Leitsatz (amtlich)

Wird ein Kraftfahrzeug mit Fahrer gegen Entgelt zum Transport zur Verfügung gestellt, so liegt regelmäßig kein Beförderungsvertrag, sondern ein Gestellungsvertrag (Mietvertrag verbunden mit Dienstverschaffungsvertrag) vor, der nicht der Beförderungsteuer unterliegt.

 

Normenkette

BefStG vom 29. Juni 1926 (RGBl 1926 I S. 357) unter Berücksichtigung des BefStÄndG vom 2. Juli 1936 (RGBl 1936 I S. 531) § 1 Abs. 2 Ziff. 3

 

Tatbestand

Die Bfin. ließ in der zweiten Hälfte des Jahres 1948 und im Jahre 1949 durch das Fuhrunternehmen K. Zeitungen befördern. Es handelte sich im wesentlichen um Beförderungen außerhalb der Nahzone. Den Beförderungen lag folgende Vereinbarung vom 22. Juli 1948 zugrunde:

"Sie stellen uns für den Transport der Zeitung .....

einen 3 to Opel Blitz

zur Verfügung. Sie übernehmen folgende TOUR: ... Der Wagen hat Dienstags, Donnerstags und Sonnabends um 1.30 Uhr auf dem Verlagshof .... bereitzustehen. Als Halter des Kraftfahrzeugs haben Sie Unfall- und Haftpflichtversicherung zu tragen und den Wagen zu versteuern. Die Beschaffung des Kraftstoffes ist Ihre Angelegenheit. Als Entschädigung für den Einsatz des Wagens und des Fahrers erhalten Sie 0,60 DM pro Kilometer.

Bei Einsatz des Wagens im Stadtgebiet vergüten wir Ihnen einen Stundenlohn von 6,50 DM pro Stunde bei einer Garantie von 5 Stunden. Mit diesem Betrag sind alle Unkosten abgegolten.

Die Berechnung der gefahrenen Kilometer erfolgt vom Verlagshaus zum Verlagshaus.

Die geiahrenen Kilometer werden durch den Tachometerstand nachgewiesen sowie durch Kontrollmittel, deren Anwendung sich der Verlag vorbehält.

Sie legen uns jeweils zum 15. und Ultimo des Monats Ihre Rechnung vor, die nach Prüfung innerhalb von 3 Tagen von uns bezahlt wird. Den Transport der Zeitungen werden Sie ohne Verzug auf dem schnellsten und kürzesten Wege vornehmen und für eine möglichst schnelle Beförderung, bei der jeder unnötige Aufenthalt vermieden werden muß, Sorge tragen.

Sie verpflichten sich, während der Zeit, in der Sie für den Verlag eingesetzt sind, keinerlei Propagandaschilder, insbesondere Werbeplakate für eine politische Partei, an dem Wagen zu führen, andererseits gestatten Sie uns jedoch für die Dauer des Einsatzes die Anbringung eigener Werbemittel, die nach Beendigung der Fahrten ohne Beschädigung des Wagens wieder entfernt werden können.

Falls sich während der Fahrt oder danach Störungen am Fahrzeug zeigen, die einen sicheren Einsatz für die kommende Zeit in Frage stellen, so verpflichten Sie sich, uns hiervon unverzüglich Kenntnis zu geben oder von sich aus einen Ersatzwagen zur Verfügung zu stellen.

Die Beförderung von anderen Gütern oder Personen für die Dauer von in unserem Auftrag erfolgenden Fahrten ist ausdrücklich ausgeschlossen."

Das Finanzamt erblickte in den Leistungen der Firma K. Güterfernverkehr im Sinne des § 1 Abs. 2 Ziff. 3 des Beförderungsteuergesetzes (BefStG) vom 29. Juni 1926 (RGBl 1926 I S. 357) unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Änderung des Beförderungsteuergesetzes (BefStÄndG) vom 2. Juli 1936 (RGBl 1936 I S. 531). Bei einer bei der Firma K. durchgeführten Betriebsprüfung ergab sich, daß von den Beförderungseinnahmen der Firma im zweiten Kalenderhalbjahr 1948 in Höhe von 29 427 DM und im Jahre 1949 in Höhe von 71 214 DM nur 3810 DM für II/1948 und 19 306 DM für 1949 angemeldet und versteuert worden waren. Das Finanzamt setzte mit Steuerbescheiden vom 7. Januar 1953 die nachzuerhebende Beförderungsteuer für II/1948 auf 1675,90 DM und für 1949 auf 3395,85 DM fest. Es forderte Zahlung des Gesamtbetrags von 5071,75 DM von der Firma K. Dieser Betrag verringerte sich nach Zahlung von 500 DM auf 4571,75 DM. Die Inhaberin der Firma K. war nicht in der Lage, den Steuerbetrag zu zahlen. Da die Versuche des Finanzamts, die Beförderungsteuer von der Unternehmerin zu erlangen, erfolglos blieben, nahm das Finanzamt durch Steuerbescheid vom 30. November 1953 die Bfin. als Auftraggeberin und Steuerschuldnerin nach § 8 Abs. 1 BefStG in Anspruch. Gegen den Steuerbescheid richtete sich die Sprungberufung der Bfin. Zur Begründung ihres Rechtsmittels führte sie aus, daß die hier in Betracht kommenden Beförderungen im Werkfernverkehr im Sinne des § 1 Abs. 2 Ziff. 4 BefStG durchgeführt worden seien. Es liege Charterung des Fahrzeugs der Firma K. vor. Hierfür spreche, daß die Leistungen der Firma K. nach der Zahl der gefahrenen km zu berechnen gewesen seien sowie der Umstand, daß die Firma K. Transporte für andere Auftraggeber nicht habe durchführen dürfen. Die Fahrzeuge hätten ausschließlich der Bfin. zur Verfügung gestanden und Werbeschilder der Bfin. getragen. Die 1948 und 1949 erforderlich gewesenen Benzinmarken habe die Firma K. von der Bfin. erhalten. Es spreche auch nicht gegen die Annahme eines Chartervertrags, daß der von der Firma K. zur Verfügung gestellte Wagen von dem Sohn der Unternehmerin gefahren worden sei, da neben einem Chartervertrag ein Dienstvertrag abgeschlossen werden könne. In Zweifelsfällen sei nach dem Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 11. November 1936 (RStBl 1936 S. 1103) Werkfernverkehr anzunehmen. Der Reichsfinanzhof (Urteil II 434/37 vom 14. Januar 1938, RStBl 1938 S. 360, Slg. Bd. 43 S. 60) habe ausgeführt, daß durch diesen Erlaß der Begriff des Werkfernverkehrs auf alle Beförderungen ausgedehnt worden sei, auf die die Begriffe des Güterfernverkehrs nicht zuträfen, da es eine dritte Art von Güterverkehr in der Fernzone nicht gebe. Im übrigen sei die Inanspruchnahme der Bfin. nach § 8 Abs. 1 BefStG nicht gerechtfertigt. Die Anwendung dieser Vorschrift verstoße gegen die Grundsätze der Gleichmäßigkeit, Gerechtigkeit und Zumutbarkeit der Besteuerung und damit zugleich gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Der Bundesfinanzhof habe allerdings in dem nicht zur Veröffentlichung bestimmten Urteil II 20/52 vom 25. Februar 1953 die Heranziehung des Auftraggebers zur Beförderungsteuer nach § 8 Abs. 1 BefStG gebilligt. Hierbei habe der Bundesfinanzhof jedoch die Auslegungsgrundsätze des § 1 Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) nicht berücksichtigt. Daß die Heranziehung des Auftraggebers nach § 8 BefStG unzumutbar sei, habe auch der Gesetzgeber erkannt und deshalb in der Neufassung dieser Vorschrift durch das Verkehrsfinanzgesetz 1955 vom 6. April 1955 (BGBl 1955 I S. 166) bestimmt, daß der Steuerschuldner nicht in Anspruch genommen werden könne, wenn er den Beförderungspreis an den Unternehmer gezahlt habe und ihm die nicht ordnungsmäßige Abführung der Steuer unbekannt geblieben sei. Selbst wenn § 8 Abs. 1 BefStG auf die Bfin. anwendbar sei, verstoße jedoch die Nachforderung von Steuern für II/1948 und für 1949 nach so langer Zeit gegen Treu und Glauben. Außerdem habe die Firma K. für ihre Leistungen Umsatzsteuer bezahlt. Das Finanzgericht hat veranlaßt, daß durch einen Betriebsprüfer bei der zuständigen Güterfernverkehrsgenossenschaft und der früheren Inhaberin der Firma K. weitere Feststellungen über die für die Bfin. durchgeführten Beförderungen getroffen wurden. In dem Bericht des Prüfers wird hervorgehoben, daß die Firma K. ab Mitte 1948 bis zur Aufgabe des Transportunternehmens im Dezember 1949 auf Anordnung der Besatzungsmacht und ohne Konzession für den Güterfernverkehr fast ausschließlich Zeitungstransporte für die Bfin. durchgeführt und nur gelegentlich auch Transporte -- allerdings nur Nahtransporte -- für das Deutsche Rote Kreuz ausgeführt habe.

Das Finanzgericht hat die Berufung im wesentlichen als unbegründet zurückgewiesen. Das Urteil ist wie folgt begründet: Nach § 1 Abs. 1 Ziff. 3 BefStG unterliege der Beförderungsteuer die Beförderung von Gütern, soweit sie im Gesetz über den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 26. Juni 1935 (RGBl 1935 I S. 788) geregelt sei. Das Gesetz über den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen regele in § 1 Abs. 1 die Beförderung von Gütern für andere mit Kraftfahrzeugen über die Grenzen eines Gemeindebezirks hinaus außerhalb eines Umkreises von 50 km, gerechnet vom Standort des Kraftfahrzeugs aus. Ebenso habe auch § 1 der Vorläufigen Durchführungsbestimmungen zum Gesetz zur Änderung des Beförderungsteuergesetzes vom 2. Juli 1936 (Beförderungsteuer beim Güter- und Werkfernverkehr) vom 21. September 1936 (RGBl 1936 I S. 738) den Begriff des Güterfernverkehrs für das Beförderungsteuerrecht bestimmt. Nach § 1 Abs. 2 Ziff. 4 BefStG unterliege der Beförderungsteuer ferner die Beförderung von Gütern im Werkverkehr mit Kraftfahrzeugen außerhalb eines Umkreises von 50 km, gerechnet vom Standort des Kraftfahrzeugs.

Werkfernverkehr sei nach § 27 der Vorläufigen Durchführungsbestimmungen zum Gesetz zur Änderung des Beförderungsteuergesetzes vom 2. Juli 1936 die Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen für eigene Zwecke des Unternehmens außerhalb eines Umkreises von 50 km, gerechnet vom Standort des Kraftfahrzeugs, wenn folgende Bedingungen erfüllt seien:

1. die beförderten Güter Müßten zum Verbrauch oder zur Verarbeitung oder zur Wiederveräußerung erworben oder von dem Unternehmen erzeugt, gefördert oder hergestellt sein;

2. die Beförderung müsse der Heranschaffung der Güter zum Unternehmen, ihrer Überführung innerhalb des Unternehmens oder dem Absatz der Güter bei dem Abnehmer der Ware dienen;

3. die Kraftfahrzeuge müßten bei der Beförderung von dem Unternehmer oder seinen Leuten, die nicht Angestellte anderer Unternehmer oder selbständige Unternehmer sein dürften, bedient werden;

4. die Kraftfahrzeuge müßten dem Unternehmer gehören oder von ihm auf Abzahlung gekauft sein.

Die Bfin. behaupte hier zu Unrecht Werkfernverkehr, da mindestens die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Ziff. 3 und 4 a. a. O. nicht vorgelegen hätten. Selbst wenn Miete oder Charterung des Fahrzeugs der Firma K. durch die Bfin. anzuerkennen wäre, hätte kein Werkfernverkehr vorgelegen. In derartigen Fällen sei Güterfernverkehr zu unterstellen. Der Werkfernverkehrsunternehmer bedürfe nicht der Genehmigung als Güterfernverkehrsunternehmer. Dadurch werde ihm aber nicht die Möglichkeit einer Umgehung des Genehmigungs- und Tarifzwangs auf dem Wege über Miete oder Charterung eines Kraftfahrzeugs eröffnet. Einer derartigen Umgehung müsse jedenfalls die Anerkennung versagt und im Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter das umgangene Beförderungsverhältnis unterstellt werden (Hein-Eichhoff-Pukall-Krien, Kommentar zum Güterkraftverkehrsgesetz, § 48 Anm. 8). Der weitere Einwand der Bfin., daß sie selbst bei Vorliegen eines steuerpflichtigen Güterfernverkehrs nicht für die Zahlung der Beförderungsteuer in Anspruch genommen werden könne, sei ebenfalls nicht geeignet, ihr Begehren, von der Zahlung der Beförderungsteuer freigestellt zu werden, zu rechtfertigen. Nach § 8 Abs. 1 BefStG sei Steuerschuldner derjenige, der den Beförderungspreis zu zahlen habe, soweit nicht im Abs. 3 a. a. O. etwas anderes bestimmt werde. Neben dem Steuerschuldner hafte für die Steuer der Betriebsunternehmer. Dieser habe die Steuer zu Lasten des Steuerschuldners zu entrichten. Wenn die Steuer vom Betriebsunternehmer nicht zu erlangen sei, müsse sich das Finanzamt an den Auftraggeber halten. Es stehe ihm keine Ermessensentscheidung im Sinne des § 7 Abs. 3 StAnpG darüber zu, an welchen Steuerschuldner es sich halten wolle, da ihm nur die Inanspruchnahme des Auftraggebers als Steuerschuldner verbleibe. Der Änderung des § 8 BefStG durch das Verkehrsfinanzgesetz 1955 könne keine Rückwirkung beigemessen werden. Das tarifmäßige Beförderungsentgelt, von dem die Beförderungsteuer im Güterfernverkehr zur Zeit der strittigen Steuerfälle zu berechnen gewesen sei, bestimme sich nach dem Reichskraftwagen-Tarif vom 30. März 1936 (Reichsverkehrsblatt B S. 71 ff.). Nach den hier vorliegenden Umständen könne unbedenklich angenommen werden, daß die Höhe der gezahlten Beförderungsentgelte den nach dem Reichskraftwagen-Tarif zu berechnenden Frachtbeträgen entsprochen habe und daß die Beförderungsteuer in die vereinbarten Entgelte eingerechnet worden sei, was sich auch aus dem Verhalten der Firma K. ergebe. Daher sei es gerechtfertigt, die von der Bfin. nachzufordernde Beförderungsteuer nach einem Satz von 6,542 v. H. auf die von ihr gezahlten Entgelte in der Gesamthöhe von 98 613,41 DM zu berechnen. Hiervon seien die von der Firma K. über die Güterfernverkehrsgenossenschaft abgerechnete Beförderungsteuer in Höhe von 1488,70 DM sowie weitere von der Firma K. im Februar 1953 an das Finanzamt entrichtete Beförderungsteuern in Höhe von 500 DM abzuziehen, so daß ein von der Bfin. nachzufordernder Steuerbetrag in Höhe von 4462,60 DM verbleibe. Hinsichtlich geringfügiger, von der Firma K. gezahlter Umsatzsteuerbeträge lasse sich nicht feststellen, daß diese für die Entgelte, die die Bfin. an die Firma K. für die Beförderung gezahlt habe, geleistet worden seien. Nach all dem sei der Steuerbescheid des Finanzamts vom 30. November 1953 dahin zu ändern, daß statt eines Steuerbetrags von 4571,55 DM nur ein Steuerbetrag von 4462,60 DM von der Bfin. nachzufordern sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rb. der Gesellschaft.

Sie hat ein Rechtsgutachten des Bundesrichters i. R. Boruttau überreicht. Der Gutachter verneint Werkfernverkehr. Zur Unterstellung des Güterfernverkehrs führt der Gutachter aus, daß diese auf § 6 Abs. 1 StAnpG beruhe. Diese Bestimmung greife hier jedoch nicht ein. Die Bfin. habe bei ihrem Abkommen mit der Firma K. keinen ungewöhnlichen Weg beschritten. Im übrigen falle unter § 1 Abs. 2 Ziff. 3 BefStG nur der genehmigte Güterfernverkehr (Klein-Schrötter, Kommentar zum Verkehrsfinanzgesetz 1955 S. 73 Beispiel E 1). Die vom Reichsminister der Finanzen (Erlaß vom 11. November 1936) vertretene Auffassung, daß jede Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen nach dem BefStG entweder unter den Begriff des Güterfernverkehrs oder den des Werkfernverkehrs falle, habe der Bundesfinanzhof in dem Urteil II 41/51 vom 20. Juli 1951 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Beförderungsteuergesetz, § 1, Rechtsspruch 3) abgelehnt. Das Finanzamt stimmt mit dem Gutachten in der Verneinung des Werkfernverkehrs überein. Im übrigen lehnt es die Auffassung des Gutachters ab. Es sei unrichtig, daß sich das Güterfernverkehrsgesetz nur auf den genehmigten Güterfernverkehr beziehe. Ungenehmigter Güterfernverkehr sei immer der Beförderungsteuer unterworfen worden (Nickel-Kostboth, Kommentar zur Beförderungsteuer im Personen- und Gepäckverkehr, Güterund Werkfernverkehr mit Kraftfahrzeugen S. 250). Der von Klein-Schrötter vertretene gegenteilige Standpunkt sei nicht haltbar und finde auch in dem Urteil des Bundesfinanzhofs II 41/51 vom 20. Juli 1951, auf das sich die Verfasser bezögen, keine Stütze. In einem Nachtragsgutachten wird noch ausgeführt, daß die Beförderung durch ein von der Bfin. mit Fahrer gemietetes Fahrzeug erfolgt sei. Das Finanzgericht habe nicht geprüft, ob Beförderungsvertrag (Werkvertrag) oder Gestellung eines bemannten Fahrzeugs (Mietvertrag mit Dienstverschaffungsvertrag) vorliege. Für die Entscheidung dieser Frage komme es darauf an, ob der Fahrer des Kraftwagens gehalten gewesen sei, den Weisungen der Bfin. zu folgen. Nach Aussage der Bfin. habe der Fahrer des Wagens nur mit der Führung und Bedienung des Wagens zu tun gehabt, während zur Überwachung und Sicherung der Einhaltung des Tourenplans ein Verlagsangestellter von der Bfin. als ständige Begleitperson beauftragt gewesen sei. Der Beauftragte habe die Verantwortung für die Ausführung der Lieferungen gehabt. Der Wagenführer habe sich nach seinen Anweisungen richten müssen. Umgehung der Beförderungsteuer komme im Streitfall nicht in Betracht. Der Verlag sei keinen "krummen" Weg gegangen. Die Besonderheiten des Streitfalls, darunter das Erfordernis, die Zuganschlüsse auf die Minute zu erreichen, ließen es vielmehr vernünftig erscheinen, dem Gestellungsvertrag den Vorzug vor einem Beförderungsvertrag zu geben. Angesichts des Umstandes, daß der Streitfall Beförderungen aus den Jahren 1948 und 1949 betreffe, sei die verkehrsrechtliche Auffassung für die steuerliche Betrachtung belanglos. Überlegungen über den Einfluß der verkehrsrechtlichen Auffassung auf die steuerliche Betrachtung könnten überhaupt erst in Betracht kommen nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Wiedererhebung der Beförderungsteuer im Möbelfernverkehr und im Werkfernverkehr und zur Änderung von Beförderungsteuersätzen vom 2. März 1951 (BGBl 1951 I S. 159), in dessen § 2 angeordnet werde, daß sich die Begriffe Möbelfernverkehr und Werkfernverkehr für die Beförderungsteuer nach den verkehrsrechtlichen Vorschriften bestimmten und das gleiche für die Begriffe des sonstigen Verkehrs und der Verkehrsmittel gelte.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht.

Es ist zutreffend, daß kein Werkfernverkehr vorliegt. Von den gesetzlichen Voraussetzungen des Werkfernverkehrs (§ 27 der Vorläufigen Durchführungsbestimmungen zum Gesetz zur Änderung des Beförderungsteuergesetzes vom 21. September 1936, § 4 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27. März 1936, RGBl 1936 I S. 320) fehlen die Merkmale des § 27 Abs. 1 Ziff. 3, 4 a. a. O. (§ 4 Abs. 1 Ziff. 3 und 4 a. a. O.). Denn das Kraftfahrzeug ist bei der Beförderung der Zeitungen nicht vom Personal der Bfin., sondern der Firma K. bedient worden. Ferner gehörte das Fahrzeug weder der Bfin. noch war es von ihr auf Abzahlung gekauft. Die Bfin. war auch nicht etwa Eigenbesitzer des Kraftfahrzeugs, sondern nur Fremdbesitzer. Damit entfällt im Streitfall die Annahme von Werkfernverkehr. Übrigens ist dies in der Rb. auch nicht mehr streitig.

Es trifft auch zu, daß Güterfernverkehr nicht deshalb zu verneinen ist, weil die Firma K. keine Genehmigung zum Güterfernverkehr hatte. Das Güterfernverkehrsgesetz bezog sich nicht nur auf den genehmigten Güterfernverkehr, sondern auf den Güterfernverkehr allgemein (§§ 1, 36, 37 des Gesetzes über den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen, § 2 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27. März 1936 -- vgl. auch § 3 des Güterkraftverkehrsgesetzes -- GüKG -- vom 17. Oktober 1952 -- BGBl 1952 I S. 697 --, § 1 der Vorläufigen Durchführungsbestimmungen zum Gesetz zur Änderung des Beförderungsteuergesetzes vom 21. September 1936). Die gleiche Auffassung wird vertreten von Nickel-Kostboth, Kommentar zur Beförderungsteuer, 1937, S. 250; Hein-Eichhoff-Pukall-Krien, Kommentar zum Güterkraftverkehrsgesetz, § 3 Anm. 3. Der von Klein-Schrötter, Kommentar zum Verkehrsfinanzgesetz 1955, Abschn. II, Änderung des Beförderungsteuergesetzes, S. 73, Beispiel E 1, vertretenen gegenteiligen Ansicht kann der Senat nicht folgen. Überdies hat der Senat bereits in dem nicht zur Veröffentlichung bestimmten Urteil II 50/54 vom 26. Mai 1954 ausgesprochen, daß es für die Entstehung der Beförderungsteuer unerheblich sei, ob der Unternehmer mit der verkehrsrechtlich erforderlichen Genehmigung oder ohne sie Beförderungen ausgeführt hat. Es besteht keine Veranlassung, hiervon abzuweichen.

Schließlich kann auch der Standpunkt der Bfin. nicht anerkannt werden, daß selbst bei Vorliegen steuerpflichtigen Güterfernverkehrs § 8 Abs. 1 BefStG ihre Heranziehung zur Zahlung der Beförderungsteuer nicht rechtfertige. In dem nicht zur Veröffentlichung bestimmten Urteil des Senats II 20/52 vom 25. Februar 1953 ist in einem gleichliegenden Fall die Heranziehung des Steuerschuldners nach § 8 Abs. 1 a. a. O. ausdrücklich gebilligt worden. Hieran wird festgehalten.

Dagegen ist die vom Finanzgericht vorgenommene Unterstellung steuerpflichtigen Güterfernverkehrs nicht angängig. Allerdings hat der Reichsminister der Finanzen im Erlaß vom 11. November 1936, Abschn. II ausgeführt: "Jede Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen in der Fernzone fällt entweder unter den Begriff des Güterfernverkehrs oder des Werkfernverkehrs. Eine dritte Art von Güterfernverkehr in der Fernzone gibt es nicht." Der Reichsfinanzhof hat zwar in dem Urteil II 434/37 vom 14. Januar 1938 diesen Erlaß als für die Finanzbehörden verbindlich erklärt. Andererseits hat der Bundesfinanzhof jedoch im Urteil II 41/51 vom 20. Juli 1951 ausgesprochen, daß der bezeichnete Erlaß die Steuergerichte nicht binde, da es sich nicht um einen Milderungserlaß handle. Das Finanzgericht hat nicht verkannt, daß zum Begriff des Güterfernverkehrs die Beförderung für andere gehört, während sie bei Annahme von Miete oder Charterung des Kraftfahrzeugs im eigenen Interesse erfolge. Es ist jedoch der Auffassung, daß selbst, wenn Miete oder Charterung im Streitfall vorliegen sollte, Beförderungsteuer erhoben werden müsse. Einer Umgehung der Beförderungsteuer müsse die Anerkennung versagt und im Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter das umgangene Beförderungsverhältnis unterstellt werden (Hein-Eichhoff-Pukall-Krien, Kommentar zum Güterkraftverkehrsgesetz, § 48 Anm. 8). Das Finanzgericht hat jedoch nichts dafür beigebracht, daß die Bfin. die Vereinbarung mit der Firma K. vom 22. Juli 1948 zum Zweck der Umgehung der Beförderungsteuer abgeschlossen habe. Die Bfin. hat jedenfalls unwiderlegt erklärt, daß sie keinen "krummen Weg" beschritten habe, sondern der von ihr gewählte Weg in Anbetracht der Zeitverhältnisse kurz nach der Währungsreform und im Hinblick auf die besonderen Erfordernisse des Zeitungstransports der einzig richtige gewesen sei. Unter diesen Umständen ist die Annahme der Steuerumgehung durch das Finanzgericht nicht begründet. Auch Hein-Eichoff-Pukall-Krien, Kommentar zum Güterkraftverkehrsgesetz, § 48 Anm. 8, führen nur aus, daß es keine Möglichkeit der wirksamen Umgehung des Genehmigungs- und Tarifzwangs durch Miete des Kraftfahrzeugs eines anderen Unternehmens gebe. Dem ist für den Fall der Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen unter Schaffung von Scheintatbeständen unbedenklich zuzustimmen. Im Streitfall ist aber nach dem Gesagten nichts für das Vorliegen eines Umgehungstatbestandes beigebracht worden. Die Unterstellung steuerpflichtigen Güterfernverkehrs -- auch bei ernst gemeinter nicht auf Abschluß eines Beförderungsvertrags gerichteter Vertragsgestaltung -- entbehrt der gesetzlichen Grundlage.

Im übrigen hat das Finanzgericht die Auffassung vertreten, daß im Streitfall steuerpflichtiger Güterfernverkehr auf Grund der bestehenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse vorliege. Es bezieht sich hierfür auf den Satz der Vereinbarung:

"Sie werden den Transport der Zeitungen ohne Verzug auf dem schnellsten und kürzesten Wege vornehmen und für eine möglichst schnelle Beförderung Sorge tragen."

Es ist zuzugeben, daß dieser Satz für Beförderungsübernahme durch die Firma K. spricht. Es ist aber bedenklich, wenn sich das Finanzgericht auf den einen Satz bezieht, ohne die übrigen Vereinbarungen, die zum Teil gegen die Annahme des Abschlusses eines Beförderungsvertrags sprechen, entsprechend zu würdigen. Hierher gehören die eingehenden Bestimmungen über den Einsatz des Fahrzeugs einschließlich der der Bfin. vorbehaltenen Kontrollen, der Verzicht der Firma K. auf Anbringung von Propagandaschildern, insbesondere Werbeplakaten für politische Parteien, und andererseits die Berechtigung der Bfin., ihrerseits eigene Werbemittel anzubringen. Danach ist die Annahme eines Beförderungsvertrags auf Grund der Vereinbarung vom 22. Juli 1948 nicht ausreichend begründet.

Beförderungsverträge sind regelmäßig Werkverträge (Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 66 S. 12; Baumbach-Duden, Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 14. Aufl., § 425 Anm. 1 C). Der Begriff der Beförderung ist da erfüllt, wo eine der Raumüberwindung für Personen oder Güter dienende Tätigkeit entfaltet wird (Urteil des Bundesfinanzhofs II 176/51 U vom 14. Dezember 1951, BStBl 1952 III S. 22, Slg. Bd. 56 S. 52). Jedoch können auch Miet- und Dienstverträge für Beförderungszwecke abgeschlossen werden (Baumbach-Duden, a. a. O.; Soergel, Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 611 Anm. 2). Die Rechtsprechung der Zivilgerichte hat sich mit einschlägigen Fragen wiederholt befaßt. Stellt ein Schlepper die Kraft seines Schleppzugs zur Verfügung, ohne einen bestimmten Erfolg zu übernehmen und ohne selbst oder durch seine Leute Dienste zu leisten, so liegt Sachmiete mit Dienstverschaffung vor (Reichsgericht im Recht 1927 Nr. 1979). Ebenso handelt es sich um Miete mit Dienstverschaffungsvertrag bei Überlassung des Kraftfahrzeugs zum Transport gegen Entgelt und Stellung des Fahrers (Reichsgericht in Juristische Rundschau 1926 II Nr. 1 S. 6). Ebenso Urteil des Reichsgerichts 234/19 VI vom 4. Dezember 1919 in Juristische Wochenschrift 1920 Nr. 4 S. 284. Zum Frachtvertrag gehört überdies, daß der Frachtführer die Ortsveränderung unter eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung vornimmt. Hierzu muß ihm das zu befördernde Gut übergeben werden. Nicht aber genügt es für den Abschluß eines Frachtvertrags, wenn der Unternehmer nur die bewegende Kraft oder seine Leute einem anderen zur Verfügung stellt, damit dieser die Beförderung selbst ausführen kann (Gadow im Kommentar der Reichsgerichtsräte zum HGB, § 425 Anm. 4). Diese Grundsätze des BGB und HGB gelten auch in dem hier in Betracht kommenden Punkte für die Beförderungsteuer (so auch Klein, Beförderungsteuer und Umsatzsteuer bei Gestellung bemannter Fahrzeuge und bei Unterbeförderungsverträgen, Deutsche Steuer-Zeitung, Ausgabe A 1956 S. 350, C III; Plückebaum-Malitzky, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, § 4 Ziff. 9 Anm. 2517). Die vorstehend entwickelten Rechtsgrundsätze sind auch im Streitfall zu beachten. Da dies nicht geschehen ist, somit Rechtsirrtum oder wenigstens die Möglichkeit eines solchen beim Finanzgericht vorliegt, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Die nicht spruchreife Sache wird an das Finanzgericht zu erneuter Prüfung unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen darüber zurückverwiesen, ob steuerpflichtiger Güterfernverkehr oder beförderungsteuerfreier Miet- und Dienstleistungsvertrag vorliegt. Hierbei sind die Behauptungen in dem Ergänzungsgutachten vom 5. Januar 1958 S. 3 bis 5 über die Unterwerfung des Fahrers unter die Anordnungen der Bfin, zu berücksichtigen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410155

BStBl III 1961, 450

BFHE 1962, 502

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