Leitsatz (amtlich)

1. Ob Umbauten an einem bebauten Grundstück dessen Bestandteil geworden sind, ist für die Einheitsbewertung nach bürgerlichem Recht zu entscheiden.

2. Umbauaufwendungen einer Personengesellschaft auf ein von einem Gesellschafter gepachtetes Grundstück begründen jedenfalls dann kein immaterielles Wirtschaftsgut im Sinn des BFH-Urteils III R 119/67 vom 7. August 1970 (BFH 100, 122, BStBl II 1970, 842), wenn das Grundstück als Betriebsgrundstück der Gesellschaft zu behandeln ist.

 

Normenkette

BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 50 Abs. 1 S. 1; BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 54

 

Tatbestand

Der Kläger hat 1960 ein Mietwohngrundstück erworben, für das ein Einheitswert von 43 000 DM festgestellt war. Dieses Grundstück wurde dem Kläger zum 1. Januar 1961 zugerechnet. Mit Vertrag vom Januar 1962 verpachtete er das Grundstück an eine KG, an der er selbst als Kommanditist mit 91 v. H. des Kapitals und seine Ehefrau als Komplementärin mit 9 v. H. des Kapitals beteiligt ist. Die Pächterin ließ das auf dem gepachteten Grundstück befindliche Wohnhaus für einen Hotelbetrieb umbauen. Der Umbau war 1963 abgeschlossen. Das FA führte auf Grund des Umbaues eine Art- und Wertfortschreibung durch und stellte zum 1. Januar 1964 für das Grundstück als Geschäftsgrundstück einen Einheitswert von 71 500 DM fest. Es rechnete das Grundstück dem Kläger zu, behandelte es aber als Betriebsgrundstück der KG.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Die Revision des Klägers rügt, die Vorentscheidung sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß nach der Verkehrsanschauung das alte Gebäude und die Umbauten zusammen eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Das FG habe seine Entscheidung in starker Anlehnung an Grundsätze des Zivilrechts begründet. Es habe dabei übersehen, daß die Regelung für das Gebäude auf fremden Grund und Boden in § 50 Abs. 3 BewG erweise, daß zivilrechtliche Grundsätze für die Einheitsbewertung nicht maßgebend seien. Umbauten könnten deshalb durchaus selbständig bewertungsfähig sein, wenn der Pächter wirtschaftlicher Eigentümer der Umbauten sei. Der Fall liege ähnlich wie der durch Urteil des BFH III 145/62 U vom 22. Oktober 1965 (BFH 84, 12, BStBl III 1966, 5) entschiedene Fall. Soweit Unterschiede beständen, seien sie nicht erheblich. Schließlich müsse noch beachtet werden, daß die Pächterin die Umbauten in ihrer Steuerbilanz aktiviert habe und AfA vornehme. Der Kläger könne dagegen die Umbauten weder aktivieren noch AfA geltend machen.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen, hilfsweise, den Einheitswert wie bisher auf 43 000 DM festzustellen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist unbegründet.

1. Das Grundstück des Klägers ist ein Betriebsgrundstück, das wie Grundvermögen zu bewerten ist (§ 57 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 3 BewG). Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BewG gehört zum Grundvermögen der Grund und Boden einschließlich der Bestandteile und des Zubehörs. Die Begriffe "Bestandteile" und "Zubehör" hat der Gesetzgeber des BewG dem bürgerlichen Recht entnommen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist deshalb die bürgerlich-rechtliche Auslegung dieser Begriffe auch für das Bewertungsrecht maßgebend; denn die Eigenart des BewG gibt weder Anhaltspunkte dafür noch nötigt sie dazu, diese Begriffe für die Einheitsbewertung anders anzuwenden (vgl. BFH-Urteil III 145/62 U vom 22. Oktober 1965, a. a. O.). Deshalb sind diese Begriffe entsprechend dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung im bürgerlichen Recht und im Bewertungsrecht einheitlich anzuwenden. Dem steht nicht entgegen, daß das BewG für das Gebäude auf fremdem Grund und Boden in § 50 Abs. 3 eine Sonderregelung getroffen hat, die vom bürgerlichen Recht zum Teil abweicht. Im Gegensatz zu der vom Kläger vorgetragenen Meinung ist der Senat der Auffassung, daß durch diese Sonderregelung gerade die bürgerlich-rechtliche Auslegung und Anwendung des Begriffs "Bestandteil" erhärtet wird. Denn wäre der Begriff "Bestandteil" bewertungsrechtlich ein anderer als nach bürgerlichem Recht, dann hätte es der Sonderregelung des § 50 Abs. 3 BewG nicht bedurft, weil dann die Frage, ob ein Bestandteil eines Grundstücks oder eines Gebäudes vorliegt, nach rein wirtschaftlichen Gegebenheiten zu beantworten wäre. Dann könnte aber auch ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden ungeachtet der besonderen Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts für eine Verselbständigung von Bestandteilen im Verhältnis zum Grund und Boden allein nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten als selbständige wirtschaftliche Einheit behandelt werden. Hieraus ergibt sich weiter, daß der Kläger rechtsirrtümlich aus dem BFH-Urteil III 169/53 U vom 30. April 1954 (BFH 58, 736, BStBl III 1954, 194) für seinen Fall Folgerungen zieht. Denn dieses Urteil befaßt sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen an einem Gebäude auf Grund des § 50 Abs. 3 BewG das wirtschaftliche Eigentum eines anderen als des bürgerlich-rechtlichen Eigentümers des Grund und Bodens angenommen werden kann. Auch alle übrigen wirtschaftlichen Überlegungen, die der Kläger anstellt, sind für die Entscheidung der Frage ohne Bedeutung, ob die Umbauten ihm oder der Pächterin seines Grundstücks zugerechnet werden müssen.

Der Senat stimmt dem Kläger allerdings darin zu, daß Bestandteile eines Grundstücks oder eines Gebäudes nicht nur dann selbständig bewertungsfähig sind und einem anderen als dem Grundstückseigentümer zugerechnet werden können, wenn sie als Betriebsvorrichtungen zu qualifizieren sind. Denn nach § 95 BGB gehören zu den Bestandteilen eines Grundstücks oder eines Gebäudes auch solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden oder dem Gebäude verbunden sind. Der Senat ist weiter in Übereinstimmung mit dem Kläger der Auffassung, daß die Bestandteileigenschaft grundsätzlich nicht davon abhängig ist, ob zwischen einem Grundstück oder einem Gebäude und den hierin eingefügten Sachen technisch eine klare Trennungslinie gezogen und die Verbindung leicht wieder gelöst werden kann. Allerdings wird eine nur unter erheblicher Beschädigung der einen oder anderen Sache zu lösende technische Verbindung regelmäßig darauf schließen lassen, daß eine spätere Trennung nicht beabsichtigt sei und damit der Auffassung entgegenstehen, die Sache sei zu einem nur vorübergehenden Zweck mit dem Gebäude verbunden worden (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 29. Auflage, § 95 Anm. 2 a).

2. Durch die Umbauten, die die Pächter-KG an dem Gebäude des Klägers vorgenommen hat, sind unstreitig keine Betriebsvorrichtungen hergestellt worden. Diese Umbauten könnten deshalb bewertungsrechtlich nur dann aus der wirtschaftlichen Einheit des Grundstücks ausgeschieden und bei der Pächterin erfaßt werden, wenn sie zu einem vorübergehenden Zweck vorgenommen worden wären. Ein vorübergehender Zweck liegt nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte ungeachtet der Zeitdauer bis zur Trennung auch dann vor, wenn die spätere Trennung von Anfang an beabsichtigt ist oder erwartet wird. Auch die Einfügung für die Dauer eines vieljährigen Pachtvertrages führt nicht dazu, daß die eingefügten Sachen im Rechtssinn Bestandteil würden (vgl. Palandt, a. a. O.).

Das FG hat unangefochten und damit für den Senat verbindlich festgestellt, daß die Pächterin des Klägers die von ihr vorgenommenen Umbauten nach Beendigung des Pachtvertrages weder beseitigen kann noch ein Recht hat, eingebaute Gegenstände zu entfernen. Sie kann von dem Kläger lediglich Ersatz ihrer Aufwendungen abzüglich einer Wertminderung auf Grund des Zeitablaufs verlangen. Damit sind die Umbauten nicht zu einem vorübergehenden Zweck vorgenommen worden und die auf Grund der Umbauten in das Gebäude des Klägers eingefügten Sachen Bestandteil der wirtschaftlichen Einheit des Grundstücks geworden (§ 50 Abs. 1 Satz 1 BewG). Das FG hat es deshalb mit Recht abgelehnt, diese Einbauten bei der Bewertung des Grundstücks des Klägers auszuscheiden. Der Kläger kann sich für sein Verlangen nicht auf die Entscheidung des Senats III 145/62 U (a. a. O.) berufen; denn in dem damals entschiedenen Fall wurden die baulichen Veränderungen des Gebäudes durch den Pächter zu einem vorübergehenden Zweck vorgenommen. Hierin liegt entgegen der Auffassung des Klägers der entscheidende Unterschied zu dem vorliegenden Fall. Auch die Anwendung des § 50 Abs. 2 BewG kommt nicht in Betracht, weil die Pächterin des Klägers an dessen Grundstück kein Erbbaurecht hat. Eine entsprechende Anwendung der Bewertungsvorschriften für Erbbaurechte auf andere Fälle verbietet sich aber wegen der eindeutig bürgerlich-rechtlichen Begrenzung des Tatbestandes des § 50 Abs. 2 BewG.

3. Schließlich kann der Kläger auch nicht mit dem Einwand durchdringen, daß der Umbauaufwand von der Pächterin seines Grundstücks in ihrer Steuerbilanz aktiviert worden sei und abgeschrieben werde, während er diese Aufwendungen weder aktivieren noch abschreiben dürfe. Diese ertragsteuerliche Behandlung der Umbauaufwendungen ist darauf zurückzuführen, daß für die Besteuerung des Ertrags nur derjenige aktivieren und abschreiben kann, bei dem die Herstellungs- oder Anschaffungskosten angefallen sind (§ 6 EStG). Diese ertragsteuerliche Behandlung führt jedoch nicht zu einer doppelten Erfassung desselben Wirtschaftsguts bei demselben Steuerpflichtigen. Denn das Grundstück des Klägers gehört zum Betriebsvermögen der Pächter-KG. Deshalb findet die Rechtsprechung des Senats, daß durch Umbauaufwendungen auf ein gepachtetes (gemietetes) Grundstück ein immaterielles Wirtschaftsgut entstehen kann, wenn die Umbauten in die wirtschaftliche Einheit des gepachteten Grundstücks einzubeziehen sind (vgl. BFH-Entscheidung III R 119/67 vom 7. August 1970, BFH 100, 122, BStBl II 1970, 842), keine Anwendung; auf Grund der Zurechnung des Grundstücks des Klägers zum Betriebsvermögen der Pächter-KG ist der Umbau so zu betrachten, als ob er vom Eigentümer durchgeführt worden wäre.

 

Fundstellen

Haufe-Index 69511

BStBl II 1971, 618

BFHE 1971, 298

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