom 21. Mai 1940, Reichssteuerblatt S. 747, gegeben. Der Reichsfinanzhof hat hier anerkannt, daß Beitragsrückvergütungen, die ein Versicherungsverein a. G. nach den Satzungen und Versicherungsbedingungen den Mitgliedern ohne Rücksicht auf das Geschäftsergebnis gewährt, abzugsfähig sind und zwar auch in der Form der Bildung eines Beitragsrückvergütungsfonds. Im einzelnen wird auf die eingehende Begründung der Entscheidung verwiesen. Zu dem gleichen Ergebnis kommt man, wenn man in den Leistungen der Mitglieder für den Gründungsfonds in Höhe des Rückzahlungsanspruchs steuerfreie Beiträge im Sinne des § 8 KStG sieht und insoweit diesen Beiträgen die Rechtsnatur von Einlagen zuerkennt.

Der Gründungsstock im technischen Sinne gehört nicht zu den versicherungstechnischen Rücklagen im Sinne des § 24 der Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes (KStDV) 1949. Er hat nicht den Charakter einer Rückstellung für Verpflichtungen gegenüber Versicherungsnehmern, sondern, wie oben ausgeführt, gegenüber Darlehnsgläubigern. Zum Eigenkapital wird er zweifelsfrei dann, wenn er mit Hilfe von Gewinnen nach § 22 Abs. 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes gebildet wird, d. h. wenn die Darlehnsverpflichtungen getilgt sind. Die für die Tilgung verwandten Gewinnbeträge sind körperschaftsteuerpflichtig. Soweit diese Tilgung nicht erfolgt ist, handelt es sich um einen Passivposten, der je nach der Betrachtungsweise steuerfrei gebildetes Eigenkapital darstellt, soweit es sich um Mitgliederleistungen handelt, oder ähnlich den versicherungstechnischen Rücklagen im Sinne des § 24 KStDV 1949 eine Rückstellung für eine Schuld gegenüber Dritten bildet.

Der Senat vermag der Begrenzung dieser Grundsätze auf den Gründungsstock nicht beizupflichten. Sie müssen allgemein hinsichtlich der Mitgliederleistungen angewandt werden. Bezeichnend erscheint es im vorliegenden Falle, daß nur ein Reservefonds nach § 37 des Versicherungsaufsichtsgesetzes, kein Gründungsstock nach § 22 des Versicherungsaufsichtsgesetzes gegeben ist. Die Entscheidung darf nicht nach der formellen Bezeichnung der Bilanzposten und der Einnahmen, sie muß nach ihrem sachlichen Inhalt getroffen werden. Es muß geprüft werden, ob und wieweit die Beiträge unmittelbare Leistungen der Vereinsmitglieder für den ihnen gewährten Versicherungsschutz darstellen. Rein wirtschaftlich betrachtet könnte man erwägen, inwieweit dritte Personen, d. h. Personen, die dem Verein nicht als Mitglieder angehören, gleichartige Leistungen auf Grund eines Versicherungsvertrages hätten tätigen müssen. Wertvoll könnte für die Betrachtung sein, den Vergleich zu Versicherungsverträgen zu ziehen, die von in Form von Aktiengesellschaften betriebenen Versicherungsunternehmen mit Versicherungsnehmern abgeschlossen werden. Aus der Tatsache heraus, daß Beiträge erhoben werden, um für nicht voraussehbare und auch nach den allgemeinen Erfahrungen nicht zu erwartende Katastrophenfälle einen Garantiefonds zu bilden, kann eine steuerpflichtige Einnahme des Vereins nicht ohne weiteres gefolgert werden. Diesen Zwecken dient bei der Versicherungs-AG usw. auch das Grundkapital. Versicherungseinnahmen werden wirtschaftlich betrachtet die Beiträge im allgemeinen nur insoweit sein, als sie auf der Grundlage des Risikos beruhen, wie es allgemein von Versicherungsunternehmungen bei derartigen Versicherungen zugrundegelegt wird. Hierzu gehören auch die Zuweisungen zu den versicherungstechnischen Rücklagen im Sinne des § 24 KStDV 1949. Soweit aber darüber hinaus Gelder für einen Garantiefonds angesammelt werden, der wirtschaftlich dem Eigenkapital gleichsteht, wird man ihnen den Charakter von Einlagen zusprechen müssen, vorausgesetzt, daß satzungsmäßig entsprechende Rückzahlungsverpflichtungen beim Ausscheiden aus dem Verein bestehen. Soweit keine Rückzahlungsverpflichtungen festgelegt sind, muß steuerlich davon ausgegangen werden, daß der Verein die Beiträge als Versicherungsleistungen der Mitglieder ansieht.

Im vorliegenden Fall wird von dem Bf. geltend gemacht, daß die von ihm erhobenen Umlagen zur Auffüllung des Reservefonds den Eintrittsgeldern gleichstehen.

Der Versicherungsnehmer, d. h. das Vereinsmitglied, habe einen Anspruch auf Rückzahlung in Höhe von 75 bzw. 90 % beim Ausscheiden. Man wird für die Frage, ob die Beiträge Einlagen oder Versicherungsleistungen darstellen, der Bemessungsgrundlage, nämlich ob die Gelder nach der Person, oder nach den versicherten Objekten bemessen werden, nicht immer die entscheidende Bedeutung zumessen können. Einlagen brauchen nicht unbedingt nach der Person, sondern können auch nach anderen objektiven Maßstäben festgesetzt werden. Im vorliegenden Fall sprechen beachtliche Gesichtspunkte für das vom Verein gewählte Verfahren. Die Höhe des Garantiefonds, d. h. des Eigenkapitals, muß in einem angemessenen Verhältnis zum Versicherungsgeschäft stehen. Der Beitritt des Vereinsmitgliedes muß deshalb in einer Erhöhung des Garantiefonds seinen Ausdruck finden, die der gleichzeitigen Erhöhung des Versicherungsgeschäftes entspricht, welche durch den mit dem neuen Vereinsmitglied abgeschlossenen Versicherungsvertrag eintritt. Die Würdigung des Vorganges in der Entscheidung des Reichsfinanzhofs II A 337/33 vom 16. Februar 1934, Reichssteuerblatt S. 398, erscheint in dieser Richtung nicht erschöpfend. Die Rechtslage kann bei der Versicherungsteuer anders sein. Für das Körperschaftsteuerrecht muß nach § 4 Abs. 1, § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dem Rückerstattungsanspruch des Vereinsmitgliedes für die Errechnung des Jahresergebnisses Bedeutung zugemessen werden.

Die bisherige Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs wurde den wirtschaftlichen Gegebenheiten dort gerecht, wo den Eintrittsgeldern Rückzahlungen an ausscheidende Vereinsmitglieder in ungefähr gleicher Höhe gegenüberstanden. Diese Voraussetzungen haben sich als Folge der Währungsumstellung in den ersten Wirtschaftsjahren nach dem 20. Juni 1948 geändert. Das Zusammenschmelzen des Garantiefonds hat die Versicherungsvereine a. G. gezwungen, Beiträge von ihren Mitgliedern zu seiner Auffüllung zu verlangen. Dies kann zur Folge haben, daß diesen Geldern nur verhältnismäßig geringe Austrittsgelder gegenüber stehen. Der Ausgleich zwischen den Eintritts- und den Austrittsgeldern ist nicht mehr gegeben. Auf diese Weise ist das Rechtsproblem in eine besonders klare Beleuchtung getreten. Es hat sich gezeigt, daß die bisherige Rechtsprechung den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht in vollem Umfange Rechnung zu tragen vermag. Die Auszahlungsverpflichtung muß nach den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 EStG sofort berücksichtigt werden, sie darf nicht, wie dies in der bisherigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs zum Ausdruck kam, in einer Form sich auswirken, die im wesentlichen dem § 4 Abs. 3 EStG entspricht. Insoweit tritt der Senat der bisherigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs nicht bei. Er sieht in den Eintrittsgeldern und den ihnen gleichzustellenden Beiträgen in Höhe der Rückzahlungsansprüche im allgemeinen steuerfreie Beiträge (Einlagen) im Sinne des § 8 KStG. Voraussetzung hierfür ist aber, daß die Rückzahlungsansprüche nicht vom betrieblichen Ergebnis abhängen und damit Gewinnausschüttungen darstellen, sondern in ihrer Höhe ohne Rücksicht auf Gewinn und Verlust zahlenmäßig in der Satzung genau festgelegt sind (siehe die oben mitgeteilte Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 112/39 vom 21. Mai 1940).

Von den Eintrittsgeldern des Vereins sind 10 bzw. 25 % nicht erstattungsfähig. Des weiteren besteht nach § 45 der Satzung eine Wartezeit von zwei Jahren. Die Verpflichtung des Vereins zur Zahlung von Austrittsgeldern muß unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte geschätzt werden. Die nicht erstattungsfähigen Beträge von 10 und 25 % stellen, wie vom Verein selbst zugegeben wird, echte unmittelbare Versicherungsleistungen dar.

Ausdrücklich sei bemerkt, daß Beiträge, die den Charakter von Einlagen haben, bei den versicherten Unternehmungen aktivierungsfähige Wirtschaftsgüter bilden. Es erscheint zweckmäßig, die Sache zur nochmaligen Würdigung an das Finanzgericht zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407646

BStBl III 1953, 175

BFHE 1954, 450

BFHE 57, 450

DB 1953, 836

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