Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Als gewillkürtes Betriebsvermögen können Wirtschaftsgüter nur behandelt werden, wenn und soweit ein hierauf gerichteter Wille des Steuerpflichtigen klar und eindeutig erkennbar ist. Nimmt ein Kaufmann ein nur teilweise betrieblich genutztes, im übrigen vermietetes Grundstück zwar voll in seine Bilanz auf, behandelt er aber nur diejenigen Aufwendungen auf das Grundstück als Betriebsausgaben, die - wenn auch nur schätzungsweise - auf den eigenbetrieblich genutzten Grundstücksteil entfallen, und rechnet er die Einnahmen aus der Vermietung den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu, so bringt er damit zum Ausdruck, daß der Teil des Grundstücks, der vermietet ist, seinen betrieblichen Gewinn nicht berühren soll. Dieser Teil kann daher nicht als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt werden. GewStG 1955 § 7, § 9 Ziff. 1; EStG 1955 § 5.

 

Normenkette

GewStG §§ 7, 9/1; EStG § 5

 

Tatbestand

Streit besteht darüber, ob die drei Grundstücke des Bf. zu seinem Betriebsvermögen gehören. Der Bf. hat diese Grundstücke seit Jahren in seinen Bilanzen geführt, die Aufwendungen zu 1/3 als Betriebsausgaben, die Einnahmen aus Vermietung nach Abzug des Restes der Aufwendungen (2/3) als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung behandelt. Dieser Behandlung ist die Steuerbehörde ohne Beanstandung bis einschließlich 1954 gefolgt. Erstmals für das Streitjahr 1955 rechnete das Finanzamt die Einnahmen und Ausgaben voll dem gewerblichen Gewinn des Bf. zu, davon ausgehend, daß die Grundstücke gewillkürtes Betriebsvermögen darstellten.

Die Berufung des Bf. hiergegen blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht schloß sich in vollem Umfang der Rechtsauffassung des Finanzamts an und lehnte auch das Vorliegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben ab, den der Bf. mit Rücksicht auf die bisherige jahrelange Anerkennung seiner Behandlung durch das Finanzamt geltend gemacht hatte.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen.

Die vom Finanzgericht dargestellten Voraussetzungen für die Annahme gewillkürten Betriebsvermögens sind an sich zutreffend. Hiernach kann ein Steuerpflichtiger ein Grundstück, das in nicht nur ganz geringfügigem Ausmaß eigenbetrieblichen Zwecken dient, auch im übrigen zu seinem Betriebsvermögen ziehen, soweit es nicht notwendiges Privatvermögen darstellt. Die Zurechnung zum gewillkürten Betriebsvermögen setzt aber eine eindeutige und klare Willensäußerung voraus, nach der der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut als gewillkürtes Betriebsvermögen behandeln will. Hieran fehlt es im Gegensatz zur Auffassung des Finanzgerichts im Streitfalle. Der Bf. hat zwar die Grundstücke selbst jahrelang in vollem Umfange in seinen Bilanzen ausgewiesen; er hat aber die Aufwendungen auf die Grundstücke nur zu 1/3 als Betriebsausgaben behandelt, während er die restlichen 2/3 als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und die Einnahmen aus der Vermietung der Grundstücke als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung ausgewiesen hat. Hieraus ergibt sich nach Auffassung des Senats, daß der Bf. die Grundstücke nur insoweit als Betriebsvermögen behandeln wollte, als sie eigenbetrieblich genutzt werden (vgl. auch Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 2079/29 vom 14. April 1931, RStBl 1931 S. 348).

Hierzu kommt, daß der Bf. auf Grund einer früheren Betriebsprüfung zu dieser Sachbehandlung veranlaßt worden ist. Damals waren ihm mit Rücksicht darauf, daß die Grundstücke nur zu 1/3 eigengewerblich genutzt wurden, auch nur 1/3 der Aufwendungen als Betriebsausgaben anerkannt worden. Daraus, daß der Bf. sodann in den späteren Jahren diese Sachbehandlung übernahm, muß auf seinen eindeutigen Willen geschlossen werden, nur die Teile der Grundstücke sich auf den gewerblichen Gewinn auswirken zu lassen, die eigenbetrieblichen Zwecken dienen.

Die Vorentscheidungen werden aufgehoben und die Sache an das Finanzamt zurückverwiesen, das unter Berücksichtigung der dargestellten Grundsätze die Gewerbesteuermeßbetragsveranlagung neu durchzuführen hat. Hierbei hat das Finanzamt zu berücksichtigen, daß auch die Absetzungen für Abnutzung der Grundstücke nur zu 1/3 den gewerblichen Gewinn mindern dürfen und daß auch § 9 Ziff. 1 des Gewerbesteuergesetzes nur auf den Teil des Einheitswerts der Grundstücke anzuwenden ist, der dem zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücksteil entspricht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 424124

BStBl III 1961, 53

BFHE 1961, 141

BFHE 72, 141

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