Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff des häuslichen Arbeitszimmers: Lagerraum im Keller

 

Leitsatz (NV)

Wird der Kellerraum eines Einfamilienhauses ausschließlich als Lager für pharmazeutische Produkte und Werbematerialien beruflich genutzt, unterliegt er nicht der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG; denn er ist begrifflich kein häusliches Arbeitszimmer.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b, § 9 Abs. 5

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg (Urteil vom 14.02.2001; Aktenzeichen 2 K 105/99; EFG 2001, 677)

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kellerraum eines Einfamilienhauses, der ausschließlich als Lager für pharmazeutische Produkte und Werbematerial beruflich genutzt wird, ein häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Diplompsychologe und war im Streitjahr (1996) als Pharmareferent bei einem Pharmakonzern angestellt. Zusammen mit drei weiteren Mitarbeitern bildete er eine Arbeitsgruppe, die ein vom Arbeitgeber bestimmtes Gebiet betreute. Der Kläger war sowohl für den Finanzbereich (Finanzprüfung, Budgetplanung, Buchhaltung und Ausgabenkontrolle) als auch für die Lagerverwaltung (Musterbestellung, Werbemittelbeschaffung und Lagerhaltung) der Arbeitsgruppe verantwortlich. Da ihm der Arbeitgeber für diese Tätigkeiten keinen Raum zur Verfügung stellte, nutzte der Kläger einen 15 qm großen Raum im Erdgeschoss des von ihm und seiner Ehefrau (der Klägerin) bewohnten Einfamilienhauses als Büro und einen weiteren, ebenfalls 15 qm großen Raum im Untergeschoss als Lager für pharmazeutische Produkte und Werbematerialien. Das Büro war mit einer vom Arbeitgeber gestellten EDV-Anlage ausgestattet. Von hier aus betreute der Kläger Kunden, plante seine Kundenbesuche, führte die Kundenkartei, erstellte Angebote und erledigte den Schriftverkehr.

Die Aufwendungen für das Büro und den Lagerraum beliefen sich im Streitjahr auf insgesamt 10 073,44 DM. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) erkannte hiervon lediglich einen Betrag von 2 400 DM an.

Die dagegen gerichtete Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) berücksichtigte die Aufwendungen für den Lagerraum im Keller in voller Höhe (3 998 DM) und die Aufwendungen für das Büro im Erdgeschoss in Höhe von 2 400 DM als Werbungskosten. Hinsichtlich des Lagerraums führte das FG aus, der Kläger habe dort keine Tätigkeit ausgeübt; das Lager sei daher kein "häusliches Arbeitszimmer" im Sinne der Abzugsbeschränkung. Hinsichtlich des Büros entschied das FG, die dort ausgeübte Tätigkeit sei für den Beruf des Pharmareferenten nicht prägend gewesen; das Arbeitszimmer habe daher nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung des Klägers gebildet. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 677 abgedruckt.

Mit der Revision macht das FA geltend, ein Raum im Keller des Wohnhauses und insbesondere auch ein als Lager genutzter Raum könne "häusliches Arbeitszimmer" im Sinne der Abzugsbeschränkung sein. Für eine unterschiedliche Behandlung von Lagerräumen und Büroräumen im Wohnbereich und damit in der privaten Sphäre des Steuerpflichtigen lasse die gesetzliche Regelung keinen Spielraum.

Das FA beantragt, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger treten der Revision entgegen. Zur Begründung verweisen sie im Wesentlichen auf die Ausführungen des FG. Darüber hinaus machen sie geltend, dass auch die für das Büro angefallenen Aufwendungen in unbeschränkter Höhe als Werbungskosten anzuerkennen seien. Insoweit müsse geklärt werden, ob für einen Pharmavertreter, der über keinen eigenen Arbeitsplatz am Stammsitz des Arbeitgebers verfüge, ein ungekürzter Werbungskostenabzug hinsichtlich des im eigenen Einfamilienhaus eingerichteten häuslichen Büros in Betracht komme.

 

Entscheidungsgründe

II. 1. Die Revision des FA ist unbegründet.

Im Ergebnis zutreffend hat das FG die Aufwendungen für den als Lager genutzten Kellerraum in voller Höhe als Werbungskosten anerkannt. Dieser Raum fällt nicht unter die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG.

a) Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Sätze 1 und 2 EStG kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen, es sei denn, die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers beträgt mehr als 50 v.H. der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit oder für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. In diesen Fällen wird nach Satz 3 Halbsatz 1 der Vorschrift (in der hier maßgeblichen Fassung) die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 2 400 DM begrenzt.

b) Ein Raum im Keller des vom Steuerpflichtigen bewohnten Einfamilienhauses ist zwar grundsätzlich der häuslichen Sphäre zuzurechnen. Wird dieser Raum jedoch ausschließlich als Lager beruflich genutzt, so ist er seiner Funktion nach kein häusliches Arbeitszimmer.

Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers ist im Gesetz nicht näher bestimmt. Der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zufolge erfasst die Abzugsbeschränkung das häusliche Büro, d.h. einen Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient (BFH-Urteile vom 19. September 2002 VI R 70/01, BFHE 200, 336, BStBl II 2003, 139; vom 16. Oktober 2002 XI R 89/00, BStBl II 2003, 185; vom 13. November 2002 VI R 164/00, BFH/NV 2003, 550; vom 5. Dezember 2002 IV R 7/01, BFH/NV 2003, 695, Der Betrieb ―DB― 2003, 802).

Ein als Lager, Werkstatt oder Arztpraxis genutzter Raum ist dementsprechend regelmäßig auch dann kein häusliches Arbeitszimmer, wenn er seiner Lage nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist (BFH-Urteile in BFHE 200, 336, BStBl II 2003, 139; in BFH/NV 2003, 695, DB 2003, 802). Er erfüllt ―anders als beispielsweise ein Archiv (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 200, 336, BStBl II 2003, 139, 142)― insbesondere auch keine (Teil-)Funktionen, die typischerweise einem häuslichen Arbeitszimmer zukommen.

c) Den Feststellungen des FG zufolge hat der Kläger in dem hier streitigen Kellerraum pharmazeutische Produkte und Werbematerialien gelagert. Das FG hat daher zutreffend entschieden, dass dieser Raum seiner Funktion nach kein häusliches Arbeitszimmer ist. Die geltend gemachten Kosten unterliegen schon aus diesem Grund nicht der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG. Ob der Raum darüber hinaus ―wie das FG meint― nicht der häuslichen Sphäre der Kläger zuzurechnen ist, kann dahingestellt bleiben. Der Senat verweist hinsichtlich der insoweit geltenden Grundsätze auf sein Urteil in BFH/NV 2003, 550.

2. Ob der Vortrag der Kläger aus ihrem Schriftsatz vom 24. Juni 2001, auch die für das Büro angefallenen Aufwendungen seien in unbeschränkter Höhe als Werbungskosten anzuerkennen, als unselbständige Anschlussrevision zu verstehen ist, braucht hier nicht entschieden zu werden; denn ein entsprechender Antrag wäre jedenfalls verspätet gewesen. Die unselbständige Anschlussrevision muss innerhalb eines Monats nach Zustellung der Revisionsbegründung eingelegt und begründet werden; diese Frist kann ―anders als die Frist zur Erwiderung auf die Revisionsbegründung― nicht verlängert werden (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 120 Rz. 84). Im Streitfall lief die Frist zur Einlegung und Begründung einer unselbständigen Anschlussrevision Ende Mai 2001 ab.

 

Fundstellen

Haufe-Index 954363

BFH/NV 2003, 1163

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