Entscheidungsstichwort (Thema)

Spekulationsgeschäft: Teilwirksamkeit eines Grundstückskaufvertrages, Nämlichkeit bei Erwerb von Miteigentumsanteilen an einem Grundstück und der Veräußerung des Grundstücks im Alleineigentum - Wirksamkeit eines Grundstückskaufvertrages mit salvatorischer Klausel bei Unwirksamkeit des Vertrages gegenüber eines von mehreren Erwerbern - Vertragsauslegung - Neues Vorbringen im Revisionsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Scheitert der zum ideell hälftigen Erwerb durch Ehegatten (am 13. Februar 1979) abgeschlossene Grundstückskaufvertrag (Vertrag I), in dem § 139 BGB durch eine salvatorische Klausel abbedungen wurde, am insoweit vollmachtlosen Vertreterhandeln für die Ehefrau und wird nach Entdeckung dieses Mangels am 14. Oktober 1983 ein Ergänzungsvertrag (Vertrag II) geschlossen, wonach der Ehemann alleiniger Erwerber des ganzen Grundstücks sein soll, so können Anschaffungsgeschäfte i.S. des § 23 Abs.1 Nr.1 Buchst.a EStG durch den Ehemann zum einen hinsichtlich des von Anfang an für ihn bestimmten Miteigentumsanteils im Vertrag I und zum anderen hinsichtlich des ursprünglich für die Ehefrau bestimmten Miteigentumsanteils im Vertrag II vorliegen. Veräußert der Ehemann sodann --am 17. August 1984-- das ganze Grundstück, kommt hinsichtlich des am 14. Oktober 1983 hinzuerworbenen Miteigentumsanteils ein Spekulationsgeschäft in Betracht.

 

Orientierungssatz

1. Dem Identitätserfordernis --Nämlichkeit zwischen angeschafften und veräußerten Wirtschaftsgut-- für die Annahme eines Spekulationsgeschäftes ist partiell genügt, wenn der Erwerb eines Grundstücks nur einen Miteigentumsanteil, die Veräußerung dagegen Alleineigentum an dem Grundstück betrifft (vgl. BFH-Urteil vom 19. Juli 1983 VIII R 161/82).

2. Enthält ein notarieller Grundstückskaufvertrag die salvatorische Klausel, daß bei Unwirksamkeit einer Bestimmung, der Vertrag im übrigen davon unberührt bleibt, so ist der Vertrag auch in dem Fall wirksam, daß mehrere Bestimmungen des Vertrages oder ein ganzer Vertragsteil unwirksam sind. Denn der Zweck salvatorischer Klauseln liegt in der Aufrechterhaltung der übrigen, vom Rechtsmangel nicht betroffenen Vertragsteile.

3. Scheitert ein Grundstückskaufvertrag, mit dem Ehegatten ein Grundstück je zur ideellen Hälfte erwerben möchten, am insoweit vollmachtlosen Vertreterhandeln für die Ehefrau, ist durch die Aufnahme einer salvatorischen Klausel, die die Rechtsfolge des § 139 BGB als dispositives Recht ausschließt, der Grundstückskaufvertrag hinsichtlich des Erwerbs des Miteigentumsanteils des Ehemanns wirksam. Dem steht weder der Gesichtspunkt des einheitlichen Rechtsgeschäfts noch die BFH-Rechtsprechung zur grunderwerbsteuerlichen Behandlung derartiger Vertragswerke entgegen.

4. Bei einer Vertragsauslegung ist auf den Parteiwillen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen (vgl. BGH-Urteil vom 23.2.1987 II ZR 183/86).

5. Von den tatsächlichen, den BFH bindenden Feststellungen des FG abweichendes, neues tatsächliches Vorbringen ist im Revisionsverfahren nicht zu berücksichtigen (vgl. BFH-Rechtsprechung).

 

Normenkette

AO 1977 § 41 Abs. 1; BGB §§ 133, 139, 157, 177, 182, 178-179, 183-185; EStG § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a; FGO § 118 Abs. 2

 

Tatbestand

I. Die Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind verheiratet, sie wurden im Streitjahr 1984 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Am 12. Februar 1979 erteilte der Kläger der A-GmbH eine notarielle Vollmacht, "ihn bei der Betreuung des Bauvorhabens im Rahmen des Betreuungs- und Verwaltungsvertrages", den der Kläger und die A-GmbH zuvor geschlossen hatten, zu vertreten. Diese Vollmacht berechtigte die A-GmbH insbesondere zum Erwerb eines noch zu vermessenden Trennstücks eines in der Gemeinde X belegenen Flurstücks. Die Gesamtkosten des Bauvorhabens (Erwerb des Grundstücks und Errichtung eines Hauses einschließlich Garage) sollten sich auf 389 000 DM belaufen.

Am 13. Februar 1979 schloß der Handlungsbevollmächtigte P in Vollmacht der A-GmbH --diese wiederum handelnd mit dem Versprechen, eine ordnungsgemäße Vollmacht nachzureichen-- für beide Kläger je zur ideellen Hälfte mit der G-GmbH einen notariellen Grundstückskaufvertrag (Vertrag I) über das noch nicht vermessene, ca. 450 qm große Trennstück zu einem Kaufpreis von 85 000 DM. U.a. für den Fall der Unwirksamkeit enthielt § 9 Abs. 3 des Vertrages I folgende salvatorische (Erhaltungs- und Ersetzungs-)Klausel:

Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam oder

anfechtbar sein, so bleibt der Vertrag im übrigen davon

unberührt. Die Vertragsparteien verpflichten sich, an die

Stelle einer unwirksamen oder anfechtbaren Bestimmung eine

solche zu setzen, die dem wirtschaftlichen Zweck der

unwirksamen oder anfechtbaren am nächsten kommt.

Zugunsten beider Kläger wurde eine Auflassungsvormerkung im

Grundbuch eingetragen.

Mit Schreiben vom 2. April 1980 wies die A-GmbH den

beurkundenden Notar darauf hin, daß die Vollmacht nur auf den

Kläger laute. Die mit notarieller Urkunde vom 14. Oktober 1983

von der G-GmbH und beiden Klägern (persönlich) abgegebene

Ergänzungserklärung und Auflassung (Vertrag II) hat im

wesentlichen folgenden Inhalt:

II.

Ergänzungserklärung

Die G-GmbH und die Eheleute ... (Kläger) berichtigen und

ergänzen den ... geschlossenen Grundstückskaufvertrag

dahingehend, daß lediglich Herr ... (Kläger) Käufer ist.

III.

Auflassung

Die G-GmbH und Herr ... (Kläger) sind darüber einig, daß

das Eigentum an dem Flurstück ... auf Herrn ... (Kläger)

übergeht und bewilligen und beantragen die

Eigentumsänderung unter Eintragung von Herrn ... (Kläger)

als Eigentümer im Grundbuch.

IV.

Weitere Anträge

Die Erschienenen bewilligen und beantragen die Löschung

der zugunsten der Eheleute ... eingetragenen

Auflassungsvormerkung.

VI.

Kosten

Der Kaufpreis beträgt DM 85 000. Die Kosten aus dieser

Verhandlung sind von der A-GmbH ... zu erheben.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 17. August 1984 veräußerte der

Kläger das streitige Grundstück zu einem Kaufpreis von 170 000

DM an einen Dritten.

Anschaffung und Veräußerung des Grundstücks beurteilte der

Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt

- -FA--) insgesamt als Spekulationsgeschäft i.S. der §§ 22 Nr.

2, 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Das FA ermittelte den Spekulationsgewinn des Klägers aus dem

Gesamtvorgang wifolgt:

Veräußerungspreis 170 000 DM

./. geschätzte Veräußerungskosten 3 000 DM

./. Anschaffungskosten 85 000 DM

./. Grunderwerbsteuer 5 976 DM

Spekulationsgewinn 76 024 DM

Dagegen richtete sich die Klage. Das Finanzgericht (FG)

verneinte hinsichtlich der Anschaffung des (zunächst) auf den

Kläger entfallenden Miteigentumsanteils (im folgenden

Miteigentumsanteil 1) ein Spekulationsgeschäft und gab der

Klage insoweit statt; der Vertrag I sei gemäß § 139 des

Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) i.V.m. § 9 Abs. 3 des Vertrages

teilwirksam, so daß die zweijährige Spekulationsfrist zwischen

Anschaffung und Veräußerung für diesen Miteigentumsanteil

überschritten sei. Hinsichtlich des ursprünglich für die

Klägerin bestimmten Miteigentumsanteils (im folgenden

Miteigentumsanteil 2) nahm es ein Spekulationsgeschäft des

Klägers an und wies die Klage als unbegründet ab; mangels

nachträglicher Zustimmung des --die Klägerin betreffend--

schwebend unwirksamen Vertrages I habe der Kläger erst mit dem

Vertrag II den Miteigentumsanteil 2 erworben und innerhalb der

Spekulationsfrist veräußert.

Mit der Revision rügen sowohl die Kläger als auch das FA die

Verletzung von § 23 EStG und § 76 Abs. 1 der

Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Kläger führen aus: Der Vertrag I sei, da ihn der Kläger

auch ohne Beteiligung der Klägerin abgeschlossen haben würde,

mit diesem als alleinigem Vertragspartner der G-GmbH

hinsichtlich des gesamten Erwerbsvorgangs wirksam zustande

gekommen. Im übrigen enthalte der Vertrag II eine Genehmigung

des Vertrages I durch die Klägerin. Eine solche Genehmigung

könne bei vollmachtlosem Vertreterhandeln auch durch

schlüssiges Handeln erteilt werden; dazu habe das FG aber eine

entsprechende Sachverhaltsaufklärung unterlassen.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des FG sowie die Einspruchsentscheidung

aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 1984

dahingehend zu ändern, daß die Einkommensteuer 1984 auf 69

434 DM festgesetzt wird.

Das FA beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und den

Einkommensteuerbescheid für 1984 dahingehend zu ändern,

daß die Einkommensteuer 1984 auf 111 488 DM, hilfsweise

auf 91 970 DM festgesetzt wird.

Das FA trägt vor: Nach dem Willen der Vertragsparteien sei der

Vertrag I insgesamt nichtig. Dies folge aus § 139 BGB und

einer Vertragsauslegung, die auch außerhalb des Vertrages

liegende Umstände wie den im Rahmen eines Mietkaufmodells

zuvor zwischen den Vertragsparteien geschlossenen Betreuungs-

und Verwaltungsvertrag hinreichend berücksichtige. Dem stehe

bei einem derart zeitlich und wirtschaftlich engen

Zusammenhang i.S. eines Kopplungsgeschäfts die salvatorische

Klausel des § 9 Abs. 3 des Vertrages I nicht entgegen, zumal

sie nur greife, wenn "eine Bestimmung dieses Vertrages" (I)

unwirksam sein sollte, nicht jedoch --wie im Streitfall-- ein

ganzer, nämlich die Klägerin betreffender Vertragsteil. Mit

seiner geänderten wirtschaftlichen Zweckbestimmung liege im

Vertrag II ein konstitutiver Neuabschluß eines zuvor insgesamt

nichtigen Grundstücksgeschäfts.

Zur Begründung des Hilfsantrags macht das FA geltend: Bei der

Berechnung des Spekulationsgewinns müsse die (hälftige)

Grunderwerbsteuer in Höhe von 2 988 DM außer Ansatz bleiben,

da ein grunderwerbsteuerfreier Erwerb zwischen Ehegatten

stattgefunden habe (der Spekulationsgewinn also mit 41 000 DM

statt mit 38 012 DM anzusetzen sei).

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revisionen der Kläger und des FA (mit Haupt- und Hilfsantrag) sind unbegründet. Zu Recht hat das FG nur die Anschaffung und Veräußerung des ursprünglich für die Klägerin bestimmten Miteigentumsanteils 2 durch den Kläger als Spekulationsgeschäft beurteilt und den Spekulationsgewinn auch der Höhe nach zutreffend ermittelt.

1. Spekulationsgeschäfte (§ 22 Nr. 2 EStG) i.S. des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG sind Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung von Grundstücken bzw. Miteigentumsanteilen an diesen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. März 1990 IV R 60/89, BFHE 160, 443, BStBl II 1994, 559) oder ihnen gleichgestellten Rechten nicht mehr als zwei Jahre beträgt. Für die Berechnung dieses Zeitraums sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich die Zeitpunkte des Abschlusses der obligatorischen Verträge maßgebend (vgl. BFH-Urteil vom 15. Dezember 1993 X R 49/91, BFHE 173, 144, BStBl II 1994, 687, m.w. Rechtsprechungsnachweisen). In Übereinstimmung damit ist das FG zu dem Ergebnis gelangt, daß sich der Anschaffungsvorgang in zwei Schritten vollzog, durch die der Kläger den Miteigentumsanteil 1 bereits am 13. Februar 1979 und den Miteigentumsanteil 2 erst am 14. Oktober 1983 erworben hat. Mithin liegt --bei einem unstreitigen Veräußerungszeitpunkt, dem 17. August 1984-- nur hinsichtlich der Anschaffung und Veräußerung des Miteigentumsanteils 2 durch den Kläger ein Spekulationsgeschäft vor. Daß der Erwerb nur einen Miteigentumsanteil, die Veräußerung dagegen Alleineigentum an dem Grundstück betraf, ist unbeachtlich, weil insoweit dem Identitätserfordernis des § 23 EStG partiell genügt ist (vgl. BFH-Urteil vom 19. Juli 1983 VIII R 161/82, BFHE 139, 251, BStBl II 1984, 26).

2. Mit dem Vertrag I (vom 13. Februar 1979) erwarb der Kläger rechtswirksam den für ihn bestimmten Miteigentumsanteil 1. Der nur die Klägerin betreffende Wirksamkeitsmangel ließ diesen Erwerb durch den Kläger wegen der vereinbarten salvatorischen Klausel ebenso unberührt wie der Vertrag II. Erst mit diesem Vertrag II (vom 14. Oktober 1983) erwarb der Kläger rechtswirksam auch und nur den Miteigentumsanteil 2 mit ex-nunc-Wirkung. Ein auf den Zeitpunkt des Vertrages I rückwirkender Übertragungsanspruch des Klägers läßt sich dem Vertrag II auch bei Auslegung als Vertragsübernahme (vgl. dazu Münchner Kommentar/ Möschel, Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 2, 3. Aufl., 1994, vor § 414 Rz. 7, 8; Soergel/Zeiss, Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 2, vor § 398 Rz. 4, 5) nicht entnehmen.

Nichts anderes folgt aus § 41 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977). Denn die Vertragsparteien haben das wirtschaftliche Ergebnis des Vertrages I, soweit er, den Miteigentumsanteil 1 des Klägers betreffend, teilwirksam war, eintreten und bestehen lassen, aber soweit er, den Miteigentumsanteil 2 der Klägerin betreffend, teilunwirksam war, mit Abschluß des Vertrages II gerade nicht eintreten und nicht bestehen lassen.

a) Die Vertragsparteien haben im Vertrag II ihren Willen bekundet, den Vertrag I dahingehend zu "berichtigen und (zu) ergänzen", daß lediglich der Kläger alleiniger "Käufer ist". Das FG hat den Vertrag II einerseits als Klarstellung des sich aus dem Vertrag I ergebenden Übertragungsanspruchs des Klägers hinsichtlich des Miteigentumsanteils 1 und andererseits im Hinblick auf das erstmalige Entstehen eines Anspruchs auf Übertragung des Miteigentumsanteils 2 als rechtsbegründend angesehen. In diesem Zusammenhang ist das FG außerdem davon ausgegangen, daß die Klägerin den infolge vollmachtlosen Vertreterhandelns für die Klägerin bewirkten Schwebezustand zu keinem Zeitpunkt durch eine Genehmigung, auch nicht mit dem Vertrag II, rückwirkend beseitigt hat. Diese Auslegung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden; insbesondere liegt kein Verstoß gegen gesetzliche Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB), Denkgesetze oder Erfahrungssätze vor (vgl. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 118 Rz. 17).

b) Trotz fehlender Genehmigung bzw. entsprechender Rückwirkung war der Vertrag I hinsichtlich des Klägers (als unstreitig teilbares Rechtsgeschäft) teilwirksam i.S. des § 139 BGB. Denn die Vertragsparteien haben die Rechtsfolge des § 139 BGB als dispositives Recht (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 29. Juni 1992 II ZR 284/91, Neue Juristische Wochenschrift - -NJW-- 1992, 2696; vom 11. Oktober 1995 VIII ZR 25/94, NJW 1996, 773) --wie das FG zutreffend ausgeführt hat-- durch die salvatorische Klausel in § 9 Abs. 3 des Vertrages I wirksam abbedungen. Daraus ergibt sich indes nicht, daß wegen Ausfalls der Klägerin als Miterwerberin nunmehr der Kläger als alleiniger Erwerber des (gesamten) Grundstücks anzusehen wäre. Vielmehr blieb der Kläger nach wie vor Erwerber nur hinsichtlich des Miteigentumsanteils 1. Insoweit berufen sich die Kläger zu Unrecht auf die Entscheidungen des Reichsgerichts (RG) vom 23. November 1904 (RGZ 59, 174) und des BGH vom 14. November 1969 V ZR 97/66 (NJW 1970, 240). In beiden Fällen war § 139 BGB --anders als im Streitfall-- wegen fehlender salvatorischer Klausel anzuwenden mit der Folge, daß auf den mutmaßlichen Parteiwillen abgestellt wurde.

3. Auch das übrige Vorbringen der Beteiligten vermag den Revisionen nicht zum Erfolg zu verhelfen.

a) Der Teilwirksamkeit des Vertrages I steht auch der --vom FA vorgebrachte-- Gesichtspunkt des einheitlichen Rechtsgeschäfts ("miteinander stehen oder fallen"; vgl. dazu BGH-Urteil vom 24. November 1983 VII ZR 34/83, NJW 1984, 869; zu Grundstückskaufvertrag und Baubetreuungsvertrag s. BGH-Urteil vom 30. April 1976 IV ZR 143/74, NJW 1976, 1931) nicht entgegen. Zu den für die Beurteilung als einheitliches Rechtsgeschäft maßgebenden Umständen weist das FA zwar zutreffend auf die ursprünglich vorhandene Bebauungsabsicht im Mietkaufmodell und die dann geänderte wirtschaftliche Zweckbestimmung, nämlich die Aufgabe der Bebauungsabsicht, im Vertrag II hin. Die Bebauungsabsicht wurde erkennbar erst deutlich nach Abschluß des (einheitlichen) Vertragswerks aufgegeben. Bei der (erläuternden) Vertragsauslegung ist aber auf den Parteiwillen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen (BGH-Urteil vom 23. Februar 1987 II ZR 183/86, NJW 1987, 2437, 2438; Soergel/M. Wolf, a.a.O., § 157 Rz. 36; Münchner Kommentar/Mayer-Maly, a.a.O., § 157 Rz. 24 ff.). Mithin war die Absichtsänderung ebenso wie die im Vertrag II ausgedrückte Zweckänderung unbeachtlich. Auch die vom Kläger der A-GmbH erteilte Vollmacht spricht gegen die Annahme einer Gesamtunwirksamkeit. Die fehlenden Ausführungen des FG zu diesen Überlegungen sind daher im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. § 126 Abs. 4 FGO).

Die BFH-Rechtsprechung zur grunderwerbsteuerlichen Behandlung derartiger einheitlicher Vertragswerke (vgl. BFH-Urteile vom 18. Oktober 1989 II R 85/87, BFHE 158, 483, BStBl II 1990, 181, und II R 143/87, BFHE 158, 477, BStBl II 1990, 183; zuletzt Urteil vom 8. November 1995 II R 83/93, BFH/NV 1996, 637, m.w.Rechtsprechungsnachweisen), auf die sich das FA in diesem Zusammenhang beruft, betrifft grunderwerbsteuerliche Besonderheiten; sie ist daher im Streitfall nicht einschlägig.

b) Aus der Formulierung der Erhaltungsklausel in § 9 Abs. 3 des Vertrages I ("sollte eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam ... sein, ..."), kann kein anderes Ergebnis abgeleitet werden. Insbesondere erfaßt die Klausel auch den Fall, daß mehrere Bestimmungen des Vertrages oder ein ganzer Vertragsteil unwirksam sind. Das vom FA vertretene Auslegungsergebnis widerspräche ihrem Sinn. Denn der Zweck salvatorischer Klauseln liegt gerade in der Aufrechterhaltung der übrigen, vom Rechtsmangel nicht betroffenen Vertragsteile (Münchner Kommentar/ Mayer-Maly, a.a.O., § 139 Rz. 5; Staudinger/Roth, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Erstes Buch, 13. Aufl. 1996, § 139 Rz. 22). Die Klauseln werden im Hinblick auf § 139 BGB formuliert; diese Vorschrift erfaßt aber die Unwirksamkeit/Nichtigkeit gerade von "Teil(en) des Rechtsgeschäfts". Ein von dieser Ausgangslage abweichender Wille der Vertragsparteien ist im Streitfall nicht erkennbar.

c) Von den tatsächlichen, den BFH bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) abweichendes, neues tatsächliches Vorbringen ist im Revisionsverfahren nicht zu berücksichtigen (vgl. z.B. BFH-Entscheidungen vom 26. Juni 1996 II R 64/93, BFH/NV 1997, 157, unter 3. b; vom 24. Juli 1996 VIII B 95/95, BFH/NV 1997, 127). Daher können die Kläger mit ihrem neuen Sachvortrag (Weiterleitung des A-GmbH-Schreibens vom 2. April 1980 an die Kläger und deren Schweigen dazu) nicht gehört werden. Die Rüge mangelnder Sachaufklärung wegen Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes durch das FG (vgl. § 76 Abs. 1 FGO) ist nicht schlüssig dargetan (vgl. zu den Anforderungen im einzelnen BFH-Beschlüsse vom 21. Juli 1995 V B 37/95, BFH/NV 1996, 55; vom 21. Juni 1996 VIII B 89/95, BFH/NV 1996, 920).

4. Das FG hat den Spekulationsgewinn bezüglich des am 14. Oktober 1983 durch den Kläger erworbenen Miteigentumsanteils 2 auch der Höhe nach zutreffend unter Abzug der anteiligen Grunderwerbsteuer ermittelt. Nach § 3 Nr. 4 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) ist der Grundstückserwerb durch Ehegatten des Veräußerers von der Besteuerung ausgenommen. Von einem derartigen Erwerbsvorgang unter Ehegatten geht indes das FG nicht aus. Zwar können die vom FG gewählten Formulierungen in Richtung der vom FA vertretenen Auslegung mißverstanden werden. Tatbestand und Entscheidungsgründen des FG-Urteils liegen jedoch insgesamt und im Ergebnis eindeutig kein Erwerb unter Ehegatten, sondern zwei grunderwerbsteuerbare Erwerbsvorgänge des Klägers (unter dem 13. Februar 1979 und unter dem 14. Oktober 1983) zugrunde. Bezogen auf den Erwerb vom 14. Oktober 1983 war die Grunderwerbsteuer anteilig (hälftig) bei der Ermittlung des Spekulationsgewinns zu berücksichtigen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66356

BFH/NV 1998, 915

BFH/NV 1998, 915-916 (Leitsatz und Gründe)

BStBl II 1998, 343

BFHE 185, 40

BFHE 1998, 40

BB 1998, 827

DB 1998, 1011

DStR 1998, 599

DStRE 1998, 353

DStRE 1998, 353 (Leitsatz)

DStZ 1998, 521

DStZ 1998, 521-522 (Leitsatz und Gründe)

HFR 1998, 648

StE 1998, 231

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge