Entscheidungsstichwort (Thema)

Mangel bei der Bekanntgabe des Eintragungsersuchens einer Sicherungshypothek

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird auf Antrag des FA als Vollstreckungsbehörde eine Sicherungshypothek im Grundbuch eingetragen, so ist diese auch dann wirksam entstanden, wenn dem Vollstreckungsschuldner das Eintragungsersuchen nicht bekanntgegeben worden war.

2. Der Mangel der Bekanntgabe des Eintragungsersuchens, der lediglich zu Rechtswirkungen im Verhältnis zwischen dem FA und dem Vollstreckungsschuldner führt, kann noch während des Klageverfahrens gegen den Eintragungsantrag behoben werden (Fortführung der Rechtsprechung des Senats).

 

Orientierungssatz

Zu den Vollstreckungsmaßnahmen, die zur Verjährungsunterbrechung führen, gehört auch der Erlaß des Antrags auf Eintragung einer Sicherungshypothek. Das an das Grundbuchamt gerichtete Eintragungsersuchen ist auch dann Vollstreckungsmaßnahme i.S. des § 231 Abs. 1 AO 1977, wenn es als Verwaltungsakt dem Vollstreckungsschuldner gegenüber (mangels Bekanntgabe) noch nicht wirksam geworden ist. Nur solche Vollstreckungsmaßnahmen, die von Anfang an unheilbar nichtig sind, unterbrechen die Verjährungsfrist nicht (vgl. Literatur).

 

Normenkette

AO 1977 § 122 Abs. 1 S. 1, § 124 Abs. 1 S. 1, § 322; ZPO § 867 Abs. 1 S. 2; BGB § 879 Abs. 1-2; AO 1977 § 231 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

FG Münster (Entscheidung vom 02.02.1990)

 

Nachgehend

OVG für das Land NRW (Beschluss vom 19.06.2012; Aktenzeichen 14 B 1137/11)

BVerfG (Beschluss vom 02.02.1990; Aktenzeichen 1 BvR 1611/89)

 

Tatbestand

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) betreibt gegen den Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) aufgrund eines Haftungsbescheids über Steuerrückstände die Zwangsvollstreckung. Das FA beantragte beim zuständigen Amtsgericht (Grundbuchamt), den 1/2-Miteigentumsanteil des Klägers an Grundstücken mit zwei Sicherungshypotheken zu belasten. Der Eintragungsantrag wurde dem Kläger zunächst nicht bekanntgegeben. Das Grundbuchamt trug die Sicherungshypotheken in das Grundbuch ein und erteilte dem Kläger hierüber eine Mitteilung. Die Beschwerde des Klägers gegen das Eintragungsersuchen blieb erfolglos. Während des anschließenden Klageverfahrens wurde durch Verfügung des FA vom 25.April 1986 der Grundbucheintragungsantrag auch dem Kläger gegenüber bekanntgegeben.

Die Klage des Klägers führte zur Aufhebung des Eintragungsersuchens. Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus:

Der Bundesfinanzhof (BFH) habe mit Beschlüssen vom 29.Oktober 1985 VII B 69/85 (BFHE 145, 17, BStBl II 1986, 236) und vom 25.Januar 1988 VII B 85/87 (BFHE 152, 53, BStBl II 1988, 566) entschieden, daß die Verfügung der Vollstreckungsbehörde, mit der die Eintragung einer Sicherungshypothek beantragt werde, zumindest dann ein aussetzungsfähiger Verwaltungsakt sei, wenn sie die Feststellung enthalte, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung vorlägen. Das FA hätte daher seinen Eintragungsantrag dem Kläger bekanntgeben müssen, was im Streitfall zunächst nicht geschehen sei. Der Bekanntgabemangel sei weder durch die Beschwerdeentscheidung noch durch die spätere Bekanntgabe des Eintragungsantrags an den Kläger geheilt worden. Zumindest sei keine rückwirkende Heilung eingetreten, die aber notwendig wäre, um den eingetragenen Sicherungshypotheken ihren Rang zu erhalten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs.3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Das FG ist mit Recht davon ausgegangen, daß es sich bei dem streitbefangenen Antrag des FA an das Grundbuchamt auf Eintragung von Sicherungshypotheken auf den Grundstücks-Miteigentumsanteilen des Klägers diesem gegenüber um einen Verwaltungsakt handelt, gegen den --nach erfolgloser Durchführung des außergerichtlichen Beschwerdeverfahrens (§§ 349 Abs.1 AO 1977, 44 Abs.1 und 2 FGO)-- die Anfechtungsklage (§ 40 Abs.1 FGO) gegeben ist. In seinem Beschluß in BFHE 145, 17, BStBl II 1986, 236 hat der erkennende Senat entschieden, daß die Verfügung der Vollstreckungsbehörde (FA), mit der die Eintragung einer Sicherungshypothek beantragt wird, zumindest dann ein Verwaltungsakt ist, der unmittelbare Rechtswirkungen nach außen entfaltet (§ 118 AO 1977), wenn sie die nach § 322 Abs.3 Satz 2 AO 1977 erforderliche Bestätigung enthält, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung vorliegen, weil nämlich das Vollstreckungsgericht oder das Grundbuchamt an diese Feststellung gebunden sind (§ 322 Abs.3 Satz 3 AO 1977). Er hat in der zum Aussetzungsverfahren nach § 69 Abs.3 FGO ergangenen Entscheidung weiter ausgeführt, daß die Vollziehung des Eintragungsantrags wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung (§ 69 Abs.2 FGO) dann auszusetzen bzw. aufzuheben ist, wenn der an das Grundbuchamt gerichtete Eintragungsantrag dem betroffenen Vollstreckungsschuldner nicht bekanntgegeben und deshalb diesem gegenüber nicht wirksam geworden ist (§§ 122 Abs.1, 124 Abs.1 AO 1977). Der Senat hat seine vorgenannte Rechtsprechung unter Auseinandersetzung mit den dagegen im Schrifttum erhobenen Einwendungen, insbesondere mit der Auffassung, daß es sich bei dem an das Amtsgericht gerichteten Antrag nur um einen zwischenbehördlichen Akt (Amtshilfeersuchen) handele, in dem Beschluß in BFHE 152, 53, BStBl II 1988, 566 --dort Antrag nach § 322 Abs.3 AO 1977 auf Anordnung der Zwangsversteigerung eines Grundstücks-- bestätigt. Er sieht davon ab, sich erneut mit der gegenteiligen Auffassung der Revision zur Verwaltungsaktsqualität des Grundbucheintragungsantrags auseinanderzusetzen, zumal auch die Finanzverwaltung sich inzwischen auf die Rechtsprechung des Senats eingestellt hat und die Bekanntgabe des Eintragungsersuchens an den Vollstreckungsschuldner verlangt (Schreiben des Bundesministers der Finanzen --BMF-- vom 1.Juli 1988 - IV A 5 - S 0540 - 4/88, BStBl I 1988, 192). Die Revision des FA führt im übrigen auch dann zum Erfolg, wenn das angefochtene Eintragungsersuchen entsprechend der Vorentscheidung und der Rechtsauffassung des Senats dem Kläger gegenüber als Verwaltungsakt angesehen wird.

2. a) Der im Streitfall vom FA beim Amtsgericht gestellte Antrag auf Eintragung von Sicherungshypotheken enthielt die Bestätigung gemäß § 322 Abs.3 Satz 2 AO 1977, daß die gegen den Kläger geltend gemachten Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis vollstreckbar seien. Es handelt sich somit um einen Verwaltungsakt, der dem Kläger als dem betroffenen Vollstreckungsschuldner bekanntzugeben war (§ 122 Abs.1 Satz 1 AO 1977). Wie das FG festgestellt hat, ist diese Bekanntgabe zunächst nicht erfolgt. Die Mitteilung über die Eintragung der Sicherungshypotheken im Grundbuch durch das Grundbuchamt sowie die Zustellung der Beschwerdeentscheidung durch die OFD an den Kläger stellen keine wirksame Bekanntgabe des Eintragungsersuchens im Sinne des § 122 Abs.1 AO 1977 dar, da diese dem FA als der den Verwaltungsakt erlassenden Behörde nicht zugerechnet werden können (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12.Aufl., § 122 AO 1977 Tz.5). Der Eintragungsantrag ist daher vor Beginn des Klageverfahrens dem Kläger gegenüber nicht wirksam geworden (§ 124 Abs.1 Satz 1 AO 1977).

b) Die Unwirksamkeit der Verfügung gegenüber dem Kläger machte aber das Eintragungsersuchen, wie die Revision im Ergebnis zu Recht ausführt, nicht auch unwirksam gegenüber dem Grundbuchamt, denn diesem ist das Ersuchen des FA mit dem Bestätigungsvermerk gemäß § 322 Abs.3 Satz 2 AO 1977 bekanntgegeben worden. Der Senat teilt zwar nicht die Auffassung des FA, daß das Grundbuchamt Destinatär eines Verwaltungsakts sei, demgegenüber das Eintragungsersuchen mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe (§§ 122 Abs.1 Satz 1, 124 Abs.1 Satz 1 AO 1977) als Verwaltungsakt wirksam werde. Für die Annahme der Verwaltungsaktsqualität des Eintragungsersuchens des FA gegenüber dem Grundbuchamt fehlt es bereits an dem hierfür notwendigen Über- und Unterordnungsverhältnis. Der Eintragungsantrag mit der ihm beizufügenden Bestätigung, daß die Voraussetzungen für die Vollstreckung vorliegen, hat lediglich gegenüber dem Vollstreckungsschuldner unmittelbare Rechtswirkungen i.S. des § 118 AO 1977, da er in dessen Rechtsposition eingreift (vgl. Senat in BFHE 145, 17, BStBl II 1986, 236, 238); gegenüber dem Grundbuchamt handelt es sich nur um eine Verfahrenshandlung. Mit dem Eingang des Ersuchens der Vollstreckungsbehörde beim Grundbuchamt liegt ein wirksamer Grundbucheintragungsantrag vor, der das Grundbuchamt gemäß § 322 Abs.3 Satz 4 AO 1977 i.V.m. § 38 der Grundbuchordnung (GBO) berechtigte, die beantragte Eintragung der Sicherungshypotheken vorzunehmen. Da sich die Eintragungsbefugnis für das Grundbuchamt allein nach den Vorschriften der GBO bestimmt, war dieses an der Eintragung der Sicherungshypotheken nicht dadurch gehindert, daß das Eintragungsersuchen mit der Vollstreckbarkeitsbestätigung gemäß § 322 Abs.3 Satz 2 AO 1977 dem Vollstreckungsschuldner gegenüber als Verwaltungsakt mangels Bekanntgabe zunächst noch nicht wirksam geworden war.

Bei der im zivilprozessualen Vollstreckungsverfahren einzutragenden Zwangshypothek hat das Grundbuchamt zwar auch zu prüfen, ob die förmlichen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorliegen; ihr Fehlen bringt trotz der Eintragung (§ 867 Abs.1 Satz 2 der Zivilprozeßordnung --ZPO--) die Zwangshypothek nicht zum Entstehen (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 47.Aufl., § 867 Anm.1 C und 2 A; Stein/Jonas/Münzberg, Zivilprozeßordnung, 20.Aufl., § 867 Rdnr.14, 15). Bei der Zwangsvollstreckung nach § 322 AO 1977 ist das Grundbuchamt aber dieser Prüfung enthoben, da es an die Bestätigung des FA als Vollstreckungsbehörde, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung vorliegen, gebunden ist (§ 322 Abs.3 Sätze 2 und 3 AO 1977). Dem Gesetz läßt sich auch nicht entnehmen, daß das FA --wie der Kläger meint-- dem Grundbuchamt gegenüber zusätzlich noch bestätigen oder nachweisen muß, daß das Eintragungsersuchen mit dem Bestätigungsvermerk dem Vollstreckungsschuldner bekanntgegeben worden ist. Im Streitfall sind deshalb die auf den Grundstücksanteilen des Klägers eingetragenen Sicherungshypotheken mit ihrer Eintragung wirksam entstanden (§ 322 Abs.1 Satz 2 AO 1977 i.V.m. § 867 Abs.1 Satz 2 ZPO).

c) Die mangelnde Bekanntgabe des Eintragungsantrags gegenüber dem Kläger hatte lediglich zur Folge, daß dieser dem FA gegenüber das Eintragungsersuchen mit dem Bestätigungsvermerk als einen ihm gegenüber unwirksamen Verwaltungsakt anfechten konnte. Bei einem Erfolg der vom Kläger erhobenen Anfechtungsklage (Aufhebung des Eintragungsersuchens) wäre das FA verpflichtet gewesen, die eingetretenen Folgen des Eintragungsantrags von sich aus zu beseitigen (vgl. Beschluß des Senats in BFHE 145, 17, BStBl II 1986, 236, 239). Dies könnte, da weder durch die gerichtliche Aufhebung des Eintragungsantrags noch durch seine Rücknahme gegenüber dem Grundbuchamt die bereits entstandenen Sicherungshypotheken zu beseitigen waren, durch Erteilung einer Löschungsbewilligung seitens des FA geschehen. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß der Kläger mit der von ihm erhobenen Anfechtungsklage gegen das Eintragungsersuchen jedenfalls keine rückwirkende Beseitigung der eingetragenen Sicherungshypotheken erlangen konnte.

3. Im Streitfall ist die zunächst unterbliebene Bekanntgabe des Eintragungsersuchens gegenüber dem Kläger als Vollstreckungsschuldner während des Klageverfahrens nachgeholt worden, denn das FA hat mit Verfügung vom 25.April 1986 dem Kläger eine Ausfertigung seines an das Amtsgericht gerichteten Grundbucheintragungsantrags zugestellt. Mit dem Zeitpunkt dieser Bekanntgabe ist das Eintragungsersuchen mit dem Vollstreckbarkeitsvermerk (§ 322 Abs.3 Satz 2 AO 1977) dem Kläger gegenüber als Verwaltungsakt wirksam geworden (§ 124 Abs.1 Satz 1 AO 1977). Der Kläger kann sich nicht mehr darauf berufen, daß ihm gegenüber die Voraussetzungen für die Eintragung der Sicherungshypotheken nicht vorlägen. Das FG hätte die während des Klageverfahrens vorgenommene Beseitigung des Bekanntgabemangels bei seiner Entscheidung berücksichtigen müssen. Es hätte das nunmehr wirksame Eintragungsersuchen nicht aufheben dürfen, sondern die Klage des Klägers abweisen müssen.

Nach der Rechtsprechung des BFH kann --wie die Revision zu Recht ausführt-- der Mangel der Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen von ihm Betroffenen vom FA noch während des Klageverfahrens behoben werden; ggf. ist sogar das Klageverfahren zum Zwecke der Bekanntgabe des Bescheids nach § 74 FGO auszusetzen (Urteile vom 6.Mai 1977 III R 19/75, BFHE 122, 389, BStBl II 1977, 783; vom 30.März 1978 IV R 72/74, BFHE 125, 116, BStBl II 1978, 503, und vom 19.Mai 1983 IV R 125/82, BFHE 139, 1, BStBl II 1984, 15). Die vorstehenden Entscheidungen betreffen zwar den Fall der Nachholung der Bekanntgabe von Feststellungsbescheiden an die früheren Gesellschafter einer inzwischen vollbeendeten Personengesellschaft. Die dortige Sach- und Rechtslage ist jedoch mit dem Streitfall insoweit vergleichbar, als in beiden Fällen eine Verwaltungsmaßnahme mehreren Beteiligten bekanntzugeben ist und die unterbliebene Bekanntgabe an einen Beteiligten sie nicht von vornherein unwirksam macht. Die während des Klageverfahrens vom FA mit der Bekanntgabe an den Kläger herbeigeführte Wirksamkeit des Eintragungsersuchens gegenüber dem Kläger war vom FG bei seiner Entscheidung aber auch deswegen zu berücksichtigen, weil das Eintragungsersuchen dem Grundbuchamt gegenüber --wie oben ausgeführt-- nicht als Verwaltungsakt angesehen werden kann und in seiner Wirksamkeit von der des Verwaltungsakts gegenüber dem Kläger nicht abhängig ist. Wenn der erkennende Senat der Nachholung der Bekanntgabe des Eintragungsersuchens an den Kläger rechtliche Bedeutung beimißt, so handelt es sich dabei --entgegen der Auffassung des Klägers-- nicht um die Anerkennung der rückwirkenden Heilung eines Verfahrensmangels (vgl. § 126 AO 1977), sondern um die verfahrensrechtliche Berücksichtigung eines Verwaltungsakts ab dem Zeitpunkt seiner Wirksamkeit (ex nunc).

4. a) Die Rechtsauffassung des Senats führt auch im Gegensatz zu den Ausführungen der Vorentscheidung nicht dazu, daß das FA nachträglich ein Grundpfandrecht mit einem Rang erhält, auf den es keinen Anspruch hat, und andere Vollstreckungsgläubiger dadurch unzumutbar benachteiligt werden. Wie oben (2 b) ausgeführt, sind die streitbefangenen Sicherungshypotheken zugunsten des FA mit ihrer Eintragung im Grundbuch gemäß §§ 322 Abs.1 Satz 2 AO 1977, 867 Abs.1 Satz 2 ZPO wirksam entstanden, unabhängig davon, daß das Eintragungsersuchen als Verwaltungsakt mangels Bekanntgabe dem Kläger gegenüber zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirksam geworden war. Der Zeitpunkt der Eintragung der Sicherungshypotheken bestimmte auch ihren Rang gegenüber sonstigen Grundpfandrechten (§ 879 Abs.1 BGB). Das Grundbuchamt hatte, falls mehrere Eintragungen zu bewirken waren, diese in der Reihenfolge vorzunehmen, die der Zeitfolge der Eintragungsanträge entsprach (§ 45 Abs.1 GBO), wobei es ebenfalls nicht darauf ankam, daß das Eintragungsersuchen hinsichtlich der Sicherungshypotheken dem Kläger gegenüber noch nicht bekanntgegeben war. Da nunmehr --während des Klageverfahrens-- die Bekanntgabe des Eintragungsersuchens als Verwaltungsakt an den Kläger nachgeholt worden ist, kann dieser nicht mehr verlangen, daß das Eintragungsersuchen aufgehoben und ihm hinsichtlich der eingetragenen Rechte eine Löschungsbewilligung erteilt wird. Das FA hat damit die Sicherungshypotheken mit dem Rang erlangt, der dem Zeitpunkt ihrer Eintragung entspricht. Andere Vollstreckungsgläubiger konnten für ihre später eingetragenen Grundpfandrechte keine den Zwangshypotheken des FA gegenüber vorrangige Rangstelle erlangen. Das gilt insbesondere auch im Hinblick auf den vom FG angeführten öffentlichen Glauben des Grundbuchs; denn wenn im Grundbuch für jemand ein Recht eingetragen ist, so wird vermutet, daß ihm das Recht zusteht (§ 891 Abs.1 BGB).

b) Dieses Ergebnis entspricht im übrigen der neueren Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, wonach die Eintragung einer Zwangshypothek im zivilprozessualen Vollstreckungsverfahren, die mit einem prozessualen Mangel behaftet ist --Fehlen einer Voraussetzung für den Beginn der Zwangsvollstreckung (dort Wirksamkeitsvoraussetzung für die Eintragung, vgl. oben 2.b)--, rückwirkend und rangwahrend geheilt werden kann, wenn die fehlende Vollstreckungsvoraussetzung nachgeholt wird. Das wird z.T. --ähnlich wie oben-- damit begründet, daß das fehlerhaft eingetragene Recht von Anfang an auflösend bedingt entsteht, mit der Nachholung der fehlenden Vollstreckungsvoraussetzung die Eintragung der Hypothek mit Hilfe von Rechtsbehelfen aber nicht mehr beseitigt (gelöscht) werden kann (vgl. Oberlandesgericht Frankfurt/Main, Beschluß vom 22.Juli 1955 6 W 204/55, Monatsschrift für Deutsches Recht 1956, 111 m.w.N.; Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Albers, a.a.O., § 867 Anm.2 A). Nach anderer Ansicht folgt die rückwirkende Entstehung der zunächst unwirksamen Zwangshypothek bei Nachholung der fehlenden Vollstreckungsvoraussetzung mit dem Rang, der dem Zeitpunkt der Eintragung entspricht, aus einer entsprechenden Anwendung des § 879 Abs.2 BGB --Rangverhältnis entsprechend der Eintragung auch bei nachfolgender Einigung--, denn die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen treten bei der Zwangseintragung an die Stelle der sonst (§ 873 BGB) erforderlichen Einigung (vgl. Stein/Jonas/Münzberg, a.a.O., § 867 Rdnr.14, 15; Palandt/Bassenge, Bürgerliches Gesetzbuch, 47.Aufl., § 879 Anm.4; Hagemann, Die Zwangssicherungshypothek im Zwangsversteigerungsverfahren, Der Deutsche Rechtspfleger 1982, 165, 169 m.w.N.).

5. Die Aufhebung des angefochtenen Eintragungsersuchens durch das FG kann auch nicht --wie der Kläger meint-- mit der Begründung als gerechtfertigt angesehen werden, daß für den Haftungsanspruch des FA, der die Grundlage der Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen des Klägers bildet, die Zahlungsverjährung eingetreten sei.

Für die Zahlungsverjährung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre (§ 228 AO 1977). Für den gegenüber dem Kläger geltend gemachten Haftungsanspruch hat die Verjährungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres 1979 zu laufen begonnen, weil der Anspruch durch Haftungsbescheid vom 23.Mai 1979 festgesetzt worden ist (§ 229 Abs.1 Satz 1 und Abs.2 AO 1977). Nach § 231 Abs.1 AO 1977 wird die Verjährung unterbrochen, u.a. durch eine Vollstreckungsmaßnahme. Die Unterbrechung der Verjährung durch eine Vollstreckungsmaßnahme, die zu einer Zwangshypothek führt, dauert fort, bis die Zwangshypothek erloschen ist (§ 231 Abs.2 Satz 1 AO 1977).

Zu den Vollstreckungsmaßnahmen, die zur Verjährungsunterbrechung führen, gehört --wie sich aus § 231 Abs.2 Satz 1 AO 1977 ergibt-- auch der Erlaß des Antrags auf Eintragung einer Sicherungshypothek (Tipke/Kruse, a.a.O., § 231 AO 1977 Tz.11). Hierfür reichte im Streitfall das mit dem Bestätigungsvermerk gemäß § 322 Abs.3 Satz 2 AO 1977 verbundene Eintragungsersuchen des FA an das Grundbuchamt, das am 8.September 1981 --und damit innerhalb der Verjährungsfrist-- ergangen ist, aus. Für die Unterbrechung der Verjährung bedurfte es --entgegen der Auffassung des Klägers-- nicht der Bekanntgabe des Eintragungsersuchens gegenüber dem Vollstreckungsschuldner, die erst durch Verfügung vom 25.April 1986 --nach Ablauf der Verjährungsfrist-- nachgeholt worden ist. Denn das an das Grundbuchamt gerichtete Eintragungsersuchen ist auch dann Vollstreckungsmaßnahme i.S. des § 231 Abs.1 AO 1977, wenn es als Verwaltungsakt dem Vollstreckungsschuldner gegenüber noch nicht wirksam geworden ist. Wie oben ausgeführt (vgl. 2.b), reicht das mit dem Vollstreckbarkeitsvermerk (§ 322 Abs.3 Satz 2 AO 1977) versehene Eintragungsersuchen aus, um als wirksame Verfahrenshandlung die Eintragung und die Entstehung der Sicherungshypothek zu bewirken. Im übrigen verlangt § 231 Abs.1 AO 1977 für die Unterbrechung der Zahlungsverjährung, wie sich aus der dort erwähnten Ermittlung der Finanzbehörde nach dem Wohnsitz oder dem Aufenthaltsort des Zahlungspflichtigen ergibt, nicht zwingend das Vorliegen eines wirksamen Verwaltungsakts (vgl. insoweit auch § 231 Abs.1 Satz 2 i.V.m. § 169 Abs.1 Satz 3 Nr.1 AO 1977). Nur solche Vollstreckungsmaßnahmen, die von Anfang an unheilbar nichtig sind, unterbrechen die Verjährungsfrist nicht (Tipke/Kruse, a.a.O., § 231 AO 1977 Tz.11 a.E.). Eine solche stellt aber das an das Grundbuchamt gerichtete Eintragungsersuchen --wie ausgeführt-- nicht dar.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62655

BFH/NV 1990, 1

BStBl II 1990, 44

BFHE 158, 310

BFHE 1990, 310

BB 1990, 56-56 (L1-2)

HFR 1990, 115 (LT)

StE 1990, 22 (K)

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