Leitsatz (amtlich)

Eine GmbH, der die Trümmerbeseitigung und -verwertung von der Stadtgemeinde übertragen ist, ist mit dem Entgelt für diese Tätigkeit umsatzsteuerpflichtig. Beim Verkauf von Materialien, die bei der Trümmerbeseitigung als sofort verwendbar ausgesondert worden sind, kann die Großhandelsvergünstigung nicht in Anspruch genommen werden.

 

Normenkette

UStG 1934 § 2 Abs. 1, 3, § 7 Abs. 3; UStDB 1938 §§ 18, 12

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.), eine von der Stadtgemeinde gegründete und als gemeinnützig anerkannte GmbH, überwacht, plant und lenkt für die Stadtgemeinde die privaten Unternehmern übertragenen Schutträumungs- und Bergungsarbeiten innerhalb des Stadtgebiets. Den Verkauf der bei der Trümmerräumung gewonnenen Materialien nimmt die Bfin. selbst vor. Das Finanzamt hat den Erlös aus der Verwertung der Materialien mit 3 % zur Umsatzsteuer herangezogen. Die Bfin. beanspruchte für die Materialien, die bei der Trümmerbeseitigung sofort wieder verwendbar waren, z. B. Natursteine, nichtdeformierte Träger und dergleichen, und durch einen Trupp der Bfin. geborgen wurden, die Großhandelsvergünstigung nach § 7 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1934. Die Sprungberufung gegen die Veranlagung des Finanzamts blieb erfolglos. In der Rechtsbeschwerde (Rb.) macht die Steuerpflichtige (Stpfl.) neben der Großhandelsvergünstigung auch Umsatzsteuerfreiheit geltend, da es sich bei Durchführung der Trümmerbeseitigung um Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben handle.

 

Entscheidungsgründe

Der Rb. muß der Erfolg versagt werden.

Eine Tätigkeit, die der Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben dient, ist grundsätzlich nur dann nicht steuerbar, wenn sie vom Träger der öffentlichen Gewalt, z. B. der Stadtgemeinde, selbst ausgeübt wird. Wird sie vom Träger der öffentlichen Gewalt nicht selbst, sondern von einer privatrechtlichen Gesellschaft ausgeübt, so ist diese nach § 18 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (UStDB) 1938 mit dem Entgelt für diese Tätigkeit steuerpflichtig (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs V A 459/36 vom 20. November 1936, Reichssteuerblatt -- RStBl. -- 1937 S. 12). Eine Ausnahme besteht nur für die in § 18 Abs. 2 UStDB angegebenen Betriebe. Der Kreis dieser Betriebe ist in der genannten Bestimmung erschöpfend aufgezählt und kann nicht beliebig erweitert werden (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs V 293/38 vom 9. Februar 1940, RStBl. 1940 S. 575). Die Tätigkeit der Bfin. kann deshalb nicht als ein Sonderfall betrachtet werden, der den in § 18 Abs. 2 UStDB angegebenen Betrieben gleichgestellt werden könnte. Sie kann somit auch nicht umsatzsteuerlich wie die in § 18 Abs. 3 UStDB genannten privatrechtlichen Gesellschaften behandelt werden. Der Umstand, daß sie ohne jeden Gewinn arbeitet und auf den Zuschuß der Stadtgemeinde angewiesen ist, hindert die Annahme einer gewerblichen und damit Unternehmer-Tätigkeit nicht. Dies ist in § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG eindeutig festgelegt. Daß die Bfin. als gemeinnützig anerkannt ist, ist für das Umsatzsteuerrecht ebenfalls ohne Bedeutung. Die Bfin. ist somit als Gesellschaft des privaten Rechts mit den Erlösen aus der Verwertung der Trümmermaterialien umsatzsteuerpflichtig.

Für die Frage, ob die Stpfl. die Großhandelsvergünstigung für die Gegenstände, die als sofort verwendbar von ihr geborgen und weiter verkauft wurden, in Anspruch nehmen kann, kommt es nach § 7 Abs. 3 UStG 1934, § 12 UStDB 1938 -- abgesehen von anderen Voraussetzungen -- darauf an, ob die Wesensart des verkauften Gegenstands eine andere ist als die des Gegenstands, den sie erworben hat. Die Wesensart des verkauften Gegenstands ist dann eine andere, wenn durch die Behandlung nach der Verkehrsauffassung ein neues Verkehrsgut entstanden ist. Nach den gesetzlichen Bestimmungen gehen die Trümmer, wenn die Stadtgemeinde ihre Beseitigung vornimmt, in das Eigentum der Stadtgemeinde über. Die Stadtgemeinde hat sie der Bfin. zur Durchführung ihrer Aufgaben überlassen. Damit hat die Bfin. die auf einem Grundstück zu beseitigenden Trümmer erworben im Sinne des § 7 Abs. 3 UStG. Zutreffend weist die Vorinstanz darauf hin, daß es sich bei den erworbenen Trümmern um die unausgeschiedene Trümmermasse, um eine Sachgesamtheit, handelt. Auch die von der Bfin. angezogenen Gesetze (Aufbaugesetz des Landes Württemberg-Baden vom 18. August 1948 -- Regierungsblatt von Württemberg-Baden 1948 S. 127; Trümmergesetz des Landes Bayern vom 30. Mai 1949 -- Bayer. Gesetz- und Verordnungsblatt 1949 S. 117) entsprechen dieser Auffassung. Das, was die Bfin. weiterliefert, nämlich Natursteine, nichtdeformierte Träger und dergleichen, ist jedoch wesensverschieden von der Trümmermasse, die sie erworben hat. Wenn die Bfin. behauptet, daß die Trümmer Baumaterialien seien und sie deshalb Baumaterialien erworben und Baumaterialien verkauft habe, das Verkehrsgut sich also nicht verändert habe, so übersieht sie, daß das Gesamtwerk nicht wesensgleich mit der Summe der Bestandteile ist. Auf diese Wesensverschiedenheit aber kommt es an. Mit Recht hat deshalb die Vorinstanz in der Aussonderung der hier in Frage kommenden Baumaterialien eine steuerlich schädliche Behandlung erblickt und der Bfin. die Großhandelsvergünstigung versagt.

Die Rb. war somit als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

BStBl III 1952, 293

BFHE 1953, 763

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