Leitsatz (amtlich)

Die Ausschlußfrist des § 3 Abs. 3 Satz 3 InvZulG 1969 ist gewahrt, wenn der innerhalb dieser Frist beim FA eingegangene Antrag das Investitionsvorhaben, für das Investitionszulage begehrt wird, nach Art und Ort bezeichnet und zusätzlich die Summe der Investitionskosten aufführt. Darüber hinausgehende, für die Festsetzung der Investitionszulage noch erforderliche, ergänzende Angaben fallen nicht unter die Ausschlußfrist.

 

Normenkette

InvZulG 1969 § 3 Abs. 1, 3

 

Tatbestand

Streitig ist, welche Anforderungen an den Inhalt eines fristwahrenden Antrags auf Gewährung einer Investitionszulage nach dem InvZulG 1969 (BGBl I 1969, 1211, BStBl I 1969, 477) zu stellen sind.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) beantragte mit einem am 31. März 1971 beim Beklagten und Revisionskläger (FA) eingegangenen Antrag die Gewährung einer Investitionszulage für das Jahr 1970.

In dem von der Klägerin hierfür Verwendeten amtlichen Vordruck ist auf S. 1 angegeben, daß die Investitionszulage für Wirtschaftsgüter und Baumaßnahmen im Zusammenhang mit der Errichtung einer Betriebstätte in X beantragt werde. Auf S. 2 dieses Vordrucks sind die Investitionssumme und der Betrag der begehrten Investitionszulage aufgeführt. Der für die genaue Bezeichnung der angeschafften Wirtschaftsgüter oder der durchgeführten Baumaßnahme vorgesehene Raum auf S. 2 des Vordrucks war, ohne weitere Angabe zu enthalten, mit dem Vermerk versehen: "Spezifikation wird nachgereicht". Dem Antrag war unter anderem eine Ablichtung des Antrags auf Erteilung der Bescheinigung nach § 1 Abs. 4 InvZulG 1969 beigefügt. In diesem Antrag ist das Investitionsvorhaben näher beschrieben.

Mit Schreiben vom 12. Mai 1971 legte die Klägerin dem FA eine nach Anschaffungszeitpunkten und Anschaffungskosten aufgegliederte Aufstellung der im Jahre 1970 angeschafften Wirtschaftsgüter in Höhe eines Gesamtbetrags von ... DM vor. Diesen Betrag erhöhte sie mit Schreiben vom 4. November 1971 auf ... DM.

Der Aufwand wurde vom Bundesminister für Wirtschaft, Bonn, sowie vom Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft als förderungswürdige Investition i. S. des Investitionszulagegesetzes anerkannt.

Das FA lehnte den Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage mit Bescheid vom 25. Februar 1972 ab. Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Das FG gab der Klage durch den in den EFG 1973, 559 veröffentlichten Vorbescheid statt.

Das FA hat nach Ablauf eines Monats nach Zustellung des Vorbescheides gegen die Entscheidung des FG Revision eingelegt, mit der unrichtige Rechtsanwendung gerügt wird. Es macht geltend, die Investitionszulage sei entgegen seiner - des FG - Auffassung nach dem Investitionszulagegesetz nicht auf das Investitionsvorhaben insgesamt, sondern jeweils auf ein bestimmtes Wirtschaftsgut zu beziehen. Dementsprechend seien die Wirtschaftsgüter im Antrag so zu bezeichnen, daß ihre Feststellung bei einer Nachprüfung möglich sei. Dies entspräche dem Sinn und Zweck des § 3 Abs. 3 Satz 3 InvZulG 1969. Andernfalls könne die Antragsfrist umgangen werden. Die Regelung im Investitionszulagegesetz 1969 entspreche insoweit entgegen der Auffassung des FG der im BHG 1964. Hierzu habe aber der BFH in seiner Entscheidung vom 24. Mai 1968 VI R 305/67, BFHE 92, 402, BStBl II 1968, 572) die gleiche Auffassung wie das FA vertreten.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist unbegründet.

Das FG hat der Klage zu Recht stattgegeben.

Die von der Klägerin begehrte Investitionszulage wird auf Antrag gewährt (§ 1 Abs. 1 Satz i. V. m. § 3 Abs. 3 Satz 1 InvZulG 1969). Der Antrag kann nur innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres gestellt werden, in dem das Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung oder der Anzahlung oder Teilherstellung endet.

a) Der Inhalt des Antrags ist weder durch Gesetz noch durch Rechtsverordnung ausdrücklich vorgeschrieben. Der BFH hat zwar entschieden (Urteil vom 24. Mai 1968 VI R 305/67, BFHE 92, 402, BStBl II 1968, 572), daß im Investitionszulageantrag die Wirtschaftsgüter, für die die Zulage begehrt wird, so zu bezeichnen seien, daß ihre Feststellung bei einer Nachprüfung möglich ist. Diese Entscheidung ist jedoch zu § 19 BHG 1964 ergangen, der sich, wie noch darzulegen sein wird, von der hier in Rede stehenden Vorschrift des § 1 InvZulG 1969 unterscheidet. Eine Anwendung der Grundsätze des Urteils VI R 305/67 auf das Investitionszulagegesetz 1969 ist insoweit nicht möglich.

Der BdF hat in Abschn. 10 Abs. 3 seines Schreibens vom 12. Februar 1970 - IV B/2 - S 1987 - 9/70 (BStBl I 1970, 226) bestimmt, daß in dem Investitionszulageantrag die Wirtschaftsgüter, Ausbauten und Erweiterungen, für die eine Investitionszulage begehrt wird, so bezeichnet werden müssen, daß ihre Feststellung bei einer Nachprüfung möglich ist. Diesem BdF-Schreiben entsprechen gleichlautende Erlasse der einzelnen Länder. An diese Verwaltungsanweisungen, die an die Rechtsprechung des BFH zum Berlinhilfegesetz anknüpfen, ist aber der Senat nicht gebunden. Im übrigen zeigen beim Senat anhängige Fälle, daß die Antragserfordernisse von der Verwaltung gleichwohl unterschiedlich, insbesondere auch i. S. der nachfolgend aufgezeigten Rechtsauffassung des Senats gehandhabt werden.

b) Infolge Fehlens einer gesetzlichen Vorschrift muß der Inhalt eines fristwahrenden Antrags durch Auslegung des § 1 InvZulG 1969 festgestellt werden. Diese Auslegung ergibt, daß das Investitionszulagegesetz 1969 im Gegensatz zum Berlinhilfegesetz 1964 nicht auf die einzelnen Wirtschaftsgüter, Ausbauten und Erweiterungen abstellt, sondern auf das Investitionsvorhaben als solches.

Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1969 wird auf Antrag Investitionszulage gewährt "für die ... im Zusammenhang mit der Errichtung oder Erweiterung der Betriebstätte angeschafften oder hergestellten abnutzbaren Wirtschaftsgüter ... und Ausbauten und Erweiterungen ... von Gebäuden". Dieser Wortlaut steht im deutlichen Gegensatz zu § 19 Abs. 1 BHG 1964, wonach eine Investitionszulage "für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens" gewährt wird. Im Zusammenhang und in Übereinstimmung mit § 1 Abs. 1 InvZulG 1969 bezieht sich der Inhalt der von der Wirtschaftsbehörde zu erteilenden Bescheinigung (vgl. § 1 Abs. 4 InvZulG 1969) darauf, daß die Errichtung, Erweiterung, Umstellung oder Rationalisierung der Betriebstätte volkswirtschaftlich besonders förderungswürdig und geeignet ist, bestimmten wirtschaftsstrukturellen Zielsetzungen zu entsprechen.

Das Investitionszulagegesetz 1969 stellt demnach hinsichtlich des Objektes auf das Investitionsvorhaben ab, nämlich auf die Errichtung, Erweiterung einer Betriebstätte oder Ausbauten und Erweiterungen von Gebäuden. Dies steht im Einklang mit dem Sinn des § 1 Inv-ZulG 1969, bestimmte Investitionsmaßnahmen zu begünstigen, deren Ziel die Schaffung neuer Arbeitsplätze in förderungsbedürftigen Gebieten ist. Für die Gewährung der Investitionszulage ist demnach das Investitionsvorhaben als solches und nicht das einzelne Wirtschaftsgut maßgebend, das im Zusammenhang mit der Investitionsmaßnahme angeschafft oder hergestellt worden ist. Das einzelne Wirtschaftsgut ist nur bedeutsam für die Bemessung der Höhe der zu gewährenden Investitionszulage. Der Gesetzgeber hat dies in den §§ 1 und 4 b Inv-ZulG 1975 (BGBl I 1975, 528, BStBl I 1975, 205) noch weiter verdeutlicht.

Ist aber für die Gewährung der Investitionszulage das Investitionsvorhaben als solches maßgebend, so wird mangels ausdrücklicher anderer gesetzlicher Regelung allein dadurch auch der Inhalt des bis zum Ablauf der Ausschlußfrist des § 3 Abs. 3 InvZulG 1969 beim FA einzureichenden Antrags bestimmt. Für den Antrag genügt allerdings nicht eine allgemeine, den Gesetzeswortlaut wiederholende Bezeichnung des Investitionsvorhabens. Dieses ist vielmehr im Antrag, wozu auch die ihm beigefügten Unterlagen zu rechnen sind, nach Art und Ort zu konkretisieren. Darüber hinaus bedarf es auch noch der Angabe der Summe der Investitionskosten; denn Zweck der Fristbestimmung in § 3 Abs. 3 Satz 3 InvZulG 1969 ist es auch, der Verwaltung in angemessener Zeit einen ausreichenden Überblick über den Umfang der auf sie zukommenden Leistungsverpflichtungen zu ermöglichen (vgl. BFH-Urteil vom 7. November 1975 III R 164/73, BFHE 117, 518, BStBl II 1976, 225).

Erfüllt der innerhalb der Ausschlußfrist des § 3 Abs. 3 InvZulG 1969 beim FA eingegangene Antrag die genannten Mindestvoraussetzungen, so ist der Anspruch auf Gewährung einer Investitionszulage dem Grunde nach bereits wirksam geltend gemacht. Das Verfahren zur Festsetzung der beantragten Investitionszulage ist damit eingeleitet. Der Antrag bildet nicht notwendigerweise auch die Grundlage für die Festsetzung der Investitionszulage. Weitere, für diese Festsetzung noch erforderliche ergänzende Angaben fallen demnach nicht unter die Ausschlußfrist und können noch nach deren Ablauf nachgereicht werden. Zu den ergänzenden Angaben rechnen insbesondere die nähere Bezeichnung der einzelnen Wirtschaftsgüter, die aufgrund der Investitionsmaßnahme angeschafft oder hergestellt worden sind, sowie die Angabe der genauen Höhe der Investitionskosten.

c) Diese Auslegung des Gesetzes steht in Einklang mit dessen Zweck, die Wirtschaftskraft in förderungsbedürftigen Gebieten zu stärken. Diese Zielsetzung erfordert in besonderem Maß, daß das Gesetz leicht, sicher und verständlich gehandhabt werden kann. Diesem Erfordernis entspricht es, daß der Steuerpflichtige bis zum Ablauf der Ausschlußfrist des § 3 Abs. 3 Satz 3 InvZulG 1969 lediglich die Voraussetzungen für seine Anspruchsberechtigung darzulegen hat. Es besteht keine sachliche Notwendigkeit, die für die Festsetzung des zu gewährenden Investitionszulagebetrages noch erforderlichen weiteren Angaben, insbesondere die Bezeichnung der angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter, in die Ausschlußfrist einzubeziehen. Es genügt, wenn diese Angaben der Verwaltung im Zeitpunkt der Festsetzung der Investitionszulage vorliegen. Solange sie nicht vorliegen, ist die Verwaltung zur Festsetzung auch nicht verpflichtet. Eine genaue Bezeichnung der einzelnen Wirtschaftsgüter bis zum Ablauf der nach Ansicht des Senats sehr kurz bemessenen Antragsfrist des § 3 Abs. 3 Satz 3 Inv-ZulG 1969 würde im übrigen gerade bei Investitionsmaßnahmen größeren Umfanges erhebliche praktische Schwierigkeiten bereiten. Schaltet der Steuerpflichtige einen sog. Generalunternehmer in die Durchführung seines Investitionsvorhabens ein, so wird eine Spezifizierung der zu einem solchen Auftrag gehörenden Wirtschaftsgüter bis zum 31. März des maßgebenden Kalenderjahres regelmäßig sogar unmöglich sein.

Es ließe sich im übrigen mit dem Zweck des Gesetzes als einem Instrument der regionalen Wirtschaftsförderung nicht vereinbaren, wenn der Steuerpflichtige seinen sachlich begründeten Investitionszulageanspruch infolge eines formellen Mangels des Antrags verlieren würde, obwohl das Gesetz eine ausdrückliche Regelung über Form und Inhalt des Antrags nicht enthält.

d) Da nach der gegebenen gesetzlichen Regelung nur die bereits aufgeführten Anforderungen an den Inhalt eines fristwahrenden Antrags gestellt werden können, kann die Antragsfrist nicht schon allein deshalb umgangen werden, weil die einzelnen Wirtschaftsgüter nicht im Antrag bezeichnet sind. Ein mögliches Nachschieben oder ein Austausch von Wirtschaftsgütern betrifft nicht die Geltendmachung der Anspruchsberechtigung, sondern ist bei der Festsetzung der Investitionszulage zu berücksichtigen. Der Senat läßt im übrigen dahingestellt, ob die gegebene gesetzliche Regelung die Verhinderung von Mißbräuchen erschwert; denn selbst wenn dies der Fall wäre, erschiene dies dem Senat nicht von solchem Gewicht, daß die Investitionszulage allein deshalb aus formellen Gründen zu versagen wäre. Daraus, daß der Gesetzgeber den Inhalt des Antrags nicht näher bestimmt hat, können dem Steuerpflichtigen keine Rechtsnachteile entstehen.

e) Der Senat ist mit der Vorinstanz der Auffassung, daß der Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Investitionszulage rechtzeitig gestellt ist. Der Antrag vom 26. März 1971 und die diesem beigefügte Ablichtung des Antrags auf Erteilung der Bescheinigung nach § 1 Abs. 4 InvZulG 1969 bezeichnen das Investitionsvorhaben in ausreichendem Maße. Aus ihnen ergibt sich, daß die Klägerin die Gewährung einer Investitionszulage für die Erweiterung der Betriebstätte in X beantragt. Der Antrag enthält außerdem die Summe der im Jahre 1970 für dieses Investitionsvorhaben aufgewendeten Kosten. Daß in dem Antrag die einzelnen Wirtschaftsgüter, Ausbauten und Erweiterungen, aus denen sich das gesamte Investitionsvorhaben zusammensetzte, nicht im einzelnen aufgeführt waren, war nach den vorstehenden Ausführungen unschädlich. Die Schreiben vom 12. Mai 1971 und vom 4. November 1971, in denen die einzelnen Wirtschaftsgüter, Ausbauten und Erweiterungen auch summenmäßig im einzelnen dargestellt sind, stellen keine Erweiterung, sondern eine noch nach Ablauf der Ausschlußfrist zu berücksichtigende Ergänzung des Antrags vom 26. März 1971 dar, die nicht mehr zur Geltendmachung der Anspruchsberechtigung erforderlich ist, sondern lediglich der Festsetzung des zu gewährenden Investitionszulagebetrages dient.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71993

BStBl II 1976, 757

BFHE 1977, 543

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