Leitsatz (amtlich)

Wird ein Freistellungsbescheid gemäß § 175 Abs.1 Nr.1 AO 1977 geändert, so dürfen die Besteuerungsgrundlagen über die Folgeänderungen hinaus insoweit verändert werden, als sich dadurch, bezogen auf den ursprünglichen Freistellungsbescheid, keine steuerlichen Auswirkungen ergeben.

 

Normenkette

AO 1977 § 157 Abs. 2, § 175 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Durch unter Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Steuerbescheid vom 29.Mai 1978 setzte das beklagte Finanzamt (FA) die Vermögensteuer der Kläger für 1977 und die folgenden Jahre auf null DM fest. Es ging dabei entsprechend der Steuererklärung von einem abgerundeten Gesamtvermögen in Höhe von 50 000 DM aus. Bei Freibeträgen von 140 000 DM verblieb kein steuerpflichtiges Vermögen. Mit Bescheid vom 3.Januar 1979 hob das FA den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Am 26.Februar 1979 erließ das FA sodann einen auf § 175 Nr.1 der Abgabenordnung (AO 1977) gestützten Änderungsbescheid, weil sich aufgrund von Feststellungsbescheiden Werterhöhungen beim Ansatz des Grundvermögens und des Betriebsvermögens im Ausmaß von insgesamt 103 800 DM ergeben hatten. In dem Änderungsbescheid berücksichtigte das FA zugleich eine Verringerung der Steuerschulden um 18 328 DM und setzte einen Anspruch auf Einkommensteuererstattung in Höhe von 7 116 DM an. Diese Änderungen waren dem FA bereits bei der Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung bekannt. Es ergab sich nunmehr ein steuerpflichtiges Vermögen von 39 000 DM.

Nach erfolglosem Einspruch haben die Kläger Klage erhoben und die Herabsetzung des steuerpflichtigen Vermögens auf 14 000 DM begehrt. Sie haben ihre Klage damit begründet, daß gegenüber dem Vorbehaltsbescheid die Besteuerungsgrundlagen nur insoweit verändert werden dürften, als dies aufgrund der Berücksichtigung der Grundlagenbescheide erforderlich sei.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben und die Steuer entsprechend herabgesetzt. Es hat die Revision zugelassen, weil es der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimißt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage als unbegründet.

Der angefochtene, auf § 175 Nr.1 AO 1977 (nunmehr: § 175 Abs.1 Nr.1 AO 1977) gestützte Änderungsbescheid ist frei von Rechtsfehlern. Dies gilt auch insoweit, als das FA in dem Änderungsbescheid die Besteuerungsgrundlagen gegenüber dem ursprünglichen Freistellungsbescheid unter Vorbehalt der Nachprüfung verändert hat.

Daß das FA diese Veränderung der Besteuerungsgrundlagen noch in dem auf § 175 Nr.1 AO 1977 gestützten Änderungsbescheid vornehmen durfte, folgt daraus, daß die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 157 Abs.2 AO 1977 keinen selbständigen mit Rechtsbehelfen anfechtbaren Teil des Steuerbescheides (und somit einen unselbständigen Teil) bilden. Auch wenn davon auszugehen ist, daß eine Steuer nicht losgelöst von jeglichen Besteuerungsgrundlagen bestandskräftig werden kann, so bleiben die Besteuerungsgrundlagen jedoch insoweit unselbständig, als ihre Veränderung zu keiner Änderung der festgesetzten Steuer führt (vgl. Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 15.Aufl., § 157 AO 1977 Anm.6). Aus der Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung durch den Bescheid vom 3.Januar 1979 konnte unter diesen Umständen nur geschlossen werden, daß die Nachprüfung kein die Freibeträge übersteigendes Gesamtvermögen ergeben hat. Der Bescheid stellte aber darüber hinaus die Besteuerungsgrundlagen nicht fest. Das FA war unter diesen Umständen berechtigt, im Rahmen der Änderung gemäß § 175 Nr.1 AO 1977 auch andere Änderungen der Besteuerungsgrundlagen vorzunehmen, soweit diese Änderungen für sich allein noch nicht zu einem steuerpflichtigen Vermögen führten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 61807

BStBl II 1987, 415

BFHE 149, 139

BFHE 1987, 139

BB 1987, 1172

BB 1987, 1172-1172 (ST)

HFR 1987, 390-391 (ST)

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