Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers trotz Vorhandenseins einer Liege

 

Leitsatz (NV)

Der Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers bei einem Richter steht nicht entgegen, daß in dem Arbeitszimmer eine Liege steht, die von ihm dazu benutzt wird, um sich im Liegen auf seine Arbeit zu konzentrieren, Akten zu lesen, Urteile zu diktieren und sich zwischen diesen Arbeiten auszuruhen.

 

Normenkette

EStG 1981 § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Richter am Oberlandesgericht (OLG) tätig. Er und seine Ehefrau sind Eigentümer eines Einfamilienhauses. In diesem benutzt der Kläger einen Raum als Arbeitszimmer. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte die Berücksichtigung der auf das Arbeitszimmer entfallenden Aufwendungen ab, weil in diesem Raum eine Liege steht. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Ein häusliches Arbeitszimmer könne steuerlich nur anerkannt werden, wenn es sich in seiner Einrichtung von einem Wohnraum deutlich abhebe. Das Arbeitszimmer des Klägers gehöre nach dem Erscheinungsbild zu den Wohnräumen, da es eine Liege enthalte. Eine Liege sei kein Arbeitsmittel, das zur Erzielung von Einkünften eines Richters diene.

Der Kläger legte gegen das Urteil Revision ein.

Er beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung des FA vom 3. März 1983 den Einkommensteuerbescheid 1981 vom 18. Januar 1983 dahin zu ändern, daß die Aufwendungen für das Arbeitszimmer in Höhe von 938 DM als weitere Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage.

Aufwendungen für die eigene Wohnung können grundsätzlich nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden, weil es sich bei ihnen regelmäßig um solche der privaten Lebensführung handelt, die nach § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht berücksichtigungsfähig sind. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Aufwendungen ausnahmsweise nahezu ausschließlich betrieblich oder beruflich veranlaßt sind (§ 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG und Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21. Juli 1981 VIII R 154/76, BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37). Das ist bei Ausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer der Fall, wenn feststeht, daß der Raum so gut wie ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wird. Eine private Mitbenutzung ist lediglich dann unschädlich, wenn sie von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. BFH-Urteil vom 18. Oktober 1983 VI R 180/82, BFHE 139, 518, BStBl II 1984, 110 und die dort angegebene Rechtsprechung).

Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, daß der Kläger einen Raum des beiden Eheleuten gehörenden Einfamilienhauses als Arbeitszimmer nutzt. Das FG hat auch festgestellt, daß neben dem Arbeitszimmer genügend Wohnraum für den Kläger und seine Familie zur Verfügung steht. Es hat die steuerliche Anerkennung des Arbeitszimmers nur deshalb abgelehnt, weil in dem nur 12 qm großen Raum neben einem Schreibtisch, einem Stuhl und einem Bücherregal noch eine Liege steht. Dem kann der Senat nicht beitreten.

Nach einem vom Kläger erwähnten Urteil des Senats vom 14. August 1981 VI R 190/78, das nicht zur Veröffentlichung bestimmt ist, ist es nicht ohne weiteres schädlich, wenn sich in einem Arbeitszimmer ein Klappbett befindet. Der Senat hat in dieser Entscheidung das Vorhandensein eines Klappbetts deshalb als unschädlich angesehen, weil es von einer Fachlehrerin für Kunst an einer Grundschule dazu benutzt wurde, sich auf ihm für bestimmte Arbeiten im Liegen zu konzentrieren und um darauf Arbeitsmaterial (Werkarbeiten von Schülern) auszubreiten.

Von diesen Grundsätzen ist auch im Streitfall auszugehen. Es ist dem Kläger unbenommen, statt am Schreibtisch zu sitzen, sich im Liegen auf seine Arbeit zu konzentrieren, Akten zu lesen und Urteile zu diktieren. Auch ist es nicht schädlich, wenn die Liege zu Ruhepausen zwischen diesen Arbeiten benutzt wird.

Die Vorentscheidung ist aufzuheben, weil das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist. Die Sache ist entscheidungsreif, da die Höhe der auf das Arbeitszimmer entfallenden Kosten nicht streitig ist. Entsprechend dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil des Senats vom 12. Februar 1988 VI R 141/85 ist bei Benutzung eines Arbeitszimmers durch den Ehemann in einem zusammenveranlagten Eheleuten als Miteigentümern gehörenden Einfamilienhaus die auf diesen Raum anteilig entfallenden Absetzungen für Abnutzung nach § 7 b, § 7 Abs. 4 EStG grundsätzlich ohne Rücksicht auf den Miteigentumsanteil der Ehefrau als Werbungskosten bei den Einkünften des Ehemanns aus nichtselbständiger Tätigkeit zu berücksichtigen. Auf die Entscheidung wird im einzelnen Bezug genommen. Von einer solchen Aufteilung sind auch die Kläger in der Einkommensteuererklärung 1981 ausgegangen. Dementsprechend sind gemäß dem Revisionsantrag des Klägers auf sein Arbeitszimmer entfallende Aufwendungen von 938 DM als zusätzliche Werbungskosten zum Abzug zugelassen. Der Einkommensteuerbescheid 1981 vom 18. Januar 1983 ist daher unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung des FA vom 3. März 1983 dahin abzuändern, daß die Einkommensteuer auf 26 830 DM festgesetzt wird.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62366

BFH/NV 1988, 773

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