Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Wird in einer Zeitschrift ein Preisausschreiben veröffentlicht, so kann unter Berücksichtigung der Entwicklung der Verhältnisse im Regelfalle nicht angenommen werden, daß ein nennenswerter Teil der Teilnehmer an dem Preisausschreiben die Zeitschrift wegen des Preisausschreibens erworben und damit einen versteckten Einsatz geleistet hat.

 

Normenkette

RennwLottG § 17

 

Tatbestand

Die Bfin. veröffentlichte in einem Heft des Jahrgangs X ihrer illustrierten Zeitschrift Z ein "Reise-Preisausschreiben". Auf zwei Seiten des Heftes waren mit Buchstaben bezeichnete Fotos abgebildet. Die Leser sollten nach den unter den Fotos mitgeteilten Erläuterungen "herausbekommen", welche Fotos zueinander gehörten. Bei richtiger Lösung ergaben die Buchstabenpaare, in der angegebenen Reihenfolge gelesen, das Lösungswort. Als Preise waren Urlaubsreisen (Fahrt und Verpflegung) mit dem Ferienzug eines Reiseunternehmens im Werte von insgesamt Y DM ausgesetzt.

Nach den Teilnahmebedingungen war das Lösungswort (der Name des Ferienzuges) auf einer Postkarte an die Preisausschreibenredaktion (ohne Angabe des Namens der Zeitschrift) zu senden. Eingegangen sind zahlreiche Lösungen, aus denen die Gewinner im Beisein eines Vertreters des Reiseunternehmens ausgelost wurden.

Bereits vor Erscheinen des Heftes, in dem das Preisausschreiben veröffentlicht war, hatte die Bfin. durch Anzeigen in anderen Zeitungen und Zeitschriften auf das Preisausschreiben hingewiesen. Ferner war vor Bekanntgabe des Preisausschreibens an Zeitungskiosken ein besonderes Werbeplakat der Zeitschrift ausgehängt worden.

Die Preise für das Ausschreiben waren - mit Ausnahme des Hauptgewinnes, den die Bfin. zur Verfügung stellte - von dem Reiseunternehmen ausgesetzt worden. Die Bfin. stellte für die Abwicklung des Preisausschreibens auch das notwendige Personal und die Räume in ihrem Hause zur Verfügung.

Das von der Staatsanwaltschaft gegen die Bfin. eingeleitete Ermittlungsverfahren, durch das geprüft werden sollte, ob die Bfin. sich eines Vergehens nach § 286 des Strafgesetzbuches schuldig gemacht habe, wurde eingestellt. Die zuständige Genehmigungsbehörde vertrat die Auffassung, daß das Preisausschreiben nicht genehmigungspflichtig sei.

Das Finanzamt setzte Lotteriesteuer gemäß § 17 des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG) in Höhe von 20 v. H. des vom Finanzamt mit Y DM geschätzten Wertes der verteilten Preise fest. Auf die Berufung der Bfin. billigte das Finanzgericht die Lotteriesteuerforderung des Finanzamts dem Grunde nach, ermäßigte aber die Steuer auf 16 2/3 v. H. von Y DM unter Hinweis auf § 17 Satz 3 RennwLottG, wonach die Steuer 20 v. H. des Gesamtbetrages der Einsätze "ausschließlich der Steuer" betrage.

Mit der Rb. rügt die Bfin. die Verletzung materiellen Rechts. Das angefochtene Urteil habe sie unrichtig als Veranstalter der Lotterie behandelt. Sie erblicke in der Ablehnung ihres Antrags durch das Finanzgericht, über die Veranstaltereigenschaft gemäß § 284 Abs. 2 AO vorab zu entscheiden, einen wesentlichen Verfahrensmangel. Außerdem wendet sich die Bfin. gegen die Bejahung der übrigen Voraussetzungen der Steuerpflicht gemäß § 17 RennwLottG. Schließlich rügt sie, daß das Finanzgericht die Voraussetzungen des § 18 RennwLottG nicht geprüft habe. Nach der Auffassung der Bfin. sei nach dieser Vorschrift Steuerfreiheit gegeben, weil im Streitfall ein Spielausweis nicht erteilt worden sei.

Mit der Anschlußbeschwerde rügt der Vorsteher des Finanzamts, das Finanzgericht habe die Steuer nicht richtig berechnet. Er ist der Ansicht, daß im Hinblick auf die Höhe der Beteiligung an dem Preisausschreiben eine Höherschätzung gemäß der Festsetzung des Finanzamts geboten sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. der Bfin ist begründet. Dagegen war der Anschlußbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts der Erfolg zu versagen.

Das Finanzgericht ist bei der Prüfung der Frage, wer im Streitfall Veranstalter des Preisausschreibens war, zutreffend davon ausgegangen, daß die Teilnehmer an einem Preisausschreiben mit dem Veranstalter einen Lotterievertrag abschließen. Als Veranstalter ist demgemäß derjenige anzusehen, der die planmäßige Ausführung des Preisausschreibens der öffentlichkeit gegenüber ins Werk setzt und Gläubiger der Einsätze sowie Schuldner der Gewinne ist (vgl. auch Urteil des Bundesgerichtshofs 5 StR 579/57 vom 4. Februar 1958, Neue Juristische Wochenschrift 1958 S. 758, insbesondere S. 759, Deutsche Verkehrsteuer-Rundschau 1958 S. 138; Urteil des Reichsgerichts 2/09 vom 5. April 1909, "Das Recht", 1909 Nr. 1744). Dabei ist zu beachten, daß derjenige, der für einen anderen handeln will, dies aber nicht erkennbar werden läßt, selbst als Geschäftspartei gilt (vgl. unter anderem Palandt, BGB, 18. Auflage, § 164 Anm. 4; Kommentar zum BGB von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern, 10. Auflage, § 164 Anm. 3).

Im Streitfall waren die Ankündigung des Preisausschreibens auf der Titelseite der Zeitschrift und der Wortlaut des Preisausschreibens selbst so gehalten, daß der Leser der Zeitschrift nicht annehmen konnte, daß das Reiseunternehmen die Ausführung des Ausschreibens ins Werk gesetzt habe und Schuldnerin der Gewinne sein wolle. Das Finanzgericht hat vielmehr ohne Rechtsirrtum festgestellt, ein Leser des Preisausschreibens habe ohne Kenntnis der zwischen der Bfin. und dem Reiseunternehmen getroffenen Abmachungen nur zu der Auffassung gelangen können, daß die Bfin. die im allgemeinen dem Veranstalter eines Preisausschreibens obliegenden Maßnahmen getroffen und die Preise zur Verfügung gestellt habe. Zu einer anderen Beurteilung zwingt auch nicht der Hinweis der Bfin. auf den Wortlaut der Ankündigungen des Preisausschreibens in anderen Zeitungen und Zeitschriften. Auch in diesen Ankündigungen steht der Name der Bfin. so sehr im Vordergrund, daß der Hinweis auf das Reiseunternehmen im Text der Ankündigung die Leser dieser Ankündigung nicht zu der Meinung veranlassen konnte, daß Veranstalter das Reiseunternehmen sei.

Ein Preisausschreiben, wenn es als steuerpflichtige Ausspielung gelten soll, setzt aber voraus, daß ein Einsatz geleistet wird. Nach der Rechtsprechung ist ein Einsatz dann zu bejahen, wenn anzunehmen ist, daß ein nennenswerter Teil der Teilnehmer an dem Preisausschreiben in dem Preis für den Erwerb der Zeitschrift zugleich ein Entgelt für die Gewährung der Gewinnaussicht gesehen hat. Diese Annahme hat das Finanzgericht im Streitfall deshalb bejaht, weil der Erfahrung nach davon ausgegangen werden könne, daß viele Teilnehmer an dem Preisausschreiben geglaubt haben, die Zeitschrift erwerben zu müssen, und daß sie die Zeitschrift nur deshalb erworben haben, weil sie das Preisausschreiben enthielt. Der Senat vermag dem nicht beizutreten. Das Finanzgericht kann sich für seine Ansicht zunächst nicht auf das Urteil des erkennenden Senats II 111/50 S vom 27. April 1951 (BStBl 1951 III S. 112, Slg. Bd. 55 S. 289) berufen. In dem durch dieses Urteil entschiedenen Fall setzte die Beantwortung der Preisfrage die Kenntnis von Romanfortsetzungen, die sich über eine Reihe von Heften einer Zeitung erstreckten, voraus. Aus diesem Grunde konnte das Finanzgericht in dem diesem Urteil zugrunde liegenden Fall zu dem Ergebnis gelangen, daß ernsthafte Teilnehmer an dem Preisausschreiben die Zeitung abonnieren oder die Romanfortsetzungen und damit bestimmte Ausgaben der Zeitung erwerben mußten, soweit die Teilnehmer nicht bereits Abonnenten waren. Im Streitfall erstreckt sich das Preisausschreiben nur auf ein Heft der Zeitschrift der Bfin. Der Sachverhalt ist also im vorliegenden Fall in einem wesentlichen Punkt anders gelagert. Hiervon abgesehen darf die Entwicklung der Verhältnisse nicht außer acht gelassen werden. Diese Entwicklung hat mit sich gebracht, daß andere Arten von Spiel und Wette, insbesondere Toto und Lotto, sich neben der Lotterie stark ausgebreitet haben. Diese Arten von Spiel und Wette bieten dem Interessenten, der auf Spielgewinne Wert legt, die Aussicht, bei geringem Einsatz und ohne eine besondere Gedankenarbeit höhere Spielgewinne zu erzielen, als dies bei einem Zeitungspreisausschreiben möglich ist. Die Personen, bei denen der Spielgewinn im Vordergrund des Interesses steht, werden sich deshalb in erster Linie an diesen Formen von Spiel und Wette beteiligen. Zur Beteiligung an einem Preisausschreiben, die zudem von nicht wenigen Zeitschriften veranstaltet werden, werden ferner die Leser regelmäßig nicht durch die Ankündigung der Ausschreiben, sondern erst durch die Lektüre der von ihnen oder einem anderen bereits erworbenen Zeitschrift veranlaßt werden. Bei dieser Sachlage ist der Ankündigung eines Preisausschreibens in Zeitschriften im Regelfall eine entscheidende Bedeutung nicht beizumessen. Es ist aus diesen Gründen auch nicht anzunehmen, daß ein Teil der Abonnenten das Abonnement auch wegen der von Zeit zu Zeit erscheinenden Preisausschreiben nimmt oder beibehält und deshalb die Zeitschrift auch der Preisausschreiben wegen erwirbt. Soweit der Senat im Urteil II 88/54 U vom 30. März 1955 (BStBl 1955 III S. 156, Slg. Bd. 60 S. 409) die gegenteilige Auffassung vertreten hat, hält er in dieser Allgemeinheit nicht mehr daran fest.

Nach alledem kann unter Berücksichtigung der Entwicklung der Verhältnisse auch im Streitfall nicht angenommen werden, daß ein nennenswerter Teil der Teilnehmer die Zeitschrift wegen des Preisausschreibens erworben hat. Hiernach waren die Vorentscheidung und die Steuerfestsetzung aufzuheben und - die Sache ist spruchreif - die Bfin. von der Lotteriesteuer freizustellen, ohne daß es noch eines Eingehens auf die weiteren Ausführungen der Bfin. und des Vorstehers des Finanzamts zur Frage der Steuerpflicht und der Höhe der Steuer bedarf.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409554

BStBl III 1960, 176

BFHE 1960, 470

BFHE 70, 470

StRK, RennwLottG:17 R 11

NJW 1960, 1032

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