Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob eine Genossenschaft über eine sogenannte Innengesellschaft Organ im Sinne des Körperschaftsteuerrechts sein kann.

Ein Organverhältnis setzt auch bei einer Genossenschaft voraus, daß der Organträger in der Generalversammlung die qualifizierte Mehrheit der Stimmen hat.

 

Normenkette

KStG § 6 S. 2; GewStG § 2 Abs. 2 Ziff. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Organverhältnis zwischen der Zentralgenossenschaft A.-eGmbH (A.-ZG - Bgin.) und der Zentralgenossenschaft B.-eGmbH (B.-ZG) vorliegt.

Das Finanzamt hat diese Frage verneint und deshalb bei der Veranlagung der A.-ZG (Bgin.) zur Körperschaftsteuer für das Jahr 1954 den auf Grund des Organ- und Gewinnausschlußvertrages vom 19. November 1954 von der B.-ZG übernommenen Verlust nicht gewinnmindernd berücksichtigt.

Die B.-ZG stand infolge hoher Verluste vor dem Konkurs. Zur Abwendung des Konkurses erklärte sich die A.-ZG bereit, der Hausbank und Hauptgläubigerin der B.-ZG eine Ausfallbürgschaft in Höhe von ... DM zu stellen. Sie schloß mit der Bank am 26. November 1954 - vorbehaltlich der Genehmigung des Organschaftsvertrages - einen Vertrag, in dem sie die Verluste der B.-ZG nach einer auf den 31. Oktober 1954 zu erstellenden Bilanz in der genannten Höhe übernahm. Den überschießenden Verlust sollte die Bank tragen, die auch die A.-ZG insoweit "von ihrer Verpflichtung zur Verlustübernahme gemäß § 4 des Organschaftsvertrages" freistellte.

Der Gewinn- und Verlustausschlußvertrag vom 19. November 1954 ist zunächst auf die Dauer von fünf Jahren unkündbar geschlossen und später verlängert worden. Er bestimmt, daß die B.-ZG ausschließlich für Rechnung der A.-ZG handle und verpflichtet sei, "sich in jeder Hinsicht dem Willen der A.-ZG und den Weisungen ihrer Beauftragten zu unterwerfen". Der Vertrag enthält nähere Weisungen auf organisatorischem, wirtschaftlichem und finanziellem Gebiet für die Durchsetzung des Willens der A.-ZG. Er enthält ferner eine art Dividendengarantie hinsichtlich der Ausschüttung von Warenrückvergütungen oder Gewinnanteilen auf die Geschäftsguthaben.

Nach der Auffassung der A.-ZG ist das Erfordernis der finanziellen Eingliederung der B.-ZG in das Unternehmen der A.-ZG erfüllt. Sie habe den erheblichen Bankkredit der B.-ZG abgelöst. Dadurch sei die B.-ZG bei einem geringen Eigenvermögen von ihr - der A.-ZG - als der einzigen Großgläubigerin in vollem Umfange abhängig geworden.

Die wirtschaftliche Eingliederung komme auch in der überführung eines gesamten Geschäftszweigs der B.-ZG auf eine Tochtergesellschaft der A.-ZG zum Ausdruck.

Es fehle der A.-ZG zwar an einer kapitalmäßigen Beherrschung der B.-ZG. Doch könne eine solche Beherrschung auch in anderer Weise durch einen starken Geldgeber ausgeübt werden. Was an kapitalmäßiger Beherrschung etwa fehle, werde durch die Eingliederung der B.-ZG auf wirtschaftlichem und organisatorischem Gebiet voll ausgeglichen.

Selbst wenn man dieser Auffassung nicht folgen wolle, so müsse die Verlustübernahme auf Grund der Ausfallbürgschaft und des Vertrages vom 26. November 1954 anerkannt werden.

Das Finanzamt hat demgegenüber die Auffassung vertreten, daß ein Organverhältnis nur von einer Kapitalgesellschaft eingegangen werden könne. Die selbständige Willensbildung einer Genossenschaft lasse sich nicht ausschließen. Die völlige Aufgabe des eigenen Willens durch das Organ sei aber für die steuerliche Anerkennung eines Organverhältnisses Voraussetzung ...

Das Finanzgericht hat ein Organverhältnis zwischen der A.-ZG als herrschendem Unternehmen und der B.-ZG als Organ anerkannt und demgemäß auf Grund des Gewinnausschlußvertrages vom 19. November 1954 die Verlustübernahme von der B.-ZG in Höhe von ... DM vom steuerlichen Einkommen der A.-ZG abgesetzt. Das Finanzgericht hat hierzu im wesentlichen folgendes ausgeführt:

Die Frage des Organverhältnisses zwischen einer Genossenschaft als Organ und einer anderen Genossenschaft als beherrschendem Unternehmen könne für das Gebiet der Körperschaftsteuer nicht nach den die Umsatz- oder Gewerbesteuer bestimmenden Grundsätzen beantwortet werden. Aufgabe der Organschaft für das Gebiet der Körperschaftsteuer sei es allein, die mehrfache Besteuerung des Gewinns der wirtschaftlich verbundenen Unternehmen auf ein tragbares Maß zurückzuführen. Eine derartige, unter drei Gesichtspunkten zu prüfende Verflechtung mehrerer Unternehmen sei Voraussetzung für die Anerkennung einer Organschaft, zu der die Gewinn- und Verlustausschlußvereinbarung als ein allein bürgerlich rechtlicher - schuldrechtlicher - Vertrag hinzutrete. Die Organschaft als solche bleibe ohne Auswirkung auf die öffentlich- rechtliche Steuerpflicht des Organs.

Unbeschadet der unterschiedlichen Bedeutung der Organschaft für die verschiedenen Steuern sei das Vorliegen eines Organverhältnisses ausschließlich Tatfrage. Die Fähigkeit auch einer Genossenschaft, Organ eines beherrschenden Unternehmens zu sein, sei allein davon abhängig, ob die Genossenschaft unter Ausschließung eigener Willensbildung nach Art einer bloßen Geschäftsabteilung in den Betrieb eines anderen Unternehmens begrifflich eingegliedert werden könne.

Es sei zwar zutreffend, daß - im Gegensatz zur Kapitalgesellschaft - bei einer Genossenschaft eine dem Willen des herrschenden Unternehmens zuwiderlaufende Willensbildung schlechthin nicht ausgeschlossen sei. Der Ausschluß eigener Willensbildung könne aber auch auf andere Weise sichergestellt werden. Darüber hinaus sei das Finanzgericht der Auffassung, daß das faktische Sicheinfügen der Generalversammlung in die von ihr gebilligte und damit eigentlich erst geschaffene Lage genüge, wenn die übrigen Vereinbarungen die Gewähr bieten würden, daß dieses Sicheinfügen vom herrschenden Unternehmen im Rechtsweg erzwungen werden könne. Im Gegensatz zu den Vorschriften über das Schachtelprivileg (§ 9 KStG) komme es bei der Organschaft nicht auf die kapitalmäßige, sondern auf die finanzielle Beherrschung an. Es genüge, daß ein auf die Dauer abgestelltes Abhängigkeitsverhältnis gegeben sei, nach dem das herrschende Unternehmen befähigt sei, dem abhängigen Unternehmen seinen Willen aufzuzwingen.

Das Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, daß es dem Wesen der Genossenschaft nicht widerspreche, die Stellung eines Organs einzunehmen.

Die wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der B.-ZG habe auch das Finanzamt anerkannt. Für die finanzielle Eingliederung in das Unternehmen der A.-ZG genüge es, wenn das herrschende Unternehmen als maßgebender Großgläubiger das finanzielle Schicksal der B.-ZG bestimme. Die A.-ZG sei seit dem 31. Dezember 1954 mit ... DM Großgläubigerin der B.-ZG. Diese sei auch außerstande gewesen, einen zur Ablösung dieser Summe geeigneten Kredit aufzubringen oder die erforderlichen Mittel aus eigener Kraft zu erarbeiten.

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts rügt unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts und einen Vorstoß wider den Inhalt der Akten. Die Rb. vertritt die bisherige Auffassung, nach der nur eine Kapitalgesellschaft Organ sein könne. Die Rb. nimmt zuletzt Bezug auf das Urteil des Bundesfinanzhofs I 62/59 S vom 25. Oktober 1960 (BStBl 1961 III S. 69).

Die steuerpflichtige Genossenschaft erkennt an, daß eine Genossenschaft ihrem Wesen nach sich von einer Kapitalgesellschaft grundlegend unterscheidet.

Die eingetragene Genossenschaft habe nach ihrer rechtlichen Ausgestaltung durch das Genossenschaftsrecht den Charakter eines Personalverbandes, nicht einer Kapitalgesellschaft. Bei der eGmbH stehe nicht wie bei einer Kapitalgesellschaft der Zweck der Gewinnerzielung, sondern der Zweck der unmittelbaren Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder im Vordergrund. Sie sei in erster Linie ein Förderungsunternehmen, kein Gewinnerzielungsbetrieb. Da auf Grund des § 43 Abs. 2 des Genossenschaftsgesetzes (GenG) jeder Genosse ohne Rücksicht auf Zahl und Höhe der übernommenen Geschäftsanteile und der Geschäftsguthaben in der Generalversammlung nur eine Stimme habe, sei eine kapitalmäßige Beherrschung durch ein Mitglied oder einzelne Mitglieder oder durch Dritte - außerhalb der Genossenschaft stehende - Personen von vornherein ausgeschlossen. Nicht die Kapitalbeteiligung der Genossen, sondern ihre persönliche Beteiligung sei die Grundlage der Genossenschaft. Gemäß § 1 Abs. 1 GenG müsse jede Genossenschaft den Zweck verfolgen, die Betriebe und die Hauswirtschaften ihrer Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs zu fördern, und zwar unmittelbar durch Erbringung von zur Förderung der Mitgliederbetriebe oder Mitgliederwirtschaften geeigneten Leistungen. Jeder Genosse habe nur eine Stimme in der Generalversammlung ohne Rücksicht auf die Höhe seiner Einlage.

Auf Grund dieser Wesensverschiedenheit zwischen der eGmbH und der Kapitalgesellschaft werde im Schrifttum teilweise angenommen, die eGmbH könne nicht Organgesellschaft sein (Holtmeier, Die Organtheorie im System des Rechtes und ihre aktuellen Probleme, 1959, S. 50; Zülow-Henze-Schubert, Die Besteuerung der Genossenschaften, 4. Aufl., S. 10; anderer Ansicht Schultze- Schlutius, Organschaft im Gewerbesteuerrecht, Finanz-Rundschau, 1955, S. 152; derselbe, Die Organtheorie unter besonderer Berücksichtigung der Kapitalgesellschaften, 1956, S. 60 ff., S. 209). Krollmann (Organschaft und Steuerrecht, 1959, S.4) nehme trotz der weiten Fassung des GewStG und des UStG an, als Organgesellschaft kämen kraft Gewohnheitsrechts, mindestens aber nach ständiger Rechtsprechung seit 1930 nur Kapitalgesellschaften in Frage.

Trotz dieser grundsätzlichen Unterschiede der Genossenschaften zu den Kapitalgesellschaften sei die Bgin. doch der Auffassung, daß ein Organverhältnis mit Ergebnisabführungsvertrag auch bei Genossenschaften möglich sei. Die Genossenschaften seien unbestritten nach dem geltenden Recht juristische Personen. Auch das GewStG gehe in § 2 Abs. 2 Ziff. 2 von der Möglichkeit eines Organverhältnisses für Genossenschaften aus. Hinsichtlich der Frage der finanziellen Beherrschung einer Genossenschaft durch eine Obergesellschaft stimme die Steuerpflichtige der Würdigung des Finanzgerichts bei.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist begründet.

Sie schneidet zunächst die grundlegende Frage an, ob eine Genossenschaft ihrem Wesen nach Organ einer natürlichen oder juristischen Person sein kann. Man wird dem Finanzgericht und der Bgin. darin beipflichten müssen, daß jedenfalls der Wortlaut des § 2 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG der Bejahung der Frage nicht entgegensteht. Das Gesetz führt in Satz 1 a. a. O. , auf den sich die Regelung über Organverhältnisse bezieht, die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften ausdrücklich auf. Auch § 3 GewStDV 1955 verneint die Frage nicht. Er spricht wohl nur von Kapitalgesellschaften. Man kann die Fassung der Durchführungsverordnung aber durchaus dahin verstehen, daß der Verordnungsgeber davon ausging, das Rechtsproblem der Organschaft habe im wesentlichen nur bei Kapitalgesellschaften Bedeutung.

Die Rechtsprechung hat die Möglichkeit, Organ zu sein, auf juristische Personen beschränkt und hierbei ebenfalls in der Hauptsache die Kapitalgesellschaften erwähnt. Sie hat ausdrücklich Personengesellschaften die Möglichkeit, Organ zu sein, abgesprochen, so zuletzt in der Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 184/60 U vom 18. Oktober 1960, BStBl 1960 III S. 518, Slg. Bd. 71 S. 722. In der Literatur wurde das Problem meist wohl lediglich unter Prüfung der Frage der Möglichkeit der finanziellen Eingliederung behandelt. Es wurden hierbei Bedenken in der Richtung erhoben, daß Organschaft die Beherrschung einer juristischen Person durch eine Muttergesellschaft in der Generalversammlung voraussetze. Dem Stimmrecht komme die entscheidende Bedeutung zu. Die Beherrschung der Generalversammlung durch eine Obergesellschaft sei bei Genossenschaften im allgemeinen - im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften - nicht möglich.

Die Beherrschung einer Genossenschaft durch die Genossen ist dann denkbar, wenn es sich um eine Zentralgenossenschaft handelt, die von Genossenschaften gebildet wird. Eine gleichartige Lage ist gegeben, wenn sich Gewerbetreibende oder Landwirte zu einer Genossenschaft vereinigen. In diesem Fall wird die Mitgliederversammlung der Genossenschaft durch Gewerbetreibende oder Landwirte beherrscht. Es müssen hier für die Beurteilung der Rechtslage die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 22/55 U vom 25. Juni 1957, BStBl 1958 III S. 174, Slg. Bd. 66 S. 449, hinsichtlich der Bedeutung der Innengesellschaft beachtet werden. Hiernach kann ein Organverhältnis nur zu einem Organträger, nicht unmittelbar zu einer Vielzahl von beherrschenden Unternehmen gebildet werden. Das Urteil hat aber ausdrücklich die Möglichkeit eines Organverhältnisses zu einer Innengesellschaft anerkannt, zu der diese Unternehmungen verbunden sind.

In den Erörterungen spielt auch die Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 395/27 vom 13. März 1928, Steuer und Wirtschaft 1928 Nr. 318, eine Rolle. Es muß aber bei diesem Urteil beachtet werden, daß es noch auf der Erwägung des Reichsfinanzhofs beruht, daß Angestelltenverhältnis bilde eine geeignete Vergleichsunterlage für die Organschaft. Der Senat hat in dem Urteil I 22/55 U im Anhalt an die Rechtsprechung zur Umsatzsteuer dieses Vergleichsbild abgelehnt. Zudem handelte es sich in dem Streitfall I A 395/27 in der Hauptsache um die Frage der subjektiven Steuerpflicht der Genossenschaft, die der Reichsfinanzhof bejaht hat.

Im vorliegenden Streitfalle bedarf es einer endgültigen Stellungnahme zur Frage, ob Genossenschaften körperschaftsteuerlich Organe derartiger Innengesellschaften sein können, nicht, weil bereits aus anderen Gründen ein Organverhältnis abgelehnt werden muß.

Wie auch die Genossenschaft in ihrer Stellungnahme anerkennt, ist es entscheidend, welche Voraussetzungen für die finanzielle Eingliederung eines Organs gefordert werden müssen, ob neben Mehrheit der Stimmen in der Generalversammlung auch andere wirtschaftliche Faktoren die entsprechenden Unterlagen bilden können.

Ausgangspunkt für diese Frage muß der Grundgedanke sein, auf dem die Organtheorie für das Körperschaftsteuerrecht aufgebaut ist. Wie in dem Urteil I 22/55 U im einzelnen dargestellt wird, gilt als Organ und damit als Organgesellschaft eine Körperschaft, die im wesentlichen die Aufgabe einer Geschäftsabteilung der Muttergesellschaft erfüllt. Durch die Möglichkeit des Ergebnisabführungsvertrages soll mit Hilfe der wirtschaftlichen Betrachtung die Doppelbesteuerung über die Schachtelvergünstigung des § 9 KStG hinaus gemildert werden. Mit dem Wesen einer Geschäftsabteilung ist es aber zwingend verbunden, daß die Obergesellschaft bürgerlich-rechtlich mittelbar Eigentümerin des Betriebes in gleicher Weise ist wie der Inhaber der Firma hinsichtlich seiner Geschäftsabteilung. Die wirtschaftliche Abhängigkeit eines Betriebes, der einem Einzelunternehmer, einer Personengesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft gehört, von einem anderen Unternehmer als Folge hoher Schuldverpflichtungen oder sonstiger wirtschaftlicher Gesichtspunkte (so Abhängigkeit hinsichtlich des Bezuges von Rohstoffen, des Absatzes von Waren) kann steuerlich nicht dazu führen, den Gläubiger usw. als den Unternehmer zu betrachten. Von dem bürgerlichen Recht in dieser Richtung abzuweichen, müßte zu untragbaren Weiterungen führen. Der Begriff des Unternehmers im Handelsrecht und im Steuerrecht ist nicht von der wirtschaftlichen Beherrschung, sondern von der bürgerlich-rechtlichen Gestaltung abhängig. Würde man diese Grundlage verlassen, so käme man zu kaum mehr lösbaren Problemen und zu wirtschaftlich bedenklichen Ergebnissen. Eine vom bürgerlichen Recht abweichende Auffassung widerspricht auch der Rechtsprechung des Obersten Finanzgerichtshofs und des Bundesfinanzhofs, die der bürgerlich-rechtlichen Form im Gegensatz zur wirtschaftlichen Betrachtung - abweichend von der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs - größere Bedeutung zugemessen haben (siehe z. B. Entscheidungen des Bundesfinanzhofs I 141/57 U vom 4. November 1958, BStBl 1959 III S. 50, Slg. Bd. 68 S. 130; I 44/57 U vom 13. Januar 1959, BStBl 1959 III S. 197, Slg. Bd. 68 S. 515).

Die Organtheorie stellt lediglich den mittelbaren Besitz des Gesellschafters dem unmittelbaren Besitz des Eigentümers gleich. Es mag zutreffen, daß man in Fällen, wo der Hauptgesellschafter nur einen Teil der Anteile besitzt, bei der Abgrenzung im Rahmen des Gesamtbildes auch seinen Einfluß als Gläubiger der Körperschaft berücksichtigt. Es erscheint aber nicht vertretbar, den Hauptgläubiger eines Unternehmens, der nicht oder nicht wesentlich beteiligt ist, steuerlich als Organträger anzuerkennen.

Aus gleichartigen Erwägungen hat die Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 62/59 S für die Anerkennung eines Organverhältnisses im Sinne des Körperschaftsteuerrechtes hinsichtlich der finanziellen Eingliederung gefordert, daß die Obergesellschaft die Mehrheit der Anteile der Untergesellschaft selbst besitzt. Seien nur die Gesellschafter der Obergesellschaft beteiligt, so liege kein Organverhältnis vor. Diese Grundsätze müssen auch im Streitfall angewendet werden. Ein Organverhältnis setzt auch bei einer Genossenschaft voraus, daß der Organträger in der Generalversammlung die qualifizierte Mehrheit der Stimmen hat. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Siehe auch die Entscheidung des Reichsfinanzhofs V 37/43 vom 7. Januar 1944, RStBl 1944 S. 534.

Die Vorentscheidung ist von anderen Erwägungen ausgegangen. Sie muß deshalb aufgehoben werden.

Diese Würdigung hat aber nicht zur Folge, daß der übernahme der Schulden durch die Verträge vom 19. / 26. November 1954 die Bedeutung abzusprechen ist. Sie beruht nicht auf gesellschaftlicher, sondern auf betrieblicher Grundlage. Das Finanzamt ist der Ansicht, daß es sich bei der übernahme der Schulden auf Grund der damit verbundenen wirtschaftlichen Machtstellung der Steuerpflichtigen gegenüber der B.-ZG um einen für sie günstigen Geschäftsvorfall gehandelt habe. Die Genossenschaft bestätigt dies in ihren eigenen Ausführungen. Sie sei durch die Ablösung des Bankkredits von ..... DM die einzige Großgläubigerin der B.-ZG geworden, die selbst nur ein geringes Eigenvermögen besessen habe. Die B.-ZG habe bei Aufnahme von Krediten von mehr als ..... DM im Einzelfall der Genehmigung der Steuerpflichtigen bedurft. Das gesamte Geschäft eines bestimmten Geschäftszweiges der B.-ZG sei ausgegliedert und auf die speziell in dieser Branche arbeitende Tochtergesellschaft der Bgin. überführt worden. Ferner seien die Außenstellen der B.-ZG an andere von der Bgin. abhängige Unternehmen übertragen worden. Die B.-ZG sei verpflichtet gewesen, alle Verkäufe nur über die Verkaufsstellen der Bgin. abzuwickeln. Das Finanzamt ist der Ansicht, daß mit der Schuldübernahme der Erwerb eines erheblichen Geschäftswertes verknüpft gewesen sei.

Es handelt sich hier um Würdigung des Tatbestandes. Das Finanzgericht hat zu dieser Frage noch nicht Stellung genommen. Es ist deshalb erforderlich, die Streitsache nochmals an das Finanzgericht zurückzugeben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410058

BStBl III 1961, 368

BFHE 1962, 278

BFHE 73, 278

BB 1961, 854

DB 1961, 1119

StRK, KStG:6/1/2 R 55

FR 1961, 431

NWB, F. 4 S. 1010 Nr. 41

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