Entscheidungsstichwort (Thema)

Anschaffungskosten nur in Höhe der tatsächlich geleisteten Zahlungen

 

Leitsatz (NV)

Die in Verbindung mit einer Vermögensübernahme von den Kindern zugesagten Abstandszahlungen an die Eltern gehören grundsätzlich zu den Anschaffungskosten. Werden sie indes nicht der Vereinbarung entsprechend geleistet, so kann, wie bei einer Kaufpreisminderung, nur der tatsächlich geleistete Betrag bei den Anschaffungskosten berücksichtigt werden.

 

Normenkette

EStG § 7b; EStDV § 82a

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Eltern des Klägers hatten 1966 ein . . .-Haus errichtet und dieses im Jahre 1978 um einen Anbau mit einer weiteren Wohnung erweitert. Mit Erklärung vom 24. Dezember 1982 ließen die Eltern das Grundstück in zwei Wohneigentumseinheiten aufteilen. Mit einer als Kaufvertrag bezeichneten Vereinbarung vom gleichen Tage übertrugen sie das Eigentum am Altbau auf die Kläger. Der Kläger hat noch . . . Geschwister. Als Kaufpreis war ein Betrag von . . . DM vereinbart, der durch die Übernahme von Schuldverpflichtungen erbracht werden sollte. Sofern die Gläubiger einer befreienden Schuldübernahme nicht zustimmten, sollten die Kläger im Innenverhältnis zu den Zins- und Tilgungsleistungen verpflichtet sein. In erster Linie sollte versucht werden, die Kredite aus der Errichtung des Altbaus (lfd. Nr. 1, 2 und 3 in Abteilung III des Grundbuchs) auf die Kläger überzuleiten. Zur Belegung des Kaufpreisrestes sollten die Kläger diejenigen Schuldverpflichtungen teilweise übernehmen, die für die Eltern im Hinblick auf hohe Zins- und Tilgungsleistungen am lästigsten seien. Die genannten Darlehen Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 valutierten am 31. Dezember 1982 noch mit . . . DM. An sechster Stelle war ein weiteres Darlehen der . . . eingetragen, das noch mit . . . DM valutierte. Nach Feststellung des Finanzgerichts (FG) trug der Kläger seit Anfang 1983 Zins und Tilgung dieser Darlehen. Die A-Bank stimmte der Übernahme der Verbindlichkeiten durch die Kläger zu. Die B-Bank erteilte die Zustimmung nur für einen Teilbetrag, während ein anderer Teilbetrag von den Klägern im Jahre 1984 zurückgezahlt werden mußte. Der Kläger hat außerdem Belege vorgelegt, nach denen er insgesamt . . . DM als ,,Restsumme" auf den Kaufpreis gezahlt haben soll.

In der Einkommensteuererklärung 1983 beanspruchten die Kläger für das von ihnen genutzte Gebäude erhöhte Absetzungen nach § 7 b des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) versagte den Abzug, weil das Grundstück angesichts eines Verkehrswertes von 182 000 DM nicht entgeltlich erworben worden sei; der Vertrag sei auch nicht wie unter Fremden abgewickelt worden. Die hiergegen gerichtete Klage hatte im wesentlichen Erfolg.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

 

Entscheidungsgründe

Auf die Revision des FA muß das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen werden.

1. Die tatsächlichen Feststellungen des FG lassen erkennen, daß es sich bei der Vereinbarung vom 24. Dezember 1982 um einen Vermögensübergabevertrag handelte. Nach den Urteilsausführungen betrug nämlich der Verkehrswert des Grundstücks 182 000 DM, während die von den Klägern zugesagten Leistungen nur 120 000 DM ausmachten; das FG hat deswegen die Möglichkeit einer gemischten Schenkung angenommen, ist also davon ausgegangen, daß die Wertverhältnisse den Beteiligten bekannt waren. Dies hindert aber das Entstehen von Anschaffungskosten nicht. Nach dem BFH-Beschluß vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89 (BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847) führt vielmehr die Übernahme von Verbindlichkeiten, aber auch die Leistung einer Abstandszahlung an den Übergeber, zu Anschaffungskosten des Vermögensübernehmers. Darum konnte auch vorliegend das FG in der von den Klägern zugesagten Leistung Anschaffungskosten für das von ihnen übernommene Einfamilienhaus sehen. Dies setzt aber voraus, daß der in der Vereinbarung genannte Betrag tatsächlich von den Klägern aufgebracht worden ist. Ist dies nicht in vollem Umfang geschehen, kann, wie bei einer Kaufpreisminderung, nur der tatsächlich geleistete Betrag bei den Anschaffungskosten berücksichtigt werden. Vorliegend würde eine derartige Minderung der Gegenleistung zu einer Erhöhung der Zuwendung durch die Eltern des Klägers führen. Verträge zwischen einander fremden Beteiligten werden nicht in solcher Weise abgewickelt; da der Übergabevertrag aber auch durch die unentgeltliche Zuwendung des Übergebers geprägt wird, kann dies entgegen der Auffassung des FA nicht dazu führen, daß auch die tatsächlich von den Klägern erbrachten Leistungen außer Betracht bleiben müßten.

Nach den Feststellungen des FG hat der Kläger in Ausführung der getroffenen Vereinbarung Verbindlichkeiten des Übergebers im Werte von . . . DM übernommen oder abgelöst. Daß hierzu auch die in Abteilung III des Grundbuchs unter Nr. 6 eingetragene Verbindlichkeit gegenüber der . . . gehörte, konnte das FG als unbedenklich ansehen. Denn im Vertrag war zwar in erster Linie die Übernahme der unter den Nr. 1 bis 3 eingetragenen Belastungen vorgesehen; dies schloß aber die Übernahme weiterer Verbindlichkeiten nicht aus, um damit den vereinbarten Kaufpreis zu belegen. Die insoweit von der Revision geäußerten Bedenken greifen nicht durch.

Das angefochtene Urteil ist jedoch insoweit lückenhaft, als es die Anschaffungskosten mit 120 000 DM angenommen, aber eine Schuldübernahme nur in Höhe von 98 302 DM festgestellt hat. Das FG konnte deswegen nicht offenlassen, ob die von den Klägern in den Prozeß eingeführte Barzahlung tatsächlich erfolgt ist und im Zusammenhang mit dem Übergabevertrag stand. Daß in der notariellen Vereinbarung eine Barleistung nicht vorgesehen war, würde ihrer Berücksichtigung nicht entgegenstehen; ließ sich die Übernahme von Verbindlichkeiten nämlich nicht erreichen, konnte dem Vertragszweck in der Weise genügt werden, daß die Kläger eine Barzahlung erbrachten und hierfür ggf. ihrerseits einen Kredit aufnahmen.

Das FG wird die fehlenden Feststellungen nachzuholen haben; in diesem Zusammenhang kann das FA seinen Revisionsvortrag weiterverfolgen, daß die Kläger tatsächlich einen geringeren als den vom FG genannten Betrag übernommen oder abgelöst haben. Von der Höhe der Anschaffungskosten hängt die den Klägern zustehende und bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 a EStG zu berücksichtigende Absetzung gemäß § 7 b EStG ab.

2. Das FG hat den Anschaffungskosten auch anschaffungsnahe Reparaturaufwendungen hinzugerechnet. Diese Möglichkeit ist durch die BFH-Urteile vom 11. August 1989 IX R 44/86 (BFHE 158, 240, BStBl II 1990, 52) und IX R 87/86 (BFHE 158, 326, BStBl II 1990, 131) unter Anschluß an die bisherige Rechtsprechung aufrecht erhalten worden. Das FG wird jedoch dem Vortrag des FA nachzugehen haben, daß ein Teil der von ihm berücksichtigten Aufwendungen bereits im Rahmen des § 82 a der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung verrechnet worden ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63609

BFH/NV 1992, 36

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