Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung der mündlichen Steuerberaterprüfung; Begründungsverlangen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Anspruch des Prüflings auf eine erste Begründung der Bewertung mündlicher Prüfungsleistungen setzt ein spezifiziertes Begründungsverlangen voraus, das nicht pauschal und gleichsam ins Blaue hinein gestellt wird, sondern Mindestanforderungen an eine kritische Auseinandersetzung mit dem Prüfungsergebnis genügt. Der Prüfling muß seine Bedenken gegen die Benotung seiner Leistung dadurch spezifizieren, daß er zumindest allgemeine Anhaltspunkte dafür angibt, weshalb er vermutet, daß die Benotung auf in fach- und/oder prüfungsspezifischer Hinsicht angreifbaren Erwägungen der Prüfer beruhen kann.

2. Besteht die mündliche Prüfung aus mehreren, gesondert bewerteten Prüfungsabschnitten, gehört zur notwendigen Spezifizierung des Begründungsverlangens in der Regel, daß der Prüfling genau angibt, für welche Einzelnoten er eine Begründung begehrt.

3. Ein erstes Begründungsverlangen muß erkennen lassen, daß der Prüfling sich mit der Benotung seiner Prüfungsleistungen durch die Prüfer selbstkritisch auseinandergesetzt und die von ihm erbrachten Prüfungsleistungen, soweit ihm dies möglich ist, überprüft und an den ihm von den Prüfern gegebenen Noten gemessen hat.

4. Die Pflicht der Prüfungsbehörde zu Hinweisen auf die Anforderungen an eine Spezifizierung des Begründungsverlangens und an die Substantiierung der Einwendungen gegen die Bewertung der Prüfungsleistungen ist situationsabhängig.

 

Orientierungssatz

1. Der Inhalt der von den Prüfern zu ihren Bewertungen von mündlichen Prüfungsleistungen abzugebenden Begründung wird maßgeblich davon bestimmt, mit welchem konkreten Begehren und mit welcher Begründung der Prüfling eine Begründung verlangt und ob er dies rechtzeitig tut (vgl. BVerwG-Urteil vom 6.9.1995 6 C 18/93)

2. Haben die Prüfer auf ein erstes Begründungsverlangen der Bewertung einer mündlichen Prüfung eine erste Begründung ihrer Prüfungsentscheidung abgegeben, so muß der Prüfling, sofern er seine Bedenken gegen die Prüfungsentscheidung nicht ausgeräumt sieht, nachfragen, wenn er sich mit der Begründung nicht zufriedengeben will, weil er sie für unvollständig oder noch nicht für ausreichend hält, um ihm konkrete, substantiierte Einwände gegen einzelne fachspezifischen oder prüfungsspezifische Bewertungen überhaupt zu ermöglichen (vgl. BVerwG-Beschluß vom 20.5.1998 6 B 50/97).

3. Ein Prüfling hat am Prüfungsverfahren mitzuwirken und muß sich den Grundsatz von Treu und Glauben entgegenhalten lassen, wenn er sich der Mitwirkung an einer ordnungsgemäßen Durchführung des Prüfungsverfahrens entzieht und Beeinträchtigungen im Rahmen des Zumutbaren nicht abzuwenden versucht (vgl. BVerwG-Urteil vom 17.2.1984 7 C 67/82; hier: Einwendungen wegen erheblicher Lärmbelästigungen und akustischem Unverständnis eines Prüfers während der mündlichen Prüfung).

 

Normenkette

StBerG § 37 a; DVStB § 15 Abs. 1, § 26 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

FG des Landes Brandenburg (EFG 1998, 786)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 24.06.1999; Aktenzeichen 1 BvR 629/99)

BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 24.06.1999; Aktenzeichen 1 BvR 629/99)

 

Tatbestand

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) hat die Steuerberaterprüfung nicht bestanden. Mit der vorliegenden Klage wendet er sich gegen die Bewertung seiner Leistungen in der mündlichen Prüfung.

Die mündliche Prüfung hat am 24. Februar 1997 stattgefunden. Mit am 6. März 1997 beim Beklagten und Revisionskläger (Ministerium der Finanzen --Ministerium--) eingegangenem Schreiben hat der Kläger darum gebeten, die Bewertung seiner mündlichen Prüfungsleistung schriftlich zu begründen. Dem hat das Ministerium mit Schreiben vom 22. April 1997 durch Übersendung eines Aktenvermerks des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses vom 15. April 1997 entsprochen, welcher folgenden Wortlaut hat:

"... Der Bewerber wurde am 24. Februar 1997, zusammen mit vier

weiteren Kandidaten, mündlich geprüft. Für einen insgesamt

erfolgreichen Abschluß der Steuerberaterprüfung war --unter

Berücksichtigung der Vornote 4,5 aus dem schriftlichen Teil--

erforderlich, daß der Bewerber im mündlichen Teil im Durchschnitt

mindestens die (fiktive) Note von 3,8 in jedem Prüfungsabschnitt

erreicht.

Dies gelang dem Bewerber jedoch lediglich im letzten

Prüfungsabschnitt. Hier zeigte er im Prüfungsabschnitt Bürgerliches

Recht/Wirtschaftsrecht/Steuerliches Verfahrensrecht sogar eine

ansprechende und im Vergleich zu seinen Mitbewerbern deutlich bessere

Leistung, die vom Prüfungsausschuß mit der Note 3,0 bewertet werden

konnte.

In dem zu Beginn der Prüfung gehaltenen Kurzvortrag gelang es dem

Bewerber nicht, in der von ihm selbst bestimmten Zeit von sechs

Minuten, das Thema erschöpfend darzustellen. Zudem war der Vortrag mit

einigen Ungenauigkeiten behaftet. Da Gliederung und Präsentation

jedoch nach Auffassung des Prüfungsausschusses insgesamt annehmbar

waren, wurde für diesen Teil der Prüfung die Note 4,0 vergeben.

Hingegen zeigte der Bewerber in den Prüfungsabschnitten 1 - 5

deutliche Schwächen. Dies betrifft sowohl die Kenntnis spezieller

steuerlicher Vorschriften als auch das Verständnis systematischer

Zusammenhänge. Darüber hinaus hatte er Schwierigkeiten, aus

vorgegebenen Sachverhalten die für die steuerliche Beurteilung

bedeutsamen Umstände zu erkennen und entsprechend zu würdigen. Daraus

ergab sich, daß an ihn gerichtete Fragen mangels (zutreffender)

Beantwortung häufig an andere Kandidaten weitergereicht werden mußten.

Dem entspricht die in diesen Abschnitten überwiegend vergebene Note

4,5.

Im Prüfungsabschnitt 4 (Bewertungsrecht und einheitswertabhängige

Steuern) zeigte der Bewerber die insgesamt schlechteste Leistung. Er

konnte in diesem Abschnitt selbst grundlegende Fragen, wie zum Begriff

des Grundvermögens (§ 68 BewG) oder zu den einzelnen Grundstücksarten

(§ 75 BewG), nicht beantworten. Diese ungenügende Leistung konnte der

Prüfungsausschuß nur mit der Note 5,0 bewerten.

Mit der Notensumme 30,0 ergab sich für die mündliche Prüfung die

Durchschnittsnote 4,28 und somit --unter Berücksichtigung der Note 4,5

aus dem schriftlichen Teil-- die Gesamtnote 4,39. Damit hatte der

Bewerber die Prüfung nicht bestanden.

Dem Bewerber ist es zur Überzeugung des Prüfungsausschusses nicht

gelungen, im Verlaufe der Prüfung nachzuweisen, daß er über die für

die Berufsausübung als Steuerberater erforderlichen Grundkenntnisse

verfügt."

Der Kläger begehrt mit seiner am 7. März 1997 beim Finanzgericht (FG) eingegangenen, zunächst gegen das Ergebnis des schriftlichen Teils der Prüfung gerichteten und erst mit am 25. März 1997 vom FG an das Ministerium weitergeleiteten Schriftsatz auf den mündlichen Teil der Prüfung erstreckten, später allein auf den mündlichen Teil beschränkten Klage, erneut zum mündlichen Teil der Prüfung zugelassen zu werden. Das FG hat der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 1998, 786 veröffentlichten Urteil stattgegeben.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom FG zugelassene Revision des Ministeriums.

Das Ministerium beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des Ministeriums ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des FG und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Das Urteil des FG beruht maßgeblich auf der Rechtsansicht, auch wenn ein Prüfling sich --wie der Kläger-- darauf beschränke, eine schriftliche Begründung der Bewertung seiner mündlichen Prüfungsleistung zu verlangen, ohne konkrete Hinweise zu speziellen Prüfungsabschnitten zu geben oder einzeln bezeichnete Einwendungen zu erheben, müsse die Prüfungsbehörde "die wesentlichen tragenden Gründe für die Bewertung" benennen und "zumindest exemplarisch" einzelne Schwächen und Stärken der Prüfungsleistung sowie einzelne für die Benotung maßgebliche Erwägungen aufzeigen. Tue sie dies nicht, sei die Prüfungsentscheidung aufzuheben, sofern eine "nachträgliche neue Bewertung der mündlichen Prüfungsleistung" nicht mehr möglich ist.

Die diesbezüglichen Erwägungen des FG sind nicht frei von Rechtsirrtum.

a) Prüfungsentscheidungen, von denen der Zugang zu einem bestimmten Beruf --hier dem des Steuerberaters-- abhängt, greifen in die durch Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) geschützte Berufsfreiheit ein, weil sie dem Betroffenen --möglicherweise endgültig-- die Ausübung dieses Freiheitsrechts verwehren. Deshalb besteht nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (u.a. Beschluß vom 30. Juni 1995 VII B 175/94, BFH/NV 1996, 180) bei berufsbezogenen Prüfungen wie der Steuerberaterprüfung ein Anspruch des Prüflings auf effektiven Schutz seines Grundrechts der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Jeder Prüfling, der meint, ungerecht beurteilt worden zu sein, hat einen Anspruch darauf, die betreffenden Beurteilungen der Prüfer nachprüfen zu können und ggf. gerichtlich nachprüfen zu lassen. Die gerichtliche (Rechtmäßigkeits-)Kontrolle von Prüfungsentscheidungen ist allerdings inhaltlich begrenzt (vgl. u.a. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 17. April 1991 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83, BVerfGE 84, 34, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1991, 2005). Denn die Bewertung einer Prüfungsleistung beruht --außer auf der fachspezifischen Beurteilung der Prüfungsleistungen-- auf komplexen Erwägungen, die sich nicht regelhaft erfassen lassen, insbesondere auf den persönlichen, subjektiven Erfahrungen und Vorstellungen der Prüfer (ihrem höchstpersönlichen "Fachurteil"), der Berücksichtigung der objektiv nicht ohne weiteres faßbaren "Prüfungssituation" und nicht zuletzt auf Einschätzungen und Erfahrungen, die die Prüfer im Laufe ihrer Examenspraxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben und aufgrund des Gebotes der Chancengleichheit der Prüflinge bei der Notenvergabe anzuwenden haben (BVerfG-Urteil in BVerfGE 84, 34, NJW 1991, 2005). Dieses Gebot unterstreicht § 15 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB), wenn er auf die "durchschnittlichen Anforderungen" als Bewertungsmaßstab abstellt. Die durch Art. 19 Abs. 4 GG grundsätzlich gebotene gerichtliche Kontrolle von Prüfungsentscheidungen ist aufgrund dieser sachgesetzlichen Eigentümlichkeiten der Prüfungsentscheidung nur eingeschränkt möglich. Wegen der zahlreichen Unwägbarkeiten, die bei der Bewertung einer Prüfungsleistung eine Rolle spielen, muß den Prüfern ein Entscheidungsspielraum zugestanden werden (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. Beschlüsse des Senats in BFH/NV 1996, 180; vom 10. August 1993 VII B 68/93, BFHE 172, 273, BStBl II 1994, 50, und vom 4. Mai 1995 VII B 193/94, BFH/NV 1995, 1021; vgl. ferner Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 24. Februar 1993 6 C 35.92, BVerwGE 92, 132, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht --NVwZ-- 1993, 681; vom 21. Oktober 1993 6 C 12.92, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 320; vom 16. März 1994 6 C 5.93, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 329; vom 17. Dezember 1997 6 B 55.97, NVwZ 1998, 738). Die dadurch entstehenden Defizite der Kontrolle von Prüfungsentscheidungen sind jedoch durch Regelungen des Prüfungsverfahrens so weit wie möglich auszugleichen (vgl. u.a. den Beschluß des Senats in BFH/NV 1996, 180, sowie das Urteil des BVerwG vom 6. September 1995 6 C 18.93, BVerwGE 99, 185, NJW 1996, 2670). Insbesondere muß der Prüfling, soweit dies irgendmöglich ist, instand gesetzt werden, Einwände gegen die Bewertung der Prüfungsleistungen zu erheben. Dafür benötigt der Prüfling ausreichende Informationen über die Erwägungen, welche die Prüfer für die Prüfungsentscheidung und die ihr bei der Steuerberaterprüfung zugrundeliegende Vergabe von Einzelnoten (§ 15 DVStB) angestellt haben. Denn ohne solche Informationen kann er Einwände gegen die Bewertung seiner Leistungen in der Prüfung und die darauf beruhende Prüfungsentscheidung nicht wirksam erheben. Dem Prüfling ist deshalb im Rahmen des Verfahrens einer von ihm ggf. begehrten Kontrolle der Prüfungsentscheidung ein Anspruch auf diejenigen Informationen zuzugestehen, die er benötigt, um feststellen zu können, ob die rechtlichen Vorgaben und Grenzen der Prüfung, insbesondere bei der Beurteilung seiner Leistungen, eingehalten worden sind. Er hat einen Anspruch auf eine angemessene Begründung der Prüfungsentscheidung, d.h. auf die Bekanntgabe der wesentlichen tragenden Gründe, mit denen die Prüfer zu einer bestimmten Bewertung der Prüfungsleistung gelangt sind (Urteil des BVerwG in BVerwGE 99, 185, NJW 1996, 2670; vgl. auch Beschluß vom 20. Mai 1998 6 B 50.97, NJW 1998, 3657).

Das BVerwG hat jedoch in der eben angeführten Entscheidung in BVerwGE 99, 185 eingehend und überzeugend dargelegt, daß dieser Anspruch insbesondere bei mündlichen Prüfungen nicht voraussetzungslos besteht. Denn bei diesen ist es in besonderem Maße erforderlich, den Aufwand, der für die Prüfer mit jeglicher Begründung ihrer Bewertung von Prüfungsleistungen verbunden ist, auf dasjenige Maß zu beschränken, das nach den im Einzelfall gegebenen Umständen notwendig, weil durch den Anspruch des betreffenden Prüflings auf wirksamen Schutz in seinen Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 und 19 Abs. 4 GG konkret bedingt ist. Hingegen ist es unnötig und folglich auch nicht geboten, bei mündlichen Prüfungen in jedem Fall eine schriftliche oder auch nur mündliche Begründung der Bewertung sämtlicher Prüfungsleistungen ohne Rücksicht darauf zu verlangen, ob der jeweilige Prüfling überhaupt erwägt, Einwände gegen die Bewertung seiner Prüfungsleistung vorzubringen.

Das Verlangen des Prüflings nach einer Begründung entscheidet indes nicht nur darüber, ob die Prüfungsentscheidung überhaupt begründet werden muß, sondern von ihm hängt auch der konkrete Inhalt des Anspruches des Prüflings auf eine Begründung der Prüfungsentscheidung ab. Der Inhalt der von den Prüfern zu ihren Bewertungen von mündlichen Prüfungsleistungen abzugebenden Begründung wird maßgeblich davon bestimmt, mit welchem konkreten Begehren und mit welcher Begründung der Prüfling eine Begründung verlangt und ob er dies rechtzeitig tut (vgl. Urteil des BVerwG in BVerwGE 99, 185). Diese Begrenzung der aus Art. 12 Abs. 1 GG, 19 Abs. 4 GG folgenden Informationsrechte des Prüflings hat auch der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 30. April 1996 VII R 128/95 (BFHE 180, 485, BStBl II 1997, 149) im Anschluß an das Urteil des BVerwG in BVerwGE 99, 185 hervorgehoben und darüber hinaus verlangt, der Prüfling müsse unmittelbar im Anschluß an die Bekanntgabe der Prüfungsnote seinen Anspruch auf eine Begründung der Bewertung seiner mündlichen Prüfungsleistungen geltend machen. Ein späterer Antrag, die Bewertung zu begründen, sei zwar nicht ausgeschlossen, unterliege aber der den Prüfling treffenden Gefahr, daß es den Prüfern wegen Zeitablaufs nicht mehr möglich ist, ihre Benotung zu begründen (vgl. Senatsurteil in BFHE 180, 485, 488 f.). Mit dieser Gefahr muß der Prüfling insbesondere deshalb rechnen, weil die Erinnerung der Prüfer an den Ablauf der Prüfung und die von ihnen angestellten Erwägungen bei der Notenvergabe erfahrungsgemäß schnell verblaßt, das für die Steuerberaterprüfung geltende Verfahrensrecht aber keine Vorschriften über die Protokollierung des Inhalts der mündlichen Prüfung, insbesondere von Fragen und Antworten, enthält und auch sonst weder das einfache Gesetzes- noch das Verfassungsrecht (Art. 12 Abs. 1, Art 19 Abs. 4 GG) --etwa allein um der besseren Überprüfbarkeit der Bewertung mündlicher Prüfungsleistungen willen-- eine solche Protokollierung verlangt (vgl. Urteil des Senats vom 14. Dezember 1993 VII R 46/93, BFHE 173, 378, BStBl II 1994, 333, 335; BVerwG-Beschluß vom 31. März 1994 6 B 65.93, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 332, Deutsches Verwaltungsblatt 1994, 641).

b) Welchen Umfang die Informationsrechte des Prüflings im einzelnen haben und unter welchen verfahrensrechtlichen Maßgaben sie wahrzunehmen sind, ist für die Steuerberaterprüfung positiv-rechtlich nicht näher bestimmt. Prüfling und Prüfungsbehörde müssen deshalb mangels solcher Vorgaben ihr Verhalten nach den Umständen des einzelnen Falles ausrichten und dabei einerseits darauf Rücksicht nehmen, daß eine umfassende Begründung der Notenvergabe in der mündlichen Prüfung ohne konkreten, durch entsprechende Einwände des Prüflings herbeigeführten Anlaß den Prüfern nicht zumutbar und mit angemessenem Aufwand in der Regel auch gar nicht möglich wäre, daß aber andererseits den Erfordernissen wirksamen Grundrechtsschutzes des Prüflings soweit wie möglich entsprochen werden muß (vgl. schon BVerwG-Urteil in BVerwGE 99, 185).

Macht der Prüfling einen Anspruch auf Begründung der Prüfungsentscheidung bzw. bestimmter Einzelnoten der mündlichen Prüfung geltend, wird er in diesem Stadium des Verfahrens häufig substantiierte Einwände gegen die Notenvergabe --insbesondere gegen die fachspezifische Beurteilung seiner Beiträge im Prüfungsgespräch als falsche statt als richtige oder zumindest vertretbare Lösung der Prüfungsaufgabe oder gegen prüfungsspezifische Bewertungen seiner Leistungen als nur durchschnittlich statt als herausragend usf.-- nicht vorbringen können, solange er nicht von den Prüfern über die wesentlichen Gründe für die Bewertung der Prüfungsleistungen informiert worden ist. Andererseits ist es in diesem Stadium auch für die Prüfer, ohne konkrete Einwände des Prüflings gegen die Noten zu kennen, nicht geboten und im allgemeinen auch kaum möglich, eine umfassende Begründung abzugeben. Sie können sich statt dessen zunächst auf die wesentlichen Punkte beschränken und dem Prüfling eine nähere Auseinandersetzung mit der Bewertung seiner Leistungen und ggf. die Anforderung weiterer Erläuterungen überlassen. Nur wenn der Prüfling bereits konkrete Einwände erhoben hat, muß die Prüfungsbehörde auf diese konkret eingehen.

Selbst der Anspruch des Prüflings auf eine erste allgemeine, auf die wesentlichen Punkte beschränkte Begründung setzt jedoch ein Begründungsverlangen voraus, das nicht pauschal und gleichsam ins Blaue hinein gestellt wird, sondern Mindestanforderungen an eine kritische Auseinandersetzung mit dem Prüfungsergebnis genügt. Der dem Prüfling dem Grunde nach gewährte allgemeine Informationsanspruch wird überhaupt erst dadurch zu einem konkreten Anspruch, der sich auf die Begründung (vom Prüfling) näher bezeichneter Bewertungen in einem bestimmten Fach bezieht, daß der Prüfling sein Begründungsverlangen entsprechend spezifiziert (BVerwG-Entscheidungen vom 16. April 1997 6 C 9.95, NJW 1998, 323, 326, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 382 und in BVerwGE 99, 185, unter 1. a drittletzter Absatz) und für sein Begründungsverlangen "sachlich vertretbare Gründe" angibt (Beschluß in NJW 1998, 3657). Nur ein solches Begründungsverlangen löst die Verpflichtung des Prüfungsausschusses aus, überhaupt eine nach Form oder Inhalt qualifizierte Begründung der Prüfungsentscheidung abzugeben (vgl. BVerwG-Urteil in NJW 1998, 323, 326, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 382).

Allerdings braucht sich der Prüfling für ein solches spezifiziertes Verlangen nach einer (ersten) Begründung der Prüfungsentscheidung grundsätzlich noch nicht mit Einzelheiten des Prüfungsverlaufs auseinanderzusetzen; er muß insbesondere in diesem Stadium des Kontrollverfahrens noch keine konkreten und substantiierten Angriffe gegen einzelne fach- oder prüfungsspezifische Bewertungen der Prüfer vortragen. Dazu wird er in der Regel auch nicht oder allenfalls bruchstückhaft und nur auf der Grundlage von mehr oder weniger ungewissen Vermutungen in der Lage sein; denn er kennt die von den Prüfern angestellten Erwägungen (noch) nicht und kann sie sich allenfalls aus deren Verhalten im Prüfungsgespräch zu erschließen versuchen. Der Prüfling muß hingegen nach Auffassung des erkennenden Senats für sein Begehren einer Begründung der Prüfungsentscheidung in einem bestimmten Fach seine Bedenken gegen die Benotung seiner Leistung dadurch spezifizieren, daß er zumindest allgemeine Anhaltspunkte dafür angibt, weshalb er vermutet, daß die Benotung auf in fach- und/oder prüfungsspezifischer Hinsicht angreifbaren Erwägungen der Prüfer beruht oder zumindest beruhen kann.

c) Haben die Prüfer auf ein solches erstes Begründungsverlangen des Prüflings geantwortet und eine erste Begründung ihrer Prüfungsentscheidung abgegeben, so muß der Prüfling, sofern er seine Bedenken gegen die Prüfungsentscheidung nicht ausgeräumt sieht, nachfragen, wenn er sich mit der Begründung nicht zufriedengeben will, weil er sie für unvollständig oder noch nicht für ausreichend hält, um ihm konkrete, substantiierte Einwände gegen einzelne fach- oder prüfungsspezifische Bewertungen überhaupt zu ermöglichen (vgl. Beschluß des BVerwG in NJW 1998, 3657). Anderenfalls muß er, um seiner Mitwirkungspflicht bei der Kontrolle der Prüfungsentscheidung zu genügen, nunmehr seine Einwände gegen die fach- oder prüfungsspezifischen Bewertungen der Prüfer substantiieren.

2. Das FG hat sich auf die Rechtsprechung des Senats und des BVerwG ausdrücklich bezogen. Es hat sie durch die --an sich richtige-- Überlegung ergänzt, an das erstmalige Begründungsverlangen eines Prüflings dürften keine "überhöhten" Anforderungen gestellt werden. Für den Streitfall ist das FG zu dem Ergebnis gelangt, daß das Begründungsverlangen des Klägers ausreichend gewesen sei, um das Ministerium zu einer Begründung der Prüfungsentscheidung zu veranlassen, daß die Begründung jedoch den an sie zu stellenden Anforderungen nicht entsprochen habe; deshalb sei die Prüfungsentscheidung als rechtswidrig aufzuheben, weil eine "neue Bewertung" der mündlichen Prüfungsleistungen nicht mehr möglich sei.

Das hält indes rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Dabei mag dahinstehen, ob und unter welchen näheren Voraussetzungen Rechtsfolge einer mangelhaften Erfüllung des Begründungsverlangens eines Prüflings durch die Prüfungsbehörde die Aufhebung der Prüfungsentscheidung ist --wie das FG anzunehmen scheint-- oder nicht vielmehr die --ggf. vom Gericht auszusprechende-- Anforderung einer zureichenden Begründung. Bei einem solchen ergänzenden Begründungsverlangen ginge es freilich nicht um eine "neue Bewertung" der Prüfungsleistungen, sondern um den unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten vorzunehmenden Versuch, den Prüfungsverlauf und seine Bewertung durch die Prüfer doch noch zu rekonstruieren, was unter Umständen auch noch nach längerer Zeit gelingen kann.

b) Das kann aber zunächst auf sich beruhen. Denn schon der Ausgangspunkt des FG, das Begründungsverlangen des Klägers vom 6. März 1997 habe den vorgenannten Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an ein erstes Begründungsverlangen genügt, ist nicht zutreffend.

Der Kläger hat mit seinem Begründungsverlangen pauschal eine Begründung der Bewertung seiner mündlichen Prüfungsleistung gefordert. Worin eine "Spezifizierung" dieses vom FG festgestellten Verlangens gesehen werden könnte, welche, wie dargelegt, allererst die Verpflichtung der Prüfungsbehörde zu einer "qualifizierten" Begründung der Prüfungsentscheidung auslösen könnte, ist nicht erkennbar. Zum einen ist nämlich die "mündliche Prüfungsleistung" des Klägers in sieben selbständig bewerteten Prüfungsabschnitten erbracht worden. Wenn dem Kläger im Anschluß an die Prüfung diese Einzelbewertungen nicht bekanntgegeben worden sein sollten --wie es in der Regel zweckmäßig und vielfach auch üblich ist--, hätte er danach fragen und sein Begründungsverlangen ggf. später spezifizieren müssen.

In zwei Prüfungsabschnitten hatte der Kläger nach Ansicht der Prüfungskommission ausreichende bzw. befriedigende Leistungen erbracht. Das schließt zwar nicht von vornherein aus, daß der Kläger geltend machen wollte, er habe auch in diesen beiden Prüfungsabschnitten eine (noch) bessere Benotung verdient. In diesem Fall hätte es jedoch nicht nur nahegelegen, sondern wäre für eine ausreichende Spezifizierung des Begründungsverlangens erforderlich gewesen, dies klarzustellen. Aber auch sofern sich das Begründungsverlangen des Klägers gegen die Bewertung der Leistungen in den übrigen fünf Abschnitten, die mit den Noten 4,5 bzw. --in einem Fall-- mit der Note 5 bewertet worden waren, richtete, wäre es erforderlich gewesen, deutlich anzugeben, gegen welche Noten der Kläger sich wendet oder ob er sämtliche fünf Benotungen für rechtswidrig hält bzw. jedenfalls meint, einen Anlaß zu haben, die Rechtmäßigkeit aller fünf Noten überprüfen zu wollen. Auch die Rechtsprechung des BVerwG geht offenbar davon aus, daß es zu den Anforderungen an ein (erstes) Verlangen nach der Begründung der Bewertung mündlicher Prüfungsleistungen und der dabei, wie erwähnt, erforderlichen Spezifizierung grundsätzlich gehört, daß der Prüfling genau angibt, für welche (Einzel-)Noten er eine Begründung begehrt (vgl. die bereits oben wiedergegebenen Ausführungen in dem Urteil in BVerwGE 99, 185, unter 1. a drittletzter Absatz).

c) Zum anderen ist schon von einem ersten Begründungsverlangen zu erwarten, daß es erkennen läßt, daß der Prüfling sich mit der Benotung seiner Prüfungsleistungen durch die Prüfer (selbst-)kritisch auseinandergesetzt hat, daß er die von ihm erbrachten Prüfungsleistungen also, soweit ihm dies möglich ist, selbst überprüft und an den ihm von den Prüfern gegebenen Noten gemessen hat. Denn nur so kann vermieden werden, daß aufgrund gleichsam ins Blaue hinein vorgetragener Begründungsverlangen erfolgloser Prüfungskandidaten die Prüfer entgegen der DVStB, die eine Begründung der Bewertung mündlicher Prüfungsleistungen nicht verlangt, bzw. entgegen dem sonstigen einfachen Gesetzesrecht im Ergebnis doch gezwungen sind, ihre Entscheidungen aufgrund einer dafür in der Regel notwendigen eingehenden Darstellung des Prüfungsverlaufs umfassend zu begründen, um dem Prüfling dadurch die Ansatzpunkte für einen Angriff gegen die Prüfungsentscheidung zu verschaffen, die er sonst --abgesehen von seiner Unzufriedenheit über das Prüfungsergebnis-- nicht besitzt oder zumindest nicht offenbart.

Mit diesen Anforderungen wird von dem Prüfling nichts Unmögliches, Unzumutbares oder seinen Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 und 19 Abs. 4 GG Unangemessenes verlangt. Der Prüfling kennt seine eigene Prüfungsleistung; seine Erinnerung an sie wird zumindest in der Regel kaum schlechter sein als die Erinnerung der Prüfer. Er kennt den Verlauf des Prüfungsgesprächs und wird häufig aus den von ihm beobachteten Reaktionen der Prüfer Anhaltspunkte dafür gewinnen können, was von jenen an seiner Prüfungsleistung beanstandet worden ist. Da er --von Sonderfällen abgesehen-- im allgemeinen auch nicht ernstlich wird behaupten können, daß eine von den Prüfern z.B. als nicht mehr ausreichend bewertete Prüfungsleistung in jeder Hinsicht frei von Mängeln gewesen sei, wird es ihm oftmals möglich sein, zumindest andeutungsweise vorzutragen, worin er seine brauchbaren Beiträge zu dem Prüfungsgespräch bzw. seine richtigen Ansätze bei der Beantwortung der Prüfungsfragen sieht oder weshalb er meint, daß die von ihm inzwischen erkannten und eingestandenen Mängel seiner Prüfungsleistung nicht von solchem Gewicht sind, daß sie die von den Prüfern vorgenommene Bewertung rechtfertigen könnten. Es wird dem Prüfling in aller Regel möglich sein, auf diese Weise den Prüfern die erforderlichen Anhaltspunkte dafür zu liefern, in welcher Hinsicht sie ihre Prüfungsentscheidung erläutern und rechtfertigen müssen.

Freilich ist nicht auszuschließen, daß es Fälle gibt, in denen der Prüfling meint, seine von den Prüfern "schlecht" bewertete Prüfungsleistung sei fehlerlos oder sogar eine überdurchschnittliche Leistung gewesen, oder daß er aufgrund der (ausgebliebenen) Reaktionen der Prüfer schlechterdings keinen Anhaltspunkt dafür erkennen kann, worauf die "schlechte" Bewertung beruht, er sich also z.B. weder in der Lage sieht zu rügen, die Prüfer hätten in bestimmten Prüfungsabschnitten mutmaßlich Richtiges als falsch bewertet, noch gegen eine zu strenge Bewertung von ihm selbst möglicherweise einzuräumender Mängel seiner Prüfungsleistung etwas vorzubringen. Dann ist es aber dem Prüfling möglich und zumutbar, eben dies vorzutragen, womit er freilich Gefahr läuft, daß seine Rügen von den Prüfern z.B. durch Aufzeigen exemplarischer, besonders schwerwiegender Mängel der Prüfungsleistung ohne weiteres widerlegt werden können.

d) Das Urteil des FG entspricht diesen Rechtsgrundsätzen nicht; es hat die Anforderungen an ein erstes Begründungsverlangen eines Prüflings zu niedrig angesetzt und das Begründungsverlangen des Klägers vom 6. März 1997 zu Unrecht genügen lassen, um die Prüfungskommission zu einer detaillierten Auflistung der Mängel der mündlichen Prüfungsleistungen des Klägers zu verpflichten.

e) Das Urteil des FG wäre auch dann nicht richtig, wenn der Ansicht des FG gefolgt werden könnte, aufgrund des Begründungsverlangens des Klägers vom 6. März 1997 habe das Ministerium eine "qualifizierte" Begründung der Prüfungsentscheidung abgeben müssen. Denn die dem Kläger vom Ministerium mit Schreiben vom 22. April 1997 übermittelten Erläuterungen, die die Prüfungskommission zu der Bewertung der mündlichen Prüfungsleistungen des Klägers gegeben hat, stellen eine ausreichende Beantwortung seines Begründungsverlangens dar. Dem Informationsanspruch des Klägers ist durch diese Stellungnahme der Prüfungskommission also jedenfalls Genüge getan worden.

Die Stellungnahme der Prüfungskommission besteht entgegen der Ansicht des FG nicht nur aus "Leerformeln und abstrakten Ausführungen". Das trifft allenfalls für die Erläuterungen zu dem Prüfungsabschnitt Bürgerliches Recht/Wirtschaftsrecht/Steuerliches Verfahrensrecht zu. Bei diesem ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Leistungen des Klägers mit der Note 3,0, also als eine Leistung bewertet worden sind, die in jeder Hinsicht durchschnittlichen Anforderungen gerecht wird (§ 15 Abs. 1 DVStB). Es hätte hier folglich nur darum gehen können, näher zu erläutern, warum die Leistung des Klägers nicht noch besser, nämlich als eine erheblich über dem Durchschnitt liegende Leistung oder sogar als eine hervorragende Leistung bewertet worden ist. Dazu besteht indes in der Regel kein Anlaß, wenn der Prüfling nicht von sich aus Anhaltspunkte dafür genannt hat, durch welche Merkmale sich seine Leistung seiner Meinung nach (zumindest erheblich) aus dem Durchschnitt heraushebt.

Bei dem Kurzvortrag erhebt die Stellungnahme die konkreten Rügen, das Thema sei nicht "erschöpfend" und auch nicht ohne "Ungenauigkeiten" dargestellt worden. Es bedurfte in diesem Stadium des Begründungsverfahrens nicht notwendig einer Auflistung all der Gesichtspunkte, die der Kläger nach Auffassung der Prüfer hätte vortragen sollen, aber nicht vorgetragen hatte, bzw. einer genauen Bezeichnung der Ungenauigkeiten, die seinem Vortrag anhafteten, um den Kläger in die Lage zu versetzen, sein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG angemessen zu verteidigen. Denn die Begründung der Prüfer ermöglichte es ihm jedenfalls, den von ihm gehaltenen Kurzvortrag selbstkritisch --anhand seiner Erinnerung oder seiner Aufzeichnungen-- zu überprüfen, um ggf. in seiner Erwiderung auf die Stellungnahme des Prüfungsausschusses darzulegen, weshalb er meint, sein Vortrag sei erschöpfend gewesen oder habe von den Prüfern bemängelte Ungenauigkeiten nicht aufgewiesen. Es ist überdies nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger dazu insgesamt besser in die Lage versetzt worden wäre, wenn die Prüfer --wie das FG von ihnen verlangt-- "exemplarisch" einzelne Mängel des Kurzvortrages aufgeführt hätten.

Zu dem Prüfungsabschnitt Bewertungsrecht und einheitswertabhängige Steuern ist dem Kläger von den Prüfern in ihrer Stellungnahme vorgeworfen worden, er habe selbst grundlegende Fragen wie nach wichtigen Begriffsdefinitionen nicht beantworten können. Auch das ist --wie insoweit auch das FG einräumt-- eine zwar möglicherweise nicht erschöpfende, aber doch so konkrete Begründung des Prüfungsergebnisses, daß sie dem Kläger ausreichende Möglichkeiten gab, sich mit der Bewertung seiner Leistung auseinanderzusetzen und sie ggf. anzugreifen.

Hinsichtlich der übrigen Prüfungsabschnitte haben die Prüfer in ihrer Stellungnahme gerügt, der Kläger habe --erstens-- die Kenntnis spezieller steuerlicher Vorschriften, --zweitens-- Verständnis für systematische Zusammenhänge vermissen lassen; er habe --drittens-- die steuerrechtlich relevanten Tatsachen nur mit Schwierigkeiten erkannt (und dementsprechend nicht ohne Schwierigkeiten zu würdigen verstanden). Ferner wird dem Kläger insoweit --viertens-- vorgehalten, an ihn gerichtete Fragen hätten mangels zutreffender Beantwortung an andere Kandidaten häufig weitergereicht werden müssen. Daß das letzte eine konkrete Tatsachenbehauptung ist, gegen die sich der Kläger hätte verteidigen können (und auch zu verteidigen versucht hat), liegt auf der Hand und bedarf keiner Ausführung. Aber auch die übrigen Vorwürfe sind keine bloßen Leerformeln oder so abstrakt, daß eine Auseinandersetzung mit ihnen nicht möglich wäre. Um eine solche Auseinandersetzung in der durch das Begründungsverlangen des Klägers gebotenen Weise zu ermöglichen, bedurfte es nicht der Auflistung der einzelnen steuerlichen Vorschriften, die der Kläger nicht gekannt haben soll, bzw. der Zusammenhänge, die ihm nicht geläufig gewesen sein sollen; es mußte dafür auch nicht von der Prüfungskommission im einzelnen angegeben werden, bei welchen Aufgaben der Kläger welche steuerrechtlich relevanten Umstände nicht erkannt und gewürdigt hat. Das genauer auszuführen, hätte eine umfassende und eingehende Darstellung des gesamten Prüfungsgesprächs bzw. der fünf Prüfungsgespräche zu den einzelnen selbständigen Prüfungsabschnitten erfordert, die von den Prüfern nach Überzeugung des erkennenden Senats in einer ersten Begründung aufgrund eines noch nicht näher substantiierten Begründungsverlangens des Prüflings grundsätzlich nicht gefordert werden kann; es ist vielmehr zunächst Sache des Prüflings, sich mit den von den Prüfern mehr oder weniger abstrakt beschriebenen Schwächen seiner Prüfungsleistung auseinanderzusetzen und der Prüfungsbehörde Hinweise zu geben, ob und aus welchen Gründen er meint, die Prüfer hätten ihren Bewertungsspielraum überschritten oder seien bei ihren Vorwürfen von falschen Tatsachen ausgegangen. So hätte der Kläger in einer Erwiderung auf die ihm gegebene Begründung der Prüfungsentscheidung hinsichtlich der vorgenannten Prüfungsabschnitte darlegen können und müssen, welche systematischen Zusammenhänge er richtig dargestellt oder welche speziellen steuerlichen Vorschriften er zutreffend benannt hat, bei welchen Aufgaben er meint, die für die Beurteilung relevanten Umstände erkannt zu haben, oder inwiefern er meint, die Prüfer hätten die von ihnen bemängelten Schwächen seiner Leistung unzutreffend bewertet.

Nachdem der Kläger die vorgenannten Erläuterungen als erste Begründung der Prüfungsentscheidung erhalten hatte, wäre es überdies seine Sache gewesen, eine Ergänzung dieser Begründung zu verlangen, wenn er meinte, diese Begründung sei unvollständig und ermögliche es ihm noch nicht ausreichend, seine Einwendungen gegen die Bewertung seiner Prüfungsleistungen in dem oben erläuterten Sinne zu "substantiieren", also konkrete Einwendungen gegen einzelne fach- oder prüfungsspezifische Bewertungen der Prüfer vorzubringen. Wenn der Kläger mit anderen Worten zu den der Bewertung seiner einzelnen Prüfungsleistungen zugrundeliegenden Erwägungen der Prüfer mehr hätte wissen wollen, hätte er mehr fragen müssen (vgl. BVerwG-Urteil in NJW 1998, 323, 326). Das hat der Kläger indes nicht getan. Er hat sich vielmehr mit der Beantwortung seines Begründungsverlangens begnügt, wenn er auch dessen Ungenügen wegen Verwendung bloßer "floskelhafter Sätze und leerer Worthülsen" pauschal gerügt hat, und sich auf diese Beantwortung in seinem im Tatbestand des Urteils des FG wiedergegebenen Schriftsatz vom 4. August 1997 sachlich eingelassen.

f) Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er sei von dem Ministerium nicht darüber belehrt worden, daß er sein Begründungsverlangen spezifizieren bzw. nachfragen müsse, wenn ihm die von der Prüfungskommission gegebene (erste) Begründung der Prüfungsentscheidung zur Verteidigung seiner Rechte nicht ausreichend erschien. Die aus dem Prüfungsverhältnis erwachsende Fürsorgepflicht der Prüfungsbehörde kann zwar diesbezügliche Hinweispflichten zur Folge haben. Wie die Pflicht zur Begründung der Prüfungsentscheidung selbst ist jedoch die Pflicht zu Hinweisen auf die Anforderungen an eine Spezifizierung des Begründungsverlangens bzw. an die Substantiierung der Einwendungen gegen die Bewertung der Prüfungsleistungen situationsabhängig (vgl. BVerwG in NJW 1998, 323, 326, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 382; vgl. schon Urteil des Senats vom 11. November 1997 VII R 66/97, BFHE 184, 157, BStBl II 1998, 218). Eine Pflicht der Prüfungsbehörde zu zweckdienlichen Hinweisen bezüglich des Begründungsanspruchs kann sich insbesondere ergeben, wenn ein Prüfling durch das Verfolgen offensichtlich irrtümlicher oder --für ihn nicht erkennbar-- nicht sachdienlicher Anträge infolge Zeitablaufs die Möglichkeit verliert, eine Begründung der Bewertung seiner mündlichen Prüfungsleistungen zu erlangen (Senatsurteil in BFHE 184, 157, BStBl II 1998, 218). Der Kläger indes bedurfte eines Hinweises auf seine Obliegenheiten im Prüfungsverfahren nicht; er war spätestens seit Ende März 1997 in dem wegen der (schriftlichen) Prüfung beim FG anhängigen Rechtsstreit anwaltlich vertreten, so daß das Ministerium davon ausgehen konnte, daß er seine Rechte angemessen verteidigen werde, wenn er sie verletzt sehen sollte. Zu diesem Zeitpunkt wäre eine eingehende Begründung der Prüfungsentscheidung nicht bereits wegen Zeitablaufs unmöglich und deshalb ein diesbezügliches spezifiziertes Verlangen nicht von vornherein sinnlos gewesen, wie der Kläger jetzt offenbar geltend machen will. An dahin gehenden Feststellungen des FG fehlt es jedenfalls ebenso wie an einem diesbezüglichen substantiierten Sachvorbringen des Klägers in der Tatsacheninstanz.

3. Das Urteil des FG kann nach alledem keinen Bestand haben. Das FG hat die rechtlichen Anforderungen an ein Begründungsverlangen und an die Beantwortung eines ersten Begründungsverlangens verkannt.

Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen. Das Ministerium hat die Prüfung zu Recht für nicht bestanden erklärt. Die dagegen vom Kläger erhobenen Einwendungen sind nicht gerechtfertigt. Im einzelnen ist dazu auszuführen:

Das Vorbringen des Klägers, die Prüfer hätten in den von ihnen näher bezeichneten Prüfungsabschnitten Fragen nicht "häufig" vom Kläger unbeantwortet an die anderen Mitprüflinge weitergeben müssen, ist, selbst wenn unterstellt wird, daß es hinreichend substantiiert ist, erstmals in dem Schriftsatz vom 4. August 1997, also mehr als fünf Monate nach der mündlichen Prüfung, aufgestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt bzw. zum Zeitpunkt einer aufgrund dieses Vorbringens vom FG unverzüglich durchgeführten Beweisaufnahme konnte weder von den Prüfern noch von Zeugen (Zuhörern) das genaue Erinnerungsvermögen erwartet werden, das erforderlich gewesen wäre, um die klägerische Darstellung des Prüfungsverlaufs in dem Maße zu präzisieren und zu erhärten, daß von einer Beweisaufnahme Erkenntnisse hätten erwartet werden können, aufgrund derer die Prüfungsentscheidung vom FG als rechtswidrig hätte beanstandet werden können.

Dem vom Kläger zum Prüfungsabschnitt Ertragsteuern vorgelegten Gedächtnisprotokoll läßt sich der Prüfungsverlauf nicht einmal annäherungsweise entnehmen; selbst dessen Richtigkeit unterstellt, konnte daher zu dem vorgenannten Zeitpunkt kaum mehr festgestellt werden, daß der Kläger "alle Fragen richtig beantwortet hat", wie er behauptet; dem erkennenden Senat erscheint es daher erst recht ausgeschlossen, daß eine weitere Sachaufklärung in dieser Hinsicht heute noch entscheidungserhebliche Erkenntnisse erbringen kann, so daß eine Zurückverweisung der Sache an das FG auch unter diesem Gesichtspunkt nicht geboten ist. Es geht vielmehr zu Lasten des Klägers, daß er seine Einwendungen gegen die schlechte Beurteilung seiner Leistungen auch in diesem Prüfungsabschnitt nicht früher und vor allem nicht präziser formuliert oder rechtzeitig nachgefragt hat, welche konkreten Mängel die Prüfungskommission in diesem Abschnitt zu beanstanden hatte. Eine eingehendere Begründung der Prüfungsentscheidung in diesem Punkt ist der Prüfungskommission weder heute zumutbar noch wäre sie es fünf Monate nach der mündlichen Prüfung gewesen.

Soweit der Kläger Rügen wegen des Prüfungsverfahrens erhoben hat, liegt sein Vorbringen aus Rechtsgründen neben der Sache. Wenn der Kläger sich bei der Vorbereitung seines Kurzvortrages "erheblichen Lärmbelästigungen" ausgesetzt gesehen hat, hätte er dies als eine Einwendung gegen den Ablauf der Vorbereitung auf den Vortrag nach § 26 Abs. 8 DVStB unverzüglich geltend machen müssen. Wenn er meinte, daß der Prüfer D "teilweise nicht zu verstehen gewesen" sei, hätte er nachfragen, zumindest aber substantiiert darlegen müssen, weshalb ihm dies nicht möglich oder zumutbar war (vgl. Urteil des Senats vom 27. Juli 1993 VII R 11/93, BFHE 172, 254, BStBl II 1994, 259). Denn der Prüfling hat am Prüfungsverfahren mitzuwirken und muß sich den Grundsatz von Treu und Glauben entgegenhalten lassen, wenn er sich der Mitwirkung an einer ordnungsgemäßen Durchführung des Prüfungsverfahrens entzieht und Beeinträchtigungen im Rahmen des Zumutbaren nicht abzuwenden versucht (vgl. Urteil des BVerwG vom 17. Februar 1984 7 C 67/82, BVerwGE 69, 46). Daß das Berufsrecht im Prüfungsabschnitt "Rechnungswesen/Berufsrecht" zu kurz gekommen sei, wie der Kläger ferner gerügt hat, kann keinen Verfahrensmangel darstellen, weil es keine Vorschriften darüber gibt, in welchem Umfang einzelne Sachgebiete zu prüfen sind (vgl. § 37 a Abs. 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes, § 26 Abs. 3 Satz 2 DVStB; Urteile des Senats vom 16. Juli 1985 VII R 120/83, BFHE 144, 323, BStBl II 1986, 30; vom 27. Juni 1994 VII R 22/94, BFH/NV 1994, 910, und in BFHE 173, 378, BStBl II 1994, 333). Soweit der Kläger vorgetragen hat, der Prüfer B habe die Antworten der Prüflinge nicht korrigiert oder an andere Prüflinge weitergegeben, läßt dies einen von Rechts wegen zu beanstandenden Fehler des Prüfungsverfahrens von vornherein nicht erkennen.

Anlaß für weitere Erläuterungen der Prüfungsentscheidung durch die Prüfungskommission gibt das Sachvorbringen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 4. August 1997 nicht, ebensowenig dafür, die Prüfer zum Überdenken ihrer Prüfungsentscheidung für verpflichtet zu halten, was wirkungsvolle Hinweise des Klägers, d.h. konkrete und nachvollziehbare Einwände gegen die Bewertung seiner Leistungen in der mündlichen Prüfung, voraussetzen würde (Senatsbeschluß in BFH/NV 1996, 180), an denen es fehlt; denn daß der Kläger sich generell gegen die Bewertung seines Kurzvortrages gewandt und für diesen pauschal eine "2" für angemessen erklärt hat, genügt nicht, um eine solche Pflicht auszulösen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 56457

BFH/NV 1999, 1043

BStBl II 1999, 242

BFHE 187, 373

BFHE 1999, 373

BB 1999, 730

DStR 1999, 587

DStRE 1999, 413

DStRE 1999, 413 (Leitsatz)

HFR 1999, 565

StE 1999, 202

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