Leitsatz (amtlich)

Bei einem steuerlich anzuerkennenden Arbeitsverhältnis zwischen Ehegatten ist dem Arbeitnehmer-Ehegatten auch dann eine Sparzulage nach § 12 Abs. 1 des 3. VermBG zu gewähren, wenn die vermögenswirksamen Leistungen auf sein Verlangen auf ein Bausparkonto des Arbeitgeber-Ehegatten überwiesen werden.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1; 3. VermBG i.d.F. vom 27. Juni 1970 § 2 Abs. 2 Buchst. a, § 12 Abs. 1, 5

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), Inhaber eines Uhren-, Schmuck- und Optikereinzelhandelsunternehmens, beschäftigte im Streitjahr 1971 seine Ehefrau in einem vom Beklagten und Revisionskläger (FA) anerkanten Arbeitsverhältnis als Verkäuferin. Er überwies gem. den Weisungen seiner Ehefrau Teile ihres Arbeitslohns als vermögenswirksame Leistungen i. S. des Dritten Vermögensbildungsgesetzes (3. VermBG) im Lauf des Jahres 1971 auf ein Bausparkonto. Das FA zahlte hierfür eine Arbeitnehmer-Sparzulage nach § 12 Abs. 1 des 3. VermBG von 219,36 DM. Es forderte die Sparzulage mit Haftungsbescheid vom 8. Januar 1973 vom Kläger zurück, nachdem es aufgrund einer Lohnsteueraußenprüfung erfahren hatte, daß die Ehefrau des Klägers keinen eigenen Bausparvertrag abgeschlossen, sondern die vermögenswirksamen Leistungen auf einem Bausparvertrag des Klägers angespart hatte. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das FG gab der Klage statt. Es führte in dem in den EFG 1974, 48, veröffentlichten Urteil aus, vermögenswirksame Leistungen könnten nach § 2 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 2 Buchst. a des 3. VermBG auch zugunsten des Ehegatten eines Arbeitnehmers erbracht werden, der seit Beginn des maßgebenden Kalenderjahres mit dem Arbeitnehmer verheiratet sei und von ihm nicht dauernd getrennt lebe. Die Aufwendungen müßten allerdings im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses erbracht sein. Das Ehegattenarbeitsverhältnis werde im Streitfall vom FA steuerlich anerkannt. Da das Bestehen eines solchen Verhältnisses nur eine Vorfrage für die Anwendung der Vorschriften des Dritten Vermögensbildungsgesetzes sei, könne das FA nur noch prüfen, ob die übrigen Voraussetzungen für die in Anspruch genommenen Sparzulagen erfüllt seien. Das sei hier der Fall. Dieses Ergebnis entspreche dem Sinn des Gesetzes, der offensichtlich in der Förderung der Vermögensbildung innerhalb des Familienverbandes des Arbeitnehmers liege. Dieser Zweck könne entgegen der Ansicht des FG Hamburg im Urteil vom 9. Dezember 1970 I 178/69 (EFG 1971, 370) ebenfalls durch Einzahlung auf ein Bausparkonto des Arbeitgeber-Ehegatten erreicht werden. Im Streitfall sei die begehrte Arbeitnehmer-Sparzulage auch nach § 2 Abs. 1 Buchst. c Nr. 4 des 3. VermBG zu gewähren. Danach seien vermögenswirksame Leistungen auch dann gegeben, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer Aufwendungen zur Erfüllung von Verpflichtungen erbringe, die im Zusammenhang mit dem Bau oder Erwerb eines Wohngebäudes eingegangen worden seien. Die vom Kläger für seine Ehefrau auf sein eigenes Bausparkonto erbrachten Leistungen dienten zur Tilgung von Schuldverpflichtungen, die der Kläger und seine Ehefrau für ein ihnen gemeinsam gehörendes Wohngebäude aufgenommen hätten.

Mit der wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung der §§ 2 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 2 Buchst. a, 4, 12 Abs. 1 und 5 des 3. VermBG und § 19 Abs. 1 EStG. Es meint, für die Anerkennung eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses und damit für die Anerkennung von Arbeitslohn und Betriebsausgaben müßten die Rechtsbeziehungen aus dem Arbeitsvertrag von den sich aus der Ehe als Wirtschaftsgemeinschaft ergebenden Einkommens- und Vermögensverhältnissen klar getrennt sein. Das sei nicht der Fall, wenn der Arbeitslohn des Arbeitnehmer-Ehegatten oder Teile davon auf einen Bausparvertrag des Arbeitergeber-Ehegatten überwiesen werden, über den dem Arbeitnehmer-Ehegatten kein Verfügungsrecht oder nur ein Mitverfügungsrecht zustehe. Darauf würde sich ein fremder Arbeitnehmer nicht einlassen. Seien solche Bezüge deshalb kein Arbeitslohn, könnten sie keine vermögenswirksame Leistungen i. S. des Dritten Vermögensbildungsgesetzes sein. Die Regelung in § 2 Abs. 2 Buchst. a des 3. VermBG trage lediglich den prämienrechtlichen Gesichtspunkten des § 3 Abs. 1 WoPG, § 2 Abs. 1 SparPG Rechnung, nach denen Ehegatten eine prämienrechtliche Einheit, eine sog. Höchstbetragsgemeinschaft, bildeten. Sie sei im Verhältnis zu § 19 Abs. 1 EStG und den steuerlichen Grundsätzen für die Anerkennung von Ehegatten-Arbeitsverhältnissen von nachrangiger Bedeutung. Es könne dahingestellt bleiben, ob im Streitfall die auf dem Bausparkonto des Arbeitgeber-Ehegatten angelegten Beträge zur Tilgung von Verbindlichkeiten verwendet werden sollen, die auf dem im gemeinsamen Eigentum der Ehegatten stehenden Wohngrundstück ruhten. Denn die Ehefrau als Arbeitnehmerin habe keine Anlage ihrer vermögenswirksamen Leistungen nach § 2 Abs. 1 Buchst. c des 3. VermBG beantragt. Das Vermögensbildungsgesetz setze zwei Personen voraus, nämlich einen Leistenden und einen Leistungsempfänger. Der Unternehmer, der eine Entnahme tätige, erbringe dadurch keine Leistung i. S. des Dritten Vermögensbildungsgesetzes. Die Vermögensbildung von Arbeitgebern werde durch das Dritte Vermögensbildungsgesetz nicht gefördert. Ein solches Ergebnis trete aber ein, wenn Einzahlungen auf eigene Verträge des Arbeitgeber-Ehegatten als vermögenswirksame Leistungen zugunsten des Arbeitnehmer-Ehegatten anerkannt würden.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Nach § 12 Abs. 1 des 3. VermBG erhält ein Arbeitnehmer, der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i. S. des § 19 Abs. 1 EStG bezieht, eine Arbeitnehmer-Sparzulage, wenn der zu versteuernde Einkommensbetrag eine bestimmte Höhe nicht übersteigt. Die Sparzulage beträgt 30 v. H. der vermögenswirksamen Leistungen nach dem Dritten Vermögensbildungsgesetz, soweit sie 624 DM nicht übersteigen.

Durch die Bezugnahme auf § 19 Abs. 1 EStG hat der Gesetzgeber eindeutig zu erkennen gegeben, daß der Begriff "Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit" ebenso wie im Einkommensteuer- und Lohnsteuerrecht auszulegen ist. Bei einem Ehegatten-Arbeitsverhältnis ist daher dem Arbeitnehmer-Ehegatten eine Sparzulage nur zu gewähren, wenn das Arbeitsverhältnis steuerlich anzuerkennen ist (vgl. Fitting-Hentrich-Schwedes, Kommentar zum Dritten Vermögensbildungsgesetz, 7. Aufl., § 12 Anm. 9 Abs. 2, und den im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen ergangenen Erlaß des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 17. August 1967, Der Betrieb 1967 S. 1477).

Im Streitfall besteht ein vom FA steuerlich anerkanntes Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger als Arbeitgeber und seiner Ehefrau als Arbeitnehmerin. Es liegen mithin Einkünfte der Ehefrau aus nichtselbständiger Arbeit i. S. des § 12 Abs. 1 des 3. VermBG vor. Dieser Tatbestand wird nicht dadurch aufgehoben, daß der Kläger als Arbeitgeber auf Weisung seiner Ehefrau die Arbeitnehmer-Sparzulage auf sein eigenes Bausparvertragskonto überwiesen hat. Nach § 2 Abs. 2 Buchst. a des 3. VermBG können nämlich vermögenswirksame Leistungen des Arbeitnehmers auch zugunsten seines Ehegatten erbracht werden, der mindestens seit Beginn des maßgebenden Kalenderjahres mit dem Arbeitnehmer verheiratet ist und von ihm nicht dauernd getrennt lebt. Nach den zutreffenden Ausführungen des FG soll mit dieser Vorschrift die Vermögensbildung innerhalb der Familie des Arbeitnehmers gefördert werden, und zwar innerhalb des Personenkreises, der zu der sog. Höchstbetragsgemeinschaft nach § 3 Abs. 5 WoPG 1969 und § 2 Abs. 5 SparPG 1969 gehört (vgl. Fitting-Hentrich-Schwedes, a. a. O., § 2 Anm. 219). Da § 2 Abs. 2 Buchst. a des 3. VermBG keine weiteren Einschränkungen enthält, fallen hierunter auch Leistungen des Arbeitnehmer-Ehegatten zugunsten des Arbeitgeber-Ehegatten.

Fehl geht die Ansicht des FA, vermögenswirksame Leistungen seien deshalb nicht gegeben, weil nach der Rechtsprechung des BFH zur steuerlichen Anerkennung von Ehegatten-Arbeitsverhältnissen insoweit kein Arbeitslohn und keine Betriebsausgaben vorlägen. So seien nach dem BFH-Urteil vom 22. März 1972 I R 152/70 (BFHE 105, 351, BStBl II 1972, 614) Vergütungen aus Verträgen zwischen Ehegatten mangels der für die Vertragsdurchführung erforderlichen Trennung der Vermögens- und Einkommensbereiche der Ehegatten steuerlich nicht als Betriebsausgaben und mithin auch nicht als Arbeitslohn zu berücksichtigen, wenn sie auf ein gemeinschaftliches Bankkonto der Ehegatten überwiesen werden, über welches jeder der Kontoinhaber allein verfügen könne. Das FA übersieht, daß nach den zutreffenden Ausführungen des FG das Bestehen eines steuerlich anzuerkennenden Arbeitsvertrages zwischen den Eheleuten eine Voraussetzung für die Anwendung des § 12 Abs. 1 des 3. VermBG ist. Das Verhältnis kann wegen der Verwendung der vermögenswirksamen Leistung nicht rückwirkend in Zweifel gezogen werden. Denn sonst würde man Ursache und Wirkung miteinander verwechseln. § 12 Abs. 5 des 3. VermBG in der Fassung vom 27. Juni 1970 hat im übrigen einheitlich für alle Arbeitnehmer deren vermögenswirksame Leistungen als steuerpflichtige Einnahmen i. S. des Einkommensteuergesetzes erklärt. Sie sind mithin, da andere Einkunftsarten ausscheiden, im Streitfall kraft Gesetzes Einkünfte der Ehefrau des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 EStG geblieben, auch wenn sie auf ein Bausparkonto des Arbeitgeber-Ehegatten überwiesen wurden, über das die Ehefrau als Arbeitnehmerin nicht oder nicht allein verfügen konnte.

Es ist dem FA zuzugeben, daß bei Verwendung von Arbeitnehmer-Sparzulagen auf Verlangen des Arbeitnehmer-Ehegatten auf ein Bausparkonto des Arbeitgeber-Ehegatten letztlich das Vermögen des Arbeitgeber-Ehegatten gefördert wird, obwohl das Dritte Vermögensbildungsgesetz lediglich das Vermögen der Arbeitnehmer fördern will. Diese Auswirkung muß bei dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes in Kauf genommen werden. Sie ist letztlich ein Ausfluß der steuerlichen Anerkennung von Arbeitsverträgen zwischen Eheleuten trotz der durch die Ehe begründeten Einkommens- und Vermögensgemeinschaft. Wie der Streitfall zeigt, ist das Ergebnis dann nicht unbillig, wenn beide Ehegatten Eigentümer eines Wohngebäudes sind und die auf das Bausparkonto des Arbeitgeber-Ehegatten überwiesenen vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitnehmer-Ehegatten dazu dienen sollen, die gemeinsamen Schuldverpflichtungen, die auf dem Haus ruhen und für die der Arbeitnehmer-Ehegatte als Gesamtschuldner in vollem Umfang mithaftet, abzudecken.

Da die Klage aus den dargelegten Gründen Erfolg hat, kann dahingestellt bleiben, ob sie auch nach § 2 Abs. 1 Buchst. c Nr. 4 des 3. VermBG begründet gewesen wäre.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413352

BStBl II 1976, 81

BFHE 1976, 133

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