Entscheidungsstichwort (Thema)

Klageerhebung durch Gesellschafter-Geschäftsführer einer Personengesellschaft; notwendige Beiladung

 

Leitsatz (NV)

1. Der für eine Personengesellschaft auftretende Gesellschafter-Geschäftsführer, der neben dieser selbst klagebefugt ist, hat die Klage nur dann sowohl für die Gesellschaft als auch für sich selbst erhoben, wenn er eine entsprechende Prozeßerklärung abgegeben hat.

2. Der Gesellschafter einer Personengesellschaft, der die Steuervergünstigung des § 6 b EStG in Anspruch nehmen will, ist beizuladen.

 

Normenkette

FGO §§ 48, 60 Abs. 3; EStG § 6b Abs. 3

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) -- eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts -- (GbR) vermietete Ferienwohnungen ihrer Gesellschafter. Sie selbst hat kein Betriebsvermögen.

Mit Wirkung zum 1. Januar 1989 übertrug der Gesellschafter S "die Rechte an seinen drei Wohnungen" im Tausch gegen landwirtschaftliche Grundstücke auf H. Gleichzeitig schied S aus der GbR aus.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) stellte im Rahmen des Gewinnfeststellungsbescheides 1989 einen Veräußerungsgewinn in Höhe von ... DM fest, den es S zurechnete. Der Einspruch, mit dem S beantragte, die anläßlich des Veräußerungsvorgangs aufgedeckten stillen Reserven gemäß § 6 b Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf Wirtschaftsgüter seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes zu übertragen und den Restbetrag in eine Rücklage nach § 6 b EStG einzustellen, blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) gab der von der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin "namens und im Auftrag" für diese, "vertreten durch den Gesellschafter S" erhobenen Klage statt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

1. Das FG hätte den Gesellschafter S zum Verfahren beiladen müssen (§ 60 Abs. 3 FGO).

a) Der Gesellschafter S ist nicht selbst Kläger.

Die Klage ist von der (klagebefugten) GbR erhoben worden. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat für einen vergleichbaren Fall bereits im Urteil vom 26. März 1980 I R 87/79 (BFHE 131, 1, BStBl II 1980, 586) entschieden, daß der für die Gesellschaft auftretende Gesellschafter-Geschäftsführer, der neben dieser klagebefugt ist, die Klage nur dann sowohl für die Gesellschaft als auch im eigenen Namen erhoben hat, wenn er eine entsprechende Prozeßerklärung abgegeben hat (vgl. auch Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 48 Anm. 14, m. w. N.). Darauf hätte ihn das FG hinweisen müssen. In der Revisionsinstanz ist dies nicht mehr möglich.

b) Die Beiladung war erforderlich, weil der Streit eine S persönlich angehende Frage betrifft und er deshalb klagebefugt war (§ 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO).

Dem vom FG festgestellten Sachverhalt läßt sich zwar nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen, ob der Gewinn aus der Veräußerung der -- S gehörenden -- Eigentumswohnungen oder -- wie das FG an genommen hat -- der Veräußerung seines Anteils an der GbR oder durch beides entstanden ist. Die Frage kann hier offenbleiben. S war in beiden Fällen beizuladen.

Im ersten Fall geht der Streit um eine das Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters betreffende Frage (zur Beiladung in diesem Fall vgl. etwa BFH-Urteil vom 10. Februar 1988 VIII R 352/82, BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544); die Voraussetzungen des § 6 b EStG sind im Rahmen der für S zu erstellenden Sonderbilanz zu prüfen (vgl. dazu u. a. BFH-Urteil vom 24. März 1992 VIII R 48/90, BFHE 168, 521, BStBl II 1993, 93).

Im zweiten Fall war mit der Frage, ob der Gesellschafter die Steuervergünstigung nach § 6 b EStG in Anspruch nehmen kann, ebenfalls eine persönliche Angelegenheit zu klären (zur Beiladung bei Anteilsveräußerungen vgl. etwa BFH-Urteil vom 21. Juli 1987 VIII R 302/82, BFH/NV 1989, 304, m. w. N.). Eine Rücklage nach § 6 b Abs. 3 EStG kann zwar auch mit dem Ziel gebildet werden, den beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft anfallenden Veräußerungsgewinn zu vermeiden; die Rücklage mindert aber nicht den Gesellschaftsgewinn, sondern ist in einer Einzelbilanz des Gesellschafters oder in der Handelsbilanz = Steuerbilanz einer anderen Personengesellschaft zu bilden, an der er beteiligt ist (vgl. dazu BFH-Urteile vom 25. Juli 1979 I R 175/76, BFHE 129, 17, BStBl II 1980, 43; vom 25. April 1985 IV R 83/83, BFHE 144, 25, BStBl II 1986, 350).

2. Die Beiladung kann im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden.

Ist eine notwendige Beiladung unterblieben, muß das Revisionsgericht die Vorentscheidung aufheben und die Sache an das FG zurückverweisen (ständige Rechtsprechung, vgl. Gräber/Koch, a.a.O., § 60 Anm. 73, m. w. N.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 420801

BFH/NV 1996, 52

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