Entscheidungsstichwort (Thema)

Klagebefugnis nach Umwandlung einer OHG in eine KG; Darlehensvereinbarungen zwischen Angehörigen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine KG ist auch für Streitjahre klagebefugt, in denen die Gesellschaft die Rechtsform einer OHG hatte.

2. Darlehenszinsen sind nicht als Betriebsausgaben abziehbar, wenn die Vereinbarungen zwischen Angehörigen nicht betrieblich veranlaßt sind, sondern im privaten Bereich wurzeln.

 

Orientierungssatz

1. Die Schenkung i.S. des § 516 Abs. 1 BGB setzt eine Vermögensverschiebung in der Weise voraus, daß sich ein Rechtssubjekt zum Vorteil eines anderen eines Vermögensbestandteils tatsächlich und rechtlich entäußert. Der vermögensrechtliche Charakter der Schenkung erfordert, daß sie auf seiten des Empfängers eines endgültige und materielle, nicht eine vorübergehende oder formale Vermögensmehrung zum Gegenstand hat (vgl. BFH-Urteil vom 10.4.1984 VIII R 134/81).

2. Der Rechtsgrundsatz, wonach ein Vertrag zwischen nahen Angehörigen nur dann der Besteuerung zugrunde zu legen ist, wenn die Vereinbarung in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zustande gekommen ist und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten ―abgesehen von ihrem möglicherweise zwischen Fremden nicht üblichen Entstehungsgrund (Schenkung)― dem zwischen Fremden üblichen entspricht, ist auch zu beachten, wenn Vereinbarungen nicht unmittelbar zwischen Angehörigen, sondern zwischen einer Personengesellschaft und Angehörigen der Gesellschafter geschlossen sind und die Gesellschafter, mit deren Angehörigen die Verträge bestehen, die Gesellschaft beherrschen (vgl. BFH-Rechtsprechung).

3. Die Sachentscheidungsvoraussetzungen des finanzgerichtlichen Verfahrens sind auch im Revisionsverfahren ohne Rüge von Amts wegen zu prüfen (Literatur).

4. Die Personengesellschaft wird im Klageverfahren, das eine gesonderte Gewinnfeststellung zum Gegenstand hat, durch ihre jeweils vertretungsberechtigten Gesellschafter vertreten, selbst wenn diese im strittigen Zeitraum noch nicht Gesellschafter waren (vgl. BFH-Rechtsprechung).

 

Normenkette

FGO § 48 Abs. 1, § 40 Abs. 2; EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nrn. 1-2; BGB § 516 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Handelsgesellschaft, die sich in den Streitjahren in der Rechtsform einer OHG und danach in der Rechtsform einer KG mit der Herstellung und dem Vertrieb von … beschäftigt. Persönlich haftende Gesellschafterin ist seit dem 1.Januar 1975 die X & Co. Geschäftsführungsgesellschaft mbH mit einer Festeinlage von 20 000 DM. Der Klägerin gehören vom Stamm H.X. vier Kommanditisten und vom Stamm M.X. vier Kommanditisten an. Die Einlagen der Gesellschafter müssen stammesmäßig immer im festgesetzten Verhältnis von 1/2 zueinander stehen.

Gesellschafter der Klägerin war u.a. J.St., der am 15.Juli 1985 während des Revisionsverfahrens verstorben ist (Stamm M.X., seit Gründung der KG Kommanditist, künftig J.St.). Neben seinem Kapitalkonto wurde bei der Gesellschaft ein separates Gesellschafterkonto geführt, auf dem Gewinne, Zinsen und sonstige Einzahlungen gutgeschrieben und über das Entnahmen vorgenommen wurden. Das jeweilige Guthaben wurde als Darlehen des Gesellschafters an die Gesellschaft behandelt, das mit 2 v.H. über dem Bundesbankdiskontsatz, mindestens jedoch mit 6 v.H. und höchstens mit 8 v.H. jährlich verzinst wurde.

Durch Vereinbarung vom 10.Februar 1973 mit der Überschrift "Schenkungsvertrag" übertrug J.St. zwei Teilbeträge von je 500 000 DM seines auf dem Separatkonto verbuchten Guthabens gegen die Klägerin an seine volljährigen Söhne T.St. und H.St. Die durch Umbuchung bei der Klägerin zugunsten der Beschenkten eingerichteten Darlehenskonten unterlagen denselben Bestimmungen hinsichtlich der Verzinsung und Entnahmemöglichkeit wie das Separatkonto des Schenkers.

Die Übertragung erfolgte unter der Auflage, daß die Beschenkten ihren Eltern, als Gesamtgläubiger eine lebenslängliche monatliche Gesamtrente von 5 000 DM zu zahlen haben. Die Rentenverpflichtung begann am 1.Januar 1973. Sie war jeweils monatlich im voraus zu entrichten. Nach dem Tod eines der Rentenberechtigten steht die Rente dem anderen Berechtigten ungeschmälert zu. Zur Sicherung der Rentenansprüche war in der Vereinbarung bestimmt, daß Entnahmen zu Lasten der Darlehenskonten der Beschenkten nur mit ausdrücklicher Zustimmung beider Rentenberechtigten erfolgen können.

In Vollzug der Vereinbarung vom 10.Februar 1973 erhielt J.St. von seinen Söhnen eine monatliche Rente von zusammen 5 000 DM. Die Rentenzahlungen betrugen in den Streitjahren 1973 bis 1976 jährlich jeweils 60 000 DM, wobei die Rente für 1973 erst im Lauf des Jahres 1974 rückwirkend ausgezahlt wurde. Zum 31.Dezember 1974 wurde vom Konto des T.St. ein Betrag von 100 000 DM auf ein für ihn eingerichtetes Kapitalkonto umgebucht, da er mit Wirkung vom 1.Januar 1975 als Kommanditist in die Klägerin eintrat. Der Restbetrag von 400 000 DM auf dem Separatkonto sowie das Kapitalkonto dienten nach dieser Umbuchung weiterhin der Sicherung der Rentenansprüche.

Nach den Bilanzberichten der Klägerin entwickelten sich die Konten der Söhne wie folgt:

T.St. H.St.

――- ――-

DM DM

Übertrag von Konto J.St. 500 000,― 500 000,―

+ Zinsen 1973 37 916,― 37 916,―

./. Rente 1973 0,― 0,―

./. Entnahmen 1973 0,― 0,―

――――― ―――――

Stand 31.Dezember 1973 537 916,― 537 916,―

./. Rentenzahlungen 1973/74 60 000,― 60 000,―

./. Umbuchung auf Kapitalkonto

31.Dezember 1974 100 000,― 0,―

./. Entnahmen 5 211,47 0,―

+ Zinsen 1974 40 966,― 40 966,―

――――― ―――――

Stand 31.Dezember 1974 413 670,53 518 882,―.

========== ==========

Bei der Gewinnfeststellung für die Jahre 1973 bis 1976 stellte sich der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) nach einer Betriebsprüfung im Jahr 1977 auf den Standpunkt, die den Söhnen zugewendeten Darlehen könnten steuerlich nicht anerkannt werden. Er behandelte die für das Darlehen gezahlten Zinsen nicht als Betriebsausgaben, sondern rechnete sie als Gewinnanteil J.St. zu. Gegen die Feststellungsbescheide legte die Klägerin erfolglos Einspruch ein.

Am 2.Oktober 1978 schloß J.St. mit seinen Söhnen eine ergänzende Vereinbarung zum Schenkungsvertrag vom 10.Februar 1973, in der es heißt, daß die Bestimmung in § 5 des Vertrages, Entnahmen zu Lasten der Darlehenskonten der Beschenkten könnten nur mit ausdrücklicher Zustimmung beider Rentenberechtigter erfolgen, in der Vergangenheit nicht angewandt worden sei und ausdrücklich aufgehoben werde.

Im Lauf des Klageverfahrens erließ das FA am 6.September 1979 einen geänderten Bescheid, durch den die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die Klägerin wie folgt festgestellt wurden: 3 180 014 DM (1973), 2 221 825 DM (1974), 5 184 952 DM (1975), 5 545 161 DM (1976). Die Klägerin hat diesen Bescheid zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Das Finanzgericht (FG) setzte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 1973 auf 3 114 798 DM und für 1974 auf 2 151 363 DM herab und wies die Klage im übrigen ab.

Das FG führt aus, die Feststellungsbescheide 1973 und 1974 seien insoweit rechtswidrig, als Zinszahlungen auf eine Darlehensforderung der Söhne nicht als Betriebsausgaben behandelt wurden. Durch die Vereinbarung vom 10.Februar 1973 seien die ursprünglich dem Gesellschafter J.St. zustehenden Darlehensansprüche in Höhe von insgesamt 1 Mio DM an die Söhne T. und H.St. je zur Hälfte abgetreten worden. Diese seien nicht Gesellschafter der KG gewesen, so daß sie auch steuerlich wie dritte Darlehensgeber zu behandeln seien. Die Vereinbarung vom 10.Februar 1973 sei steuerrechtlich anzuerkennen, obgleich sie zwischen Familienangehörigen geschlossen wurde. Die Voraussetzungen für eine vom Zivilrecht abweichende steuerrechtliche Zurechnung der Darlehensforderung lägen nicht vor. Die Gestaltung des Vertrags vom 10.Februar 1973 entspreche den unter Fremden möglichen Bedingungen. Die vom Bundesfinanzhof (BFH) zur Anerkennung von Familiendarlehen entwickelten Grundsätze seien im Streitfall nur eingeschränkt anwendbar, da sie in erster Linie zur schenkungsweise begründeten oder abgetretenen Darlehensforderung zwischen Familienangehörigen entwickelt wurden, die Darlehensforderungen durch die Söhne im Streitfall jedoch nicht unentgeltlich erworben wurden. Die Auslegung des Vertrages vom 10.Februar 1973 auf der Grundlage seines Wortlauts und des bei Vertragsabschluß bestehenden Willens der Beteiligten ergebe, daß die Vereinbarung entgeltlicher Natur war. Mit der in der sog. Schenkungsvereinbarung enthaltenen Auflage hätten beide Söhne gegenüber ihren Eltern eine Rentenverpflichtung übernommen, die von den Erträgen des Darlehens rechtlich unabhängig sein sollte.

Soweit die Klägerin in ihrem Antrag die Korrektur der Gewerbesteuerrückstellung nicht berücksichtigt habe, sei die Klage abzuweisen.

Mit der Revision rügt das FA fehlerhafte Anwendung von § 4 Abs.4, § 12 Nr.2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und mangelnde Sachaufklärung. Das FA ist der Auffassung,

- die Entgeltlichkeit der Vereinbarung scheitere schon daran, daß sich Darlehensbetrag und Rentenbarwert nicht deckten. Ein Unterschiedsbetrag von mehr als 200 000 DM wäre unter Fremden nicht ohne Barausgleich hingenommen worden:

- für die Beschenkten resultiere aus der Darlehensübertragung kein wirtschaftliches Risiko, da sich die Rentenleistung bereits aus dem Mindestzinsbetrag der Darlehensverzinsung ergebe;

- die Sicherstellung der Altersversorgung der Eltern durch die unterhaltsverpflichteten Söhne könne im vorliegenden Fall nicht betrieblich veranlaßt sein;

- die Söhne hätten durch § 5 des Vertrages vom 10.Februar 1973 nicht nur hinsichtlich der Darlehensentnahme, sondern auch der Darlehenszinsen einer Verfügungsbeschränkung unterlegen, die einem Fremdvergleich nicht standhalte.

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Klägerin ist der Auffassung, daß die Entscheidung des FG weder gegen materielles noch gegen Verfahrensrecht verstößt. Die Vereinbarung vom 10.Februar 1973 zwischen J.St. und seinen Söhnen sei mit Recht als eine zivilrechtlich wirksame, tatsächlich vollzogene entgeltliche und steuerlich verbindliche Vermögensübertragung beurteilt worden. Die Einwendungen des FA gegen die Würdigung des Vertrags als eine entgeltliche Vereinbarung und gegen die Bejahung des tatsächlichen Vollzugs der Vereinbarung seien nicht gerechtfertigt. J.St. habe eine Altersversorgung durch die Vereinbarung mit seinen Söhnen angestrebt, die unabhängig von den Risiken der Klägerin gewesen sei. Im Jahr 1973 habe bei der Klägerin ein dramatischer Ertragsrückgang von 8,3 Mio DM in 1972 auf 3,1 Mio DM eingesetzt. Im nächsten Jahr sei der Gewinn der Gesellschaft, und damit der Gewinnanteil von J.St., weiter zurückgegangen. Der Vereinbarung in § 5 des "Schenkungsvertrags" komme schon deshalb keine entscheidende Bedeutung zu, weil sie tatsächlich zu keinem Ausschluß von Entnahmen der Söhne geführt habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage.

I. Die Sachentscheidungsvoraussetzungen des finanzgerichtlichen Verfahrens, die auch im Revisionsverfahren ohne Rüge von Amts wegen zu prüfen sind (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2.Aufl., § 118 Rz.34), liegen vor.

Die Klägerin war trotz der eingetretenen gesellschaftsrechtlichen Veränderungen befugt, auch für die Streitjahre Klage zu erheben (§ 48 Abs.1, § 40 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).

Die Umwandlung der OHG in eine KG ist nicht mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer zweigliedrigen Gesellschaft oder der Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft zu vergleichen, die zur Vollbeendigung der Personengesellschaft und damit zum Verlust der Klage- und Rechtsmittelbefugnis führt (vgl. BFH-Urteil vom 26.Oktober 1989 IV R 23/89, BFHE 159, 15, BStBl II 1990, 333).

Die KG setzt die Tätigkeit der OHG in anderer Rechtsform fort, denn die Gesellschafter der OHG haben die zwischen ihnen bestehende Gesamthandsgemeinschaft nicht aufgelöst. Das ergibt sich deutlich aus dem Vorspann zum Vertrag, mit dem sie die Umwandlung der OHG in eine KG und die Gründung der X & Co. Geschäftsführungsgesellschaft mbH beschlossen haben. Sie setzen die zwischen ihnen bestehende Gesamthandsgemeinschaft in anderer Rechtsform fort. Die Identität der Gesellschaft bleibt gewahrt. Strukturgleiche Rechtsformen wie die OHG und die KG sind austauschbar. Es findet ein automatischer identitätswahrender Rechtsformwechsel statt (vgl. BFH-Urteil vom 13.November 1985 VIII R 391/83, BFH/NV 1986, 531; FG Münster, Urteil vom 12.September 1989 XII 8678/88 F, Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 1990, 112; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, Köln 1986, § 44 II 3 = S.960).

Auch die Aufnahme der GmbH hat auf den Fortbestand der Personengesellschaft als Verfahrensbeteiligte keinen Einfluß. Bei Veränderungen im Gesellschafterbestand besteht die bisherige Gesellschaft fort (BFH-Urteil vom 7.Juni 1978 II R 112/71, BFHE 125, 395, BStBl II 1978, 605, bei Auswechselung sämtlicher Gesellschafter; BFH-Beschluß vom 13.Dezember 1979 IV B 79/79, BFHE 130, 5, BStBl II 1980, 239; BFH-Urteile vom 21.Juli 1987 VIII R 302/82, BFH/NV 1989, 304; vom 24.November 1988 IV R 252/84, BFHE 155, 255, BStBl II 1989, 312). Im Gewinnfeststellungsverfahren kann nicht die Aufeinanderfolge mehrerer Personengesellschaften angenommen werden. Die Gesellschaft bleibt klagebefugt. Auch die Übernahme der persönlichen Haftung durch eine Kapitalgesellschaft anstelle einer natürlichen Person hat hierauf keinen Einfluß.

Die Gesellschaft wird im Klageverfahren, das eine gesonderte Gewinnfeststellung zum Gegenstand hat, durch ihre jeweils vertretungsberechtigten Gesellschafter vertreten, selbst wenn diese im strittigen Zeitraum noch nicht Gesellschafter waren (BFH in BFHE 130, 5, BStBl II 1980, 329; BFH/NV 1989, 304).

II. Die von der Klägerin an die Söhne des J.St. gezahlten Zinsen sind nicht als Betriebsausgaben abziehbar.

1. a) Nach § 4 Abs.4 EStG sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Eine betriebliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein wirtschaftlicher oder tatsächlicher Zusammenhang mit dem Betrieb besteht. Davon kann bei einem Vertrag zwischen nahen Angehörigen nach ständiger Rechtsprechung nur ausgegangen werden, wenn die Vereinbarung in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zustande gekommen ist und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten ―abgesehen von ihrem möglicherweise zwischen Fremden nicht üblichen Entstehungsgrund (Schenkung)― dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (vgl. BFH-Urteil vom 14.April 1983 IV R 198/80,BFHE 138, 359, BStBl II 1983, 555 m.w.N.; vom 22.Mai 1984 VIII R 35/84, BFHE 142, 28, BStBl II 1985, 243 m.w.N.; vom 20.März 1987 III R 197/83, BFHE 149, 464, BStBl II 1988, 603; vom 7.Mai 1987 IV R 73/85, BFH/NV 1987, 765; vom 20.September 1990 IV R 17/89, BStBl II 1991, 18). Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, daß die Vertragsbeziehungen tatsächlich im betrieblichen und nicht im privaten Bereich (§ 12 EStG) wurzeln. Der Große Senat des BFH hat diesen Rechtsgrundsatz mit Beschluß vom 27.November 1989 GrS 1/88 (BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160) erneut bekräftigt.

b) Dieser Rechtsgrundsatz ist auch zu beachten, wenn Vereinbarungen nicht unmittelbar zwischen Angehörigen, sondern zwischen einer Personengesellschaft und Angehörigen der Gesellschafter geschlossen sind und die Gesellschafter, mit deren Angehörigen die Verträge bestehen, die Gesellschaft beherrschen (vgl. BFH-Urteile vom 15.Dezember 1988 IV R 29/86, BFHE 155, 543, BStBl II 1989, 500 m.w.N.; in BStBl II 1991, 18).

Der Drittvergleich dient der Abgrenzung zwischen einer betrieblichen und einer privaten Veranlassung. Er ist daher bei der Beurteilung von Rechtsverhältnissen zwischen nahen Angehörigen notwendig, ohne daß darin ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art.3 des Grundgesetzes (GG) oder des Grundsatzes des besonderen Schutzes von Ehe und Familie des Art.6 GG erblickt werden kann.

Bei Rechtsverhältnissen zwischen fremden Dritten führt der natürliche Interessengegensatz regelmäßig dazu, daß eine private Veranlassung bei der Gestaltung von Verträgen ausscheidet. Demgegenüber liegt es bei Angehörigen nahe, daß Vertragsbeziehungen im privaten Bereich wurzeln. Der Vergleich von Rechtsverhältnissen zwischen Angehörigen mit den üblichen Rechtsverhältnissen zwischen fremden Dritten ist somit unverzichtbar, um auf die wirkliche Veranlassung eines Rechtsgeschäfts schließen zu können.

Der Senat sieht im Fremdvergleich keine unzulässige Benachteiligung von Angehörigen und keine Beschränkung der Vertragsfreiheit. Auch Angehörigen steht es frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu gestalten, daß sie für sie steuerlich möglichst günstig sind. Das Vereinbarte muß nach Inhalt und Durchführung aber dem entsprechen, was fremde Dritte bei der Gestaltung eines entsprechenden Rechtsverhältnisses üblicherweise vereinbaren würden.

2. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ergibt, daß die Revision begründet ist. Die Darlehenszinsen sind nicht als Betriebsausgaben abziehbar. Die Vereinbarungen zwischen J.St., der Klägerin und den Söhnen des J.St. entsprechen nicht dem, was unter Fremden üblich ist.

Nach Auffassung des Senats sind die Vereinbarungen zwischen J.St. und seinen Söhnen nicht betrieblich veranlaßt. Sie wurzeln vielmehr im privaten Bereich, so daß damit in Zusammenhang stehende Ausgaben nach § 12 EStG nicht abziehbar sind.

Nach § 516 Abs.1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, Schenkung, wenn beide Teile darüber einig sind, daß die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Die Schenkung setzt eine Vermögensverschiebung in der Weise voraus, daß sich ein Rechtssubjekt zum Vorteil eines anderen eines Vermögensbestandteils tatsächlich und rechtlich entäußert. Der vermögensrechtliche Charakter der Schenkung erfordert, daß sie auf seiten des Empfängers eine endgültige und materielle, nicht nur eine vorübergehende oder formale Vermögensmehrung zum Gegenstand hat (BFH-Urteil vom 10.April 1984 VIII R 134/81, BFHE 141, 308, BStBl II 1984, 705 m.w.N.).

Die Übertragung der Teilbeträge von je 500 000 DM auf die Söhne des J.St. ist nach Auffassung des Senats nicht ernstlich wie unter Fremden üblich vollzogen worden. Die Übertragung stand unter der Auflage, daß die Beschenkten sich verpflichteten, ihren Eltern als Gesamtgläubiger eine lebenslängliche monatliche Gesamtrente von 5 000 DM zu zahlen.

Die Darlehensbeträge standen der Klägerin auch nach der Übertragung unverändert zu den gleichen Bedingungen wie vor der Übertragung zur Verfügung. Die nach dem Gesellschaftsvertrag bestehenden Entnahmebeschränkungen waren nach § 3 der Vereinbarung vom 10.Februar 1973 auch für die Söhne maßgebend. Damit hatte die Klägerin es in der Hand, die Rückzahlung der Darlehenssumme weitgehend zu verhindern. Eine Befristung der Entnahmebeschränkungen war nicht vorgesehen. Im Gegenteil wurde in § 5 der Vereinbarung vom 10.Februar 1973 zur Sicherung der Rentenverpflichtung zusätzlich bestimmt, daß Entnahmen zu Lasten der Darlehenskonten der Beschenkten nur mit ausdrücklicher Zustimmung der beiden Rentenberechtigten erfolgen können. Sowohl die Rückzahlung der Darlehenssumme als auch die Auszahlung der Zinsen an die Söhne waren somit von der Zustimmung des J.St. und seiner Ehefrau abhängig. Unter diesen Umständen hatten die Söhne keine rechtliche Befugnis, über die ihnen übertragenen Darlehensbeträge in der unter Fremden üblichen Weise zu verfügen.

Der Senat teilt nicht die Auffassung des FG, daß die schriftlich getroffene Vereinbarung über die Entnahmebeschränkung als unbeachtlich angesehen werden kann. Die zusätzliche Entnahmebeschränkung war während der Streitjahre schriftlich vereinbart. Erst nach Ablauf der Streitjahre ist sie durch die "Ergänzende Vereinbarung" vom 2.Oktober 1978 schriftlich aufgehoben worden. Dieser Abrede kommt für die Streitjahre keine Bedeutung zu, da ihr keine Rückwirkung beigemessen werden kann, denn Vereinbarungen unter nahen Angehörigen sind steuerrechtlich nur dann verbindlich, wenn sie klar und eindeutig getroffen sind. Auch eine anderweitige tatsächliche Handhabung kann in Anbetracht der klaren und eindeutigen schriftlichen Vereinbarung nach Auffassung des Senats zu keiner anderen Beurteilung führen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63186

BFH/NV 1991, 36

BStBl II 1991, 581

BFHE 163, 431

BFHE 1991, 431

BB 1991, 1326

BB 1991, 1326-1327 (LT)

DB 1991, 1097-1098 (LT)

HFR 1991, 473 (LT)

StE 1991, 166 (K)

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