Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitlicher Zusammenhang zwischen Erwerb und Veräußerung bei gewerblichem Grundstückshandel

 

Leitsatz (NV)

Ein gewerblicher Grundstückshandel ist auch dann gegeben, wenn ein Steuerpflichtiger mindestens vier Objekte innerhalb von jeweils weniger als fünf Jahren nach Erwerb weiterveräußert, zwischen der Anschaffung des ersten und der Veräußerung des vierten Objekts mehr als fünf liegen und sich laufend weitere Grundstücksgeschäfte anschließen.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 1 S. 2; GewStDV § 1 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt in O ein Ingenieurbüro für Baustatik. Er tätigte folgende Grundstücksgeschäfte:

1. Am 27. Januar 1975 erwarb er ein Mietwohngrundstück in E und veräußerte es nach vorübergehender Vermietung am 16. Oktober 1979 zum selben Preis.

2. Am 18. März 1976 erwarb er in O ein Grundstück in unbebautem Zustand. In den Jahren 1976 und 1977 bebaute er es mit einem Zweifamilienhaus, das er am 22. Juni 1979 verkaufte.

3. Am 13. März 1979 erwarb er ein unbebautes Grundstück in O. 1980 begann er mit dem Bau eines Doppelhauses. Das Grundstück wurde 1982 parzelliert. Am 25. Januar 1982 verkaufte er die eine Doppelhaushälfte an seinen Bruder und am 11. Juli 1982 die andere an einen Bekannten des Bruders.

4. In den Jahren 1985 bis 1987 verkaufte der Kläger einen 1984 erworbenen Bauplatz in O sowie insgesamt drei Eigentumswohnungen in N und O, die er jeweils längstens zwei Jahre zuvor erworben hatte.

Der Prüfer nahm einen gewerblichen Grundstückshandel des Kläger ab 1979 an. Demzufolge erließ das FA einen Gewerbesteuermeßbetragsbescheid für 1982. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Verkauf von vier Objekten in den Jahren 1979 bis 1982 stelle sich nicht als Vermögensverwaltung dar, da in allen Fällen zwischen Grundstückserwerb und -verkauf weniger als fünf Jahre gelegen hätten. Dabei sei ohne Bedeutung, daß eine Doppelhaushälfte an den Bruder des Klägers verkauft worden sei, da kein Nachweis erfolgt sei, daß dieser Verkauf ohne Gewinnerzielungsabsicht vorgenommen worden sei. Der Kläger sei bei keinem verkauften Grundstück längere Zeit Eigentümer gewesen, die Objekte seien nicht langfristig vermietet worden und der Kläger gehöre zum Berufskreis der Bauingenieure.

Mit der Revision trägt der Kläger vor, das FG sei vom Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Dezember 1986 VIII R 317/82 (BFHE 148, 480, BStBl II 1988, 244) und vom Urteil vom 3. Juni 1987 III R 209/83 (BFHE 150, 418, BStBl II 1988, 277) abgewichen. Das FG habe zu Unrecht den Verkauf des Grundstücks in E in seine Beurteilung einbezogen. Er habe dieses Grundstück in bebautem Zustand als Mietwohngrundstück erworben und ohne bauliche oder sonstige Veränderung fast fünf Jahre als Mietobjekt genutzt. Bei der Veräußerung sei ihm ein Verlust von 9600 DM entstanden.

Im übrigen habe das Gericht auch seine Sachaufklärungspflicht verletzt, indem es keine Beweise dahingehend erhoben habe, ob er bei dem Verkauf der Doppelhaushälfte an seinen Bruder am allgemeinen Markt teilgenommen und in Gewinnerzielungsabsicht gehandelt habe. Der Bruder habe für das gleiche Objekt wie das Nachbarhaus 10 000 DM weniger gezahlt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i. V. m. § 1 Abs. 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) i. d. F. des Streitjahres ist ein Gewerbebetrieb gegeben, wenn eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Es darf sich aber weder um Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch um Ausübung eines freien Berufs noch um eine andere selbständige Arbeit im Sinne des Einkommensteuerrechts handeln. Außerdem muß die Betätigung nach ständiger Rechtsprechung des BFH den Rahmen privater Vermögensverwaltung überschreiten (Urteile vom 23. Oktober 1987 III R 275/83, BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293; vom 18. Januar 1989 X R 108/88, BFHE 156, 115, BStBl II 1990, 1051; vom 11. April 1989 VIII R 266/84, BFHE 156, 476, BStBl II 1989, 621).

Für die Abgrenzung einer gewerblichen Tätigkeit vom Bereich der privaten Vermögensverwaltung kommt es bei Grundstücksgeschäften nach ständiger Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 28. September 1987 VIII R 46/84, BFHE 151, 74, BStBl II 1988, 65 m. w. N.) darauf an, ob nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz durch Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten - z. B. durch Selbstnutzung oder Vermietung - entscheidend in den Vordergrund tritt.

Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und der Rechtssicherheit hat der BFH in seiner neueren Rechtsprechung den Grundsatz entwickelt, daß der Bereich der privaten Vermögensverwaltung erst dann verlassen wird, wenn mindestens vier einzelne Objekte, seien es unbebaute Grundstücke, bebaute Grundstücke oder Eigentumswohnungen, angeschafft bzw. errichtet und veräußert werden (Urteile in BFHE 148, 480, BStBl II 1988, 244; in BFHE 150, 418, BStBl II 1988, 277; in BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293; vom 1. Dezember 1989 III R 56/85, BFHE 159, 167, BStBl II 1990, 1054; in BFHE 156, 115, BStBl II 1990, 1051).

2. Darüber hinaus ist ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den genannten Maßnahmen zu verlangen.

Dieses Erfordernis ergibt sich einmal daraus, daß schon die Anschaffung bzw. Bebauung des Grundstücks von einer Gewinnerzielungsabsicht getragen sein muß. Auf diese innere Tatsache läßt sich nur anhand objektiver Merkmale schließen. Demgemäß hat die Rechtsprechung eine Betätigung in Verkaufs- und damit in Gewinnerzielungsabsicht angenommen, wenn zwischen der Anschaffung bzw. Bebauung des Grundstücks und seiner Veräußerung nicht mehr als fünf Jahre liegen. Sofern nicht besondere Umstände gegeben sind, ist dieser Zeitraum auch maßgebend, wenn das Grundstück vom Veräußerer zunächst selbst genutzt oder vermietet worden ist; in diesem Fall ist von einer bedingten Verkaufsabsicht auszugehen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293; vom 6. April 1990 III R 28/87, BFHE 160, 494, BStBl II 1990, 1057).

Darüber hinaus verlangt auch die erforderliche Nachhaltigkeit der auf Gewinnerzielung gerichteten Betätigung einen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Verwertung der einzelnen Objekte durch den Steuerpflichtigen. Wie dieser zeitliche Zusammenhang im einzelnen bestimmt werden soll, ist bisher nicht entschieden (vgl. BFH-Urteil vom 19. Dezember 1990 X R 165/87, BFH/NV 1991, 381). Er ist nach Auffassung des Senats gegeben, wenn sich die Veräußerung der jeweils in (bedingter) Verkaufsabsicht angeschafften oder bebauten vier Objekte innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vollzieht. Dies entspricht auch der Auffassung des Bundesministers der Finanzen - BMF - (Schreiben vom 20. Dezember 1990 IV B 2 - S 2240 - 61/90, BStBl I 1990, 884). Die Gewinnerzielungsabsicht wird erst durch die Veräußerung deutlich; daß sich der Steuerpflichtige in nachhaltiger Weise betätigt hat, zeigt der zeitliche Zusammenhang zwischen den einzelnen Veräußerungen. Unter Einbeziehung der Anschaffung oder Errichtung des Einzelobjekts kann sich danach ein Betrachtungszeitraum von zehn Jahren ergeben.

Die angegebenen zeitlichen Grenzen haben allerdings keine starre Bedeutung. Im Einzelfall kann sich herausstellen, daß auch ein längerer Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Veräußerung nicht gegen die Gewinnerzielungsabsicht hinsichtlich des Einzelobjekts spricht und daß auch Veräußerungen außerhalb des Fünfjahreszeitraums zu berücksichtigen sind. Hierfür kann eine höhere Zahl von Veräußerungen nach Ablauf dieses Zeitraums, aber auch eine hauptberufliche Tätigkeit im Baubereich sprechen (vgl. BFH-Urteil vom 5. September 1990 X R 107-108/89, BFHE 161, 543, BStBl II 1990, 1060).

3. Nach diesen Maßstäben hat der Kläger mit seinen Grundstücksgeschäften einen Gewerbebetrieb unterhalten, der im Streitjahr zu den vom FA ermittelten Gewinnen geführt hat.

Er hat innerhalb eines Fünfjahreszeitraums, nämlich zwischen Oktober 1979 und Juli 1982 vier Objekte veräußert. Es ist auch davon auszugehen, daß die Objekte in Verkaufsabsicht angeschafft bzw. errichtet worden sind. Dies gilt insbesondere für das als erstes veräußerte Mietwohnhaus in E, das der Kläger weniger als fünf Jahre zuvor erworben hatte. Daß der Kläger dieses Grundstück zunächst vermietet hatte, spricht nicht gegen eine bedingte Veräußerungsabsicht im Zeitpunkt des Erwerbs; ebensowenig läßt sich dies aus dem Umstand herleiten, daß der Kläger nach seinen Angaben aus der Veräußerung keinen Gewinn erzielt hat. Ebenso ist ohne Belang, ob der Kläger beim Verkauf des letzten Objekts seinem Bruder einen Vorzugspreis eingeräumt hat. Daß er die Doppelhaushälfte lediglich gegen Kostenerstattung errichtet habe, hat er nicht vorgetragen. Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat der Kläger aus dieser Veräußerung auch einen Gewinn erzielt; das FG hat in diesem Zusammenhang auch nicht seine Aufklärungspflicht verletzt, weil der Kläger selbst erklärt hatte, die behaupteten weiteren Herstellungskosten seien nicht nachweisbar.

Schließlich kann im Streitfall nicht unbeachtet bleiben, daß der Kläger in den Folgejahren 1985 bis 1987 insgesamt vier weitere Grundstücke bzw. Eigentumswohnungen veräußert hat, die er in allen Fällen längstens zwei Jahre vor der Veräußerung erworben hatte. Da der Kläger als selbständiger Baustatikingenieur als branchenkundig anzusehen ist, legt auch dies die Annahme gewerblicher Grundstücksgeschäfte nahe.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418003

BFH/NV 1992, 235

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