Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Abschreibungsfreiheit gemäß § 7 b Abs. 2 EStG für Zu-, Aus- und Umbauten hängt nur davon ab, daß die neugeschaffenen Räume zu mehr als 80 v. H. Wohnzwecken dienen. Unerheblich ist dagegen, ob im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben bisher als Wohnung benutzte Räume anderen Zwecken, z. B. als Büroräume, zugeführt wurden.

 

Normenkette

EStG § 7b/2

 

Tatbestand

Der Steuerpflichtige (Stpfl.) erwarb im September 1959 ein Miethaus. Er benutzte im Erdgeschoß des Hauses vier Räume für sein Büro. Bei der Einkommensteuerveranlagung 1960 begehrte er die erhöhten Absetzungen für Abnutzung (AfA) gemäß § 7 b Abs. 2 EStG für Aufwendungen von 17.682 DM, die ihm durch den Ausbau des Dachgeschosses für Wohnräume entstanden waren. Das Finanzamt (FA) versagte die erhöhten AfA gemäß § 7 b EStG mit der Begründung, daß der Stpfl. keinen zusätzlichen Wohnraum geschaffen habe, da er gleichzeitig mit dem Ausbau des Dachgeschosses Wohnräume im Erdgeschoß als Büroräume in Benutzung genommen habe. Das Haus sei auch von Grund auf umgestaltet und in seiner Wesensart geändert worden. Es habe nach der Umgestaltung sogar weniger Wohnraum gehabt als vorher. Die Benutzung der bisherigen Wohnräume im Erdgeschoß als Büroräume werde auch etwa nicht dadurch ausgeglichen, daß der Stpfl. seine bis dahin gemieteten Büroräume aufgegeben und damit für Wohnzwecke frei gemacht habe.

Das Finanzgericht (FG) gab der Berufung im wesentlichen statt und führte aus, gemäß § 7 b Abs. 2 EStG 1958 würden Zu-, Aus- und Umbauten an Gebäuden grundsätzlich ebenso begünstigt wie die Errichtung eines Gebäudes selbst, vorausgesetzt, daß der gewonnene bzw. umgestaltete Raum zu mehr als 80 v. H. Wohnzwecken diene. Die vom Stpfl. im Dachgeschoß ausgebauten Räume würden ausschließlich zu Wohnzwecken benutzt. Nach dem Urteil des BFH VI 176/63 vom 7. August 1964 (HFR 1965 S. 16) seien Zu-, Aus- und Umbauten wie selbständige Gebäude zu behandeln. Der Umstand, daß der Stpfl. im Erdgeschoß vier Räume zu Büroräumen gemacht habe und daß ein Teil der Kellerräume für ein Architektenbüro umgebaut worden sei, stehe dem nicht entgegen. Ausweislich der beigezogenen Bauakten sei der Ausbau der Kellerräume ein selbständiges Bauvorhaben gewesen. Auf die Verwendung von Räumen im Erdgeschoß für Bürozwecke komme es nicht an, weil § 7 b Abs. 2 EStG nicht voraussetze, daß zusätzlicher Wohnraum geschaffen worden sei. Selbst wenn man aber annehmen wollte, daß zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden müsse, so sei doch zu berücksichtigen, daß der Stpfl. seine bisherigen gemieteten Büroräume der Nutzung zu Wohnzwecken wieder zugänglich gemacht habe. Der Stpfl. habe im Dachgeschoß tatsächlich neuen Wohnraum geschaffen. Zwei Bodenkammern seien nicht bewohnbar gewesen, da sie nur mit Bretterwänden und ohne öfen, Heizungs- und Wasseranschluß gewesen seien. Unbeachtlich sei demgegenüber, wenn der Stpfl. im Bauantrag zwei Räume als bereits an die Heizungsanlage angeschlossen bezeichnet habe. Mit dieser unrichtigen Angabe habe er lediglich die Genehmigung zum Ausbau des Dachgeschosses erleichtern und beschleunigen wollen. Der Bauantrag sei am 25. Januar 1960 bei der Stadtgemeinde eingegangen. Deshalb sei gemäß § 52 Abs. 5 EStG 1960 die Vorschrift des § 7 b EStG noch in der Fassung des EStG 1958 anzuwenden.

Mit seiner Revision rügt das FA unrichtige Rechtsanwendung und Verstoß gegen den Akteninhalt. Die vollen Ausbaukosten dürften nach Treu und Glauben nicht berücksichtigt werden. Der Stpfl. habe im Einheitswertverfahren und im Bauantrag gegenüber der Stadtgemeinde erklärt, daß zu Beginn des Ausbaues im Dachgeschoß bereits zwei Wohnräume vorhanden gewesen seien. Nach den Grundsätzen der Entscheidung des BFH V 37/63 U vom 11. Februar 1965 (BFH 82, 67, BStBl III 1965, 270) hätte das FG den Stpfl. so behandeln müssen, als wenn er im Dachgeschoß tatsächlich nur zwei Wohnräume ausgebaut und dementsprechend niedrigere Baukosten aufgewendet hätte. Es hätte im übrigen feststellen müssen, daß überhaupt kein zusätzlicher Wohnraum geschaffen worden sei. Bei der Entscheidung dieser Frage könnten nur die Räume in dem Gebäude selbst berücksichtigt werden, für das die Begünstigung begehrt werde. Die Freimachung der bisher gemieteten Büroräume sei kein Ausgleich für die Zweckentfremdung der Wohnräume im Erdgeschoß.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA kann keinen Erfolg haben. Zutreffend nimmt das FG an, daß es für die steuerliche Beurteilung der Zu-, Um- und Ausbauten im Sinn von § 7 b EStG 1958 ausschließlich auf das Bauvorhaben selbst ankommt. Solche Bauvorhaben sind wie die Errichtung eines selbständigen Wohngebäudes zu beurteilen. Nur wird bei ihnen eine Nutzung für Wohnzwecke von 80 v. H. gefordert, während bei den sonstigen Wohngebäuden eine Benutzung zu Wohnzwecken von mindestens 66 2/3 v. H. genügt. Der Senat hat auch im Urteil VI 147/63 vom 10. Juli 1964 (Information A 1965 S. 260) ausgesprochen, daß § 7 b EStG ausschließlich auf die Schaffung neuen Wohnraums abstellt, ohne zu verbieten, daß gleichzeitig bisher benutzter Wohnraum zu anderen Zwecken verwandt wird. Im Streitfall liegt der Sachverhalt umgekehrt wie in dem des Urteils VI 147/63 (a. a. O.). Damals hatte der steuerpflichtige Arzt durch einen Anbau bisher im Haupthaus untergebrachte Praxisräume für Wohnzwecke umgewandelt, weil die Praxis nunmehr im Anbau untergebracht werden konnte. Der Senat stellte nur darauf ab, daß der neue Anbau ausschließlich für berufliche Zwecke und nicht für Wohnzwecke genutzt wurde. Die Tatsache, daß durch den Praxisanbau im Hauptgebäude die bisherigen Praxisräume für Wohnzwecke frei wurden, hielt der Senat für unerheblich. Nach diesen Grundsätzen ist in der Umkehrung im Streitfall der Ausbau des Dachgeschosses ausschließlich nach seiner tatsächlichen Nutzung zu beurteilen. Entscheidend ist also, daß durch den Ausbau des Dachgeschosses neuer Wohnraum geschaffen worden ist, wie das FG festgestellt hat. Diese Auffassung liegt auch dem Urteil des Senats VI 176/63 (a. a. O.) zugrunde.

Kommt es lediglich auf den Ausbau an, so ist es unerheblich, ob der Stpfl. außerhalb seines Bauvorhabens seine bisherigen Büroräume für Wohnzwecke freigemacht hat. Damit erledigt sich der vom FA gerügte Aktenverstoß. Das FA kann auch nicht mit dem Einwand durchdringen, daß im Dachgeschoß schon vor dem Ausbau zwei Wohnräume vorhanden gewesen seien; denn das FG stellt tatsächlich fest, daß die angeblichen zwei Wohnräume nicht als solche genutzt werden konnten. Auch die Berufung des FA auf Treu und Glauben greife nicht durch. Das Urteil des V. Senats V 37/63 U (a. a. O.) betraf einen anderen Sachverhalt. Der Stpfl. hat sich hier nicht erschlichen. Durch seine unrichtigen Angaben gegenüber dem Stadtbauamt ist niemand geschädigt worden; der Stpfl. hat damit lediglich seine Ausbauabsichten gefördert. Seine Angaben stehen auch nicht im Widerspruch zu Angaben in einem anderen Steuerverfahren. Der Hinweis des FA auf die Angaben des Stpfl. im Einheitswertverfahren ist unbeachtlich; denn der Stpfl. mußte in diesem Verfahren nach den Anweisungen im Fragebogen auch die leerstehenden und ungenutzten Räume anführen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412483

BStBl III 1967, 312

BFHE 1967, 171

BFHE 88, 171

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