Leitsatz (amtlich)

Wird einem Gesellschafter einer KG neben seinen dem Gesellschaftsvertrag entsprechenden Gewinnanteilen für bestimmte Leistungen eine Umsatzbeteiligung, mindestens aber ein bestimmter Barbetrag vorab gewährt, so handelt es sich umsatzsteuerrechtlich insoweit um Leistungsentgelte im Rahmen eines Leistungsaustausches.

 

Normenkette

UStG 1951 § 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Steuerpflichtiger) ist Fotokaufmann und als Kommanditist mit einer Einlage von ... DM an der Firma X GmbH & Co. KG (KG) beteiligt. Komplementär dieser Firma ist die Firma Y GmbH (GmbH), an welcher der Steuerpflichtige ebenfalls beteiligt ist. Einlageverpflichtungen des Steuerpflichtigen, die über das in bar einzuzahlende Gesellschaftskapital hinausgehen, bestanden nach dem Vertrag über die Errichtung der KG nicht. Nach § 7 dieses Vertrages war der Steuerpflichtige stets zur Geschäftsführung und Vertretung der KG berechtigt. § 13 des Vertrages gewährte den Gesellschaftern einen bestimmten Prozentsatz ihrer Kapitalanteile als Gewinn voraus, dem Steuerpflichtigen einen bestimmten Prozentsatz des Jahresgewinns für seine Tätigkeit als Geschäftsführer und regelte im übrigen die Gewinnverteilung unter den Gesellschaftern.

Am 5. Januar 1960 schloß der Steuerpflichtige ... mit der KG einen "Miet- und Pachtvertrag", der im wesentlichen folgenden Inhalt hat: Der Steuerpflichtige verpachtete der KG ab 1. Januar 1960 die gesamten Einrichtungen und Anlagen seines zum Handel mit und zur Bearbeitung von kinematographischen Erzeugnissen eingerichteten Betriebes und vermietete ihr die im Vertrag näher bezeichneten Geschäftsräume ihres Betriebes. Eine Unterverpachtung oder -vermietung war nach dem Vertrage ausgeschlossen (§ 1 des Vertrages). Der Steuerpflichtige gestattete der KG die Ausnutzung seiner Geschäftsverbindungen, verpflichtete sich zur Auskunftserteilung über Geschäftsvorgänge und -geheimnisse (§ 2 des Vertrages) und gestattete der KG, die Firmenbezeichnung des Steuerpflichtigen zu führen (§ 3 des Vertrages). Als Pacht- und Mietzins wurden eine Umsatzbeteiligung von ... v. H., mindestens aber ... DM jährlich vereinbart; hiervon sollten ... v.H. bzw. ... DM als Gebäudemiete und ... v.H. bzw ... DM als Pachtzins für Betriebseinrichtung und Betriebsmittel entfallen (§ 12 des Vertrages). Der Pacht- und Mietzins war in 12 gleichen Monatsraten zu zahlen. Der Vertrag enthielt ferner u. a. Vereinbarungen über eine sogenannte "automatische" Beendigung des Vertragsverhältnisses (§ 6), über fristlose und ordentliche Kündigung (§§ 14 und 16) und über die Verpflichtung der KG, eine bestimmte Qualität des Betriebes zu erhalten (§ 9) und bestimmte Aufwendungen zu tragen (§§ 10 und 11).

Am 15. Oktober 1963 faßten die Gesellschafter der KG einen Gesellschafterbeschluß, in dem u. a. folgendes ausgeführt wird:

"....

d) Es soll Unklarheit darüber bestehen:

ob der Kommanditist ... als Eigentümer des Betriebsgebäudes und -einrichtungen diese nach eigenem Ermessen auch einem anderen Interessenten verpachten konnte,

ob die Vergütungsgewährung gemäß § 12 des Pachtvertrages als konstante Pachtsumme, die vom erzielten Gewinn der Gesellschafter nicht beeinflußbar ist oder als echter Ertragsanteil zu werten ist."

Die Gesellschafter bringen sodann in dem Beschluß ihre Meinung zu diesen Fragen zum Ausdruck. Danach bestand zum Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft Einigkeit darüber, daß der Steuerpflichtige seine Räumlichkeiten und die genannte Betriebseinrichtung nur der KG vermieten konnte und daß die Überlassung des Gebäudes und der Räumlichkeiten der wichtigste Teil der gesellschaftlichen Leistung des Steuerpflichtigen gewesen sei, da die Gesellschaft ohne die Überlassung der Räume ihren Zweck nicht hätte erfüllen können. Sie brachten in dem Beschluß ferner zum Ausdruck, daß es sich bei den dem Steuerpflichtigen hierfür von der KG gewährten Zahlungen um eine echte Gewinnbeteiligung handele.

In der Umsatzsteuererklärung 1962 gab der Steuerpflichtige die Art seines Unternehmens mit Vermietungen und Verpachtungen an und erklärte seinen Gesamtumsatz in Höhe von ... DM als steuerfrei nach § 4 Nr. 8 UStG 1951. In der der Einkommensteuererklärung beigefügten Einnahmen- und Ausgabenrechnung erklärte der Steuerpflichtige ... DM als Mieteinnahmen und ... DM als Pachteinnahmen. Durch Umsatzsteuerbescheid vom 26. Februar 1964 zog der Berufungs- und Revisionsbeklagte (FA), den Steuerpflichtigen wegen der Umsätze in Höhe von ... DM (Einnahmen für die Überlassung des beweglichen Anlagevermögens) zum Steuersatz von 4 v. H. zur Umsatzsteuer heran, während es die übrigen Umsätze nach § 4 Nrn. 8 und 10 UStG 1951 freiließ.

Einspruch und Berufung (jetzt Klage) des Steuerpflichtigen, welche von dem Steuerpflichtigen damit begründet wurden, er habe die Wirtschaftsgüter der KG zur Erreichung eines gemeinsamen, gesellschaftsrechtlichen Zieles gegen eine Gewinnbeteiligung und nicht gegen ein Leistungsentgelt überlassen, blieben erfolglos.

Mit der seit Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandelnden Rb. vertritt der Steuerpflichtige erneut die Auffassung, hinsichtlich der Überlassung der Wirtschaftsgüter an die KG liege ein steuerbarer Leistungsaustausch nicht vor. Es handele sich vielmehr um gesellschaftsrechtliche Vorgänge. Das ergebe sich schon aus der ertragsteuerlichen Behandlung dieser Vorgänge. Der Steuerpflichtige weist ferner darauf hin, daß das gesamte wirtschaftliche Vorhaben der KG nicht zu verwirklichen gewesen wäre, wenn sich die Beteiligten nicht darüber einig gewesen wären, daß der wesentliche Teil der gesellschaftlichen Leistung des Steuerpflichtigen in der Überlassung des Gebäudes und der Wirtschaftsgüter bestanden habe. Der Pacht- und Mietvertrag sei als Teil des Gesellschaftsvertrags anzusehen und angesehen worden. Aus der Bemessung der Leistungen der KG an den Steuerpflichtigen nach dem Umsatz und nicht nach dem Gewinn könne nichts anderes gefolgert werden, weil Umsatz und Gewinn in einem gleichbleibenden Verhältnis zueinander stünden.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist unbegründet.

Zutreffend hat das FG hinsichtlich der Überlassung von Wirtschaftsgütern zur Nutzung an die KG durch den Steuerpflichtigen und der hierfür von ihm vereinnahmten ... DM das Vorliegen eines steuerpflichtigen Umsatzes bejaht. Dabei kann es dahingestellt bleiben, wie diese Vorgänge ertragsteuerrechtlich behandelt worden sind oder zu behandeln gewesen wären, da die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von völlig anderen Gesichtspunkten auszugehen hat. Im übrigen ist dabei in diesem Zusammenhang zu bemerken, daß der Steuerpflichtige selbst die in Rede stehenden Beträge auch unter ertragsteuerlichen Gesichtspunkten als Pachteinnahmen deklariert hat.

Nach der Rechtsprechung des Senats hängt die Beantwortung der Frage, ob zwischen einem Gesellschafter und der Gesellschaft, an der er beteiligt ist, ein Leistungsaustausch stattfindet, nicht davon ab, ob eine Leistung als gesellschaftsrechtliche oder nichtgesellschaftsrechtliche Verpflichtung zu beurteilen ist; denn auch der Beitrag eines Gesellschafters ist eine Lieferung oder sonstige Leistung im Sinne des § 1 Nr. 1 UStG 1951. Entscheidend ist vielmehr, ob der Leistung des Gesellschafters ein Entgelt als Gegenleistung gegenübersteht (Entscheidung des BFH V 45/65 vom 7. Dezember 1967, BFH 91, 448, BStBl II 1968, 398). Im vorliegenden Fall hat der Steuerpflichtige für die Zurverfügungstellung der in Rede stehenden Einrichtungen an die KG echte Leistungsentgelte vereinnahmt. Das ergibt sich aus einer Reihe von Umständen. Für die Einrichtungsgegenstände, die der Steuerpflichtige der KG nicht auf Grund des Gesellschaftsvertrages, sondern auf Grund des Miet- und Pachtvertrages überlassen hat, ist in § 12 dieses Vertrages ausdrücklich ein Pacht- und Mietzins vereinbart worden, der ...% des Gesamtumsatzes der KG - mindestens aber ... DM - beträgt. Demgegenüber ist die Gewinnbeteiligung der Gesellschafter in § 13 des Gesellschaftsvertrages geregelt. Hiernach erhält der Steuerpflichtige von dem Gesamtgewinn (100 %) ...% für seine Tätigkeit als Geschäftsführer; von den restlichen ...% erhält der Steuerpflichtige nochmals einen Anteil von ...% und die übrigen fünf Gesellschafter je ...%. Bereits aus diesen nebeneinander bestehenden Regelungen ergibt sich, daß die dem Steuerpflichtigen für die Zurverfügungstellung der Einrichtungsgegenstände zugeflossenen Beträge keine Gewinnanteile gewesen sein können, sondern als Sonderentgelte anzusehen sind. Denn neben der restlosen Gewinnverteilung nach § 13 des Gesellschaftsvertrages war für eine weitere Gewinnbeteiligung des Steuerpflichtigen kein Raum. Die Beträge für die Zurverfügungstellung der Einrichtung sind für den Steuerpflichtigen vielmehr, wie er selbst ausführt, "vorab" ausgesondert worden. Da der gesamte Gewinn durch die Regelung in § 13 des Gesellschaftsvertrages ausgeschöpft wurde, mußte die Berechnung dieser Beträge vorweg in anderer Weise erfolgen. Dies geschah im vorliegenden Fall durch Berechnung eines prozentualen Anteils vom Umsatz. Daß die in Rede stehenden Beträge keine Gewinnbeteiligung, sondern Entgelt waren, ergibt sich aber auch eindeutig daraus, daß sie dem Steuerpflichtigen auf Grund der Regelung in § 12 des Pacht- und Mietvertrages selbst dann gewährt wurden, wenn die KG keine Gewinne hatte und daß ihm ein Mindestbetrag von ... DM sogar unabhängig vom Umsatz zustand. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt auch von dem in dem Urteil des BFH V 156/59 U vom 30. November 1961, BFH 74, 194, BStBl III 1962, 73, entschiedenen Sachverhalt. In diesem Falle erhielten die Gesellschafter einen "Gewinnvorweg" nur, soweit Gewinne vorhanden waren.

Demgegenüber ist es für die Entscheidung ohne Bedeutung, wenn die Gesellschafter mehr als drei Jahre nach Abschluß der Verträge in dem Gesellschafterbeschluß vom 15. Oktober 1963 die Auffassung vertreten, daß dem Steuerpflichtigen für die Überlassung der Gebäude und Einrichtungen "eine echte Ertragsbeteiligung zufließen" sollte. Diese Meinungsäußerung widerspricht der vertraglichen Regelung und der tatsächlichen Handhabung, die nach dem eigenen Vortrag des Steuerpflichtigen nicht voneinander abwichen.

Ebenso ist ohne Bedeutung, ob die Regelung über die Garantie eines Mindestbetrages von ... DM jemals praktisch zur Anwendung gekommen ist oder kommen wird, weil sie im Rahmen der Beurteilung der Verhältnisse lediglich die Bedeutung eines charakteristischen Merkmals dafür hat, daß es sich bei der Vereinbarung in § 12 des Pacht- und Mietvertrages entsprechend dem Parteiwillen um die Vereinbarung von echten Leistungsentgelten handelte.

Wenn der Steuerpflichtige darauf hinweist, daß Umsatz und Gewinn sich in gleichbleibenden Relationen bewegten und die ihm zugeflossenen Beträge daher praktisch doch Gewinnbeteiligungen gewesen seien, so widerspricht dieses Vorbringen dem in § 12 des Pacht- und Mietvertrages und § 13 des Gesellschaftsvertrages zum Ausdruck gekommenen Parteiwillen, der eindeutig davon ausgeht und - wie oben ausgeführt - ausgehen mußte, daß die Beträge für die Überlassung der Wirtschaftsgüter unabhängig vom Gewinn zu gewähren seien und bis zu einem Betrage von ... DM sogar unabhängig vom Umsatz garantiert wurden.

Soweit der Steuerpflichtige auf die Überlassung von Gebäude und Einrichtungen an die KG als "fundamentale Voraussetzung" für die Existenz der KG, auf den inneren Zusammenhang der beiden Verträge und auf die Verpflichtung des Steuerpflichtigen zur Überlassung von Gebäude und Einrichtung an die KG hinweist, und hieraus die gesellschaftsrechtliche Verpflichtung des Steuerpflichtigen für die Überlassung ableiten will, kommt es hierauf, wie oben ausgeführt, nach der Rechtsprechung des Senats nicht an.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68151

BStBl II 1968, 702

BFHE 1968, 98

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