Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrechtliche Auswirkungen der Löschung einer KG und ihrer GmbH - Geschäftsführung

 

Leitsatz (NV)

1. Durch die Löschung gemäß § 142 FGG im Handelsregister verliert die KG nicht die Fähigkeit, an einem finanzgerichtlichen Verfahren über einen gegen die KG ergangenen Umsatzsteuer-Bescheid beteiligt zu sein. Durch die Löschung wird das Revisionsverfahren nicht gemäß § 241 ZPO unterbrochen, wenn an die Stelle des bisherigen Vertreters sogleich andere treten.

2. Wird eine GmbH, die persönlich haftende Gesellschafterin einer GmbH & Co KG ist, wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 2 Abs. 1 Löschungsgesetz gelöscht, so endet die gesetzliche Vertretungsmacht des bisherigen Geschäftsführers der GmbH. Wegen des dadurch eintretenden Verlusts der Prozeßfähigkeit der GmbH wird das finanzgerichtliche Verfahren zwischen der KG und dem FA unterbrochen.

 

Normenkette

FGO §§ 57, 58 Abs. 2; FGG § 142; GmbHG §§ 35, 66 Abs. 1; HGB §§ 131, 146, 158, 161 Abs. 2; Löschungsgesetz § 2 Abs. 1, 3; ZPO § 51 Abs. 1, § 241 Abs. 1, § 249 Abs. 3

 

Verfahrensgang

FG des Saarlandes

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. Kommanditgesellschaft (KG). Persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin ist die X-Beteiligungsgesellschaft mbh (GmbH).

Im Jahr 1972 schaffte die Klägerin Werbeträger an und führte sie ihrem Anlagevermögen zu. Für diese Werbeträger, deren Anschaffungskosten für das einzelne Wirtschaftsgut unter 800 DM lagen, nahm die Klägerin Sofortabschreibungen nach § 6 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch.

Das Finanzamt (Beklagter) ließ diese nicht zu und sah die Zuführung der Gegenstände zum Anlagevermögen als selbstverbrauchsteuerpflichtig an. Mit Umsatzsteuerbescheid vom . . . 1977 setzte es Selbstverbrauchsteuer gemäß § 30 Abs. 5 UStG 1967 fest.

Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage hat das Finanzgericht durch Urteil vom 14. September 1979 im wesentlichen stattgegeben.

Das Finanzamt hat Revision eingelegt und Verletzung des § 6 Abs. 2 EStG sowie des § 30 UStG 1967 gerügt.

Es hat zunächst beantragt, die Umsatzsteuer 1972 auf . . . DM festzusetzen, hilfsweise, für den Fall, daß eine Selbstverbrauchsteuerpflicht entfällt, die bisher berücksichtigten unberechtigten Vorsteuerbeträge in Höhe von . . . DM aufzurechnen.

Die Klägerin hat keinen Antrag gestellt.

Die Eintragung der Klägerin im Handelsregister des Amtsgerichts N. ist am . . . 1981 gemäß § 142 FGG von Amts wegen gelöscht worden, die der GmbH bereits am . . . März 1979 gemäß § 2 Abs. 1 des Löschungsgesetzes. Der vormalige Geschäftsführer der GmbH ist am . . . 1980 durch Beschluß des Amtsgerichts N. zum Liquidator der GmbH bestellt worden (§ 2 Abs. 3 des Löschungsgesetzes).

Das Finanzamt beantragt nunmehr, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin hat sich nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

I. Das Revisionsverfahren ist ungeachtet der Löschung der Klägerin im Handelsregister fortzusetzen.

1. Durch die Löschung im Handelsregister hat die Klägerin ihre Beteiligtenfähigkeit nicht verloren; denn diese Löschung hatte keine konstitutive Wirkung. Die Klägerin ist als Kommanditgesellschaft nicht beendet, da das Rechtsverhältnis zwischen ihr und dem Finanzamt noch nicht abgewickelt ist und somit fortbesteht (vgl. BFH-Urteile vom 21. Mai 1971 V R 117/67, BFHE 102, 174, BStBl II 1971, 540; vom 24. November 1977 IV R 113/75, BFHE 125, 107, BStBl II 1978, 467).

2. Das Revisionsverfahren wurde durch die Löschung der Klägerin im Handelsregister am . . . 1981 nicht unterbrochen.

Nach § 241 ZPO (§ 155 FGO) wird das Verfahren zwar unterbrochen, wenn eine Partei die Prozeßfähigkeit verliert oder ihre gesetzlichen Vertreter vorübergehend wegfallen. Die Vorschrift ist aber nach ihrem Sinn und Zweck nicht anwendbar, wenn an die Stelle des bisherigen Vertreters sogleich andere treten (vgl. das zwischen den Beteiligten ergangene BFH-Urteil vom 5. Februar 1985 VIII R 223/79, BFH/NV 1985, 88). Es kann deshalb dahinstehen, ob die Klägerin durch die Löschung im Handelsregister aufgelöst worden ist (vgl. § 131, § 161 Abs. 2 HGB). Hatte die Löschung nicht die Auflösung der Gesellschaft zur Folge, wird sie weiterhin durch die GmbH vertreten, die seit dem . . . 1980 durch den Liquidator gesetzlich vertreten wird. Ist die Klägerin dagegen aufgelöst, folgt aus dem Umstand, daß der Gesellschaftsvertrag keine besonderen Bestimmungen über die Vertretung der Gesellschaft im Falle der Auflösung enthält, daß sie entsprechend den Vorschriften der §§ 146, 158 HGB durch sämtliche Gesellschafter vertreten wird, ohne daß eine Unterbrechung nach § 241 ZPO stattfindet.

Im Streitfall bestehen keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, daß die KG aufgelöst worden ist, so daß davon ausgegangen werden kann, daß sie von der GmbH vertreten wird.

II. Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das finanzgerichtliche Urteil ist während der durch die Löschung der GmbH im Handelsregister am . . . März 1979 eingetretenen Unterbrechung des gerichtlichen Verfahrens, nämlich aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. September 1979, ergangen. Mit der Löschung der GmbH wegen Vermögenslosigkeit galt die Gesellschaft als aufgelöst (§ 2 Abs. 1, 2. Halbsatz Löschungsgesetz). Mit der Löschung wegen Vermögenslosigkeit endete die gesetzliche Vertretungsmacht des bisherigen Geschäftsführers der GmbH (§§ 35, 66 Abs. 1 GmbHG, § 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Löschungsgesetz; BGH-Urteil vom 29. September 1967 V ZR 40/66, BGHZ 48, 303, 307). Die GmbH verlor dadurch ihre Prozeßfähigkeit (§ 58 Abs. 2 FGO, § 51 Abs. 1 ZPO). Das Verfahren vor dem Finanzgericht ist dementsprechend unterbrochen worden (§ 241 Abs. 1 ZPO, § 155 FGO). Das während der Verfahrensunterbrechung ergangene Urteil des Finanzgerichts ist zwar nicht nichtig; es hätte aber nicht ergehen dürfen (vgl. § 249 Abs. 3 ZPO; BGH-Urteile vom 30. September 1968 VII ZR 93/67, BGHZ 50, 397 u. vom 29. Januar 1976 IX ZR 28/73, BGHZ 66, 59). Das angefochtene Urteil war deshalb ohne Sachprüfung aufzuheben (BFH-Urteil vom 18. Oktober 1967 I R 144-145/66, BFHE 90, 336, 338, BStBl II 1968, 95).

 

Fundstellen

Haufe-Index 414144

BFH/NV 1987, 515

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