Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Zeitpunkt der Aufnahme einer Gewinnbeteiligung im Jahresabschluß eines GmbH-Gesellschafters

 

Leitsatz (NV)

Allein aus dem Umstand, daß es sich um beherrschende Gesellschafter einer GmbH handelt, folgt noch nicht, daß der Gewinnausschüttungsanspruch bereits im Jahr der Entstehung des Gewinns aktiviert werden muß.

 

Normenkette

EStG §§ 4-5, 15

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Tatbestand

Die Kommanditisten der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) waren im Streitjahr 1980 A (verstorben, Erbe Z) und seine Ehefrau B (Beigeladene zu 2.) sowie ihr Sohn, Z (Beigeladener zu 1.). Komplementärin der Klägerin war die A-GmbH (GmbH), deren Stammkapital in den Händen von A (11 000 DM) und B (9 000 DM) lag. Geschäftsführer der GmbH waren ihre beiden Gesellschafter und der Beigeladene zu 1. Die GmbH nahm außer ihrer Funktion als Komplementärin und Geschäftsführerin der Klägerin keine weiteren Aufgaben wahr. Das Geschäftsjahr der GmbH endete, ebenso wie das der Klägerin am 30. Juni. § 16 des GmbH-Gesellschaftsvertrages bestimmte, daß der jeweilige Jahresgewinn nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet wird, es sei denn, die Gesellschafter würden etwas anderes beschließen.

Die Gewinnanteile der GmbH beliefen sich - neben der der GmbH gewährten vollen Erstattung ihrer Unkosten - von ihrer Gründung im Jahr 1968 an bis einschließlich des Wirtschaftsjahres 1978/1979 auf jährlich 1000 DM. Gewinne waren seit 1968 nicht ausgeschüttet worden.

Aufgrund der im Mai 1981 aufgestellten Bilanz der Klägerin betrug der Gewinnanteil für die GmbH im Geschäftsjahr 1979/1980 . . . DM. Im Dezember 1981 wurde die Bilanz der GmbH nebst der Gewinn- und Verlustrechnung aufgestellt. Ebenfalls im Dezember 1981 beschlossen die Gesellschafter der GmbH formell, eine Gewinnausschüttung von insgesamt . . . DM vorzunehmen.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erfaßte diesen Betrag zusammen mit der anrechenbaren Körperschaftsteuer bereits bei der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für das Jahr 1980 als Sonderbetriebseinnahmen der Kommanditisten A und B. Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1987, 111).

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts.

Dem FG sei zwar zuzugeben, daß bei Erstellung der Sonderbilanzen ein Ausschüttungsbeschluß noch nicht erkennbar gewesen sei. Gleichwohl werde das FG dem Grundgedanken der zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) und des BFH nicht gerecht.

Das BGH-Urteil (BGHZ 65, 230) habe das Realisationsprinzip erweitert und das Stichtagsprinzip für Vorgänge dieser Art und bei Mehrheitsbeteiligungen aufgehoben. Der BFH habe sich dem angeschlossen, obwohl in einem Fall nur eine Minderbeteiligung und im anderen Fall eine paritätische Beteiligung vorgelegen hätten. Der BFH sei also noch weiter gegangen als der BGH und habe auf die tatsächliche Sicherheit der Ausschüttung am Bilanzstichtag aufgrund tatsächlicher Beherrschung abgestellt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Das FG hat zu Recht die Erfassung der Gewinnansprüche gegen die GmbH als Sonderbetriebseinnahmen des Z (als Rechtsnachfolger seines Vaters A) und der B für das Streitjahr verneint.

Die Gewinnansprüche der Kommanditisten aus ihrer Beteiligung an der Komplementär-GmbH mußten hier im Rahmen der Gewinnermittlung der KG beim Sonderbetriebsvermögen der Kommanditisten erfaßt werden, weil auch die Anteile der Komplentär-GmbH hier zum Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter gehörten. Die Komplementär-GmbH nahm außer ihrer Funktion als Komplementärin und Geschäftsführerin der KG keine weiteren Aufgaben wahr (vgl. BFH-Urteil vom 12. November 1985 VIII R 286/81, BFHE 145, 62, zu 2 b; BStBl II 1986, 55).

Das FG ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, daß Gewinne aus Beteiligungen an einer GmbH im allgemeinen erst dann im Jahresabschluß eines Gesellschafters aufzunehmen sind, wenn ein Gewinnverwendungsbeschluß der Gesellschaft vorliegt und damit ein Rechtsanspruch auf einen Gewinnanteil in bestimmter Höhe begründet worden ist (BFH-Urteil vom 3. Dezember 1980 I R 125/77, BFHE 132, 80, BStBl II 1981, 184).

Der BGH hat jedoch unter Hinweis auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise und im Interesse der Aussagefähigkeit der Bilanz die Aktivierung unter folgenden Voraussetzungen zugelassen (Urteil vom 3. November 1975 II ZR 67/73, BGHZ 65, 230, zu 2.): Der Anspruch muß sich gegen ein verbundenes Unternehmen mit gleichem Geschäftsjahr richten, an dem die Gesellschaft mit Mehrheit beteiligt ist, und infolgedessen in dem Zeitpunkt, in dem diese Gesellschaft ihren Jahresabschluß feststellt, die Entstehung der Forderung mindestens tatsächlich gesichert erscheint.

Der BFH (Urteil vom 2. April 1980 I R 75/76, BFHE 131, 196, BStBl II 1980, 702) ist dieser Rechtsprechung gefolgt und hat eine steuerrechtliche Aktivierungspflicht eines am Bilanzstichtag rechtlich noch nicht fest entstandenen Gewinnanspruchs auch dann bejaht, wenn die Muttergesellschaft nur zu 47,5 v. H. an der Kapitalgesellschaft beteiligt war, jedoch zusammen mit einer anderen Gesellschaft die Kapitalgesellschaft beherrschte und beide die von ihnen gewünschte Gewinnverteilung durchsetzen konnten (ähnlich BFH-Urteil vom 3. Dezember 1980 I R 125/77, BFHE 132, 80, BStBl II 1981, 184; diese Rechtsprechung bestätigend BFH-Urteil vom 7. Dezember 1983 I R 70/77, BFHE 140, 221, BStBl II 1984, 384). Im Urteil vom 8. März 1989 X R 9/86 (BFHE 156, 443 zu 3., BStBl II 1989, 714) hat der BFH diese Grundsätze auch auf die Fälle ausgedehnt, in denen ein Einzelunternehmer an der Kapitalgesellschaft mehrheitlich beteiligt ist.

Es kann im Streitfall offenbleiben, ob die Eheleute beherrschende Gesellschafter der GmbH waren. Auch wenn dies zu bejahen sein sollte, folgt daraus allein noch nicht, daß der Gewinnausschüttungsanspruch bereits im Jahr der Entstehung des Gewinns aktiviert werden müßte.

Der Sachverhalt enthält die Besonderheit, daß lt. Satzung der Gewinn grundsätzlich nicht ausgeschüttet wird. In den Jahren vor dem Streitjahr ist er auch nie ausgeschüttet worden. Ferner war er früher nie so hoch wie im Streitjahr. Aus diesen Gründen kann hier die Absicht, den Gewinn auszuschütten, nicht schon am Bilanzstichtag der GmbH unterstellt werden. Nicht nur, daß aufgrund der Satzungsregelung grundsätzlich von einer gegenteiligen Absicht der Gesellschafter auszugehen war, bisher haben sich die Gesellschafter tatsächlich entsprechend der Satzungsregelung verhalten. Das FG hat keinerlei Anhaltspunkte dafür festgestellt, daß die Gesellschafter im Streitjahr von ihrer bisherigen Praxis abweichen würden. Schließlich gibt es keine Anhaltspunkte, die eine Beurteilung erlauben, wie sich die Gesellschafter im Falle eines Gewinns verhalten würden, der erheblich über dem der Vorjahre lag. Aus der Tatsache, daß 1981 ein Gewinnausschüttungsbeschluß gefaßt wurde, kann unter diesen Umständen nicht auf die innere Einstellung mehrerer Personen (der Gesellschafter) zur Ausschüttung und darüber hinaus zur Höhe der Ausschüttung am Bilanzstichtag geschlossen werden (vgl. dazu BFH in BFHE 156, 443 zu 3., BStBl II 1989, 714). Ob anders zu entscheiden wäre, wenn nur ein Gesellschafter vorhanden wäre, kann im Streitfall offenbleiben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417625

BFH/NV 1991, 808

BB 1992, 29

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