Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorfälligkeitsentschädigungen vor dem Erhebungszeitraum 1990 keine Dauerschuldzinsen

 

Leitsatz (NV)

Sog. Vorfälligkeitsentschädigungen, die ein Darlehensnehmer nach Kündigung des Darlehens für die dem Darlehensgeber entgehenden Zinsen leisten muß, gehören nicht zu den Dauerschuldzinsen i. S. von § 8 Nr. 1 GewStG i. d. F. vor 1990.

 

Normenkette

GewStG vor 1990 § 8 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) hatte 1975 einen bis 1980 unkündbaren Bankkredit aufgenommen. Sie zahlte den Kredit 1979 vorzeitig zurück.

Die Bank belastete die Klägerin trotz der vorzeitigen Rückzahlung bis zum Ende der ursprünglichen Laufzeit des Darlehens mit den vereinbarten Zinsen. Sie erteilte der Klägerin jedoch für die Zeit ab Rückzahlung des Darlehens eine Gutschrift in Höhe von 5 v. H. des Darlehensbetrages. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) vertrat die Ansicht, daß der Unterschiedsbetrag zwischen der Lastschrift und der Gutschrift in Höhe von 78 361 DM als Dauerschuldzinsen dem Gewinn aus Gewerbebetrieb der Klägerin hinzuzurechnen sei und erließ einen entsprechenden Gewerbesteuermeßbescheid 1979. Der Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 8 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes -- GewStG --).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

Die von der Klägerin geleistete Vorfälligkeitsentschädigung gehört nicht zu den Dauerschuldzinsen i. S. von § 8 Nr. 1 GewStG. Das FG hat deshalb zutreffend entschieden, daß sie dem Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb nicht hinzuzurechnen ist.

Nach § 8 Nr. 1 GewStG in der bis zum Erhebungszeitraum 1990 geltenden Fassung dürfen dem Gewinn aus Gewerbebetrieb nur Zinsen für Dauerschulden hinzugerechnet werden. Darunter fallen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -- BFH -- (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 8. März 1984 I R 31/80, BFHE 141, 158, BStBl II 1984, 623 unter 3. der Gründe m. w. N.) und der herrschenden Meinung im Schrifttum (vgl. dazu Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 3. Aufl., § 8 Nr. 1 Anm. 32 und Blümich/Hofmeister, Gewerbesteuergesetz, 14. Aufl., § 8 Rz. 61 jeweils m. w. N.) nur Zinsen im Sinne des bürgerlichen Rechts. Diese brauchen zwar nicht fortlaufend geleistet, sie können auch in einem Betrag voraus- oder nachbezahlt werden; es muß sich aber um eine nach der Laufzeit bemessene Vergütung für den Gebrauch oder für die Möglichkeit zum Gebrauch eines auf Zeit überlassenen Kapitals handeln (BFH-Urteile vom 24. September 1985 IX R 2/80, BFHE 145, 507, BStBl II 1986, 284 unter 2. a, und vom 13. Oktober 1987 VIII R 156/84, BFHE 151, 512, BStBl II 1988, 252 unter III. 3. der Gründe, sowie Dötsch in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 20 Rdnr. I 4 f. m. w. N.).

Von dieser Rechtsprechung ist im Streitfall auszugehen. Dem steht insbesondere nicht entgegen, daß der Begriff der "Zinsen" in § 8 Nr. 1 GewStG ab dem Erhebungszeitraum 1990 durch den Begriff "Entgelte" ersetzt worden ist. Die Gesetzesänderung hat nicht nur klarstellende, sondern konstitutive Bedeutung (§ 36 Abs. 1 GewStG i. d. F. des Art. 3 des Steuerreformgesetzes 1990 vom 25. Juli 1988, BStBl I 1988, 224; BTDrucks 11/2157 S. 175, BRDrucks 100/88 S. 347; Blümich/Hofmeister, a. a. O., § 8 Rz. 3; Glanegger/Güroff, a. a. O., § 8 Nr. 1 Anm. 2; Lenski/Steinberg, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, 8. Aufl., § 8 Anm. 9).

Die von der Klägerin gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung ist kein Zins im Sinne des bürgerlichen Rechts. Die Annahme des FA, in der Einigung der Vertragsparteien auf eine vorzeitige Rückzahlung des Darlehens sei eine Umgestaltung des ursprünglichen Kreditvertrages und eine rückwirkende Erhöhung des Zinssatzes zu sehen, steht mit den tatsächlichen Feststellungen des FG, daß die ursprünglich vereinbarten Zinsen weiterbezahlt und lediglich mit einer Zinsgutschrift verrechnet worden sind, nicht in Einklang. Die Zahlung an den Darlehensgeber wurde deshalb im Streitfall nicht mehr als Vergütung für die Kapitalnutzung, sondern -- wie auch in dem vom erkennenden Senat in seinem Urteil vom 10. März 1992 VIII R 66/89 (BFHE 168, 517, BStBl II 1992, 1032) entschiedenen Fall -- deshalb gezahlt, weil nach Kündigung des Vertragsverhältnisses Zinseinnahmen beim Darlehensgeber entfallen sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420589

BFH/NV 1995, 1010

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge