Leitsatz (amtlich)

Forderungen eines wesentlich beteiligten GmbH-Gesellschafters an die GmbH auf Darlehnsrückzahlung und Aufwendungsersatz sind jedenfalls dann Privatvermögen, wenn auch die Beteiligung zum Privatvermögen gehört. Sie können in diesem Falle nicht in einem branchenverschiedenen Einzelunternehmen des Gesellschafters als Betriebsvermögen ausgewiesen werden.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, § 5

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger sind Eheleute, die zusammenveranlagt werden. Der Ehemann (Kläger) betreibt seit 1961 ein Einzelunternehmen, das die Gestellung von Hilfskräften für die Be- und Entladung und für sonstige Arbeiten zum Gegenstand hat. 1963 gründete er ein weiteres Einzelunternehmen für Großfotos und Fototapeten. Dieses Unternehmen ging schon am 1. Oktober 1963 auf die neu gegründete G-GmbH über, an deren Stammkapital von 20 000 DM der Kläger und seine Ehefrau (Klägerin) mit je 7 000 DM beteiligt sind. Der Kläger ist alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH. Er führte im Rahmen seines Be- und Entladebetriebs ein Verrechnungskonto für die GmbH. Dieses Konto wies am 30. Juni 1966 einen Saldo von 93 586,14 DM zugunsten des Klägers aus. Anläßlich einer Versammlung der GmbH-Gesellschafter am 29. August 1966 stellten diese fest, daß die GmbH "in absehbarer Zeit dieses ... Darlehen nicht zurückzahlen kann". Der anwesende Kläger verzichtete auf die Rückzahlung von 72 476,29 DM; zum Ausgleich der Restforderung trat die GmbH dem Kläger Kundenforderungen ab.

Der Kläger machte zum 31. Dezember 1965 eine Teilwertabschreibung von 40 000 DM auf die Forderung geltend und behandelte den Forderungsverzicht im Jahre 1966 in Höhe von 32 476,29 DM als Betriebsausgabe (Verzicht 72 476,29 DM abzüglich Teilwertabschreibung von 40 000 DM in 1965). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) versagte die Absetzungen in den Einkommensteuerbescheiden für 1965 und 1966. Die Einsprüche blieben im Streitpunkt erfolglos.

Das FG wies die Klage ab. Es hat ausgeführt: Es könne dahingestellt bleiben, ob und in welchem Umfang Geschäftsvorfälle zwischen dem Einzelunternehmen und der GmbH stattgefunden hätten. Die hier zu beurteilende Forderung gehe nicht auf Geschäftsvorfälle zurück, sondern sei dadurch entstanden, daß "der Kläger Rechnungen der GmbH bezahlt und ihr Geldbeträge als Darlehen zur Verfügung gestellt" habe. Selbst wenn die Zahlungen mit betrieblichen Mitteln des Einzelunternehmens geleistet worden sein sollten, hätte der Kläger die Forderung nicht als (gewillkürtes) Betriebsvermögen ausweisen dürfen. Die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens sei jedenfalls dann unzulässig, wenn - wie hier - der Zweck verfolgt werde, Verluste in die betriebliche Sphäre zu verlagern. Der Kläger habe die Zahlungen ausschließlich in seiner Eigenschaft als GmbH-Gesellschafter geleistet. Die Geschäftszweige des Einzelunternehmens und der GmbH ergänzten einander nicht. Ein laufender Geschäftsverkehr habe nicht stattgefunden. Unerheblich sei, daß die Büroarbeiten des Einzelunternehmens in den Büroräumen der GmbH miterledigt worden seien und der Kläger der GmbH Arbeitskräfte des Einzelunternehmens zur Verfügung gestellt habe. Für diese Leistungen seien keine Rechnungen erteilt worden. Sie hätten nicht der Erzielung von Gewinngedient.

Die Kläger rügen mit der Revision eine Verletzung der §§ 4, 5 EStG: Entgegen der Auffassung des FG sei von Bedeutung, ob Geschäftsvorfälle zwischen dem Einzelunternehmen und der GmbH angefallen seien. Bejahendenfalls seien alle Forderungen an die GmbH notwendiges - zum mindesten aber gewillkürtes - Betriebsvermögen. Auch die abzuschreibende Forderung sei aus Geschäftsvorfällen hervorgegangen.

Die Kläger beantragen,

die Vorentscheidung aufzuheben, die Einkommensteuer 1965 nach einem um 40 000 DM und die Einkommensteuer 1966 nach einem um 32 476 DM niedrigeren gewerblichen Gewinn zu berechnen.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat zutreffend angenommen, daß die auf dem Verrechnungskonto ausgewiesenen Darlehnsforderungen und Ansprüche auf Ersatz verauslagter Rechnungsbeträge Privatvermögen des Klägers waren und sonach kein Raum für eine Teilwertabschreibung oder für einen Forderungsverzicht zu Lasten des Gewinns aus dem Beund Entladebetrieb war. Sollten, wie das FG unterstellt, die Forderungen mit betrieblichen Geldern begründet worden sein, würde ebenfalls keine Gewinnminderung eintreten, weil in diesem Fall eine vorherige Entnahme der Gelder angenommen werden müßte.

Nach der Rechtsprechung des BFH, von der abzugehen kein Anlaß besteht, können Forderungen an nahestehende Personen nur dann als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt werden - gegebenenfalls sogar notwendiges Betriebsvermögen sein -, wenn zwischen den Beteiligten wirtschaftliche Beziehungen bestehen, klare und eindeutige Abmachungen getroffen sind, die Vereinbarungen hinsichtlich der Verzinsung, Kündbarkeit und Sicherung nicht ungewöhnlich sind und die Begründung gleichartiger Forderungen auch gegenüber Dritten denkbar wäre (BFH-Urteile vom 22. Dezember 1955 IV 537/54 U, BFHE 62, 172, BStBl III 1956, 65; vom 31. Januar 1964 VI 15/63, HFR 1964, 413; vom 16. September 1964 IV 211/64, HFR 1966, 116; vom 11. Januar 1966 I 53/63, BFHE 85, 13, BStBl III 1966, 218; vom 30. Juni 1966, VI 390/65, BFHE 86, 556, BStBl III 1966, 583; vom 23. Februar 1968 VI 325/65, BFHE 91, 67, BStBl II 1968, 289; vom 28. April 1970 VI R 183/67, BFHE 99, 196, BStBl II 1970, 621). Eine nahestehende Person ist auch eine GmbH, an der der Unternehmer wesentlich beteiligt ist (BFH-Urteil vom 16. Juli 1964 IV 12/61, HFR 1964, 452). Zu Recht hat das FG seine Entscheidung weiterhin auf die Erwägung gestützt, daß Wirtschaftsgüter selbst bei Vorliegen geschäftlicher Beziehungen nicht in das Betriebsvermögen aufgenommen werden dürfen, wenn damit lediglich der Zweck verfolgt wird, sich bereits abzeichnende Verluste aus dem Privatvermögen in den betrieblichen Bereich zu verlagern (BFH-Urteile vom 5. Dezember 1963 IV 121/63 U, BFHE 78, 337, BStBl III 1964, 132; vom 12. Dezember 1963 IV 287/60 U, BFHE 79, 184, BStBl III 1964, 299; vom 2. März 1967 IV 32/63, BFHE 88, 323, BStBl III 1967, 391; vom 5. Februar 1970 IV 186/64, BFHE 99, 26, BStBl II 1970, 492).

Bei Anwendung dieser Grundsätze waren die ausgewiesenen Forderungen kein Betriebsvermögen. Der Kläger hielt die GmbH-Anteile im Privatvermögen. Damit hat er selbst seine Beziehungen zur GmbH als außerbetrieblich gekennzeichnet. Die Forderungen hingen mit der Gesellschafterstellung des Klägers zusammen. Ein betriebliches Interesse an der Darlehnsgewährung und Rechnungsverauslagung ist nicht zu erkennen. Die Geschäftsbereiche des Einzelunternehmens (Be- und Entladebetrieb) und der GmbH (Handel mit Großfotos und Fototapeten) waren extrem verschieden. Der Umstand, daß der Kläger den Gewerbebetrieb der GmbH zunächst eine kurze Zeit als Einzelunternehmen betrieben hatte, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die GmbH ist nicht aus dem jetzigen Einzelunternehmen hervorgegangen, sondern aus einem von ihm zu unterscheidenden anderen Einzelunternehmen des Klägers. Es mag sein, daß die GmbH die Dienste des Be- und Entladebetriebs in Anspruch nahm und dieser dadurch besser ausgelastet wurde. Ungewöhnlich und unter Fremden kaum denkbar ist indes, daß - wie die Kläger in der Revision geltend machen - in der Zeit ab 1964 überhaupt keine Rechnungen erteilt wurden, die GmbH die Dienste des Be- und Entladebetriebs sonach unentgeltlich in Anspruch genommen haben muß. Eine solche Gestaltung kann nur den Sinn gehabt haben, die GmbH im Gesellschafterinteresse zu stärken. Der Be- und Entladebetrieb konnte hierbei - woraudf das FG zu Recht hinweist - nur Schaden nehmen. Die Einstellung des Klägers, der eine Rechnungserteilung für überflüssig hielt, verstärkt den Eindruck, daß dem Be- und Entladebetrieb zugunsten der neu gegründeten GmbH Gelder entzogen werden sollten. Dahingestellt bleiben kann, ob im Gründungsjahr 1963 noch anders verfahren wurde. In den Streitjahren fehlte es jedenfalls an Geschäftsbeziehungen, die beiden Partnern Vorteile brachten. Der gemeinsame Bürobetrieb und der nicht anerkannte Gewinnabführungsvertrag begründeten kein wirtschaftliches Interesse. Sie waren lediglich Ausdruck für das Bestreben des Klägers, seine unterschiedlichen Vermögensinteressen gemeinsam zu überwachen und kapitalmäßig aufeinander abzustimmen. Dafür, daß die Darlehnshingaben und Verwendungen auf die Gesellschafterstellung des Klägers zurückzuführen sind, spricht auch, daß die Kredite von Fall zu Fall nach Gutdünken des Klägers gewährt wurden und keine Vereinbarung über die Rückzahlung getroffen wurde. Unüblich waren schließlich auch die Unverzinslichkeit und die fehlende Sicherung des Kredits. Die Kreditierung durch die GmbH konnte dem Einzelunternehmen nur Verluste bringen. Günstigstenfalls hätten die Forderungen zum Nennwert - also in Höhe der hingegebenen Beträge - realisiert werden können, wobei selbst dann ein Zinsverlust eingetreten wäre. Im ungünstigsten hier eingetretenen Fall konnten sogar die Forderungen - ganz oder zum Teil - verlorengehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70345

BStBl II 1973, 303

BFHE 1973, 335

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