Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerblicher Grundstückshandel: Durchgehandelte und erschlossene Objekte werden addiert

 

Leitsatz (amtlich)

1. Durchgehandelte und erschlossene Objekte sind gleichermaßen Zählobjekte für die Bestimmung des gewerblichen Grundstückshandels; hinsichtlich der sog. Drei-Objekt-Grenze sind sie zu addieren.

2. Gewerblicher Grundstückshandel kann auch vorliegen, wenn auf die Veräußerung des ersten Objektes eine mehr als zweijährige inaktive Phase folgt, in der die späteren Grundstücksgeschäfte noch nicht konkret absehbar sind und während der keine Grundstücke im Umlaufvermögen gehalten werden.

3. Eine Erklärung über den Gewerbesteuermessbetrag ist --bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist-- auch dann abzugeben, wenn sich die Gewerblichkeit der ersten Veräußerung erst rückblickend aus dem Zusammenhang mit Grundstücksgeschäften in späteren Jahren ergibt.

 

Normenkette

AO 1977 § 169 Abs. 2, § 170 Abs. 1, § 184 Abs. 1 S. 3; EStG § 15 Abs. 2; GewStG § 2 Abs. 1, § 14 S. 2, §§ 14a, 18; GewStDV § 25 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 22.09.2004; Aktenzeichen 3 K 2843/01; EFG 2005, 195)

 

Tatbestand

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Betriebswirt und bezog im Streitjahr 1993 als Gesellschafter-Geschäftsführer der B-GmbH Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. An der Gesellschaft waren der Kläger und der Architekt E zu jeweils 50 % beteiligt. Der Kläger war weiter an der aus E und ihm bestehenden Grundstücksgemeinschaft "W/E" (Grundstücksgemeinschaft) beteiligt, deren Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gesondert und einheitlich festgestellt wurden.

Durch notariellen Kaufvertrag vom 26. November 1991 erwarben der Kläger und E für 800 000 DM zu je 1/2 das Eigentum an einem 1 443 qm großen Bauplatz in B (Baugrundstück). Der Kläger fragte am 27. November 1991 bei einem Kreditinstitut wegen der Finanzierung eines Fünf-Familien-Hauses auf der Hälfte des Baugrundstücks an und schloss am 14. Januar 1992 einen zunächst bis zum 31. Dezember 1993 befristeten Kreditvertrag über 1,3 Mio. DM ab. Am 17. Juni 1992 wurde die Baugenehmigung für die von der Grundstücksgemeinschaft geplante Errichtung zweier Fünf-Familien-Häuser erteilt. In ihrer Feststellungserklärung für 1992 gaben der Kläger und E an, das Baugrundstück solle bebaut und anschließend vermietet werden.

Die Abwicklung des Erwerbs verzögerte sich wegen Schwierigkeiten des Verkäufers bei der Grundbuchbereinigung; die Fälligkeitsanzeige des Notars datiert vom 14. April 1993. Am 7. Dezember 1993 verkauften der Kläger und E das Grundstück für 1,6 Mio. DM an die ihnen gehörende B-GmbH. Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahren sollten mit Zahlung des Kaufpreises auf den Käufer übergehen. Der Kaufpreis war am 1. Januar 1994 fällig, wurde aber bereits im Dezember 1993 entrichtet.

Eine Nachfrage des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--), ob das Baugrundstück nicht zu Spekulationszwecken angeschafft worden sei, verneinten der Kläger und E in ihrem Schreiben vom 26. September 1995 mit Hinweis auf ihre Bauplanung, den Kreditvertrag, die Verzögerung durch den Verkäufer sowie die Änderung ihrer privaten Verhältnisse. Der Kläger habe wegen Familienzuwachses am 17. Februar 1993 ein Grundstück erworben, um dieses mit einem größeren Haus zu bebauen; daher habe er beschlossen, das Baugrundstück wieder zu verkaufen. Wegen seiner Ehescheidung sei es E finanziell nicht möglich gewesen, das Grundstück allein zu bebauen. Da man die Gewinne aus der Bebauung nicht einem fremden Bauträger habe überlassen wollen, sei das Grundstück an die B-GmbH veräußert worden.

Von seiner am 8. Januar 1995 verstorbenen Mutter erwarb der Kläger durch notariellen Vertrag vom 26. Oktober 1994 im Wege vorweggenommener Erbfolge ein vermietetes Hausgrundstück in O (Hausgrundstück) sowie ein angrenzendes Ackerlandgrundstück, das zugunsten des Landes (Straßenverwaltung) mit einer Auflassungsvormerkung für eine ca. 680 qm große Teilfläche zum Ausbau der Ortsdurchfahrt belastet war. Der Mutter wurde ein Nießbrauchsrecht am Hausgrundstück eingeräumt.

Im April/Mai 1996 ließ der Kläger das Haus- und das Ackerlandgrundstück zum Zwecke der Teilung vermessen. Aus beiden Grundstücken entstand eine Zuwegung für das --von der Straße aus gesehen hintere-- Ackerlandgrundstück. Von diesem wurden drei Bauplätze abgeteilt. Eine weitere Teilfläche wurde für das Straßenamt vermessen, die restliche Fläche blieb Ackerland.

Der Gemeinderat hatte im Mai 1995 die Aufstellung einer Abrundungssatzung für das Ackerlandgrundstück beschlossen, die im Februar 1996 erlassen wurde und im Juli 1996 in Kraft trat. Der Kläger verpflichtete sich im Juni 1996 der Gemeinde gegenüber, das nur aus seinen Grundstücken bestehende Baugebiet auf eigene Kosten zu erschließen. Die drei von ihm erschlossenen Bauplätze veräußerte er durch Kaufverträge vom 10. April 1996, vom 20. Juni 1996 und vom 28. Januar 1997. Die Zuwegung verblieb in seinem Eigentum. Er hatte sich aber in dem Erschließungsvertrag dazu verpflichtet, diese "Privatzufahrt" zur Erschließung des östlich angrenzenden Bereichs der Gemeinde bzw. einem interessierten Bauherrn gegen anteilige Kostenerstattung zur Verfügung zu stellen.

Im August 1998 wurde für die Jahre 1994 bis 1996 bei dem Kläger zur Überprüfung der steuerlichen Behandlung der Grundstücksverkäufe gemäß § 193 der Abgabenordnung (AO 1977) eine Außenprüfung angeordnet; im September 1998 erteilte das FA dem Prüfer den Auftrag, auch "für die Jahre 1993 und 1997 die erforderlichen Feststellungen zu ermitteln".

Der Prüfer vertrat die Auffassung, der Kläger habe einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben. Seinen aus der Veräußerung des Miteigentums am Baugrundstück erzielten Gewinn ermittelte er mit 351 800 DM und ordnete ihn --entsprechend dem im Kaufvertrag vereinbarten Übergang der Nutzen und Lasten mit der am 1. Januar 1994 fälligen Kaufpreiszahlung-- dem Veranlagungszeitraum 1994 zu. Den Feststellungen der Betriebsprüfung folgend erließ das FA am 21. Juni 1999 einen erstmaligen Gewerbesteuermessbescheid für 1994 sowie einen auf § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 gestützten Änderungsbescheid für Einkommensteuer 1994. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und trug vor, das Baugrundstück sei bereits 1993 veräußert worden; dementsprechend habe die B-GmbH es auch bereits 1993 aktiviert.

Am 30. August 1999 hob das FA den Einkommensteueränderungsbescheid für 1994 auf, erließ einen gemäß § 174 AO 1977 geänderten Einkommensteuerbescheid für 1993, in den die gewerblichen Einkünfte des Klägers aus dem Grundstückshandel einbezogen wurden, setzte den Gewerbesteuermessbetrag für 1994 auf 0 DM herab und erließ einen erstmaligen Gewerbesteuermessbescheid für 1993.

Auf den Einspruch hin wurde der Gewerbesteuermessbetrag für 1993 auf 10 525 DM herabgesetzt. Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 195 abgedruckt.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er trägt vor, das Baugrundstück sei 1993 nicht im Rahmen eines Gewerbebetriebes veräußert worden, denn mit dem gewerblichen Grundstückshandel habe er erst 1996/1997 als "Produzent" durch Erschließung und Veräußerung der drei Bauplätze des Ackerlandgrundstücks begonnen. Die Veräußerung des Baugrundstücks stehe damit nicht im Zusammenhang.

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG, den Gewerbesteuermessbescheid für 1993 und die Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid ist rechtmäßig, denn der Kläger hat den Anteil am Baugrundstück im Rahmen seines bereits im Streitjahr 1993 unterhaltenen gewerblichen Grundstückshandels veräußert. Das FA war auch nicht wegen Festsetzungsverjährung am Erlass der angefochtenen Bescheide gehindert.

1. Das Verfahren ist nicht gemäß § 74 FGO wegen des beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) unter dem Aktenzeichen 1 BvL 2/04 anhängigen Normenkontrollverfahrens zur Verfassungsmäßigkeit der Gewerbeertragsteuer (Vorlagebeschluss des Niedersächsischen FG vom 21. April 2004  4 K 317/91, EFG 2004, 1065) auszusetzen. Der Senat hält die Gewerbeertragsteuer für verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. auch Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. September 2003 X R 2/00, BFHE 203, 263, BStBl II 2004, 17; vom 7. April 2005 IV R 34/03, BFHE 209, 133, BStBl II 2005, 576, und vom 20. Juli 2005 X R 74/01, BFH/NV 2005, 2195).

2. Unter einem Gewerbebetrieb ist gemäß § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG), § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) jede selbständige nachhaltige Tätigkeit zu verstehen, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, falls sie den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet und es sich nicht um die Ausübung von Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG) oder einer selbständigen Tätigkeit (§ 18 EStG) handelt. "Gewerblicher Grundstückshandel" ist die schlagwortartige Sammelbezeichnung für Betätigungen im Grundstücksbereich, welche die positiv normierten Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG erfüllen und nicht der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen sind.

a) Nach der Rechtsprechung des BFH kommt ein gewerblicher Grundstückshandel u.a. durch händlertypisches Verhalten zustande, wenn der Steuerpflichtige eine Anzahl bestimmter Objekte (insb. Ein- und Zweifamilien-Häuser, Eigentumswohnungen oder unbebaute Grundstücke) kauft oder errichtet und sie in engem zeitlichen Zusammenhang anschließend veräußert (BFH-Urteil vom 5. Mai 2004 XI R 25/03, BFH/NV 2004, 1399). Werden vor Ablauf eines Zeitraums von fünf Jahren seit Anschaffung bzw. Errichtung mindestens vier Objekte veräußert und liegen zwischen den einzelnen Verwertungsmaßnahmen nicht mehr als fünf Jahre, so ist regelmäßig von einem gewerblichen Grundstückshandel auszugehen, weil die äußeren Umstände den Schluss zulassen, dass es dem Steuerpflichtigen zu Beginn seiner Tätigkeiten weniger auf die Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten als auf die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung ankommt (sog. Drei-Objekt-Grenze; z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.III.; BFH-Urteile vom 18. September 1991 XI R 23/90, BFHE 165, 521, BStBl II 1992, 135; in BFH/NV 2005, 2195; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 25. Aufl., § 15 Rz. 48). Maßgeblich für den zeitlichen Zusammenhang im Sinne der Drei-Objekt-Grenze sind die schuldrechtlichen Geschäfte (BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 2195).

Die Zahl der Objekte und der zeitliche Abstand der maßgeblichen Tätigkeiten (Anschaffung oder Bebauung und Verkauf der Grundstücke) haben für die Beurteilung indes nur eine indizielle Bedeutung. Trotz Überschreitens der Drei-Objekt-Grenze können Veräußerungen sich noch im Rahmen privater Vermögensverwaltung halten, wenn eindeutige Anhaltspunkte gegen eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht vorliegen. Steht dagegen aufgrund objektiver Umstände fest, dass der Grundbesitz mit unbedingter Veräußerungsabsicht erworben oder bebaut worden ist, so kann auch die Veräußerung von weniger als vier Objekten gewerblich sein (Beschluss des Großen Senats in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291; BFH-Urteile vom 18. September 2002 X R 183/96, BFHE 200, 293, BStBl II 2003, 238, unter II.3.a.; vom 9. Dezember 2002 VIII R 40/01, BFHE 201, 180, BStBl II 2003, 294, unter 3.b; vom 15. März 2005 X R 39/03, BFHE 209, 320, BStBl II 2005, 817, unter B.II.1.g cc, und vom 1. Dezember 2005 IV R 65/04, BStBl II 2006, 259, BFH/NV 2006, 672, betr. Einkaufspassage). Ebenso markiert der Fünf-Jahres-Zeitraum keine starre zeitliche Begrenzung; eine geringfügige Überschreitung kann insbesondere bei Vorliegen weiterer für die Gewerblichkeit sprechender Anhaltspunkte unbeachtlich sein, z.B. planmäßigen weiteren Veräußerungen in der Folgezeit oder einer hauptberuflichen Tätigkeit im Baubereich (BFH-Urteil vom 5. Dezember 2002 IV R 58/01, BFH/NV 2003, 588).

b) Gewerblicher Grundstückshandel kann auch vorliegen, wenn ein Steuerpflichtiger den Wert zu veräußernder Grundstücke aktiv steigert, dadurch Objekte anderer Marktgängigkeit schafft und sich damit wie ein Bauträger oder Erschließungsunternehmer verhält. Erschließungsmaßnahmen in diesem Sinne sind der Ankauf oder die Abtretung von Straßenland sowie die Förderung der Bebauungsplanung, wenn diese sich auf eine Bebauung mit typischen Verkaufsobjekten (insb. Reihenhäuser, Eigentumswohnungen) richtet (BFH-Urteile vom 15. April 2004 IV R 54/02, BFHE 206, 90, BStBl II 2004, 868, und in BFHE 209, 320, BStBl II 2005, 817, unter B.II.1.h).

c) Als Zählobjekte im Sinne der Drei-Objekt-Grenze kommen neben Grundstücken im Alleineigentum des Steuerpflichtigen auch Miteigentumsanteile oder Beteiligungen an Grundstückspersonengesellschaften in Betracht (BFH-Urteile vom 7. Dezember 1995 IV R 112/92, BFHE 180, 42, BStBl II 1996, 367; vom 28. November 2002 III R 1/01, BFHE 201, 133, BStBl II 2003, 250; BFH-Beschluss vom 4. Oktober 2001 X B 157/00, BFH/NV 2002, 330).

d) Die bloße Veräußerung von Grundstücken, die durch Erbschaft oder unentgeltlich erworben wurden, bleibt unberücksichtigt. Denn in dieser Art des Erwerbs ist keine Anschaffung zu sehen, so dass die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels unter dem Aspekt händlertypischen Verhaltens ausscheidet, sofern nicht ein Missbrauchsfall (§ 42 AO 1977) gegeben ist (zu den verschiedenen in Betracht kommenden Konstellationen vgl. BFH-Urteil in BFHE 209, 320, BStBl II 2005, 817, unter B.II.2.b).

Die Veräußerung ererbter oder geschenkter Grundstücke ist jedoch gewerblich, wenn über die Veräußerung hinaus erhebliche weitere Aktivitäten zur Verbesserung der Verwertungsmöglichkeiten --ähnlich denen eines Bauträgers oder Erschließungsunternehmers-- entfaltet wurden (s.o. II.2.b), etwa durch umfangreiche Modernisierung bebauten Grundbesitzes oder die Erschließung und Baureifmachung unbebauter Grundstücke. Die Veräußerung von mehr als drei vom Steuerpflichtigen erschlossener unbebauter Grundstücke stellt sich nicht mehr als Vermögensverwaltung dar, auch wenn diese ererbt oder geschenkt wurden. Für den zeitlichen Zusammenhang ist dann nicht auf den Zeitraum zwischen dem Eigentumserwerb und Veräußerung abzustellen; vielmehr kommt es darauf an, ob nicht mehr als etwa fünf Jahre zwischen der wertsteigernden Maßnahme und der Verwertung liegen.

e) Die sog. Drei-Objekt-Grenze wird auch dann überschritten, wenn zwar nicht mehr als jeweils drei Objekte vom Steuerpflichtigen angeschafft, erschlossen oder bebaut und dann veräußert werden, aber die Summe der gehandelten, bebauten und erschlossenen Grundstücke drei übersteigt. Durchhandeln, Erschließung und Bebauung sind im Hinblick auf die Grenzen der Vermögensverwaltung grundsätzlich gleichwertig (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291; Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 15 Rz. 48); diese Aktivitäten sind trotz ihrer Unterschiede für die Verkehrsanschauung vom typischen Bild des im Immobilienbereich tätigen Gewerbetreibenden und damit für die Frage der Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze zusammenzufassen. Denn die die Steuerbarkeit gemäß § 2 GewStG, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 15 EStG begründenden einzelnen Grundstücksgeschäfte brauchen einander nach Art und Durchführung nicht ähnlich zu sein; es genügt, dass sie dem Grundstückshandel zugeordnet werden können (BFH-Urteile vom 15. Dezember 1992 VIII R 9/90, BFH/NV 1993, 656, und vom 11. Dezember 1996 X R 241/93, BFH/NV 1997, 396). Bei der Gesamtschau aller Aktivitäten auf dem Grundstücksmarkt haben lediglich diejenigen Verkäufe außer Betracht zu bleiben, die für sich gesehen nicht Gegenstand eines gewerblichen Grundstückhandels sind.

3. Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger bereits 1993 einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben.

a) Der Kläger hat vier Objekte verwertet, bei denen zwischen Erwerb und Veräußerung bzw. zwischen Erschließung und Veräußerung nur jeweils etwa ein oder zwei Jahre lagen, nämlich den am 26. November 1991 angeschafften und am 7. Dezember 1993 veräußerten Miteigentumsanteil am Baugrundstück sowie die drei Parzellen des von ihm 1996 erschlossenen Ackerlandgrundstücks, die er mit Verträgen vom 10. April 1996, vom 20. Juni 1996 und vom 28. Januar 1997 verkaufte.

Der erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen der Verwertung der einzelnen Objekte ist ebenfalls gegeben, denn zwischen dem ersten Kaufvertrag im Dezember 1993 und dem letzten im Januar 1997 lagen wenig mehr als drei Jahre.

b) Die konkreten Ursachen der Veräußerung des Baugrundstücks --die verzögerte Abwicklung des Erwerbs, der Neubau eines Einfamilienhauses wegen Familienzuwachses durch den Kläger und die Ehescheidung des Miteigentümers E-- sind ohne Bedeutung. Denn der unmittelbare Anlass einer Veräußerung ist regelmäßig nicht geeignet, den Erwerb in zumindest bedingter Veräußerungsabsicht zu widerlegen. Die konkreten Anlässe und Beweggründe für den Verkauf sagen im Allgemeinen nichts darüber aus, ob der Steuerpflichtige nicht auch aus anderen Gründen zum Verkauf bereit gewesen wäre und insofern von Anfang an eine zumindest bedingte Veräußerungsabsicht bestanden hat (BFH-Urteile vom 12. September 1995 IX R 140/92, BFHE 178, 385, BStBl II 1995, 839, betreffend langfristiger Vermögensanlage zur Alterssicherung; vom 23. April 1996 VIII R 27/94, BFH/NV 1997, 170, und vom 21. Juni 2001 III R 27/98, BFHE 196, 59, BStBl II 2002, 537, unter II.A.4.c).

c) Unerheblich ist auch, dass die Erschließung des Ackerlandgrundstücks bei der Veräußerung des Baugrundstücks noch nicht absehbar war und der Kläger in der Zwischenzeit --vom 7. Dezember 1993 bis zum Frühjahr 1996-- weder Grundstücke an- oder verkaufte noch im Umlaufvermögen hielt.

Gewerblicher Grundstückshandel erfordert nicht, dass in jedem Veranlagungszeitraum Verwertungsmaßnahmen ergriffen oder ständig Grundstücke vorrätig gehalten werden. Ob die Aktivitäten des Steuerpflichtigen im Hinblick auf einen gewerblichen Grundstückshandel den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung überschreiten, entscheidet sich im Regelfall --wie dargelegt-- danach, ob innerhalb von fünf Jahren mehr als drei Objekte erworben und veräußert oder "produziert" (erschlossen, bebaut, wesentlich modernisiert) und veräußert werden und ob die Veräußerungshandlungen innerhalb eines fünfjährigen Zeitraums vorgenommen werden. Besteht ein derartiger zeitlicher Zusammenhang zwischen den Verwertungshandlungen, so stehen vorübergehende inaktive Phasen währenddessen --gewissermaßen "Betriebsunterbrechungen"-- der Annahme einer gewerblichen Betätigung nicht entgegen. Das Bestehen eines "Gesamtplanes" des Steuerpflichtigen, welche Grundstücksgeschäfte er künftig ausführen will, ist kein Merkmal des gewerblichen Grundstückshandels.

d) Die Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze lässt sich naturgemäß erst nach der vierten Veräußerung feststellen. Die vierte Veräußerung ist zwar keine rückwirkende Tatsache i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 (BFH-Urteil vom 6. Juli 1999 VIII R 17/97, BFHE 189, 302, BStBl II 2000, 306), sie bewirkt aber, dass sich bereits die erste --und nicht erst die vierte-- Veräußerung als gewerblich darstellt; die steuerliche Beurteilung der Frage, ob der Rahmen der privaten Vermögensverwaltung überschritten wird, ändert sich bereits für die erste Veräußerung infolge der im zeitlichen Zusammenhang damit stehenden späteren Verwertungsmaßnahmen (BFH-Urteile in BFHE 189, 302, BStBl II 2000, 306, und in BFH/NV 2003, 588). Der Einwand des Klägers, bei der Veräußerung des Baugrundstücks im Dezember 1993 habe noch nicht festgestanden, dass er mehr als zwei Jahre später das ihm von seiner Mutter unentgeltlich übertragene Ackerlandgrundstück erschließen und davon drei Parzellen veräußern werde, ist deshalb unerheblich.

e) Da die Drei-Objekt-Grenze innerhalb des maßgeblichen Zeitraums überschritten wurde, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob gewerblicher Grundstückshandel auch aufgrund anderer Gesichtspunkte --z.B. der Branchennähe des Klägers, der Veräußerung des Baugrundstücks nach Durchführung einer Bauplanung an die ihm und dem Miteigentümer E gehörende B-GmbH oder weiterer vom FG festgestellter Grundstücksgeschäfte-- anzunehmen wäre.

f) Der Gewinn ist der Höhe nach unstreitig; er wurde, was zwischen den Beteiligten ebenfalls unstreitig ist, auch im Streitjahr realisiert.

4. Das FA war zum Erlass des angefochtenen Bescheides befugt.

a) Aus der Veräußerung des Baugrundstücks hat der Kläger gewerbliche Einkünfte bezogen, nicht die aus ihm und dem Architekten E bestehende Grundstücksgemeinschaft. Die Gewerblichkeit ergibt sich nicht aus der Betätigung der Grundstücksgemeinschaft, sondern daraus, dass der Kläger in den Folgejahren das Ackerlandgrundstück erschlossen, parzelliert und teilweise veräußert hat. Der Gewerbesteuermessbescheid richtet sich deshalb zutreffend an ihn.

b) Bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages war der Gewerbeertrag des Klägers nach § 7 GewStG selbständig und ohne Bindung an einen Einkünftefeststellungsbescheid zu ermitteln (BFH-Urteile vom 11. Dezember 1997 III R 14/96, BFHE 185, 177, BStBl II 1999, 401, und vom 17. Dezember 2003 XI R 83/00, BFHE 205, 390, BStBl II 2004, 699).

c) Zutreffend hat das FG angenommen, dass die Festsetzungsfrist bei Erlass des streitigen Gewerbesteuermessbescheides 1993 noch nicht abgelaufen war.

Die vierjährige Festsetzungsfrist beginnt grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Gewerbesteuer entstanden ist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 184 Abs. 1 Satz 3, § 170 Abs. 1 AO 1977, § 18 i.V.m. § 14 Satz 2 GewStG). Ist eine Steuererklärung einzureichen, beginnt die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens aber mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das dem Jahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist.

Die Festsetzungsfrist für das Streitjahr 1993 begann danach mit Ablauf des Jahres 1996, da der Kläger keine Erklärung über den Gewerbesteuermessbetrag 1993 abgegeben hatte, obwohl er dazu gemäß § 14a GewStG i.V.m. § 25 Abs. 1 Nr. 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung verpflichtet war. Diese Verpflichtung ist objektiv zu verstehen, ihr stand nicht entgegen, dass die Veräußerung seines Grundstücksanteils erst im Rückblick durch die 1993 noch nicht absehbare Veräußerung der vom Kläger 1996 erschlossenen Bauplätze gewerblichen Charakter erhielt. Denn die Pflicht zur Abgabe der Erklärung endet nicht fünf Monate nach Ablauf des Kalenderjahres (vgl. § 149 Abs. 2 AO 1977), sondern besteht bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist; bis dahin muss der Steuerpflichtige überprüfen, ob er eine Erklärung abzugeben hat und ob die abgegebene Erklärung richtig ist (vgl. § 153 AO 1977). Festsetzungsverjährung trat demnach erst mit Ablauf des Jahres 2000 ein. Bereits zuvor, nämlich am 30. August 1999, hatte das FA den angefochtenen Bescheid erlassen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1623362

BFH/NV 2007, 138

BStBl II 2007, 375

BFHE 2007, 31

BFHE 214, 31

BB 2006, 2681

BB 2007, 250

DB 2006, 2670

DStR 2006, 2209

DStRE 2007, 68

DStZ 2007, 5

HFR 2007, 249

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