Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Erläßt ein Vater dem Sohn schenkweise ein früher gegebenes § 7 c)- Darlehen, nachdem die geförderten Wohnungen fertiggestellt sind, so ist der Gewinn des Vaters im Jahr des Erlasses um den Nennbetrag des erlassenen Darlehens zu erhöhen.

 

Normenkette

EStG § 7c; EStR Abschn. 54/1/b

 

Tatbestand

Die Beschwerdegegnerin (Bgin.) ist eine Familien-KG. Der Vater gab in den Jahren 1950 und 1951 seinem Sohn und Mitgesellschafter § 7 c)- Darlehen im Betrage von 18.000 DM zur Errichtung von Arbeiterwohnungen. Die Wohnungen wurden im Januar 1952 bezogen. Nach Fertigstellung der Häuser verzichtete der Vater in einer schriftlichen Erklärung vom 19. April 1952 auf die Rückzahlung eines Teiles der 7 c)- Darlehen in Höhe von 7.090 DM. Das Finanzamt sah unter Berufung auf Abschnitt 74 a Abs. 2 Buchstabe b der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1951 in dem Verzicht eine gewinnerhöhende Rückzahlung der Darlehen unter gleichzeitiger Hingabe eines Zuschusses, den es aber nicht nach § 7 c des Einkommensteuergesetzes (EStG) zum Abzug zuließ, weil er erst nach Fertigstellung der Wohnungen gewährt worden sei. Der Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht hält die vom Finanzamt übernommene Rechtsauffassung der EStR, daß in dem nachträglichen Verzicht auf ein § 7 c)- Darlehen ein Rückfluß dieses Darlehens liege, nicht für zutreffend. Es verweist auf sein Urteil FG II 33/55 E vom 17. November 1955 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1956 S. 75).

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde, mit der der Vorsteher des Finanzamts unrichtige Anwendung des § 7 c EStG rügt, ist begründet.

Der Senat hat in der Entscheidung I 31/56 U vom 31. Juli 1956 (Slg. Bd. 63 S. 223, Bundessteuerblatt - BStBl - 1956 III S. 283) im Ergebnis bestätigt, daß die dem Abschnitt 54 Abs. 1 Buchstabe b EStR 1953 (74 a Abs. 2 Buchstabe b EStR 1951) zugrunde liegende Rechtsauffassung dem Gesetz entspricht.

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) legt diese Entscheidung dahin aus, daß in dem nachträglichen Verzicht auf das Darlehen dann kein Rückfluß liegen könne, wenn die Beteiligten keine Umgehung geplant hätten und die Absetzung für Abnutzung beim Darlehnsnehmer sich noch nicht ausgewirkt habe. Sie weist darauf hin, daß der Verzicht auf das Darlehen bereits im Jahre 1952, dem Jahr der Fertigstellung der Häuser, ausgesprochen worden sei und der Sohn in seiner Einkommensteuererklärung die Sonderabsetzung für Abnutzung auf die Häuser nach § 7 b EStG unter Außerachtlassung des erlassenen Darlehnsbetrags berechnet habe, also so vorgegangen sei, als ob der Vater ihm von vornherein einen verlorenen Zuschuß gegeben hätte. Wenn das Finanzamt in der Einkommensteuerveranlagung 1952 trotzdem die Sonderabsetzungen für Abnutzung von den vollen Herstellungskosten einschließlich des erlassenen Darlehens berechnet habe, so sei das gegen seinen Willen geschehen; er stimme der Berichtigung der Veranlagung zu seinen Ungunsten gemäß § 94 Abs. 1 Ziff. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) zu.

Eine solche einschränkende Auslegung wird der Entscheidung I 31/56 U nicht gerecht. Wenn in der Begründung auch auf die Möglichkeiten der Umgehung und der Undurchsichtigkeit der Absetzungen für Abnutzung hingewiesen worden ist, so sollte doch nicht etwa verlangt werden, daß im Einzelfall entsprechende Umstände festgestellt werden müßten. Zur Ergänzung der Begründung der Entscheidung I 31/56 U wird unter der Berücksichtigung der Besonderheiten dieses Falles auf folgendes hingewiesen:

Die Gewährung eines § 7 c)- Darlehens und der Verzicht auf die Rückzahlung (Erlaß) sind verschiedene Geschäftsvorgänge, die jeweils in dem Wirtschaftsjahr berücksichtigt werden müssen, in dem sie vorkommen. Das Finanzgericht lehnt es deshalb mit Recht und in übereinstimmung mit dem bürgerlichen Recht ab, den späteren Erlaß auf den Zeitpunkt der Darlehnsgewährung zurückzubeziehen (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 38/53 U vom 5. November 1953, Slg. Bd. 58 S. 231, BStBl 1954 III S. 4). Im Streitfall gewährte der Vater seinem Sohn das Darlehen. Es kann dahingestellt bleiben, ob nicht nach den allgemeinen einkommensteuerlichen Grundsätzen der Vorgang als notwendiger (außerbetrieblicher) Privatvorgang hätte behandelt werden müssen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs IV 537/54 U vom 22. Dezember 1955, Slg. Bd. 62 S. 172, BStBl 1956 III S. 65). Denn die Vorschrift des § 7 c EStG 1951 setzte jedenfalls insoweit Sonderrecht, als unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift auch Darlehnsgeschäfte zwischen Eltern und Kindern allgemein als Betriebsvorgänge behandelt werden konnten. Die Eltern konnten also, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt waren, Darlehen an ihre Kinder gewinnmindernd verbuchen, müssen dann aber die Rückzahlungsbeträge gewinnerhöhend in Erscheinung treten lassen. Wenn Unternehmer im Rahmen des § 7 c EStG zu Lasten des Gewinns Darlehen gaben, so gehört der Rückzahlungsanspruch zum notwendigen Betriebsvermögen, und zwar auch dann, wenn Eltern ihren Kindern ein solches Darlehen gegeben hatten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs IV 604/54 U vom 19. Januar 1956, Slg. Bd. 62 S. 227, BStBl 1956 III S. 85). Erläßt der Geber in einem späteren Wirtschaftsjahr das Darlehen, so ist der Vorgang nach den allgemeinen bilanzsteuerlichen Grundsätzen zu behandeln, sofern zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen der Sondervorschrift des § 7 c EStG nicht mehr vorliegen, insbesondere die geförderten Wohnungen bereits fertiggestellt sind. Es gelten dann die Grundsätze, die der Senat für sogenannte verunglückte § 7 c)- Darlehen und § 7 c)- Zuschüsse entwickelt hat (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs I 207/55 U vom 9. Oktober 1956 - Slg. Bd. 63 S. 484, BStBl 1956 III S. 382 -, I 196/56 U vom 26. Februar 1957 - Slg. Bd. 64 S. 426, BStBl 1957 III S. 160 -).

Im Streitfall war durch die Hingabe der Darlehen an den Sohn das Betriebsvermögen des Vaters nicht gemindert worden; an die Stelle der hingegebenen Darlehnsvaluta war der Rückzahlungsanspruch getreten. Die Sonderregelung des § 7 c EStG 1951 führte nur zu einer Gewinnverlagerung, weil der Gewinn im Jahr der Hingabe zwar gemindert wurde, in den Jahren der Rückzahlung insgesamt aber um den gleichen erhöht werden mußte. Erst als der Vater im Jahre 1952 schenkweise auf den Rückzahlungsanspruch endgültig verzichtete, verminderte er sein Betriebsvermögen. Die Schenkung an den Sohn war ein (außerbetrieblicher) Privatvorgang, der nach den allgemeinen Grundsätzen den Gewinn nicht mindern durfte. Der Erlaß war rechtlich eine Privatentnahme des Vaters. Die Rechtslage ist ebenso zu beurteilen wie in dem Fall, daß der Darlehnsnehmer den Darlehnsgeber beerbt, also Forderung und Schuld sich in seiner Hand vereinigen (vgl. das erwähnte Urteil des Bundesfinanzhofs IV 604/54 U).

Die Privatentnahme, die in dem Erlaß des § 7 c)- Darlehens lag, war mit dem Nennwert des noch nicht zurückgezahlten § 7 c)- Darlehnsbetrags zu bewerten; denn um diesen Betrag war der Gewinn im Jahr der Hingabe gemindert und durch Rückzahlung in einem späteren Jahr noch nicht wieder erhöht worden. Bei normalem Verlauf der Dinge wäre in den Jahren der Rückzahlung insgesamt der Gewinn des Vaters wieder um den vollen Betrag des hingegebenen Darlehens erhöht worden. Daß aus familiären (außerbetrieblichen) Gründen diese Entwicklung unterbrochen wurde, darf den Gewinn des Vaters nicht beeinflussen.

Demgegenüber greifen die Erwägungen des Finanzgerichts nicht durch. Es ist richtig, daß der Vater von vorneherein dem Sohn zu Lasten des Gewinns auch einen § 7 c)- Zuschuß hätte geben können. § 7 c EStG gewährt den Steuerpflichtigen ein Wahlrecht. Nach allgemeinen Grundsätzen sind sie aber an ihre Wahl gebunden. ändern sie später ihre Entschließung, so können sie dafür Vergünstigungen nach § 7 c EStG nur in Anspruch nehmen, wenn zu dieser Zeit noch die Voraussetzungen dieser Sondervorschrift gegeben waren. Das war hier nicht der Fall, weil zur Zeit des Erlasses die Wohnungen bereits fertiggestellt waren. Diese Auslegung verstößt weder gegen die Billigkeit noch die Grundsätze wirtschaftlicher Betrachtungsweise noch den Zweck des § 7 c EStG. Die gegenteilige Auffassung würde vielmehr zu einer vom Gesetz nicht beabsichtigten Ausweitung der Sondervorschrift und zu Schwierigkeiten in der Besteuerung vom Darlehnsgeber und Darlehnsnehmer führen, wenn man ihnen gestatten wollte, nach Fertigstellung der Wohnungen ihre Rechtsbeziehungen ohne die damit nach den allgemeinen Grundsätzen verknüpften steuerlichen Folgen beliebig zu ändern.

Zu der Frage, welche Folgerungen sich aus dieser Beurteilung für die Berechnung der Absetzungen für Abnutzung bei den geförderten Wohnungen und für die Schenkungsteuer ergeben, braucht der Senat in diesem Verfahren nicht Stellung zu nehmen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408845

BStBl III 1957, 351

BFHE 1958, 310

BFHE 65, 310

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