Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsvermögeneigenschaft eines Wohngebäudes bei Verpachtung eines Kleinstbetriebes nach Übertragung des Eigentums unter Vorbehalt des Nießbrauchs und eines dinglich gesicherten Wohnrechts

 

Leitsatz (NV)

  1. Nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG a.F. konnte das Wohngebäude eines Nebenerwerbslandwirts notwendiges Betriebsvermögen sein, wenn der Betrieb einer ständigen Überwachung bedurfte. Das galt grundsätzlich auch dann, wenn der bisher eigenbewirtschaftete Betrieb ohne das Wohngebäude verpachtet wurde.
  2. Behält sich der Betriebsinhaber bei einer vorweggenommenen Erbfolge den Nießbrauch vor und überträgt er nur das Eigentum an dem bisher landwirtschaftlich genutzten Grundstück, ist dieser Vorgang grundsätzlich als Entnahme zu werten.
  3. Besteht der Betrieb in der Hand des Nießbrauchers fort, scheidet das von ihm genutzte Wohngebäude nicht aus dem Betriebsvermögen aus. Wird ein Wohnrecht für ihn und zugleich für eine andere Person dinglich gesichert, ist fraglich, ob der Nutzungswert allein dem Nießbraucher zuzurechnen ist.
  4. Das sog. Verpächterwahlrecht setzt voraus, dass die Wiederaufnahme der Eigenbewirtschaftung objektiv möglich und die Verwirklichung der entsprechenden Absicht wahrscheinlich ist.
  5. Zur Annahme einer sog. Betriebsunterbrechung, wenn der bisherige Betriebs-Inhaber einen Kleinstbetrieb in Ausübung des vorbehaltenen Nießbrauchs selbst verpachtet.
 

Normenkette

EStG § 13 Abs. 2 Nr. 2, §§ 14, 16, 52 Abs. 15 S. 9 Hs. 2

 

Verfahrensgang

FG Münster (EFG 1999, 1012)

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) veräußerte im Streitjahr (1994) ihren Grundbesitz in … Es handelt sich dabei um eine 24 387 qm große landwirtschaftliche Nebenerwerbsstelle sowie ein 1890 erbautes Wohnhaus. Der Betrieb hatte ursprünglich der Großmutter der Klägerin (G) gehört und war vom Vater der Klägerin (V) bis zu seinem Tode im Nebenerwerb bewirtschaftet worden. Noch im Jahr 1969 übertrug G der Klägerin im Wege der vorweggenommenen Erbfolge das Eigentum an dem Grundbesitz, behielt sich aber den lebenslänglichen Nießbrauch vor. Ferner stand ihr und der Mutter der Klägerin (M) ein dingliches Wohnrecht zu. Die landwirtschaftlichen Nutzflächen waren verpachtet worden.

In der Folgezeit bewohnten G und M das Wohnhaus. Im Jahr 1971 starb G. M zog im Jahr 1984 zur Klägerin und vermietete die bislang von ihr bewohnten Räume an fremde Dritte. Den Mietzins stellte sie der Klägerin für die von dieser übernommenen Verpflegung und Versorgung zur Verfügung. Das Wohnrecht wurde anlässlich der Veräußerung des Grundbesitzes gelöscht, nachdem sich die Klägerin zur unentgeltlichen Weiterversorgung bereit erklärt hatte.

In ihrer Einkommensteuererklärung 1994 gab die Klägerin als Veräußerungsgewinn nur den auf die landwirtschaftlichen Flächen entfallenden Gewinn (7 966 DM) an. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) behandelte auch das Wohnhaus als Betriebsvermögen und ermittelte den Veräußerungsgewinn mit insgesamt 252 374 DM.

Mit der Klage brachte die Klägerin vor, das Wohnhaus habe bereits 1969 nicht mehr zum Betriebsvermögen gehört. Wegen der bestehenden Wohnrechte habe sie objektiv keine Möglichkeit gehabt, am Betrieb zu wohnen. Nach dem Tod der G im Jahr 1971 sei das Haus nicht durch einen begünstigten Altenteiler bewohnt worden. Das habe zu einer Zwangsentnahme geführt. Jedenfalls gelte das Wohnhaus mit dem Wegfall der Nutzungswertbesteuerung steuerfrei als zum 31. Dezember 1986 entnommen.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 1012 veröffentlicht.

Mit der ―vom erkennenden Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen― Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

Das FA hat den angefochtenen Bescheid geändert. Den Änderungsbescheid vom 20. Januar 1999 hat die Klägerin noch während des Verfahrens betreffend die Nichtzulassung der Revision durch Schriftsatz vom 1. Februar 1999 zum Gegenstand des Verfahrens erklärt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Einkommensteuer auf 476 DM herabzusetzen.

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Das FG hat nicht die Tatsachen festgestellt, aus denen sich ergibt, dass das Wohnhaus nach dem Tod des V noch Betriebsvermögen war.

1. Gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) a.F. gehörte der Nutzungswert der Wohnung eines Land- und Forstwirts zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, wenn die Wohnung die bei Betrieben gleicher Art übliche Größe nicht überschritt. In diesem Fall war die Wohnung samt dem dazugehörigen Grund und Boden notwendiges Betriebsvermögen. Bei Klein- und Kleinstbetrieben und damit vor allem bei Landwirten im Nebenerwerb nahm der Bundesfinanzhof ―BFH― (vgl. Urteil vom 26. Januar 1973 III R 122/71, BFHE 108, 445, BStBl II 1973, 282) ebenfalls notwendiges Betriebsvermögen an, sofern der Landwirt und dessen Angehörige in unmittelbarer Nähe des Betriebs wohnen mussten, weil dieser einer ständigen Überwachung bedurfte. Das traf insbesondere zu, wenn Vieh in einem bestimmten Umfang gehalten wurde (vgl. Senatsurteile vom 17. Januar 1980 IV R 33/76, BFHE 129, 543, BStBl II 1980, 323, und vom 6. Dezember 1990 IV R 124/89, BFH/NV 1992, 7; vgl. Leingärtner/Kanzler, Besteuerung der Landwirte, 3. Aufl., Kap. 16 Rz. 12 ff.).

a) Das FG hat im Streitfall angenommen, dass die Wohnung samt dem dazugehörigen Grund und Boden im Jahr 1969, also noch vor Einführung der Bodengewinnbesteuerung, Betriebsvermögen des damals bestehenden landwirtschaftlichen Betriebs war. Aus der Tatsache, dass V den Hof aktiv bewirtschaftet hatte und wegen der laufenden Versorgung des Viehs an den Betrieb gebunden war, hat es geschlossen, dass das Wohnhaus zum notwendigen Betriebsvermögen gehörte. Es fehlen aber Feststellungen dazu, ob V einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb besaß, etwa weil er diesen von G gepachtet oder ihn etwa aufgrund eines sog. Wirtschaftsüberlassungsvertrages für eigene Rechnung geführt hatte, und ob es daneben einen landwirtschaftlichen Betrieb von G gab. Geht man davon aus, dass V einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb besaß, so steht nicht fest, ob dieser Betrieb nach dem Tod von V aufgegeben oder mit dem möglichen Betrieb von G vereinigt worden ist. Das hängt u.a. davon ab, wer V beerbte. Feststellungen dazu fehlen.

b) Gab es auch einen Betrieb von G, z.B. weil V ihn für deren Rechnung führte, dann konnte das Wohnhaus notwendiges Betriebsvermögen dieses Betriebs sein, weil V wegen der laufenden Versorgung von Vieh an den Betrieb gebunden war. Ob dies auch nach dem Tod von V noch angenommen werden kann, lässt sich mangels entsprechender tatrichterlicher Feststellungen nicht entscheiden. Zwar führt grundsätzlich der Übergang von der Eigenbewirtschaftung zur Betriebsverpachtung nicht zur Einstellung der betrieblichen Tätigkeit, wenn eine ausdrückliche Aufgabeerklärung fehlt. Statt dessen wird der Betrieb, wenn auch in anderer Form, fortgeführt. Die bis zu diesem Zeitpunkt aktiv eingesetzten Wirtschaftsgüter bleiben in der Regel Betriebsvermögen des fortbestehenden (ruhenden) landwirtschaftlichen Betriebs (Senatsurteile vom 18. März 1964 IV 114/61 S, BFHE 79, 195, BStBl III 1964, 303; vom 27. Februar 1997 IV R 62/96, BFHE 183, 72, BStBl II 1997, 512, und vom 24. September 1998 IV R 1/98, BFHE 187, 42, BStBl II 1999, 55). Das gilt sogar für die nicht mitverpachteten Wirtschaftsgüter bis zur Entnahme oder Veräußerung (BFH-Urteile vom 20. September 1995 X R 46/94, BFH/NV 1996, 393, und vom 12. November 1992 IV R 41/91, BFHE 170, 311, BStBl II 1993, 430). Davon ist der erkennende Senat auch für ein nicht mitverpachtetes Wohnhaus ausgegangen, obwohl in einem solchen Fall die ständige Anwesenheit des Betriebsinhabers oder seiner Angehörigen zur laufenden Überwachung des Betriebs nicht mehr erforderlich ist (vgl. Senatsurteil vom 15. Oktober 1987 IV R 66/86, BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260). Ein Wohnhaus gehörte nach der damaligen Rechtslage aber zu den wesentlichen Grundlagen des Betriebs, so dass nach Beendigung der Verpachtung die frühere Eigenbewirtschaftung einschließlich der Viehhaltung wieder aufgenommen werden konnte (Senatsurteil vom 18. März 1999 IV R 65/98, BFHE 188, 310, BStBl II 1999, 398). Ob das Wohnhaus während der Zeit der Verpachtung der landwirtschaftlichen Nutzflächen für den ruhenden Betrieb unerlässlich oder unentbehrlich war oder nicht (vgl. Senatsurteile vom 19. Februar 1987 IV R 175/85, BFHE 149, 196, BStBl II 1987, 430, und vom 10. November 1994 IV R 15/93, BFHE 176, 535, BStBl II 1995, 452, sowie BFH-Urteile vom 1. Dezember 1976 I R 73/74, BFHE 121, 135, BStBl II 1977, 315; vom 23. September 1998 XI R 72/97, BFHE 187, 36, BStBl II 1999, 281), war somit unerheblich.

c) Im Streitfall hat jedoch das FG unter Bezug auf den notariell beurkundeten Übertragungsvertrag vom 13. November 1969 festgestellt, dass G im Wege der vorweggenommenen Erbfolge das Eigentum an dem gesamten, 2,4387 ha großen Grundbesitz auf die Klägerin unter Vorbehalt des Nießbrauchs übertrug. Feststellungen dazu, ob damit auch der landwirtschaftliche Betrieb der G, also auch das Eigentum an dem lebenden und toten Inventar, auf die Klägerin überging, hat das FG indes nicht getroffen. Wäre nur das Eigentum an dem Grundstück übergegangen, dann wäre dieser Vorgang grundsätzlich als Entnahme der G zu werten (Senatsurteil vom 5. Mai 1983 IV R 43/80, BFHE 139, 36, BStBl II 1983, 631; vgl. Leingärtner/Kanzler, a.a.O., Kap. 25 Rz. 31), weil der Übertragende, auch wenn er sich den Nießbrauch vorbehält und die Absetzung für Abnutzung (AfA) wie bisher geltend machen kann, nicht wirtschaftlicher Eigentümer ist (vgl. Senatsurteile vom 17. September 1992 IV R 39/90, BFHE 169, 290, BStBl II 1993, 218; vom 28. September 1995 IV R 7/94, BFHE 180, 255, BStBl II 1996, 440, und vom 26. November 1998 IV R 39/98, BFHE 187, 390, BStBl II 1999, 263). Die Rechtslage wäre daher anders als im Fall des Urteils vom 26. Februar 1987 IV R 325/84 (BFHE 150, 321, BStBl II 1987, 772), in dem der gesamte landwirtschaftliche Betrieb unter Vorbehalt des Nießbrauchs übertragen worden war (vgl. auch Senatsbeschluss vom 3. Februar 1999 IV B 50/98, BFH/NV 1999, 1075). Damals hat der Senat entschieden, dass zwei Betriebe entstehen, der wirtschaftende in der Hand des Nießbrauchsberechtigten und der ruhende in der Hand des neuen Eigentümers. Dem Nießbrauchsberechtigten sind in diesem Fall die laufenden Einkünfte sowie der Nutzungswert der von ihm genutzten Wohnung zuzurechnen (vgl. § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG a.F.; s. Leingärtner/Kanzler, a.a.O., Kap. 16 Rz. 22; vgl. zum dinglichen Wohnrecht Senatsurteil vom 28. Juli 1983 IV R 174/80, BFHE 139, 367, BStBl II 1984, 97). Das ändert jedoch nichts daran, dass im Fall einer Veräußerung ein Gewinn bei dem neuen Eigentümer zu erfassen ist. Auch wenn wegen des ―ebenfalls dinglich gesicherten― Wohnrechts von M fraglich ist, ob der Nutzungswert allein der G hätte zugerechnet werden müssen (vgl. zur üblichen Mitbenutzung durch Angehörige, Lebensgefährten, Freunde oder Bekannte z.B. BFH-Urteil vom 8. August 1990 IX R 122/86, BFHE 162, 244, BStBl II 1991, 171), kann das nicht zum zwangsläufigen Ausscheiden des Wohnhauses aus dem ruhenden Betrieb des Eigentümers führen. Jedenfalls für die Zeit, in der der Übertragende die Wohnung nutzt, kann diese als sog. Altenteilerwohnung auch dem Betrieb des Eigentümers dienen.

d) Dafür, dass die Übertragung des gesamten Grundbesitzes auf die Klägerin als Entnahme durch die G zu verstehen ist, spricht, dass nach den Feststellungen des FA in der Anlage zum angefochtenen Bescheid im Betrieb ursprünglich nur 1 bis 2 Kühe und 2 bis 3 Schweine gehalten wurden und die Tierhaltung mit der Verpachtung der landwirtschaftlichen Nutzflächen aufgegeben wurde. Zusätzliches Indiz für eine Entnahme ist die Tatsache, dass der ursprüngliche landwirtschaftliche Betrieb ein Kleinstbetrieb war. Die Wiederaufnahme der Viehhaltung war ―das eigentliche Stallgebäude hatte leer gestanden und war im Streitjahr verfallen― wenig wahrscheinlich. Es lag daher durchaus nahe, das Hofgebäude nur noch als privates Wohnhaus zu nutzen und die Landwirtschaft nur noch in der Form einer verpachteten Stückländerei fortzuführen.

e) Bei der Verpachtung eines landwirtschaftlichen Betriebs als Ganzes nimmt der erkennende Senat, wenn eine Aufgabeerklärung nicht abgegeben wird, regelmäßig an, dass die landwirtschaftliche Betätigung nur unterbrochen ist und der Steuerpflichtige den landwirtschaftlichen Betrieb, wenn auch in anderer Form, fortführt. Das setzt voraus, dass die Wiederaufnahme der Eigenbewirtschaftung objektiv möglich ist. Auch muss die Verwirklichung der entsprechenden Absicht wahrscheinlich sein (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Januar 1999 IV B 99/98, BFH/NV 1999, 1073, sowie Senatsurteil in BFHE 188, 310, BStBl II 1999, 398, BFH/NV 1999, 1152, m.w.N.). Feststellungen dazu enthält das angefochtene Urteil indes nicht. Das war aber angesichts der geringen Größe des Betriebs und auch der Aufgabe der Viehhaltung erforderlich, weil erfahrungsgemäß solche Betriebe sich nur ausnahmsweise als Existenzgrundlage eignen und nur die wenigsten Steuerpflichtigen oder ihre Rechtsnachfolger die Eigenbewirtschaftung wieder aufnehmen. Auch im Streitfall ist es denkbar, dass mit Übertragung des Grundbesitzes eine Betriebsaufgabe gewollt war. War nämlich die G Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebs, dann hatte sie diesen ―anders als die Nießbrauchsberechtigte im Fall des Urteils in BFHE 150, 321, BStBl II 1987, 772― jedenfalls nicht mehr aktiv bewirtschaftet. Es wäre dann zusätzlich zu klären, ob sie oder die Klägerin die landwirtschaftlichen Nutzflächen verpachtet hatte. Zudem wäre im Fall der Verpachtung durch die G zu fragen, ob eine sog. Betriebsunterbrechnung auch dann noch angenommen werden kann, wenn es zwei ruhende Betriebe, den der G und den der Klägerin, gegeben haben sollte. Andernfalls wäre zu prüfen, ob der Klägerin das sog. Verpächterwahlrecht zustand (vgl. Senatsurteil vom 20. April 1989 IV R 95/87, BFHE 157, 365, BStBl II 1989, 863).

2. Nach der Auffassung des FG und des FA hat sich an der ―vom FG noch zu überprüfenden― Zugehörigkeit des Wohnhauses zum Betriebsvermögen mit dem Tod der G im Jahr 1971 nichts geändert. Die Klägerin meint dagegen, die Voraussetzungen für die Annahme von Betriebsvermögen seien jedenfalls deshalb entfallen, weil M ein dinglich gesichertes Wohnrecht gehabt habe. Dazu ist zu prüfen, wer Erbe von G war und ob es in der Person der Klägerin zu einer Vereinigung des ―unterstellten ruhenden landwirtschaftlichen― Betriebs von G mit dem Eigentum, auch in Gestalt einer Einlage, kam. Ob der Nutzungswert bei M als der unentgeltlich Nutzenden (Senatsurteil vom 27. Juni 1996 IV R 82/95, BFH/NV 1997, 101), oder bei der Klägerin (vgl. Senatsurteil in BFHE 139, 367, BStBl II 1984, 97) zu erfassen wäre, weil das Wohnrecht der M ―z.B. wegen etwaiger Versorgungsansprüche als Witwe des letzten Bewirtschafters― als notwendiges Anhängsel des Altenteils der den Betrieb übergebenden G war, hat das FG nicht geprüft. Ebenso ist offen, ob der Nutzungswert nach § 21 Abs. 2 EStG bei M als der Berechtigten des dinglich gesicherten Wohnrechts zu erfassen ist, weil sie im Jahr 1984 die Wohnräume vermietet hatte (vgl. BFH-Urteile vom 22. September 1993 X R 48/92, BFHE 172, 366, BStBl II 1994, 107, und vom 14. Dezember 1994 X R 1-2/90, BFHE 177, 36, BStBl II 1996, 680), so dass damit das Wohnhaus möglicherweise nicht mehr dem ―angenommenen landwirtschaftlichen― Betrieb der Klägerin und der Erzielung fiktiver Einnahmen diente. Eigene Einnahmen aus der Vermietung erzielte die Klägerin nicht (vgl. zur Annahme von gewillkürtem Betriebsvermögen in einem solchen Fall das Senatsurteil vom 6. August 1998 IV R 6/98, BFH/NV 1999, 175). Dafür, dass die Klägerin beabsichtigte, die verpachteten Flächen wieder in Eigenbewirtschaftung zu nehmen und das Wohnhaus nach dem Auslaufen des Wohnrechts als Wohnung für den Betriebsleiter einzusetzen, hat das FG nichts festgestellt. Unter diesen Umständen braucht nicht weiter erörtert zu werden, ob das Wohnhaus analog § 52 Abs. 15 Satz 9, 2. Halbsatz EStG i.d.F. vor In-Kraft-Treten des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 als zum 31. Dezember 1986 entnommen zu behandeln ist, weil der dinglich Berechtigte durch die Vermietung den Vermietungstatbestand (§ 21 EStG) erfüllte. Zu berücksichtigen ist zudem, dass das Wohnhaus wegen der geringen Größe des Betriebs auch als mögliche Wohnung für Landarbeiter nicht mehr in Betracht kam (vgl. Senatsurteil vom 23. September 1999 IV R 12/98, sowie Leingärtner/Kanzler, a.a.O., Kap. 24 Rz. 142).

3. Die Vorentscheidung war aufzuheben. Die Sache war an das FG zurückzuverweisen. Sie ist nicht spruchreif. Das FG wird festzustellen haben, ob im Jahr 1969 ein landwirtschaftlicher Betrieb, sei es von G oder von V, bestand. Weiter ist ggf. zu klären, ob das Wohnhaus damals notwendiges Betriebsvermögen eines von G unterhaltenen Betriebs war und ob die Klägerin bei der Übertragung des Grundbesitzes auch einen landwirtschaftlichen Betrieb von G übernahm. Dazu kann zu prüfen sein, ob das Wohnhaus nicht im Jahr 1969 anlässlich der Verpachtung der landwirtschaftlichen Nutzflächen und der Übertragung des Eigentums auf die Klägerin entnommen wurde, ob ein landwirtschaftlicher Betrieb fortbestand oder ob er zerschlagen wurde. Ggf. ist festzustellen, ob die Aufnahme der Eigenbewirtschaftung beabsichtigt und die Verwirklichung einer solchen Absicht wahrscheinlich war. Weiter wäre bei einer Zugehörigkeit des Wohnhauses zu einem Betrieb der Klägerin zu klären, ob dieser auch in der Folgezeit fortbestand. Ggf. wäre zu prüfen, ob nach dem Tod von G ein etwa von dieser fortgeführter landwirtschaftlicher Betrieb auf die Klägerin überging und das Wohnhaus Teil eines solchen Betriebs wurde. Ggf. ist zu ermitteln, wer Erbe der G war und ob das Wohnhaus bis zur Veräußerung des Grundbesitzes im Jahr 1994 Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs der Klägerin blieb. Schließlich hat das FG ―von seinem Standpunkt aus zu Recht― noch nicht festgestellt, inwieweit der vom FA angesetzte Veräußerungsgewinn auf das Wohnhaus und den dazugehörigen Grund und Boden entfällt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 425578

BFH/NV 2000, 1078

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge