Leitsatz (amtlich)

Bei Einbringung eines bisher als KG betriebenen Unternehmens in eine GmbH sind die im laufenden Geschäftsbetrieb der KG entstandenen und von der GmbH übernommenen Pensionsverpflichtungen bei dieser auch dann nach § 8 Nr. 2, § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG hinzuzurechnen, wenn an der GmbH dieselben Gesellschafter zu gleichen Anteilen beteiligt sind und die Buchwerte des bisherigen Unternehmens fortgeführt werden.

 

Normenkette

GewStG § 8 Nr. 2, § 12 Abs. 2 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, ist 1961 im Wege der Änderung der Unternehmensform aus einer KG entstanden. Die Gründungsgesellschafter brachten das bisher von denselben Personen zu gleichen Anteilen in der Rechtsform einer KG betriebene Handelsgeschäft mit sämtlichen Aktiven und Passiven in die Klägerin ein (Sachgründung); die Klägerin führte die Buchwerte der KG fort; stille Reserven wurden nicht realisiert. Die KG wurde im Handelsregister gelöscht; das Geschäft wurde von der Klägerin fortgeführt.

Zu den übernommenen Passivposten gehörten auch laufende Pensionsverpflichtungen gegenüber ausgeschiedenen Arbeitnehmern sowie Rückstellungen für Pensionsanwartschaften noch tätiger Arbeitnehmer. Der Beklagte und Revisionskläger (das FA) rechnete den in den Streitjahren von der Klägerin zu Lasten des Gewinns gebuchten Aufwand aus den laufenden Verpflichtungen nach § 8 Nr. 2 GewStG dem Gewinn und die Rückstellungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG dem Einheitswert des gewerblichen Betriebs hinzu.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Auf die Klage hin hob das FG die Einspruchsentscheidung und die Steuerbescheide auf und setzte die Gewerbesteuer-Meßbeträge ohne die Hinzurechnungen fest. Es verneinte einen wirtschaftlichen Zusammenhang der Verpflichtungen mit dem Einbringungsvorgang. Die Rentenverbindlichkeiten seien schon lange Zeit vor der Gesellschaftsgründung entstanden; die Zahlungen wären auch ohne die Umwandlung von der KG im gleichen Umfang zu leisten gewesen; durch die Änderung der Unternehmensform seien die bestehenden Verbindlichkeiten ohne wirtschaftliche Auswirkung auf den neuen Rechtsträger, die Klägerin, übergegangen.

Hiergegen richtet sich die Revision des FA, das beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen. Das FA rügt die Verletzung von § 8 Nr. 2 und § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG. Das FG habe verkannt, daß die Rentenverbindlichkeiten nicht im laufenden Betrieb der Klägerin, sondern in dem der KG entstanden und nur durch den Gründungs- bzw. Erwerbsvorgang zu einer Betriebsschuld der Klägerin geworden seien. Der BFH habe dies in seinem Urteil vom 16. Juni 1971 1 R 48/70 (BFHE 102, 394, BStBl II 1971, 718) zu Recht bestätigt.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie bezweifelt, ob Pensionsverpflichtungen "Renten" im Sinne von § 8 Nr. 2 GewStG seien. Wolle man dies jedoch annehmen, sei dem Urteil des FG zu folgen. Die Umwandlung habe nicht die gleiche wirtschaftliche Bedeutung wie der entgeltliche Erwerb. Es handle sich hier um die Fortführung des Betriebes in anderer Gesellschaftsform (Hinweis auf BFH-Urteil vom 9. Oktober 1964 VI 294/62 U, BFHE 81, 547, BStBl III 1965, 198) ohne Austausch von Leistung und Gegenleistung wie bei einer Veräußerung.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Nach § 8 Nr. 2 GewStG werden Renten und dauernde Lasten, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb eines Betriebes zusammenhängen, dem Gewinn aus Gewerbebetrieb zur Ermittlung des Gewerbeertrages hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Die diesen Leistungen zugrunde liegenden Verbindlichkeiten sind dem bei der Ermittlung des Gewerbekapitals zugrunde zu legenden Einheitswert des gewerblichen Betriebes hinzuzurechnen (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG).

1. Verpflichtungen zur Zahlung von Ruhegeld fallen unter § 8 Nr. 2 und § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG. Es handelt sich um regelmäßig wiederkehrende Leistungen, die auf Grund eines Stammrechts für eine gewisse Zeitdauer gewährt werden. Die einkommensteuerliche Behandlung der Bezüge beim Empfänger ist für die gewerbesteuerliche Beurteilung nicht entscheidend. Der Senat sieht keinen Anlaß, von diesen bereits durch den RFH und später durch den BFH in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen abzuweichen (vgl. RFH-Urteil vom 9. April 1940 I 3/40, RStBl 1940, 621; BFH-Urteil vom 4. Dezember 1962 I 71/60 S, BFHE 76, 259, BStBl III 1963, 93), zumal das Ergebnis nun auch in § 11 Abs. 4 UmwStG 1969 (BStBl I 1969, 498) seinen gesetzlichen Niederschlag gefunden hat.

2. Bei Einbringung eines bisher als KG betriebenen Unternehmens in eine GmbH sind die im laufenden Geschäftsbetrieb der KG entstandenen und von der GmbH übernommenen Pensionsverpflichtungen bei dieser auch dann nach § 8 Nr. 2, § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG hinzuzurechnen, wenn an der GmbH dieselben Gesellschafter zu gleichen Anteilen beteiligt sind und die Buchwerte des bisherigen Unternehmens fortgeführt werden. Der Senat hält nach erneuter Prüfung daran fest, daß die übernommenen Verbindlichkeiten wirtschaftlich mit der Gründung der GmbH zusammenhängen (BFH-Urteil I R 48/70).

a) Im Streitfall ist die KG aufgelöst (§§ 161 Abs. 2, 131 Nr. 2 HGB) und die GbmH als neues Rechtssubjekt gegründet worden (Sachgründung: § 5 Abs. 4 GmbHG). Damit liegt eine Gründung im Sinne von § 8 Nr. 2 GewStG vor; der Begriff ist bürgerlich-rechtlich zu verstehen.

b) Die Pensionsverpflichtungen sind wirtschaftlich im Zusammenhang mit der Gründung der Klägerin entstanden. Bei der Sachgründung sind nicht nur die Aktivwerte, sondern auch die Passivwerte einschließlich der streitigen Rückstellungen von der Klägerin übernommen worden; der Sacheinlage steht als wirtschaftliche Gegenleistung die Gewährung von Gesellschaftsanteilen gegenüber, deren Wert um die Summe der übernommenen Verbindlichkeiten gemindert ist.

c) Der Rechtsansicht des FG, der streitige Sachverhalt sei ebenso zu beurteilen wie die nach dem Gesetz über Steuererleichterungen bei der Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gesellschaften vom 11. Oktober 1957 (BStBl I 1957, 468) begünstigten Umwandlungen (z. B. BFH-Urteil VI 294/62 U), vermag der Senat nicht zu folgen. In jenen Fällen fehlt es gerade an einem Gründungsvorgang. Ebenso wie beim Erwerb eines Anteils an einer Personengesellschaft im Erbwege (BFH-Urteil vom 18. Juli 1973 I R 250/70, BFHE 110, 53, BStBl II 1973, 787) geht das Betriebsvermögen kraft Gesetzes durch Gesamtrechtsnachfolge auf den Übernehmenden über (§ 5 des Gesetzes über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften vom 12. November 1956, BStBl I 1957, 471; § 1922 BGB), so daß eine Zurechnung nach § 8 Nr. 2, § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG nicht geboten erscheint.

Da die Vorinstanz von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war ihre Entscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70955

BStBl II 1974, 552

BFHE 1974, 389

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