Leitsatz (amtlich)

Besteht Streit darüber, ob eine Abgabenforderung durch Aufrechnung erloschen ist, so kann dies nur durch einen Antrag auf Erlaß eines Abrechnungsbescheids gemäß § 125 AO geklärt werden. Es fehlt für eine Feststellungsklage gemäß § 41 Abs. 1 FGO an einem rechtlichen Interesse.

 

Normenkette

AO § 125; FGO § 41

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 2 LAG mit der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Gemeinschuldners (= Beigeladener) fällig gewordene und im Konkurs mit Vorrechtsrang zu befriedigende Teil der Vermögensabgabe in Höhe von 15 179 DM getilgt ist.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) begehrt gemäß § 41 FGO ohne Vorverfahren die Feststellung, daß die bevorrechtigte Konkursforderung des Beklagten und Revisionsbeklagten (FA) durch Aufrechnung erloschen sei. Wegen des Sachverhalts wird auf die Gründe des Urteils des erkennenden Senats III R 107/73 vom heutigen Tag Bezug genommen. Auch im vorliegenden Rechtsstreit ist der Kläger der Meinung, daß die Aufrechnungserklärungen, die das FA B abgegeben habe, unwirksam seien, während die Aufrechnungserklärungen des Gemeinschuldners, die dieser mit seiner Zustimmung abgegeben habe, die Vorrechtsforderung in voller Höhe zum Erlöschen gebracht habe.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Die Vorinstanz führt zunächst aus, daß die Anfechtungsklage im Parallelstreit der Rechtshängigkeit dieser Klage nicht entgegenstehe, soweit der Kläger seinen Widerspruch in Höhe von 6 503,79 DM aufrechterhalten habe. Der Einwand des Klägers, der Vorrechtsanspruch sei in voller Höhe erloschen, erfasse über den Parallelstreit hinaus auch die rechtskräftige Vorrechtsforderungsfeststellung in Höhe von 8 675,21 DM, über die im Parallelstreit nicht habe entschieden werden können. Der Anspruch des Klägers, seine Einkommensteuererstattungsbeträge zur Tilgung des bevorrechtigten Teils der Vermögensabgabe zu verwenden, sei Erstattungsbegehren gemäß § 152 Abs. 1 AO. Der Konkursverwalter müsse wissen, in welcher Höhe und in welcher Weise er noch Zuteilungen aus der Masse an Konkursgläubiger vorzunehmen habe. Damit sei das nach § 41 Abs. 1 FGO geforderte berechtigte Interesse an der alsbaldigen Feststellung gegeben. Der Kläger sei nicht darauf angewiesen, einen Abrechnungsbescheid gemäß § 125 AO zu beantragen, da dies ein zusätzlicher Rechtsbehelf sei, der eine Feststellungsklage nicht ausschließe.

Das FG hielt auch das beklagte FA für passiv legitimiert, die Feststellungsklage selbst jedoch materiell nicht für begründet.

Hiergegen richtet sich die Revision. Gerügt wird Verletzung der §§ 1, 12, 14, 53 bis 55 KO, 366, 387, 388, 396, 242, 826, 249 BGB, 123, 124 AO und Art. 3 GG. Der Kläger beantragt Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, hilfsweise unter Aufhebung der Vorentscheidung festzustellen, daß die vom Beklagten im Konkurs des Beigeladenen angemeldete Vermögensabgabe-Vorrechtsforderung in Höhe von 12 242,40 DM durch Aufrechnungserklärungen des Klägers bzw. des Gemeinschuldners erloschen sei. Soweit das FA aufgerechnet habe, handle es sich um eine unzulässige Rechtsausübung, da sich das FA aufgrund seiner hoheitlichen Befugnisse einseitig eine bevorzugte Aufrechnungslage verschafft habe. Sein Vorgehen sei einer Zwangsvollstreckung i. S. des § 14 KO gleichzuachten. Zumindest müsse im Streitfall § 14 KO entsprechend angewendet werden. Es liege auch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG vor.

Das FA hält die Feststellungsklage für unzulässig und der Sache nach für unbegründet.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist, wenn auch aus anderen Gründen, unbegründet.

1. Entgegen der Meinung des Klägers beruht die Vorentscheidung nicht schon deshalb auf einer Verletzung von Bundesrecht, weil sie auf die Entscheidungsgründe in einem Parallelstreit zwischen den Beteiligten verweist (§ 119 Nr. 6 FGO). Es ist anerkannte Rechtsprechung, daß auf gleichzeitig verkündete Entscheidungen zwischen den Beteiligten Bezug genommen werden kann (vgl. Entscheidung des BGH vom 2. Oktober 1970 I ZB 9/69, NJW 1971, 39, mit weiteren Nachweisen). Im Streitfall wurde das in Bezug genommene Urteil am 14. August 1973 und das vorliegend angefochtene Urteil am 27. August 1973 zugestellt. Damit hatte die erste Zustellung keinen Einfluß auf den Lauf der Revisionsfrist des Streitfalles, da den Beteiligten aus dem früher zugestellten Urteil die ausführliche Begründung bekannt war, die auch für das vorliegende Urteil maßgebend ist.

2. Das FG hat aber zu Unrecht das Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellungsklage bejaht. Gemäß § 41 Abs. 1 FGO kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes durch Klage begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung hat (Feststellungsklage). Diese Möglichkeit wird aber durch § 41 Abs. 2 FGO eingeschränkt. Hiernach kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Die Ausnahme, die § 41 Abs. 2 Satz 2 FGO enthält, daß die Subsidiarität der Feststellungsklage nicht Platz greift, wenn es sich um die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes handelt, liegt im Streitfall nicht vor.

Im Streitfall stützte der Kläger seine Klage darauf, daß er durch Aufrechnungserklärungen des Gemeinschuldners die Vorrechtsforderung des FA in bestimmter Höhe zum Erlöschen gebracht habe. Hierbei handelt es sich jedoch um ein Verfahren, das nach § 125 AO durch Erlaß eines Abrechnungsbescheides geklärt werden kann. Nach § 125 AO kann der Abgabepflichtige einen Antrag auf Erlaß eines Abrechnungsbescheides stellen, wenn zwischen ihm und dem FA Meinungsverschiedenheiten darüber bestehen, ob eine Zahlungsverpflichtung erloschen ist. Gegen diesen Abrechnungsbescheid steht ihm die Anfechtungsklage zu. Ist dies aber der Fall, so ist auch für die Frage, ob die Steuerzahlungsschuld noch besteht oder schon erloschen ist, nur der Weg der Antragstellung nach § 125 AO gegeben. Damit wird aber die Zulässigkeit der Feststellungsklage ausgeschlossen (vgl. Becker-Riewald-Koch, Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, Bd. III, § 41 FGO, Anm. 2 Abs. 2). Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung an. Die Revision gegen das die Klage abweisende Urteil kann somit, wenn auch aus anderen Gründen, keinen Erfolg haben. Die Revision ist daher gemäß § 126 Abs. 4 FGO zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72273

BStBl II 1977, 396

BFHE 1977, 284

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