Leitsatz (amtlich)

1. Überträgt ein Ehegatte seinen Grundstücksmiteigentumsanteil aus Anlaß der Beendigung der Zugewinngemeinschaft wegen Ehescheidung auf den anderen Ehegatten, so ist dies ein Erwerbsvorgang im Sinne des Grunderwerbsteuerrechts.

2. Die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 5 GrEStG ist auch nicht entsprechend anwendbar. Die Besteuerung ist kein Verstoß gegen die verfassungsrechtlichen Gebote der Gleichbehandlung und des besonderen Schutzes der Ehe und Familie.

2. Übernimmt der Erwerber die auf dem ganzen Grundstück ruhenden Verbindlichkeiten im Verhältnis zu Gläubigern und anderem Ehegatten als Alleinschuldner, so liegt hierin in Verbindung mit dem Entfallen seines Ausgleichsanspruches die Gegenleistung.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 5, § 10 Abs. 1; GG Art. 3, 6 Abs. 1; BGB §§ 414, 416, 426 Abs. 2, § 1363 ff.

 

Tatbestand

Der Kläger und seine frühere Ehefrau hatten im Jahre 1962 ein Grundstück je zur ideellen Hälfte erworben. Der Kaufpreis war zum geringeren Teil aus Eigenmitteln der Ehegatten, im übrigen durch hypothekarisch gesicherten Kredit getilgt worden. Aus Anlaß der bevorstehenden Ehescheidung übertrug die damalige Ehefrau des Klägers im August 1963 "im Zuge der Auseinandersetzung des während der Ehe erworbenen ehelichen Vermögens" ihre Miteigentumshälfte am Grundstück zu Alleineigentum auf den Kläger. Die auf dem ganzen Grundstück ruhenden Belastungen übernahm der Kläger als Alleinschuldner; er verpflichtete sich, seine Ehefrau aus diesen Verbindlichkeiten freistellen zu lassen. Die Ehegatten verzichteten gegenseitig auf Unterhaltsansprüche für Vergangenheit und Zukunft, einschließlich für den Fall des Notbedarfs. Die Ehe wurde im September 1963 geschieden.

Das FA (Beklagter) setzte wegen der Übertragung der ideellen Grundstückshälfte Grunderwerbsteuer aus der halben Hypothekenvaluta und dem Wert des Unterhaltsverzichts fest.

Der Kläger ist der Auffassung, daß die Übertragung der ideellen Grundstückshälfte aus Anlaß der Auflösung der Zugewinngemeinschaft als güterrechtliche Auseinandersetzung kein Grundstückserwerb "im eigentlichen Sinne" sei und daß deshalb ein grunderwerbsteuerrechtlicher Vorgang nicht vorliege. - Allenfalls dürfe eine Grunderwerbsteuer nur nach dem - hier aber mit Null anzusetzenden - Zugewinnausgleich festgesetzt werden. Da er bereits vor Vertragsabschluß für die volle Grundstücksschuld gehaftet habe, habe er eine zusätzliche Belastung nicht übernommen -. Eine Besteuerung verstoße im übrigen gegen die im GG vorgesehene Förderung der Familie, da sie eine (steuerlich unbelastete) Auflösung der Zugewinngemeinschaft unmöglich mache.

Der Einspruch hatte nur insoweit Erfolg, als der Beklagte den Wert des Unterhaltsverzichts aus der Gegenleistung ausschied.

Das FG wies die Berufung als unbegründet zurück.

Mit der Rechtsbeschwerde beantragt der Kläger erneut Freistellung von der angeforderten Grunderwerbsteuer.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Rechtsbeschwerde - jetzt Revision - ist nicht begründet.

1. Ideelles Miteigentum ist bürgerlich-rechtlich und grunderwerbsteuerrechtlich Volleigentum zu bestimmten Bruchteilen, auf das die Vorschriften über Alleineigentum anzuwenden sind (vgl. die Rechtsprechungsnachweise von Degenhardt bei Palandt, Kommentar zum BGB, 30. Aufl., Einf. vor § 1008 BGB Anm. 2; Boruttau/Klein, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 9. Aufl., § 1 Tz. 30). Die Übertragung der sachenrechtlich dem einen Miteigentümer zustehenden Grundstückshälfte auf den anderen Miteigentümer ist ein grunderwerbsteuerrechtlicher Erwerbsvorgang i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Das gilt auch für Grundstücksübertragungen zwischen Ehegatten, die nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers grundsätzlich der Grunderwerbsteuerpflicht unterliegen, es sei denn, daß ein Befreiungstatbestand - etwa gemäß § 3 Nrn. 2, 4, 5 GrEStG - eingreift (vgl. Urteil des BFH II 132/65 vom 13. Januar 1970, BFH 98, 453, BStBl II 1970, 440, mit weiteren Nachweisen auch zur Entstehungsgeschichte).

Bei dem Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 ff. BGB) sind das - auch während der Ehe erworbene - Vermögen des Mannes und das der Frau getrennte Vermögensmassen (§ 1363 Abs. 2 BGB), die jeder Ehegatte vorbehaltlich der §§ 1365 ff. BGB selbständig verwaltet (§ 1364 BGB). Eine gemeinschaftliche Vermögensmasse gibt es nicht; sie entsteht auch nicht bei Beendigung, etwa zum Zwecke der Teilung (Lauterbach bei Palandt, a. a. O., Grundzüge vor § 1363, Anm. 3). Eine Auseinandersetzung wie bei der Gütergemeinschaft zur Teilung eines (bei der Zugewinngemeinschaft nicht vorhandenen) Gesamtgutes (§§ 1471 ff. BGB) findet nicht statt. Eine "Auseinandersetzung" ist bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft durch Ehescheidung (§ 1372 BGB) nur in dem Sinn erforderlich, als ggf. zu klären ist, welchem Ehegatten die einzelnen Vermögensgegenstände gehören, und daß der Zugewinn eines jeden Ehegatten (§§ 1373 ff. BGB) und eine eventuelle Ausgleichsforderung (§ 1378 BGB) zu ermitteln sind. Diese Ausgleichsforderung ist eine auf Geld gerichtete persönliche Forderung (vgl. Lauterbach bei Palandt, a. a. O., § 1378 Anm. 1; Scheffler/Koeniger, Kommentar von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern zum BGB, 10./11. Aufl., § 1378 Anm. 3). Überträgt ein Ehegatte im Zuge einer solchen "Auseinandersetzung" - unbeschadet der (vom FG für den vorliegenden Fall verneinten) Frage, ob eine Ausgleichsforderung besteht oder nicht - ein ihm gehöriges Grundstück (Grundstücksmiteigentum) auf den anderen Ehegatten, so ist dies ein grunderwerbsteuerrechtlicher Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, auf den jedenfalls die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 5 GrEStG nicht, auch nicht entsprechend, angewendet werden kann (vgl. im einzelnen bereits BFH 98, 456 ff.).

Der Grunderwerbsteuer unterliegt grundsätzlich jeder Grundstückswechsel, ohne Rücksicht darauf, ob er freiwillig oder nicht freiwillig erfolgt, ob er also auf Rechtsgeschäft, Ausspruch einer Behörde oder unmittelbar auf Gesetz beruht (vgl. Boruttau/Klein, a. a. O., § 1 Tz. 35). Abgesehen davon, daß der Kläger eine entsprechende Verfahrensrüge nicht erhoben, der Senat also seiner Entscheidung die tatsächlichen Feststellungen des FG als bindend zugrundezulegen hat (vgl. § 290 Abs. 1, § 296 Abs. 2 AO a. F.; § 118 Abs. 2 und 3, § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO, könnte sich an der Grunderwerbsteuerpflicht dem Grund nach auch dann nichts ändern, wenn das Grundstück als Siedlungsstelle, etwa aus Haftungsgründen, nur an Eheleute als Miteigentümer, sonst nur an einen Alleineigentümer vergeben werden durfte und wenn deshalb bei Scheidung der Ehe aus diesem Grund (wegen entsprechender rechtlicher Bindung) oder aus anderen persönlichen Erwägungen der bisherigen Eheleute das Grundstück praktisch von einem von ihnen in Alleineigentum übernommen wurde.

Der Einwand des Klägers, die Besteuerung der Übertragung von Miteigentum auf den anderen Ehegatten aus Anlaß der Ehescheidung sei verfassungswidrig, zielt offenbar auf eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 GG. Der Kläger meint, daß durch das Ersetzen des früheren gesetzlichen Güterstandes der Verwaltung und Nutznießung des Mannes durch den der Zugewinngemeinschaft das Frauenvermögen besonders geschützt worden sei und daß durch eine Besteuerung der im GG vorgesehene Schutz der Familie "geradezu sabotiert" werde. Art. 6 Abs. 1 GG verbietet zwar grundsätzlich bei der Besteuerung eine an die Ehe oder an die Familie anknüpfende Benachteiligung in dem Sinne, daß eine Steuerpflicht statuiert wird, die ohne das Band der Ehe oder der Familie nicht einträte (BVerfGE 16, 203, 208, BStBl I 1963, 620 u. 621 linke Spalte). Da aber - wie dargelegt - gerade bei der Zugewinngemeinschaft die Vermögen der Ehegatten getrennt gehalten sind, sind Eheleute bezüglich der Substanz der Vermögensmasse grundsätzlich so zu behandeln, wie wenn sie unverheiratet wären (BVerfGE 15, 328, 332, BStBl I 1963, 488, 489 linke Spalte). Eheleute und Familienangehörige als solche dürfen also nicht diskriminierend ungünstiger gestellt werden als Unverheiratete und Nichtfamilienangehörige. Da die Übertragung von Grundstückseigentum zwischen Fremden (ebenfalls) der Steuer unterliegt, ist eine grundgesetzwidrige Benachteiligung in der Besteuerung des Grundstücksübergangs zwischen Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft nicht zu erblicken. Das gilt um so mehr, wenn der Grundstückswechsel sich bei Scheidung der Ehe vollzieht, also zu einem Zeitpunkt, in dem das Band der Ehe ohnehin gelöst wird, der Schutzgedanke des Art. 6 Abs. 1 GG insoweit nicht mehr eingreift. Daß der Schutz der Familie, also auch der Bande zwischen Eltern und Kindern, durch eine Besteuerung des Übergangs von Grundstücken zwischen Eheleuten in Frage gestellt sei, leuchtet ohnehin nicht ein. - Die Frage, ob eine durch § 3 Nr. 5 GrEStG bedingte unterschiedliche Behandlung der Zugewinngemeinschaft gegenüber der Gütergemeinschaft gegen den Gleichheitsatz des Art. 3 GG verstoße, hat der Senat schon in dem Urteil II 132/65 vom 13. Januar 1970 (BFH 98, 453) verneint. Dort ist auch bereits dargelegt, daß der Umstand, daß der Güterstand der Zugewinngemeinschaft bei Schaffung des GrEStG 1940 noch nicht bekannt war, eine Freistellung von der Grunderwerbsteuer ohne ausdrücklichen Gesetzesbefehl nicht zuläßt.

2. Daß die damalige Ehefrau ihre Grundstücksmiteigentumshälfte dem Kläger habe schenken wollen (§ 3 Nr. 2 GrEStG), hat der Kläger selbst nicht behauptet, sondern im Gegenteil verneint. Eine (reine) Schenkung könnte schon deshalb nicht in Betracht kommen, weil der Kläger in den Vereinbarungen vom August 1963 aus Anlaß der Ehescheidung die auf dem ganzen Grundstück ruhenden Belastungen als Alleinschuldner übernommen und sich verpflichtet hatte, seine damalige Ehefrau aus diesen Verbindlichkeiten freistellen zu lassen. Außerdem hatten die Ehegatten - auch für den Fall des Notbedarfs - auf ihre Unterhaltsansprüche verzichtet. Der Beklagte hat allerdings in der Einspruchsentscheidung den Wert des Unterhaltsverzichts aus der Besteuerungsgrundlage ausgeschieden, weil er im Zweifel zugunsten des Klägers annahm, daß der Unterhaltsverzicht losgelöst von der Grundstücksübertragung abgeschlossen worden sei. Die Richtigkeit dieser Annahme mag dahinstehen. Entscheidend ist jedenfalls, daß der Kläger die auf dem ganzen Grundstück ruhende Gesamthypothek (§§ 1113, 1114, 1132 BGB; Degenhardt bei Palandt, a. a. O., § 1114 Anm. 2) als "alleiniger Schuldner" übernahm und sich verpflichtete, sich mit dem Gläubiger zwecks Entlassung seiner Ehefrau aus der Haftung umgehend nach der Ehescheidung in Verbindung zu setzen. Darin lag - wie das FG richtig erkannt hat - die Verpflichtung des Klägers begründet, seine Ehefrau aus der Gesamthaftung gegenüber den Gläubigern und in jedem Fall im Innenverhältnis zwischen den Ehegatten von ihren Verpflichtungen freizustellen, und zwar in dem Sinne, daß der Kläger auf den ihm durch seine Tilgung des Kredits erwachsenden Ausgleichsanspruch (vgl. §§ 426 Abs. 2, 1173, 1174 BGB; Soergel/Baur, Bürgerliches Gesetzbuch, 10. Aufl., § 1114 Tz. 1, § 1132 Tz. 14, § 1173 Tz. 5, § 1192 Tz. 1) verzichtete. In diesen Verpflichtungen, insbesondere im Entfallen dieses Ausgleichsanspruchs liegt die Gegenleistung im Sinne des § 10 Abs. 1 GrEStG (BFH 101, 138). Demgegenüber ist es unerheblich, daß der Kläger bereits vorher im Außenverhältnis als Gesamtschuldner in voller Höhe aus dem Kredit in Anspruch genommen werden konnte. Die zusätzliche Belastung, die er glaubt verneinen zu können, liegt eben darin, daß er für den Erwerb des Miteigentumsanteils seiner Ehefrau deren anteilige Schuldverpflichtung im Verhältnis der Ehegatten zueinander und nach Genehmigung durch die Gläubiger (§§ 414, 416 BGB) auch diesen gegenüber übernahm. Insofern liegt der Streitfall grundsätzlich anders als der des Urteils II 92/62 U vom 27. Januar 1965 (BFH 81, 552, BStBl III 1965, 199), auf den sich der Kläger deshalb zu Unrecht beruft. In jenem Fall waren zwar die Eheleute ebenfalls schon vor der Übertragung des Grundstücksmiteigentumsanteils Gesamtschuldner; es war aber - umgekehrt - Alleineigentum der Frau in Miteigentum der Eheleute umgewandelt worden und es hatte sich an den Schuld- und Haftungsverhältnissen gerade nichts geändert, weder im Verhältnis zu den Gläubigern, noch - dies ist ausschlaggebend - im Verhältnis der Eheleute zueinander.

Den Wert der Gegenleistung haben Beklagter und FG mit der halben Hypothekenvaluta angenommen. Gegen diesen Wertansatz an sich sind Bedenken nicht erhoben und nicht ersichtlich.

Demnach war die Revision zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 413109

BStBl II 1972, 474

BFHE 1972, 58

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