Leitsatz (amtlich)

Die dem Grundstückskäufer gesondert in Rechnung gestellte Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) ist Teil des Kaufpreises und gehört somit zur Besteuerungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer.

 

Normenkette

GrEStG 1940 § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 433 Abs. 2; UStG 1967 § 4 Nr. 9 Buchst. a, § 9

 

Tatbestand

Der Kläger, ein Kaufmann, kaufte am 7. Juni 1968 von einer Kommanditgesellschaft (KG) ein in Bayern gelegenes, bebautes Grundstück. Als Kaufpreis waren 1 480 000 DM "netto, ohne Mehrwertsteuer" vereinbart; die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) sollte "gesondert zusätzlich berechnet" werden.

Das FA beurteilte die Verpflichtung zur Zahlung des der Umsatzsteuer entsprechenden Betrags als Teil der Gegenleistung, rechnete den Betrag zur Besteuerungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer und setzte dementsprechend die Grunderwerbsteuer fest. Einspruch und Berufung hatten keinen Erfolg.

Mit der Revision macht der Kläger geltend, der Betrag für die Umsatzsteuer dürfe nicht in die Besteuerungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einbezogen werden, weil er nicht zu dem vereinbarten Kaufpreis gehöre. Umsatzsteuerrechtlich gehöre dieser Betrag nicht zum Entgelt der KG, sondern stelle bei ihr einen durchlaufenden Posten dar, da er "wiederum an das Finanzamt abgeführt werden" müsse. Einkommensteuerrechtlich gehöre er nicht zu den Anschaffungskosten des Grundstücks, weil er - der Kläger - die ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen könne (§ 9b Abs. 1 EStG). Die Steuerberechnung des FA führe überdies dazu, daß "Steuer ... aus einer Steuer" erhoben werde, was "nach den allgemeinen steuerlichen Rechtsauffassungen nicht denkbar" sei.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Grunderwerbsteuer auf 52 150 DM herabzusetzen.

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Verpflichtung des Klägers, die aus dem Grundstücksgeschäft anfallende Umsatzsteuer zu tragen, sei Teil der Gegenleistung und deshalb in die Besteuerungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einzubeziehen. Welche Auswirkungen dies bei anderen Steuerarten habe, sei unbeachtlich.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist unbegründet.

Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Kaufvertrag über das bezeichnete Grundstück der Grunderwerbsteuer unterliegt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) und die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen ist (§ 10 Abs. 1 GrEStG). Als Gegenleistung gilt bei einem Kauf der Kaufpreis (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, § 433 Abs. 2 BGB). Dieser umfaßt im vorliegenden Fall nicht nur die Zahlung der 1 480 000 DM, sondern auch die Zahlung des der Umsatzsteuer entsprechenden Betrags, denn hierzu hatte sich der Kläger verpflichtet, um das Grundstück zu erhalten. Dieser Teil des Kaufpreises war zwar nicht zahlenmäßig festgelegt, aber - und das genügt - nach objektiven Merkmalen (der gesetzmäßigen Berechnung der Umsatzsteuer) bestimmbar.

Ob dieser Kaufpreisteil umsatzsteuerrechtlich bei der KG einen durchlaufenden Posten darstellt, infolgedessen nicht zu ihrem Entgelt und damit nicht zur Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer gehört (§ 10 Abs. 1 Satz 4 UStG), oder ob er einkommensteuerrechtlich beim Kläger zu den Anschaffungskosten des Grundstücks gehört oder nicht (§ 9b EStG), kann dahingestellt bleiben, weil für die Grunderwerbsteuer die Besteuerungsgrundlage unabhängig von den Vorschriften des UStG und des EStG zu ermitteln ist (§§ 10-12 GrEStG).

Die formal doppelte Belastung des Erwerbsvorgangs mit Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer, auf die der Kläger hinweist, folgt aus dem Gesetz (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 9 Buchst. a, § 9 UStG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG). Sie ist nicht verfassungswidrig, denn ein verfassungsrechtliches Gebot, wonach ein Steuergegenstand nur einmal besteuert werden darf, gibt es nicht (vgl. Urteil des BFH V R 92/66, 10/67 vom 4. Juni 1970, BFH 99, 185, 192, BStBl II 1970, 648, 651). Aus diesem Grunde ist es in der Rechtsprechung beispielsweise für unzulässig erachtet worden, bei der Lieferung von Tabakerzeugnissen die Tabaksteuer aus der Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer auszuscheiden (BFH-Urteil V 306/56 U vom 5. September 1957, BFH 65, 384, BStBl III 1957, 378), die in den Eintrittspreis für Filmvorführungen einkalkulierte Umsatzsteuer aus der Bemessungsgrundlage für die Vergnügungsteuer auszuscheiden (BFH-Urteil II R 22/69 vom 25. November 1969, BFH 97, 444, BStBl II 1970, 386), Getränkeumsätze insoweit als steuerfrei zu behandeln, als auf ihnen Getränkesteuer ruht (BFH-Urteil V R 92/66, 10/67 vom 4. Juni 1970, BFH 99, 185, 192, BStBl II 1970, 648) und bei unternehmensfremder Nutzung eines Kraftfahrzeugs die Kraftfahrzeugsteuer aus der Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer auszuscheiden (BFH-Urteil V R 49/71 vom 12. August 1971, BFH 103, 276, BStBl II 1971, 789).

 

Fundstellen

Haufe-Index 70265

BStBl II 1973, 126

BFHE 1973, 399

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