Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer Arbeitsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Die in § 19 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 KStG 1958 getroffene Regelung mit den verschiedenen Steuersätzen für personenbezogene Kapitalgesellschaften und die übrigen Kapitalgesellschaften widerspricht nicht dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG.

 

Normenkette

KStG § 19 Abs. 1 Ziff. 1; KStG § 19 Abs. 1 Ziff. 2; GG Art. 3

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtsgültigkeit des Körperschaftsteuersatzes für personenbezogene Kapitalgesellschaften, soweit dieser höher ist als der Körperschaftsteuersatz bei den Publikumsgesellschaften. Das Finanzamt berechnete die Steuern für 1958 nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 Ziff. 2 KStG 1958 für die berücksichtigungsfähigen Ausschüttungen in Höhe von X, - DM mit 26,5 v. H. und für das andere Einkommen von Y, - DM mit 49 v. H.

Die beschwerdeführende GmbH hatte beantragt, den Tarifsatz des § 19 Abs. 1 Ziff. 1 KStG für Publikumsgesellschaften anzuwenden und daher die Körperschaftsteuer 1958 mit 15 v. H. von X, - DM und mit 51 v. H. von Y, - DM zu berechnen. Der Gesamtbetrag der Körperschaftsteuer würde hiernach rund 3000 DM weniger als nach der Festsetzung des Finanzamts betragen.

Die GmbH ist der Ansicht, man habe für personenbezogene Kapitalgesellschaften eine steuerliche Erleichterung gegenüber den Publikumsgesellschaften schaffen wollen. Durch eine wenig glückliche Formulierung des Gesetzes sei es in ihrem Falle zu einer offenkundigen Umkehrung der gesetzgeberischen Absicht in der Tarifgestaltung gekommen. Es müsse deshalb eine Auslegung gegen den Wortlaut des Gesetzes erfolgen, da sonst ihre Besteuerung dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) widerspreche. Sie bezieht sich hierbei auch auf Ausführungen von Jäger in "Der Betrieb" 1959 S. 153.

Das Finanzgericht wies die Berufung als unbegründet zurück. Unter anderem führte es hierbei folgendes aus:

Die Streitfrage sei nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes zu entscheiden. Wie der II. Senat des Bundesverfassungsgerichts in dem Urteil 2 BvH 2/52 vom 21. Mai 1952 (Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bd. 1 S. 299, insbesondere S. 312) ausgesprochen habe, sei maßgebend der in der Gesetzesbestimmung zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergebe, in den diese hineingestellt sei. Nicht entscheidend sei die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder über die Bedeutung der Bestimmung. Es komme deshalb nicht wesentlich auf die Auffassung an, die möglicherweise der Bundestagsabgeordnete Dr. Schmidt bei der II. Lesung des änderungsgesetzes in der Sitzung vom 19. Juni 1958 im Bundestagsplenum (Stenografischer Bericht 3. Wahlperiode 1958, 32. Sitzung S. 1773 ff.) vertreten habe. Bei den personenbezogenen Kapitalgesellschaften und den sogenannten Publikumsgesellschaften handle es sich um verschiedene Gruppen von Kapitalgesellschaften. Es müsse dem Gesetzgeber überlassen werden, in welcher Weise er diese unterschiedlichen Gruppen besteuere. Art. 3 GG sei nicht verletzt, da eine willkürlich unterschiedliche Behandlung nicht vorliege.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. der GmbH, die ihr Vorbringen im bisherigen Verfahren wiederholt, ist nicht begründet.

Nach den Ausführungen von Bundesfinanzminister Etzel in den Finanzpolitischen Mitteilungen des Bundesministers der Finanzen vom 16. Juli 1958 Nr. 126 S. 1337 hat man mit den Steuersätzen für ausgeschüttete und nicht ausgeschüttete Gewinne bei den personenbezogenen Gesellschaften versucht, den erhöhten Selbstfinanzierungsnotwendigkeiten dieser kleinen Kapitalgesellschaften gerecht zu werden, denen der Kapitalmarkt nur in beschränktem Umfange zugänglich sei und deren Ausschüttungshandhabung bei dem "familiären" Charakter des Unternehmungsvorstands leicht durch nicht wirtschaftlich ausgerichtete, sondern von den Konsumwünschen einzelner Gesellschafter bestimmte überlegungen beeinflußt werde. Hieraus ergibt sich, daß die tarifliche Regelung aus einer einheitlichen Grundauffassung heraus erfolgt ist. Sie kommt auch in den unterschiedlichen Sätzen zum Ausdruck, wie sie für Ausschüttungen bei personenbezogenen Gesellschaften und bei Publikumsgesellschaften festgelegt sind. Die personenbezogenen Gesellschaften sollten nicht allgemein günstiger als die Publikumsgesellschaften besteuert werden, sondern nur bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen. Als Folge des höheren Steuersatzes für Ausschüttungen bei personenbezogenen Gesellschaften gegenüber den Publikumsgesellschaften ergibt sich zwangsläufig, daß im Einzelfall der Tarif der personenbezogenen Gesellschaften höher liegen kann als bei den Publikumsgesellschaften. Hierauf wurde bereits in dem Aufsatz von Lademann, Der Betriebs-Berater 1958 S. 849, hingewiesen. In dieser im Einzelfall höheren Besteuerung gegenüber den Publikumsgesellschaften kann ebensowenig ein Verstoß gegen Art. 3 GG gesehen werden, wie in einer niedrigeren Besteuerung in anderen Fällen. Der Gesetzgeber ist berechtigt, aus wirtschaftspolitischen Erwägungen heraus für verschiedenartige soziale Gruppen einen unterschiedlichen Tarif zu bestimmen. Auch die neueren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 3 GG (so 1 BvL 5/59 vom 25. Juli 1960, Neue Juristische Wochenschrift 1960 S. 1899) wie auch die Rechtsprechung des Senates (so Entscheidung I 208/57 vom 18. November 1958, BStBl 1959 III S. 101, Slg. Bd. 68 S. 259) gehen von den gleichen Erwägungen aus. Siehe auch die zu § 19 KStG ergangene Entscheidung I 274/60 U vom 17. Januar 1961, BStBl 1961 III S. 136. Im übrigen ist es denkbar, daß sich die Bestimmung bei der beschwerdeführenden GmbH in anderen Jahren günstig auswirkt.

Es ist Sache der Steuerpflichtigen, die die Vergünstigungen des Gesetzes in Anspruch nehmen wollen, die vom Gesetzgeber aufgestellten formellen Voraussetzungen zu erfüllen.

Die Rb. wird deshalb als unbegründet zurückgewiesen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409986

BStBl III 1961, 166

BFHE 1961, 452

BFHE 72, 452

DB 1961, 662

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