Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsstellung eines Pfändungsgläubigers: im Steuerfestsetzungsverfahren und im Steuererhebungsverfahrens, Antragsrecht im Rahmen einer Antragsveranlagung des Vollstreckungsschuldners, Rechtsbehelfsbefugnis

 

Leitsatz (amtlich)

Der Pfändungsgläubiger eines Lohnsteuererstattungsanspruchs ist nicht berechtigt, durch Abgabe einer von ihm selbst oder seinem Bevollmächtigten für den Vollstreckungsschuldner ausgefertigten und unterschriebenen Einkommensteuererklärung für diesen die Veranlagung zur Einkommensteuer i.S. des § 46 Abs.2 Nr.8 Satz 1 und 2 EStG zu beantragen.

 

Orientierungssatz

1. NV: Bei der vom Gesetzgeber in § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG vorgeschriebenen Antragstellung durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung handelt es sich um ein höchstpersönliches Gestaltungsrecht des Steuerpflichtigen, das von einem Dritten (hier: Pfändungsgläubiger) nicht durch Abgabe eines Antrages in Form eines unvollständigen Steuererklärungsvordrucks wahrgenommen werden kann. Mit der Folge, daß die Finanzverwaltung die notwendigen Ermittlungen --ggf. unter Einsatz von Zwangsmitteln nach §§ 328 ff. AO 1977 unter Einbeziehung des Vollstreckungsschuldners-- durchführen oder eine Schätzungsveranlagung gemäß § 162 AO 1977 vornehmen müßte.

2. NV: Durch einen wirksamen Pfändungsbeschluß und Überweisungsbeschluß wird von der Rechtsposition des Pfändungsschuldners als Steuerpflichtigem nur die Rechtsstellung auf den Pfändungsgläubiger übertragen, die der Steuerpflichtige als Inhaber des Erstattungsanspruchs im Erhebungsverfahren innehat. Die Rechtsstellung, die ein Erstattungsberechtigter in seiner Eigenschaft als Steuerschuldner im Steuerfestsetzungsverfahren innehat, kann wegen des besonderen --öffentlich-rechtlichen-- Charakters des Steuerschuldverhältnisses nicht auf einen Dritten übergehen. Aufgrund eines Pfändungsbeschlusses und Überweisungsbeschlusses wird der Gläubiger lediglich ermächtigt, das Recht des Vollstreckungsschuldners auf Zahlung im eigenen Namen geltend zu machen.

3. NV: Ein Pfändungsgläubiger ist nicht befugt, gegen den Steuerbescheid des Vollstreckungsschuldners Einspruch einzulegen, Klage zu erheben, in die prozessuale Rechtsstellung des Vollstreckungsschuldners einzutreten oder die Änderung oder Berichtigung eines wirksam ergangenen Steuerbescheides zu beantragen. Er kann nicht zum Rechtsbehelfsverfahren des Steuerpflichtigen zugezogen werden. Dem Pfändungsgläubiger des Erstattungsanspruchs eines Ehegatten ist es versagt, beim FA die getrennte Veranlagung der Eheleute zu beantragen.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 149, 150 Abs. 3, §§ 162, 328 ff., §§ 46, 80, 85, 88, 90; EStG § 25 Abs. 1, 3, § 46 Abs. 2 Nr. 8 Sätze 1-2; ZPO §§ 829, 835, 836 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

FG Köln (Urteil vom 07.05.1997; Aktenzeichen 5 K 7535/96)

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) hat durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts den mutmaßlichen Einkommensteuererstattungsanspruch für 1995 ihres Schuldners --des Beigeladenen-- pfänden lassen und die Herausgabe der Lohnsteuerkarte erwirkt. Unter Bezugnahme auf den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß reichten die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin eine auf den Beigeladenen lautende Einkommensteuererklärung für 1995 bei dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) ein, mit der sie die Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung für den Beigeladenen nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG) beantragten. Die Einkommensteuererklärung war von einem Angehörigen der prozeßbevollmächtigten Rechtsanwaltskanzlei unterschrieben. Die Steuererklärung weist den auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Bruttoarbeitslohn und die vom Arbeitgeber einbehaltenen Lohnsteuerabzugsbeträge aus. Zusätzlich war in der Erklärung angekreuzt, die Einkünfte des Beigeladenen aus Kapitalvermögen hätten nicht mehr als 6 100 DM betragen und weitere Erwerbsbezüge (Zeile 57 der Einkommensteuererklärung) seien nicht zugeflossen. Sonderausgaben waren in Höhe des sich aus der Lohnsteuerkarte ergebenden Arbeitnehmeranteils an den gesamten Sozialversicherungsbeiträgen angesetzt. Das FA lehnte die Durchführung der Einkommensteuerveranlagung unter Hinweis auf den mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 27. Oktober 1995 (BStBl I 1995, 666) mit Wirkung vom 1. Januar 1996 geänderten Abgabenordnung-Anwendungserlaß zu § 46 der Abgabenordnung (AO 1977) ab.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) bejahte in dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 1522 veröffentlichten Urteil das Rechtsschutzinteresse der Klägerin, verneinte aber deren Befugnis zur Abgabe einer Steuererklärung für den Beigeladenen, mit der die Durchführung einer Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG beantragt werden soll.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 46 AO 1977, §§ 829, 836 der Zivilprozeßordnung --ZPO--, § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG).

Die Klägerin trägt u.a. vor, zwar diene die Einkommensteuerveranlagung der Festsetzung der Einkommensteuerschuld, so daß außer den vom Beigeladenen erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit möglicherweise auch andere Einkünfte anzusetzen seien. Entgegen der Ansicht des FG verfüge die Klägerin auch über hinreichend genaue Kenntnisse über die sonstigen Einkunfts- und Vermögensverhältnisse des Beigeladenen. Darauf komme es jedoch nicht an, denn in seiner Entscheidung vom 15. Juni 1973 VI R 400/69 (BFHE 110, 26, BStBl II 1973, 784), bestätigt durch das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. November 1991 VI R 118/88 (BFHE 166, 248, BStBl II 1992, 326), ermächtige der BFH den Pfändungsgläubiger unabhängig davon, ob er im Zeitpunkt der Antragstellung in der Lage sei, die für die Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs notwendigen Angaben zu machen, zur Wahrung der Ausschlußfrist den Antrag auf Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs für den Vollstreckungsschuldner beim FA zu stellen. Der BFH habe die eigenhändige Unterschrift des Steuerpflichtigen für entbehrlich gehalten und die Unterschrift des Bevollmächtigten des Pfändungsgläubigers als ausreichend angesehen. Er habe lediglich gefordert, daß der Pfändungsgläubiger sich die zur Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs notwendigen Angaben und Unterlagen vom Vollstreckungsschuldner --notfalls im Vollstreckungswege-- beschaffen und nachreichen müsse.

Diese Rechtsgedanken hätten auch nach Ersetzung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs durch die Antragsveranlagung ab dem Veranlagungszeitraum 1991 noch Eingang in die Verwaltungsanweisungen gefunden (Abschn. 149 Abs. 7 der Lohnsteuer-Richtlinien 1993 --LStR 1993-- und Abgabenordnungs-Anwendungserlaß zu § 46 Abs. 4 AO 1977 in der bis zum Jahre 1995 gültigen Fassung). Das FA sei nach Antragstellung verpflichtet gewesen, vom Pfändungsgläubiger und vom Vollstreckungsschuldner (= Steuerpflichtiger) die notwendigen ergänzenden Angaben und Unterlagen anzufordern und, soweit diese nicht erhältlich gewesen seien, die Veranlagung aufgrund der vorliegenden Unterlagen durchzuführen (Hinweis auf Abschn. 149 Abs. 7 Satz 10 LStR 1993). Auch für die Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG, die zwingend die Einhaltung der zweijährigen Ausschlußfrist voraussetze, müsse dem Pfändungsgläubiger die Möglichkeit eingeräumt werden, den Antrag auf Veranlagung für den Steuerschuldner zu stellen, um zu vermeiden, daß der ihm zur Einziehung überwiesene Anspruch durch Ablauf der Ausschlußfrist erlösche. Die Überweisung einer gepfändeten Forderung ermächtige den Pfändungsgläubiger zu allen Maßnahmen, die zur Realisierung der gepfändeten Forderung erforderlich seien. Damit sei der Pfändungsgläubiger auch zur Durchsetzung des gepfändeten Erstattungsanspruchs berechtigt. Da hierzu auch das Recht zur Antragstellung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG gehöre, hätte der Ausschluß dieser Antragsberechtigung einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 46 AO 1977 bedurft. Daran fehle es.

Dem stehe nicht entgegen, daß die Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG im Gegensatz zum früheren Lohnsteuer-Jahresausgleich zu einer Nachforderung von Einkommensteuer führen könne, da auch ein bestandskräftiger Lohnsteuer-Jahresausgleich eine spätere Einkommensteuerveranlagung mit einer höheren Einkommensteuerfestsetzung nicht verhindert habe. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sollte --wie sich aus der BTDrucks 12/1506 S. 174, 175 und der Stellungnahme des Bundesrats (BTDrucks 12/1368 S. 19) ergebe-- mit dem Antrag auf Anrechnung von Lohnsteuer auf die Einkommensteuerschuld die Durchführung einer Antragsveranlagung in demselben Umfang ermöglicht werden wie vorher durch das Lohnsteuer-Jahresausgleichsverfahren. Durch diese Regelung hätte eine wesentliche Verfahrenserleichterung erreicht werden sollen, eine materiell-rechtliche Änderung sei damit nicht bezweckt gewesen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet.

Der Pfändungsgläubiger eines Lohnsteuererstattungsanspruchs ist nicht berechtigt, durch Abgabe einer von ihm selbst oder seinem Bevollmächtigten für den Vollstreckungsschuldner ausgefertigten und unterschriebenen Einkommensteuererklärung für diesen die Veranlagung zur Einkommensteuer i.S. des § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 und 2 EStG zu beantragen.

1. a) Gemäß § 46 Abs. 1 AO 1977 können Ansprüche auf Erstattung von Steuern abgetreten, verpfändet und gepfändet werden. Nach Entstehung des Anspruchs auf Erstattung überzahlter Lohnsteuer kann dieser nach Ablauf des Veranlagungszeitraums --der bei der Einkommensteuer gemäß § 25 Abs. 1 i.V.m. § 36 Abs. 1 EStG dem Ablauf des Kalenderjahres entspricht-- durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluß dem Pfändungsgläubiger zur Einziehung überwiesen werden. Die Finanzbehörde, die über den Erstattungsanspruch zu entscheiden hat, wird dadurch zum Drittschuldner i.S. der §§ 829, 845 ZPO (§ 46 Abs. 6 und Abs. 7 AO 1977).

b) Die Pfändung und Überweisung bewirkt keinen Übergang der Rechtsstellung des Pfändungsschuldners (Steuerpflichtigen) im Steuerfestsetzungsverfahren.

Mit einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß wird der gepfändete Erstattungsanspruch zur Einziehung oder an Zahlungs statt überwiesen (§ 835 ZPO). Der Anspruch selbst geht nicht auf den Pfändungsgläubiger über, sondern bleibt Bestandteil des Schuldnervermögens. Die infolge der Überweisung ausgelöste gesetzliche Einziehungsermächtigung erstreckt sich deshalb lediglich auf den reinen Zahlungsanspruch, mithin auf den Anspruch, den der Steuerschuldner auf Erstattung überzahlter Steuern gegen die Finanzbehörde hat (vgl. BFH-Urteil vom 25. April 1978 VII R 2/75, BFHE 125, 138, BStBl II 1978, 464, und für den Fall der Abtretung: BFH-Urteil vom 6. Dezember 1988 VII R 206/83, BFHE 155, 40, BStBl II 1989, 223).

Der BFH hat daher in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß durch den wirksamen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß von der Rechtsposition des Pfändungsschuldners als Steuerpflichtigem nur die Rechtsstellung auf den Pfändungsgläubiger übertragen wird, die der Steuerpflichtige als Inhaber des Erstattungsanspruchs im Erhebungsverfahren innehat. Die Rechtsstellung, die ein Erstattungsberechtigter in seiner Eigenschaft als Steuerschuldner (= Steuerpflichtiger i.S. des § 33 AO 1977) im Steuerfestsetzungsverfahren innehat, kann wegen des besonderen --öffentlich-rechtlichen-- Charakters des Steuerschuldverhältnisses nicht auf einen Dritten, wie den Abtretungsempfänger oder den Pfändungsgläubiger, übergehen. Im Steuerfestsetzungsverfahren ist die Rechtsstellung des Steuerpflichtigen so eng mit seiner Person verbunden, daß ein Übergang von Rechten und Pflichten des Steuerpflichtigen im Wege der Abtretung, Pfändung oder sonstigen Schuldübernahme ausgeschlossen ist. Denn die für das öffentlich-rechtliche Steuerschuldverhältnis geregelten Rechte und Pflichten der Beteiligten berücksichtigen auch die besonderen Interessen der Verfahrensparteien. Sie dienen dem Erfordernis einer zutreffenden und gleichmäßigen Besteuerung des Steuerpflichtigen (§ 85 AO 1977) und dem Interesse der Finanzbehörden, unmittelbar vom Steuerpflichtigen fristgerecht und möglichst vollständig die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Steuerpflicht und die Steuerbemessung maßgeblich sind, zu erfahren. Das gebietet es, den Steuerpflichtigen aus dem Steuerschuldverhältnis nicht zu entlassen und die ihn treffenden Pflichten auch von ihm selbst einzufordern. In diese Rechtsstellung des Erstattungsberechtigten aus dem dem (vorgeblichen) Erstattungsanspruch zugrundeliegenden Steuerschuldverhältnis tritt der Pfändungsgläubiger (Abtretungsempfänger) nicht ein (vgl. BFH-Urteile vom 1. März 1990 VII R 103/88, BFHE 160, 128, BStBl II 1990, 520, und in BFHE 120, 138, BStBl II 1978, 464; BFH-Beschlüsse vom 27. Januar 1993 II S 10/92, BFH/NV 1993, 350, und vom 18. Januar 1996 VII B 259/95, BFH/NV 1996, 453; Boeker in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 46 AO 1977 Rz. 71, 114; die Nachweise bei Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 46 AO 1977 Rz. 11; Klein/Brockmeyer, Abgabenordnung, 6. Aufl., § 46 Rz. 5).

c) Nichts anderes ergibt sich aus der zivilrechtlichen Stellung des Pfändungsgläubigers.

Auch zivilrechtlich wird dem Pfändungsgläubiger durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß lediglich ein Mittel an die Hand gegeben, die Forderung seines Schuldners an sich zu ziehen und durch deren Geltendmachung gegenüber dem Drittschuldner Befriedigung zu erlangen. Zu diesem Zweck wird dem Drittschuldner vom Vollstreckungsgericht untersagt, an den Vollstreckungsschuldner zu leisten, und dem Schuldner verboten, die Forderung einzuziehen (§ 829 Abs. 1 ZPO). Damit geht jedoch die Rechtsposition, die der Vollstreckungsschuldner in dem der Forderung zugrundeliegenden Schuldverhältnis innehat, nicht auf den Pfändungsgläubiger über. Die Forderung bleibt vielmehr im Vermögen des Vollstreckungsschuldners (Stöber in Zöller, Zivilprozeßordnung, 20. Aufl., § 836 Rz. 3, m.w.N.). Aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wird der Gläubiger lediglich ermächtigt, das Recht des Vollstreckungsschuldners auf Zahlung im eigenen Namen geltend zu machen. Dies ergibt sich daraus, daß dem Gläubiger gemäß § 835 ZPO die Forderung nur ""zur Einziehung"" überwiesen wird. Von der Rechtsposition des Schuldners wird somit auch zivilrechtlich lediglich die Erfüllungszuständigkeit abgespalten und auf den Gläubiger übertragen (BFH-Urteile vom 14. Juli 1987 VII R 116/86, BFHE 150, 396, BStBl II 1987, 863; in BFHE 160, 128, BStBl II 1990, 520, 521; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 56. Aufl., § 835 Rz. 6).

d) Geht nach diesen Grundsätzen die Rechtsposition, die der Vollstreckungsschuldner als Steuerpflichtiger (Steuerschuldner und Erstattungsgläubiger) im Steuerfestsetzungsverfahren hat, nicht auf den Pfändungsgläubiger über, so ist dieser an dem Steuerfestsetzungsverfahren auch nicht beteiligt.

Denn der Pfändungsgläubiger tritt nur insoweit an die Stelle des Pfändungsschuldners als Steuerpflichtiger, soweit dessen Rechtsstellung übertragbar ist. Übertragbar ist nur die Stellung im Erhebungsverfahren (BFH-Urteil vom 21. März 1975 VI R 238/71, BFHE 115, 413, BStBl II 1975, 669). Aus diesem Grunde erhält ausschließlich der Steuerpflichtige (Pfändungsschuldner) den Steuerbescheid (BFH-Urteil in BFHE 155, 40, BStBl II 1989, 223). Der Pfändungsgläubiger ist daher auch nicht befugt, gegen den Steuerbescheid des Vollstreckungsschuldners Einspruch einzulegen, Klage zu erheben oder in die prozessuale Rechtsstellung des Vollstreckungsschuldners einzutreten (für den Abtretungsempfänger vgl. BFH-Beschluß in BFH/NV 1993, 350, 351; BFH-Urteile vom 21. März 1975 VI R 238/71, BFHE 115, 413, BStBl II 1975, 669, und in BFHE 125, 138, BStBl II 1978, 464). Er kann deshalb auch nicht zum Rechtsbehelfsverfahren des Steuerpflichtigen zugezogen werden (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. Dezember 1982 X 383/81, EFG 1983, 388). Dem Pfändungsgläubiger des Erstattungsanspruchs eines Ehegatten ist es versagt, beim FA die getrennte Veranlagung der Eheleute zu beantragen (BFH-Beschluß in BFH/NV 1996, 453). Er ist auch nicht berechtigt, die Änderung oder Berichtigung eines wirksam ergangenen Steuerbescheides zu beantragen (BFH-Urteil vom 19. Dezember 1960 VI 92/60 U, BFHE 72, 465, BStBl III 1961, 170). Der Pfändungsgläubiger hat daher keine rechtliche Möglichkeit, die Festsetzung, d.h. Konkretisierung des Steueranspruchs dem Grunde und der Höhe nach, zu beeinflussen (vgl. auch Harder, Der Betrieb --DB-- 1996, 2409, 2410).

2. Die Frage, ob der Pfändungsgläubiger berechtigt ist, durch Abgabe eines Antrags bzw. einer Steuererklärung für den Steuerschuldner das Antragsverfahren nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG in Gang zu setzen, ist umstritten.

a) Der Antrag auf Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG ist durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung zu stellen.

Liegen die Voraussetzungen der von Amts wegen durchzuführenden Veranlagung des § 46 Abs. 2 Nrn. 1 bis 7 EStG nicht vor, wird die Finanzbehörde zur Festsetzung des Steueranspruchs nur tätig, wenn ein form- und fristgerechter Antrag eingereicht worden ist (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 EStG). Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG ist der "Antrag bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden zweiten Kalenderjahres durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung zu stellen". Der Gesetzgeber hat damit in § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG Antrag und Abgabe der Einkommensteuererklärung auch verfahrensrechtlich zu einer Rechtshandlung zusammengefaßt, so daß der Antrag nur noch durch Abgabe der Einkommensteuererklärung gestellt werden kann (BRDrucks 100/88 S. 318 zu Nr. 62 --§ 46 EStG-- zu Buchst. b, Doppelbuchst. jj). § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG verknüpft damit die Wirksamkeit des Antrags mit den Anforderungen an eine formal wirksame Einkommensteuererklärung. Nach der für die Abgabe einer Einkommensteuererklärung maßgeblichen Grundnorm des § 25 Abs. 3 EStG hat der Steuerpflichtige die Einkommensteuererklärung eigenhändig zu unterschreiben. Der von § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG i.V.m. § 25 Abs. 3 Sätze 4 und 5 EStG geforderte Antrag durch Abgabe einer vom Steuerpflichtigen --und ggf. seinem Ehegatten-- eigenhändig unterschriebenen Einkommensteuererklärung (§ 150 Abs. 1, Abs. 3 AO 1977) regelt die Stellung des Steuerpflichtigen als persönlich Berechtigten und Verpflichteten im Verfahren auf Durchführung einer Antragsveranlagung zur Festsetzung der Einkommensteuer. Durch diese Erfordernisse hat der Gesetzgeber zum einen festgelegt, daß der Steuerpflichtige selbst entscheiden soll, ob er das Veranlagungsverfahren zur Festsetzung der Einkommensteuer in Gang setzt, und zum anderen sichergestellt, daß ihm die Bedeutung seiner Einkommensteuererklärung als Wissenserklärung, für deren Richtigkeit und Vollständigkeit er die Verantwortung trägt (vgl. hierzu BFH-Urteile vom 8. Juni 1971 VII R 75/68, BFHE 103, 18, BStBl II 1971, 726, und vom 10. Oktober 1986 VI R 208/83, BFHE 148, 47, BStBl II 1987, 77), bewußt wird. Denn das Antragsverfahren nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG eröffnet dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, eine Veranlagung zu erwirken, um in den Genuß ihm gesetzlich zustehender, aber weder im Lohnsteuerverfahren noch im Amtsveranlagungsverfahren zu berücksichtigender Vorteile zu gelangen, wie z.B. die Berücksichtigung von Verlusten oder der Ermäßigung nach § 34f EStG sowie der Anrechnung einbehaltener Kapitalertragsteuer und Körperschaftsteuer. Liegt eine ordnungsgemäße Einkommensteuererklärung vor, ist die Finanzbehörde verpflichtet, die Einkommensteuerveranlagung durchzuführen (§ 25 Abs. 1 EStG, § 155 Abs. 1 AO 1977, § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG; vgl. auch BFH-Urteil vom 29. Oktober 1965 VI 52/65 U, BFHE 84, 127, BStBl III 1966, 46). Fehlt es daran, so ist auch der Antrag nicht wirksam gestellt (Heuermann in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 46 EStG Rz. 115; Trzaskalik in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 46 Rdnr. C 59).

Im Streitfall fehlt es an einer vom Steuerpflichtigen eigenhändig unterschriebenen Steuererklärung. Die Einkommensteuererklärung, mit der die Veranlagung des Beigeladenen (= Vollstreckungsschuldner) gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG beantragt worden ist, war nicht vom Steuerpflichtigen, sondern von dem Prozeßbevollmächtigten der Pfändungsgläubigerin des Lohnsteuererstattungsanspruchs eingereicht worden, der die Erklärung auch unterschrieben hat.

b) Seit Inkrafttreten des Steueränderungsgesetzes vom 25. Februar 1992 (BGBl I 1992, 297), das mit Wirkung vom 1. Januar 1991 die Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs beseitigt hat und --auch zur Anrechnung überzahlter Lohnsteuer-- nur noch die Antragsveranlagung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG vorsieht, ist es umstritten, ob es dem Pfändungsgläubiger möglich ist, durch Abgabe einer von ihm selbst ausgefertigten und unterschriebenen Einkommensteuererklärung für den Vollstreckungsschuldner die Durchführung der Einkommensteuerveranlagung zu beantragen. Während die Rechtsprechung der Zivilgerichte sowie des BFH für den bis einschließlich Veranlagungszeitraum 1990 zulässigen Lohnsteuer-Jahresausgleich den Pfändungsgläubiger durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß für ermächtigt hielt, den Antrag auf Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs unter Vorlage der vom Schuldner oder dessen Arbeitgeber herauszugebenden Lohnsteuerkarte für den Vollstreckungsschuldner zu stellen (BFH-Urteile in BFHE 110, 26, BStBl II 1973, 784, und in BFHE 166, 248, BStBl II 1992, 326), und die Finanzverwaltung, dieser einhellig vom Schrifttum befürworteten (vgl. die Nachweise bei Stöber, Forderungspfändung, 10. Aufl., Rdnr. 391, Fn. 80) Rechtsprechung folgend (vgl. Abschn. 149 Abs. 7 LStR bis 1993 zu § 46 EStG und Abgabenordnungs-Anwendungserlaß zu § 46 AO 1977 bis 1995), entsprechende Anträge des Pfändungsgläubigers zuließ, lehnen die Finanzbehörden nunmehr mit der im Rahmen des Jahressteuergesetzes 1996 vorgenommenen Neufassung der LStR (Abschn. 149 Abs. 7 n.F., BStBl I 3/1995, 139) und des Abgabenordnungs-Anwendungserlasses i.d.F. vom 27. Oktober 1995 zu § 46 AO 1977 Nr. 4 die Befugnis des Pfändungsgläubigers zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung für den Vollstreckungsschuldner zum Zwecke der Durchführung der Antragsveranlagung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG ab. Der Abgabenordnungs-Anwendungserlaß verweist auf die unter II. 1. b dargelegten Grundsätze der BFH-Rechtsprechung zur Unübertragbarkeit der Rechtsstellung des Steuerpflichtigen im Steuerfestsetzungsverfahren und sieht in dem Antrag nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG ein von den Rechtswirkungen des § 46 AO 1977 nicht erfaßtes höchstpersönliches Gestaltungsrecht (so auch Hildesheimer, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 1998, 576, 578; David, Monatsschrift für Deutsches Recht --MDR-- 1993, 412; Riedel, Der Deutsche Rechtspfleger --Rpfleger-- 1996, 275, 277; Hein, Betriebsberater --BB-- 1977, 991, 994; Landgericht --LG-- Marburg, Beschluß vom 24. März 1994 3 T 12/94, Rpfleger 1994, 512, und Beschluß des LG Krefeld vom 1. Februar 1995 6 T 15/95, MDR 1995, 414 f.; einschränkend z.B. Stöber, Forderungspfändung, 11. Aufl. Rdnrn. 388 a, 390 c und 391; derselbe in Zöller, a.a.O., § 829 Rdnr. 33, Stichwort Steuererstattung, sowie LG Koblenz, Beschluß vom 3. Dezember 1993 16 T 140/93, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1994, 548; vgl. auch BFH-Urteil vom 9. April 1986 I R 62/81, BFHE 146, 344, BStBl II 1986, 565).

Diese Auffassung, der Pfändungsgläubiger sei für die zur Durchführung einer Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG notwendige Erklärungsabgabe nicht berechtigt, ist im Schrifttum und der Rechtsprechung der Zivilgerichte auf Kritik gestoßen. Zahlreiche Autoren und Gerichte befürworten das Recht des Pfändungsgläubigers zur Abgabe der Einkommensteuererklärung für den Vollstreckungsschuldner unter Vorlage der --von diesem oder seinem Arbeitgeber, ggf. nach Klage vor dem LG-- herauszugebenden Lohnsteuerkarte. Dies wird vorherrschend damit begründet, daß ein solches Antragsrecht für den Lohnsteuer-Jahresausgleich einhellig bejaht worden sei und die Ersetzung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs durch die Antragsveranlagung daran nichts geändert habe (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., § 46 AO 1977 Rz. 11 b; Behr/Spring, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1994, 3257, 3259; Behr, Das juristische Büro, 1997, 349; Harder, DB 1996, 2409, 2410; Christ/ Riedel, Rpfleger 1995, 32, 34; Burhoff, Neue Wirtschafts-Briefe --NWB--, Fach 2, S. 5977, 5981; Urban, Deutsche Gerichtsvollzieher-Zeitung 1994, 101, 103; Schwarz in Schwarz, Abgabenordnung, § 46 Rz. 19; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, a.a.O., § 829 Rz. 8, und § 836 Rz. 10).

Differenzierend hierzu wird auch vorgetragen, dem Pfändungsgläubiger müsse entsprechend der Rechtsprechung des BFH zur Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs das Antragsrecht nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG zur Fristwahrung zugestanden werden, verbunden mit einem --formlosen-- Einkommensteuer-Erklärungsvordruck, der nur die allgemeinen Angaben (Namen und Anschrift etc.) des Steuerschuldners enthalten müsse. Denn der Antrag auf Durchführung der Veranlagung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG sei nur verfahrensrechtlicher Natur, der lediglich "in Form" einer Einkommensteuererklärung abzugeben sei und keine Steuererklärung i.S. von § 25 Abs. 3 EStG, §§ 149, 150 AO 1977 darstelle. Es müsse dem Pfändungsgläubiger gestattet sein, diesen Antrag durch Abgabe einer unvollständigen und von ihm selbst unterschriebenen Einkommensteuererklärung für den Vollstreckungsschuldner innerhalb der Ausschlußfrist zu stellen und somit das Veranlagungsverfahren in Gang zu setzen, damit sein Pfändungspfandrecht nicht durch Ablauf der in § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG festgelegten Ausschlußfrist wirkungslos werde. Nach dieser Antragstellung sei die Finanzverwaltung verpflichtet, die Antragsveranlagung durchzuführen; wobei ein Teil des Schrifttums meint, es sei Sache des Pfändungsgläubigers, die notwendigen Unterlagen und Beweise nachzureichen. Andere Kommentatoren halten die Finanzverwaltung für verpflichtet, die höchstpersönlichen Erklärungs- und Aufklärungspflichten vom Steuerpflichtigen notfalls durch Zwangsmittel i.S. des § 328 ff. AO 1977 einzufordern und auf die Abgabe einer vollständigen und vom Steuerpflichtigen unterschriebenen Einkommensteuererklärung hinzuwirken (vgl. Klein/Brockmeyer, a.a.O., § 46 Rz. 5; Stöber, Forderungspfändung, 11. Aufl. Rz. 388 e; derselbe in Zöller, a.a.O., § 829 Rz. 33 "Steuererstattung"; so wohl auch Hundt-Eßwein in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 46 AO 1977 Rz. 87 und 85, sowie LG Krefeld, MDR 1995, 414, und LG Koblenz, DStR 1994, 548).

3. a) Der Senat ist aus den nachfolgenden Gründen der Auffassung, daß es sich bei der vom Gesetzgeber in § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG vorgeschriebenen Antragstellung durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung um ein höchstpersönliches Gestaltungsrecht des Steuerpflichtigen handelt, das von einem Dritten (Abtretungsempfänger oder Pfändungsgläubiger) weder durch Abgabe einer von diesem ausgefertigten und unterschriebenen Steuererklärung noch durch Abgabe eines "Antrages" in Form eines unvollständigen Steuererklärungsvordrucks wahrgenommen werden kann.

Der Ausübung des Antragsrechts durch den Pfändungsgläubiger oder Abtretungsempfänger steht nicht nur --wie unter II. 2. a der Gründe dargelegt-- der Wortlaut der gesetzlichen Vorschriften des § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 i.V.m. § 25 Abs. 3 EStG und § 150 Abs. 3 AO 1977 entgegen, der auch im wohlverstandenen Interesse des Pfändungsgläubigers an der Durchsetzung seines Pfandrechts nicht in der Weise ausgelegt werden kann, daß ein am Steuerfestsetzungsverfahren nicht Beteiligter die dort geforderten Handlungen für den Steuerpflichtigen vornehmen könnte. Einer solchen Ausweitung des Antragsrechts zur Abgabe der Einkommensteuererklärung stehen auch die im Gegensatz zum Lohnsteuer-Jahresausgleichsverfahren strengeren Formerfordernisse des § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG sowie die unterschiedliche Rechtsnatur des auf den Antrag hin durchzuführenden Verfahrens und der zu erlassenden Verwaltungsakte entgegen.

Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin --sowie zahlreicher Kommentatoren-- beruht das Verfahren zur Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs als reines Erstattungsverfahren und das Verfahren nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG, das der Festsetzung der materiell richtigen Einkommensteuer dient, auf einem höchst unterschiedlichen Verfahrensablauf. Das Steuerfestsetzungsverfahren ist gekennzeichnet durch nicht übertragbare Rechte und Erklärungs-, Aufklärungs-, Mitwirkungs- und Duldungspflichten des Steuerpflichtigen (§ 33 Abs. 1 AO 1977 i.V.m. §§ 90, 93, 149, 150 AO 1977), die nur in seiner Person bestehen. Auch das Recht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung stellt ein solches höchstpersönliches steuerliches Gestaltungsrecht dar. Es berührt das Steuerschuldverhältnis mit dem Steuerpflichtigen, an dem der Vollstreckungsgläubiger nach den unter II. 1. b, d dargestellten Grundsätzen nicht beteiligt ist. Die für das Steuerschuldverhältnis geregelten Rechte und Pflichten der Beteiligten (§§ 88, 90, 93 AO 1977) berücksichtigen nämlich auch die besonderen Interessen des Steuerpflichtigen und des Fiskus im Steuerfestsetzungsverfahren. Sie dienen einerseits dem Interesse des Steuerpflichtigen an einer zutreffenden Besteuerung unter Berücksichtigung aller sich für ihn aus den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften ergebenden Vergünstigungen (§ 85, § 88 Abs. 2 AO 1977) und andererseits dem Interesse des FA, bereits mit Abgabe der Steuererklärung möglichst vollständig und korrekt alle Tatsachen und Rechtsverhältnisse zu erfahren, die für die Steuerpflicht und die Ermittlung der materiell richtigen Steuer maßgeblich sind. Zur Angabe dieser Besteuerungsgrundlagen ist der Pfändungsgläubiger --selbst wenn er die Herausgabe der Lohnsteuerkarte durchgesetzt hat-- praktisch nicht in der Lage; denn es fehlt ihm die Kenntnis des genauen steuerlich relevanten Sachverhalts, den die Finanzbehörde der Steuerfestsetzung zugrunde zu legen hat (§ 157 AO 1977). Denn in die Einkommensteuer-Veranlagung fließen nicht nur die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, sondern ggf. auch solche aus Kapitalvermögen oder Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Erwerbseinnahmen und die dazugehörigen Betriebsausgaben oder Werbungskosten, die Sonderausgaben, sonstige Freibeträge und außergewöhnliche Belastungen ein, die --soweit solche Sachverhalte nicht bereits zu einer Pflichtveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG führen-- bei der Steuerfestsetzung zu berücksichtigen sind. Auch in ihrem --insoweit allerdings verspäteten-- Vorbringen in der Revision (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) berühmt sich die Klägerin nicht der Kenntnis all dieser für die zutreffende Besteuerung des Vollstreckungsschuldners maßgebenden Tatsachen.

b) Eine andere rechtliche Beurteilung gebietet auch nicht die frühere Rechtsprechung des BFH zum Lohnsteuer-Jahresausgleich (BFHE 110, 26, BStBl II 1973, 784, und BFHE 166, 248, BStBl II 1992, 326), die den Pfändungs- und Überweisungsgläubiger für ermächtigt hielt, den Antrag auf Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs für den Erstattungsgläubiger und Pfändungsschuldner zur Wahrung der Ausschlußfrist zu stellen. Die unterschiedliche Behandlung des Lohnsteuer-Jahresausgleichsverfahrens und des Antragsverfahrens nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG ist durch den unterschiedlichen Regelungsgehalt der auf den jeweiligen Antrag hin zu erlassenden Verwaltungsakte begründet. § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 EStG regelt nicht, wie der Lohnsteuer-Jahresausgleich nach § 42 EStG a.F., den Anspruch auf Erstattung überzahlter Lohnsteuer i.S. des § 37 Abs. 2 AO 1977 (vgl. Heuermann in Blümich, a.a.O., § 46 EStG Rz. 145; Tipke/Kruse, a.a.O., § 37 AO 1977 Rz. 4 und 22, m.w.N.), der zu einem Erstattungs- oder Steuerfreistellungsbescheid geführt hat. Vielmehr ergeht auf die vom Arbeitnehmer beantragte Einkommensteuerveranlagung ein Steuerfestsetzungsbescheid, in dem das FA die Einkommensteuerschuld des Arbeitnehmers festsetzt (vgl. dazu BFH-Urteil vom 25. Juni 1985 VII R 195/82, BFHE 144, 2, BStBl II 1985, 572). Rechtsgrundlage für die Erstattung aufgrund einer Antragsveranlagung ist damit nicht wie im Lohnsteuer-Jahresausgleichsverfahren § 37 Abs. 2 AO 1977, sondern § 36 Abs. 4 Satz 2 EStG. Danach ergibt sich der Erstattungsanspruch erst nach der im Anschluß an die Steuerfestsetzung durch einen eigenständigen Verwaltungsakt erfolgenden Anrechnung der im Lohnsteuerabzugsverfahren einbehaltenen Lohnsteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG (BFH-Urteil vom 24. März 1992 VII R 39/91, BFHE 168, 300, BStBl II 1992, 956). Diese Anrechnung ist nicht mehr Gegenstand der Einkommensteuerfestsetzung, sondern bereits Teil des Erhebungsverfahrens (Heuermann in Blümich, a.a.O., § 46 EStG Rz. 32). Erst in diesem Verfahrensabschnitt setzt das Recht des Pfändungsgläubigers ein, die Überweisung des gepfändeten Anspruchs an sich zu verlangen; denn gepfändet werden kann nur dieser Erstattungsanspruch, nicht aber bereits der Anspruch auf Festsetzung der die Erstattung ggf. auslösenden Steuerschuld.

Diese Auffassung entspricht auch der vom Gesetzgeber gewollten strikten Trennung des Erhebungsverfahrens vom Festsetzungsverfahren (vgl. § 218 Abs. 1 AO 1977). Danach haben der Einkommensteuerbescheid und der früher mögliche Bescheid über den Lohnsteuer-Jahresausgleich nicht nur einen durch die unterschiedliche Zielsetzung beider Verfahren bestimmten jeweils anderen Regelungsinhalt (vgl. BFH-Beschluß des Großen Senats vom 21. Oktober 1985 GrS 2/84, BFHE 145, 147, BStBl II 1986, 207), sondern auch unterschiedliche Rechtsfolgewirkungen. Dies rechtfertigt es, auf der strikten Einhaltung der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Formerfordernisse für die Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG zu bestehen.

4. Die Vorstellung, es genüge, wenn der Pfändungsgläubiger fristwahrend einen Antrag in Verbindung mit einer unvollständig ausgefüllten Einkommensteuererklärung auf Durchführung einer Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG für den Vollstreckungsschuldner stellen würde, mit der Folge, daß die Finanzverwaltung die notwendigen Ermittlungen --ggf. unter Einsatz von Zwangsmitteln nach §§ 328 ff. AO 1977 unter Einbeziehung des Vollstreckungsschuldners-- durchführen oder eine Schätzungsveranlagung gemäß § 162 AO 1977 vornehmen müßte, begegnet nicht nur rechtlichen Bedenken im Hinblick darauf, daß der Antrag nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG freiwillig zu stellen ist (vgl. dazu Hildesheimer, DStZ 1998, 576, 577; Behr, NJW 1994, 3257, 3258, und Urban, Deutsche Gerichtsvollzieher-Zeitung 1994, 101, 102). Die Berechtigung hierzu wäre auch deshalb zweifelhaft, weil die Antragsveranlagung auch zu einer vom Steuerschuldner zu entrichtenden Steuernachzahlung führen kann, der er allerdings --sofern nicht eine Pflichtveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG geboten ist-- durch Widerruf des Antrags auf Veranlagung begegnen könnte (vgl. BTDrucks 12/1506, S. 174, 175). Eine solche Verpflichtung der Finanzbehörden würde zudem der vom Gesetzgeber mit der Ersetzung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs durch die Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG verfolgten Zielsetzung einer Verfahrensvereinfachung (BTDrucks 12/1368, S. 19) zuwiderlaufen. Damit würde den Finanzbehörden nicht nur --wie dem zivilrechtlichen Drittschuldner-- die Verpflichtung zur Konkretisierung und Auszahlung des gepfändeten Forderungsbetrages an den Gläubiger aufgetragen, sondern darüber hinaus --erheblich weitergehend als es die zivilrechtliche Verpflichtung gebietet-- ein Tätigwerden für den Vollstreckungsgläubiger zur Ermittlung und Realisierung des Anspruchs dem Grunde und der Höhe nach aufgebürdet. Dies ist nicht Aufgabe der Finanzbehörden, sondern der privaten Rechtsverfolgung durch den Gläubiger der Forderung. Es muß daher die Aufgabe des Pfändungsgläubigers bleiben, den Vollstreckungsschuldner --notfalls auf zivilgerichtlichem Wege-- zur Geltendmachung des diesem gegen die Finanzbehörden zustehenden Erstattungsanspruchs anzuhalten (vgl. § 888 ZPO; s.a. Riedel, Rpfleger, 1996, 275, 277).

5. Der Senat verkennt nicht, daß nach den oben dargestellten Rechtsgrundsätzen dem berechtigten Interesse des Pfändungsgläubigers an der Realisierung seiner Forderung im Steuerfestsetzungsverfahren des Vollstreckungsschuldners nicht Rechnung getragen werden kann, da dieser zur Durchsetzung seines Pfandrechts auf die Mitwirkung des Steuerpflichtigen angewiesen ist (vgl. Hildesheimer, DStZ 1998, 576, 579, sowie die Ausführungen von Hundt-Eßwein in Beermann, a.a.O., § 46 AO 1977 Rdnr. 87).

Er hält diesen Nachteil jedoch unter dem Gesichtspunkt für hinnehmbar, daß die Durchführung der Antragsveranlagung zum Zwecke der Anrechnung zuviel bezahlter Lohnsteuer und Ermittlung eines Erstattungsbetrages nicht in erster Linie im Interesse des Pfändungsgläubigers, sondern vor allem im Interesse des Vollstreckungs- und Steuerschuldners liegt, und daß mit Einräumung eines Antragsrechts für den Vollstreckungsgläubiger und des damit verbundenen Anspruchs auf Herausgabe der Lohnsteuerkarte und sonstigen Urkunden nach § 836 Abs. 3 ZPO dem Steuerschuldner als eigentlich Berechtigten die Möglichkeit genommen würde, selbst unter Vorlage der notwendigen Beweisurkunden die Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG zu beantragen und seine Interessen an der Ausschöpfung aller ihm zustehenden steuerlichen Vergünstigungen wahrzunehmen. Auch der hier zu beurteilende Streitfall macht deutlich, daß der Pfändungsgläubiger --sofern bereits der sich aus der Vorlage der Lohnsteuerkarte ergebende Erstattungsbetrag die gepfändete Forderung übersteigt-- (hier: zu erwartender Erstattungsbetrag ca. 1 500 DM zu gepfändeter Forderung von 189 DM + Kosten) weder Interesse noch --mangels entsprechender Kenntnis des richtigen Sachverhaltes-- die Möglichkeit hat, eine auch den Interessen des Steuerpflichtigen gerecht werdende Festsetzung der Einkommensteuerschuld zu bewirken. Der Schuldner müßte damit u.U. einen mit dem Grundsatz der gleichmäßigen Steuerfestsetzung und der Besteuerung nach seiner Leistungsfähigkeit (§ 85 AO 1977) nicht zu vereinbarenden Rechtsnachteil hinnehmen, der vom Gesetzgeber nicht gewollt ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 55432

BFH/NV 1999, 389

BStBl II 1999, 84

BFHE 187, 1

BFHE 1999, 1

BB 1998, 2624

BB 1998, 2624 (Leitsatz)

DStRE 1999, 16

DStRE 1999, 16-21 (Leitsatz und Gründe)

HFR 1999, 275

StE 1998, 787

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