Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein Grundstück nach dem 21. Juni 1948 veräußert, so ist der Abgabebescheid über eine HGA sowohl dem Veräußerer wie auch dem Erwerber des Grundstückes zuzustellen. Das gilt auch dann, wenn das Grundstück schon vor dem Inkrafttreten des LAG veräußert worden ist. Ist der Veräußerer nicht Abgabeschuldner im Zeitpunkt der Währungsumstellung, so ist der Abgabebescheid auch diesem zuzustellen.

 

Normenkette

LAG §§ 111, 126-127; AO §§ 240, 234, 241/3; FGO § 60 Abs. 3

 

Tatbestand

Der Bf. ist als Eigentümer in das Grundbuch im Jahre 1957 eingetragen worden. Voreigentümer war Herr B., der das Grundstück im Jahre 1951 von Frau A. erworben hat. Frau A. war Eigentümerin des Grundstückes zur Zeit der Währungsreform.

Das Finanzamt erließ im Jahre 1957 einen Abgabebescheid über die Hypothekengewinnabgabe als öffentliche Last auf dem vorgenannten Grundstücke. Der Bescheid war an den Bf. gerichtet. Der Berechnung der Abgabeschuld aus der Hypothek war ein Zinssatz von 3,5 v. H. zugrunde gelegt. Demgegenüber trug der Bf. im Einspruchsverfahren vor, der Zinssatz für diese Hypothek habe ausweislich des Grundbuches nur 3 v. H. betragen.

Der Einspruch blieb insoweit ohne Erfolg; die Berufung wurde als unbegründet zurückgewiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen.

Gegenstand der HGA ist nach § 91 Abs. 1 Ziff. 1 LAG der Schuldnergewinn, der aus der Umstellung einer RM-Verbindlichkeit entstanden ist, die am 20. Juni 1948 durch Grundpfandrecht an einem im Geltungsbereich des Grundgesetzes (GG) gelegenen Grundstücke des Schuldners gesichert war und im Verhältnis von 10 RM zu 1 DM umgestellt worden ist. Maßgebend für die Erhebung der HGA sind deshalb grundsätzlich die Verhältnisse am 21. Juni 1948. Eine spätere Veräußerung des Grundstückes ändert an der Maßgeblichkeit der Rechtsverhältnisse zur Zeit der Währungsreform für die Abgabeschuld nichts. Die Folge der Veräußerung ist die persönliche Haftung des Grundstückserwerbers nach § 111 Abs. 3 LAG für die Abgabeleistungen, die während der Dauer seines Eigentums fällig werden. Dementsprechend ist der Abgabebescheid gemäß § 126 LAG in erster Linie an den Voreigentümer zu richten, das ist zuerst der Eigentümer am 21. Juni 1948 (Hinweis auf das Urteil des erkennenden Senats III 339/57 U vom 25. April 1958, BStBl 1958 III S. 297, Slg. Bd. 67 S. 63). Daneben bestimmt § 127 Abs. 1 LAG, daß sich der Abgabebescheid auch gegen den Erwerber eines Grundstückes richtet. Das bedeutet, daß der HGA-Bescheid nicht nur gegen den Erwerber gerichtet sein darf. Wird der Bescheid erst nach der Veräußerung bzw. Weiterveräußerung - wie hier - erlassen, so muß er sowohl dem Eigentümer am Stichtage (21. Juni 1948) wie auch den späteren Erwerbern zugestellt werden. Nach § 127 Abs. 2 LAG gilt § 240 AO "entsprechend". Eine entsprechende Anwendung des § 240 AO ist hier deshalb geboten, weil § 127 Abs. 1 LAG im Gegensatz zu § 240 AO bereits vollzogene Veräußerungen bei Erlaß des Abgabebescheides voraussetzt. § 127 Abs. 1 LAG sieht deshalb die Zustellung des Abgabebescheides an verschiedene Personen vor, während § 240 AO erst die Zuziehung von Dritten im Rechtsmittelverfahren bzw. das Recht Dritter zur Rechtsmitteleinlegung regelt. Eine Zustellung des Abgabebescheides an den Rechtsvorgänger des Bf. ist hier nicht erfolgt.

Im Streitfall sind auch die Voreigentümer nicht zum Rechtsmittelverfahren des Bf. zugezogen worden. Dies hätte gemäß §§ 126, 127 LAG in Verbindung mit § 240 AO geschehen müssen. über die HGA, die auf einem Grundstück ruht (ß 111 Abs. 1 LAG), kann nur einheitlich entschieden werden. Legt nur der Veräußerer des Grundstückes gegen den Abgabebescheid Rechtsmittel ein, so wird der Erwerber des Grundstückes, legt nur der Erwerber Rechtsmittel ein, so wird der Veräußerer zu dem Rechtsmittelverfahren von Amts wegen zugezogen, wenn seine Interessen durch die Entscheidung berührt werden und die Rechtsmittelbehörde Kenntnis von der Rechtsnachfolge hat. Das Interesse der Rechtsvorgänger des Bf. im Eigentum des Grundstückes wird dadurch berührt, daß die Rechtsmittelentscheidung sich im Streitfalle gemäß § 240 Abs. 2 Satz 4 AO sowohl gegen den Bf. als auch seine Rechtsvorgänger richtet. Weiter ist zu berücksichtigen, daß gemäß § 111 Abs. 3 LAG der Voreigentümer des Bf. für die während der Dauer seines Eigentums fällig gewordenen Leistungen haftet. Dem Finanzgericht war auch bekannt, daß der Bf. das Grundstück erst 1956 gekauft hat; hierauf ist in der Berufungsschrift ausdrücklich hingewiesen worden.

Das Finanzgericht hat diese Grundsätze nicht beachtet. Die Nichtbeachtung der Vorschrift des § 240 Abs. 2 AO über die erforderliche Beteiligung durch das Finanzgericht führte dazu, daß sich das Berufungsurteil gegen die Veräußerer des Grundstückes wie auch gegen den letzten Erwerber richtet (vgl. § 240 Abs. 2 Satz 4 AO), obwohl die Rechtsvorgänger des Bf. keine Gelegenheit hatten, ihre Interessen in dem Rechtsmittelverfahren wahrzunehmen. Das ist ein Verfahrensmangel, der von Amts wegen zu beachten ist. Die Vorentscheidungen sind deshalb aufzuheben. Die Sache geht an das Finanzamt zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens zurück. Das Finanzamt hat nunmehr den Abgabebescheid auch an Frau A. und Herrn B. zuzustellen. Legen diese kein Rechtsmittel ein, so sind sie zu dem Einspruchsverfahren des Bf. zuzuziehen. Legen die Voreigentümer des Bf. Rechtsmittel ein, so sind die Rechtsmittel zu verbinden. Das Finanzamt hat erneut über den Einspruch des Bf. zu entscheiden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410980

BStBl III 1963, 581

BFHE 1964, 711

BFHE 77, 711

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