Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Abgrenzung steuerbare/nichtsteuerbare (Gegen-)Leistung

 

Leitsatz (NV)

Zahlungen von Gemeinden an eine von ihnen zum Zwecke der Wasserversorgung gegründete GmbH sind in die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuerschuld der letzteren nicht einzubeziehen, wenn ihnen keine konkrete Leistung der Gesellschaft gegenübersteht. Das gilt auch dann, wenn die Mittel für diese Zahlungen aus Anschlußbeiträgen stammen, die von den (Gesellschafter-)Gemeinden bei den künftigen Benutzern erhoben wurden.

 

Normenkette

UStG 1973 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 10 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin X), eine GmbH, entstand 1964 anstelle des städtischen Eigenbetriebes, der Stadtwerke Y. Gesellschafter der Klägerin waren im hier interessierenden Zeitraum die Gemeinden A, B und C.

Gegenstand des Unternehmens ist gemäß § 2 des Gesellschaftsvertrages vom 24. Januar 1964 in der für das Streitjahr geltenden Fassung die Versorgung mit Gas und Wasser sowie der Vertrieb von Propangas.

Anfang der siebziger Jahre ergab sich die Notwendigkeit, das Wasserversorgungsnetz auszubauen. Ende 1972 lebten im Versorgungsgebiet der Klägerin (den Gemeinden A, B und C) rund 66 000 Einwohner. Von ihnen versorgte die Klägerin (Stichtag 31. Dezember 1972) rund 32 000 Einwohner. Auf eine Initiative der Bezirks- und Landesregierung hin schätzte man den zu erwartenden Wasserbedarf in diesem Gebiet für die nächsten 30 Jahre, erforschte die Möglichkeiten zusätzlicher Wassergewinnung und beschloß eine Erweiterung des bestehenden Wasserleitungsnetzes von rund 173 km um weitere 360 km. Dieses Projekt, das eine vollständige Versorgung für das Gebiet der drei Gesellschafter-Gemeinden sicherstellen sollte, erforderte Investitionen in einer Höhe von insgesamt etwa 26 Mio. DM. Davon sollten rund 12 Mio. DM durch Finanzierungsbeihilfen des Landes, 11 Mio. DM durch Anliegerbeiträge und 3 Mio. DM durch Fremdfinanzierung aufgebracht werden.

Voraussetzung für die Gewährung der benötigten Finanzierungsbeihilfen war gemäß Ziff. 2.11 der einschlägigen Richtlinien des Landes Nordrhein-Westfalen vom 27. Juni 1962 (Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1962, 1163) u. a., daß Träger des begünstigten Unternehmens eine Gemeinde, ein Gemeindeverband oder ein Zweckverband war.

In einem Schreiben vom 10. April 1973 erklärte sich der Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Landes Nordrhein-Westfalen gegenüber dem Regierungspräsidenten in D damit einverstanden, daß die Gemeinden A, B und C als Mitglieder der Klägerin dieser die Aufgabe der Wasserversorgung übertragen könnten und daß auch das Unternehmen befugt sei, einen Antrag auf Finanzierungsbeihilfe für diese drei Gemeinden vorzulegen.

Daraufhin wurden zur Verwirklichung des Projekts mehrere Verträge geschlossen.

Zunächst vereinbarten die Klägerin und ihre Gesellschafter-Gemeinden in gleichlautenden Konzessionsverträgen vom 16. Januar 1974 im wesentlichen folgendes:

,,§ 1

Übertragung

der Gas- und Wasserversorgung

(1) Die Gemeinde überträgt der Gesellschaft (= Klägerin) und diese übernimmt die Versorgung der Gemeinde und ihrer Einwohner . . . mit Gas und Wasser zu allen Zwecken, zu denen Gas und Wasser jetzt oder in Zukunft verwendet werden . . . und soweit die Gesellschaft zur Lieferung in der Lage ist . . .

(2) Die Gemeinde verpflichtet sich, im jeweiligen Gemeindegebiet weder unmittelbar noch mittelbar Gas oder Wasser abzugeben.

§ 2

Bedingungen

der Versorgung mit Gas und Wasser

(1) Die für eine ausreichende und ordnungsgemäße Versorgung der Gemeinde und ihrer Einwohner notwendigen Anlagen zur Bereitstellung und Verteilung von Gas und Wasser hat die Gesellschaft . . . nach Maßgabe der jeweils geltenden ,Allgemeinen Versorgungsbedingungen für Gas` und ,Allgemeinen Versorgungsbedingungen für Wasser` der Gesellschaft zu erstellen und zu betreiben.

(2) Bei der Herstellung und Erweiterung ihrer Förderungs- und Verteilungsanlagen geht die Gesellschaft davon aus, daß die Gemeinde die Gesellschaft nach Kräften durch weitere Kapitaleinlagen oder zweckgebundene Mittel unterstützt. . . .

§ 7

Folgepflicht und Folgekosten

(1) Werden Änderungen an den Anlagen der Gesellschaft, die von der Gemeinde gewünscht werden oder deren Notwendigkeit sich infolge von ihr getroffener Maßnahmen für die Gesellschaft aus Gründen der ihr obliegenden Aufrechterhaltung einer sicheren und ungestörten Versorgung ergibt, notwendig, hat die Gesellschaft die Anlagen nach Maßgabe des § 6 zu ändern oder zu verlegen. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Übernahme der hierdurch entstehenden Kosten gilt folgende Regelung:

a) Sind die entsprechenden Anlagen nicht älter als 5 Jahre, so trägt die Gemeinde die Kosten;

. . .

(2) Als Kosten gelten die der Gesellschaft entstehenden Selbstkosten zuzüglich eventueller Steuern und Abgaben. . . ."

In Ziff. 1.1 der in § 2 Abs. 1 erwähnten Allgemeinen Versorgungsbedingungen für Wasser (AVB Wasser) heißt es:

,,Die . . . X . . . betreibt die Wasserversorgung als eine öffentliche Einrichtung der Gesellschafter-Gemeinden. Die X ist verpflichtet, nach Maßgabe der Satzungen der Gemeinden über den Anschluß an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und auf einen entsprechenden Antrag . . . zu den nachstehenden allgemeinen Versorgungsbedingungen ein Wasserversorgungsverhältnis durch Abschluß eines Versorgungsvertrages zu begründen . . ."

In einem weiteren, ebenfalls am 16. Januar 1974 zwischen der Klägerin und den Gesellschafter-Gemeinden geschlossenen Vertrag, dem sog. Generalvertrag, wurde im wesentlichen folgendes vereinbart:

,,§ 1

Die Gemeinden betreiben die Wasserversorgung . . . in ihrem Gebiet als öffentliche Einrichtung. Zur Erfüllung dieser Aufgabe bedienen sich die Gemeinden aufgrund der Gesellschaftsverträge der X . . . sowie der §§ 1 und 2 der Konzessionsverträge und der nachfolgenden Bestimmungen dieses Vertrages der X.

§ 2

In Erfüllung dieser Aufgaben beauftragen die Gemeinden die X, Planung, Ausbau und alle anderen Maßnahmen zur Sicherstellung der Wasserversorgung im eigenen Namen und für eigene Rechnung für die Gemeinden durchzuführen.

Die Gemeinden werden ihrerseits durch Satzung . . . den gegen sie zu richtenden Anspruch ihrer Einwohner auf Anschluß und Benutzung der Wasserversorgungseinrichtungen sicherstellen. Sie sind sich darin einig, daß diese öffentlich-rechtlichen Regelungen in allen Gemeindegebieten zum Zwecke der Gewährleistung gleicher allgemeiner Bedingungen gleich sein müssen. Im übrigen wird das Wasserbezugsverhältnis zwischen den Einwohnern und der X nach Maßgabe des § 5 dieses Vertrages privatrechtlich geregelt.

§ 3

Die X übernimmt die in § 2 genannten Aufgaben und verpflichtet sich gleichzeitig, für alle Einwohner in den drei Gesellschafter-Gemeinden das Recht zur Benutzung der von der X unterhaltenen Einrichtungen zu angemessenen Bedingungen . . . sicherzustellen.

§ 4

Soweit die Kosten und Aufwendungen nicht durch Zuschüsse des Landes oder auf sonstige Art gedeckt werden, verpflichten sich die Gemeinden, diese Aufwendungen zu tragen.

§ 5

Die Gemeinden erklären, daß die derzeitig bei der X geltenden Versorgungsbedingungen/Wasser und Tarife/Wasser einheitlich für das gesamte Versorgungsgebiet anzuwenden sind . . .".

In gleichlautenden Satzungen regelten die Gesellschafter-Gemeinden im Juli/August 1974 gemäß den §§ 4 und 19 der Gemeindeordnung von Nordrhein-Westfalen den Anschluß- und Benutzungszwang hinsichtlich der öffentlichen Wasserversorgungsanlage sowie eine entsprechende Verpflichtung zur Leistung eines Anschlußbeitrags. Entstehen sollte die Beitragspflicht jeweils, ,,sobald das Grundstück oder der Grundstücksteil . . . an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen werden kann".

Hierauf gestützt wurden die Anschlußbeiträge von den Gesellschafter-Gemeinden durch Veranlagungsbescheide erhoben.

Anläßlich einer im Jahr 1977 durchgeführten Betriebsprüfung stellte der Prüfer u. a. fest, daß die Klägerin im Streitjahr der Bilanzposition ,,Rückstellungen für Bauzuschüsse" rund 5,3 Mio. DM zugeführt hatte. Darin war ein Betrag von 3 815 569,30 DM enthalten, bei dem es sich um Anschlußbeiträge handelte, welche die Gesellschafter-Gemeinden in der zuvor beschriebenen Weise erhoben und eingezogen hatten. Diese Beträge sind dann nach Darstellung der Klägerin von den Gemeinden ohne Rechnungserteilung seitens der Klägerin an diese weitergeleitet worden.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) unterwarf u. a. diesen Betrag im Bescheid vom 25. November 1977 mit dem Steuersatz von 11 v. H. der Umsatzsteuer (Auswirkung: 419 712,62 DM; Umsatzsteuerschuld: 16 979,60 DM).

Die hiergegen erhobene Sprungklage blieb im Streitpunkt im wesentlichen erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist veröffentlicht in Umsatzsteuer-Rundschau (UR) 1982, 225.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1973 (UStG). Sie wendet sich dagegen, daß die ,,Bauzuschüsse" mit dem vollen Steuersatz der Umsatzsteuer unterworfen wurden. Sie ist der Ansicht, die Anschlußbeiträge seien als vorweggenommenes Entgelt für künftig zu erbringende Wasserlieferungen anzusehen und daher umsatzsteuerbegünstigt. Den Gesellschafter-Gemeinden gegenüber habe sie, die Klägerin, keine sonstige Leistung erbracht, als deren Entgelt die ,,Bauzuschüsse" angesehen werden könnten. Empfänger der in der Verschaffung der Anschlußmöglichkeit an die Wasserversorgung liegenden Leistung der Klägerin seien allein die Grundstückseigentümer gewesen. Diese hätten entsprechende Zahlungen geleistet, die der Klägerin zugeflossen seien. Es handle sich um vorausbezahlte Wasserlieferungsentgelte (Nebenleistungen zur Hauptlieferung ,,Wasser"), die gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 UStG dem ermäßigten Steuersatz von 5,5 v. H. unterlägen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz und den Sammeländerungsbescheid des FA vom 25. November 1977 jeweils dahin abzuändern, daß die Umsatzsteuerschuld für den Veranlagungszeitraum 1975 auf ./. 212 296,79 DM festgesetzt wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Es ist der Meinung, die Anlieger schuldeten die in Frage stehenden Beiträge nicht der Klägerin, sondern nach den jeweiligen Satzungen den Gemeinden. Tilgten aber die Grundstückseigentümer mit ihrer Beitragszahlung eine Schuld gegenüber ihrer Gemeinde, so könne eine solche Zahlung kein Vorwegentgelt für zukünftige Wasserlieferungen der Klägerin an die Grundstückseigentümer sein.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abänderung der Umsatzsteuerfestsetzung für 1975 entsprechend dem Revisionsantrag (§§ 126 Abs. 3 Nr. 1, 121, 100 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 FGO).

1. Das angefochtene Urteil und der angefochtene Verwaltungsakt verletzten § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und § 10 Abs. 1 UStG insofern, als sie die in Frage stehenden Zahlungen der Gesellschafter-Gemeinden an die Klägerin in die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuerschuld der Klägerin für das Streitjahr miteinbezogen haben. Diesen Zahlungen haben keine steuerbaren Leistungen i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG gegenübergestanden. Ein Leistungsaustausch i. S. des UStG liegt vor, wenn Leistung und Gegenleistung innerlich derart miteinander verknüpft sind, daß sich die Leistung auf den Erhalt einer Gegenleistung richtet und damit die gewollte, erwartete und erwartbare Gegenleistung auslöst (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. Mai 1981 V R 47/76, BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495).

2. Im Streitfall sind konkrete Leistungen der Klägerin als Bezugspunkt für bestimmte Gegenleistungen der Gesellschafter-Gemeinden nicht erkennbar. Der Grund für die Zahlung der ,,Bauzuschüsse" war vielmehr in der für die Umsatzsteuer irrelevanten gesellschaftsrechtlichen Verbindung zwischen der Klägerin und den Gemeinden zu sehen.

Die Abgrenzung zwischen steuerbaren und nichtsteuerbaren Leistungen im Verhältnis zwischen Gesellschaften und ihren Gesellschaftern oder zwischen Vereinen und ihren Mitgliedern richtet sich danach, ob im Rahmen einer konkreten Leistungsbeziehung Sonderbelange des einzelnen oder im Rahmen des Gesellschafts- oder Vereinszwecks Gesamtbelange aller Gesellschafter (Vereinsmitglieder) erfüllt werden (BFH-Urteile vom 20. Dezember 1984 V R 25/76, BFHE 142, 524, BStBl II 1985, 176, 177, und vom 4. Juli 1985 V R 107/76, BFHE 145, 244, BStBl II 1986, 153, jeweils m.w.N.; Weiß, UR 1986, 63; vgl. zum umgekehrten Fall der Leistung eines Gesellschafters an die Gesellschaft gegen Sonderentgelt: BFH-Urteil vom 17. Juli 1980 V R 5/72, BFHE 131, 114, BStBl II 1980, 622, 624).

In die gleiche Richtung weisen die höchstrichterlichen Entscheidungen, die mangels Bestimmtheit die Annahme einer umsatzsteuerbaren Leistung abgelehnt haben, wenn es lediglich darum ging, den Leistungsempfänger ganz allgemein in die Lage zu versetzen, überhaupt (unternehmerisch) tätig zu werden (Urteile des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 26. September 1941 V 130/40, RFHE 51, 72, RStBl 1942, 296, und vom 30. April 1943 V 25/42, RFHE 53, 115, RStBl 1943, 494; BFH-Urteile vom 20. Januar 1955 V 75/54 U, BFHE 60, 292, BStBl III 1955, 112, und V 145/53 S, BFHE 60, 366, BStBl III 1955, 139), und die neueren Erkenntnisse zur Abgrenzung des Leistungsaustauschs vom sog. echten Zuschuß: Danach werden ,,für die Leistung" gewährte Zahlungen in die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer einbezogen, während ,,für den leistenden Unternehmer", zu seiner Förderung, etwa aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen gezahlte Gelder unbesteuert bleiben (BFH-Urteile vom 9. Oktober 1975 V R 88/74, BFHE 117, 307, BStBl II 1976, 105; vom 5. Juni 1986 V R 114/76, BFH/NV 1987, 199; vom 26. Juni 1986 V R 93/77, BFHE 147, 79, BStBl II 1986, 723, und vom 25. November 1986 V R 109/78, BFHE 148, 351, BStBl II 1987, 228).

Im Streitfall fehlt eine konkrete, außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Beziehung zwischen der Klägerin und den Gemeinden begründete Leistungsbeziehung. Auch wenn Einzelheiten des Erweiterungsprojekts formell in besonderen Verträgen zwischen der Klägerin und den Gesellschafter-Gemeinden geregelt wurden, geschah dies inhaltlich, nach dem bekundeten Parteiwillen und nach dem Sachzusammenhang, ,,in Erfüllung" der im Gesellschaftsvertrag übernommenen und in den Konzessionsverträgen auf die Versorgung der Gesellschafter-Gemeinden und ihrer Einwohner konzentrierten Aufgaben (siehe § 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 des Generalvertrags vom 16. Januar 1974).

Unabhängig davon, daß wegen der gesellschaftsrechtlichen Zielrichtung kein Austausch von Leistungen i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG in Betracht kommt, ist auch keine konkrete, austauschfähige Leistung im Verhältnis Klägerin/Gemeinden zu erkennen: Im Rahmen des Erweiterungs-,,Auftrages" hatte die Klägerin gemäß § 2 Abs. 1 des Generalvertrages ,,Planung, Ausbau und alle anderen Maßnahmen zur Sicherstellung der Wasserversorgung" durchzuführen. Die hierdurch übernommene Verpflichtung ist ebenso wie die in § 1 der Konzessionsverträge fixierte Versorgungsverpflichtung zu allgemein gehalten, als daß sie als Gegenstand einer umsatzsteuerrechtlich relevanten Leistungsbeziehung in Betracht käme. Zur Verwirklichung bedurfte es jeweils zahlreicher, zum Zeitpunkt der Vereinbarung im einzelnen noch nicht abzusehender Erfüllungshandlungen, die ihrerseits dann erst im weiteren Verlauf als tatbestandsmäßige Leistungsbewirkungen i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG in Erscheinung treten konnten (vgl. dazu: BFH-Urteil vom 16. Dezember 1965 V 242/63 U, BFHE 84, 499, BStBl III 1966, 181, 182).

In gleicher Weise unbestimmt und nicht auf konkrete Leistungsbewirkung hin ausgerichtet ist die von FA und FG als Rechtsgrundlage für die in Frage stehenden Zahlungen angenommene Regelung des § 4 des Generalvertrages. Sie bestimmt nur hilfsweise und allgemein eine Kostentragungspflicht der Gemeinden. Ihre Konkretisierung zur Zahlungspflicht war dem Grunde, der Höhe und den Modalitäten nach zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch ungewiß. Jedenfalls ergibt sich weder aus dieser Regelung noch aus anderen Bestimmungen des gesamten Vertragswerkes eine an eine konkrete Leistungsbewirkung der Klägerin geknüpfte Zahlungsverpflichtung der Gesellschafter-Gemeinden, so daß auch von dieser Seite her gesehen kein umsatzsteuerbarer Vorgang vorliegt. Auch der tatsächliche Geschehensablauf - automatische und formlose Weiterleitung der bei den Gemeinden eingehender Gelder an die Klägerin - belegt, daß die Zahlungen nicht um einer bestimmten Leistung willen getätigt wurden, sondern ausschließlich zu dem (Gesellschafts-)Zweck, die Klägerin ganz allgemein bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen.

3. Daß es sich um Anschlußbeiträge handelte, die an die Klägerin weitergeleitet wurden, ist für die Entscheidung dieses Rechtsstreits unbeachtlich. Hier geht es allein um die Beurteilung des (Umsatz-) Steuerrechtsverhältnisses der Klägerin. Nur deren Einnahmen sind zu beurteilen, nicht diejenigen ihrer Gesellschafter-Gemeinden. Nicht die Herkunft der Mittel (aus der Rechtsbeziehung Einwohner/Gemeinden), sondern ihre Verwendung im Rahmen der Rechtsbeziehung Gemeinden/Klägerin ist von Bedeutung. Wie Anschlußbeiträge umsatzsteuerrechtlich zu behandeln sind, konnte infolgedessen unerörtert bleiben (vgl. dazu: BFH-Urteile vom 5. Februar 1976 V R 20/75, UR 1982, 228 und - zur Veröffentlichung bestimmt - vom 28. Januar 1988 V R 112/86; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. März 1982 8 C 46/81, UR 1982, 221; Urteil des Niedersächsischen FG in Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1986, 628, und Urteil des FG Rheinland-Pfalz, EFG 1986, 629; Grune, UR 1987, 223, m.w.N.).

4. Weil die streitigen Zahlungen nicht steuerbar waren, konnte die von den Beteiligten vornehmlich erörterte Frage des Steuersatzes in Fällen vergleichbarer Art (vgl. Husmann in Rau / Dürrwächter / Flick / Geist, Umsatzsteuergesetz [Mehrwertsteuer], Kommentar, § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Tz. 393) ebenfalls auf sich beruhen. Wegen der Bindung an das klägerische Begehren (§§ 121, 96 Abs. 1 Satz 2 FGO) war in diesem Verfahren der angefochtene Umsatzsteuerbescheid - wie beantragt - nur teilweise zu ändern.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415562

BFH/NV 1988, 528

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