Entscheidungsstichwort (Thema)

Rang eines Vorsteuerrückforderungsanspruchs im Konkurs

 

Leitsatz (NV)

Ein Vorsteuerrückforderungsanspruch nach § 17 UStG, der vor Konkurseröffnung bereits entstanden, aber noch nicht fällig war, ist eine nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO bevorrechtigte Konkursforderung.

 

Normenkette

KO § 61 Abs. 1 Nr. 2, § 65; UStG 1980 § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 17 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, § 18 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Konkursverwalter über das Vermögen der X-GmbH (GmbH). Am 2. Juli 1985 wurde die Sequestration angeordnet und am 7. August 1985 das Konkursverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet.

Zu diesen Zeitpunkten standen noch Einkaufsrechnungen offen, aus denen die GmbH den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hatte, die sie aber nicht mehr bezahlte.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) forderte deshalb von der GmbH ... DM Vorsteuer gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 zurück und meldete diesen Anspruch zusammen mit weiterer Umsatzsteuer für 1985 unter Angabe des Fälligkeitsdatums 7. August 1985 und mit dem Vorrecht nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 der Konkursordnung (KO) zur Konkurstabelle an. Nachdem der Kläger die Forderung im Prüfungstermin bestritt, erließ das FA einen entsprechenden Feststellungsbescheid.

Die Klage gegen den Feststellungsbescheid, mit der der Kläger sich lediglich gegen die Bevorrechtigung des Vorsteuerrückforderungsanspruchs gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO wandte, hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) kam zum Ergebnis, daß das Entgelt für die der GmbH in Rechnung gestellten Leistungen mit der Anordnung der Sequestration am 2. Juli 1985 uneinbringlich geworden sei. Der Vorsteuerrückforderungsanspruch sei deshalb mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums Juli 1985 entstanden und am 10. August 1985 -- also nach der Konkurseröffnung am 7. August 1985 -- fällig geworden. Er sei deshalb nicht nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO bevorrechtigt.

Hiergegen wendet sich das FA mit der (vom FG zugelassenen) Revision. Es führt aus, der Vorsteuerrückforderungsanspruch gelte gemäß § 65 KO bereits mit der Entstehung am Tage der Anordnung der Sequestration (2. Juli 1985) als fällig.

Der Kläger ist der Revision entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO besteht ein Vorrecht der Staatskassen wegen öffentlicher Abgaben, welche im letzten Jahr vor der Eröffnung des Konkursverfahrens fällig geworden sind oder nach § 65 KO als fällig gelten.

Die Abgabenforderung, um die es hier geht, findet ihre Rechtsgrundlage in § 17 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980. Nach dieser Vorschrift hat der Unternehmer, an den ein steuerpflichtiger Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn das vereinbarte Entgelt für den Umsatz uneinbringlich geworden ist.

Aufgrund des vom FG festgestellten Sachverhaltes ist das Entgelt für die Umsätze, für die die GmbH den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hatte, mit der Anordnung der Sequestration (2. Juli 1985) uneinbringlich geworden. Dies ist unstreitig.

Der Vorsteuerrückforderungsanspruch ist somit Berechnungsgrundlage der Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum Juli 1985 (vgl. Schwakenberg, Umsatzsteuer- Rundschau 1993, 295). Diese Steuerforderung ist, wie das FG im Ergebnis zutreffend entschieden hat, mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums Juli 1985 entstanden (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG 1980) und 10 Tage später fällig geworden (§ 18 Abs. 1 UStG 1980).

Das FG hat jedoch übersehen, daß nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO auch die Abgabenforderungen bevorrechtigt sind, die vor Eröffnung des Konkursverfahrens nach § 65 KO als fällig gelten.

Nach § 65 Abs. 1 KO gelten betagte Forderungen als fällig. Betagte Forderungen im Sinne dieser Vorschrift sind Forderungen, die bei Konkurseröffnung bereits entstanden, aber noch nicht fällig waren (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16. Juli 1987 V R 80/82 unter II. 2. b, BFHE 150, 211, BStBl II 1987, 691). Die Steuerforderung, die Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist, war vor Konkurseröffnung am 7. August 1985 entstanden, aber noch nicht fällig. Sie gilt deshalb nach § 65 Abs. 1 KO als vor Konkurseröffnung fällig und ist nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO bevorrechtigt.

 

Fundstellen

BFH/NV 1995, 448

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