Leitsatz (amtlich)

Nachträgliche, nach Einstellung der werbenden Tätigkeit geleistete gewerbliche Ausgaben können bei beschränkter Steuerpflicht im Inland nur dann zu negativen Einkünften aus Gewerbebetrieb führen, wenn sie im Rahmen einer im Inland noch unterhaltenen Betriebstätte angefallen sind.

 

Normenkette

EStG §§ 15, 49-50

 

Tatbestand

Die verstorbene Ehefrau (Steuerpflichtige) des Revisionsbeklagten war zu 1/3 und ihr Vater zu 2/3 als Gesellschafter an einer inländischen OHG beteiligt. Am 13. Juni 1958 schied der Vater der Steuerpflichtigen gemäß notariellem Vertrag vom selben Tage unter Übertragung seines Kapitalanteils auf die Steuerpflichtige aus der OHG aus. Zugleich wurde auch das Alleineigentum an einem der OHG gehörenden Grundstück auf die Steuerpflichtige übertragen. Die Steuerpflichtige verpflichtete sich, "als Gegenleistung für die Übertragung des Kapitalanteils" ab Juni 1958 ihrem Vater eine lebenslängliche Rente von monatlich 600 DM und nach seinem Tode ihrer Mutter eine lebenslängliche Rente in gleicher Höhe zu zahlen. Noch im selben Jahre gab die Steuerpflichtige den Betrieb auf und überführte das Betriebsvermögen - soweit nicht bereits veräußert - in ihr Privatvermögen. Im Dezember 1958 zog sie zu ihrem Ehemann nach Österreich. Ab 1959 bezog sie aus dem Grundstück nur noch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die bis zum Frühjahr 1959 an ihren Vater und danach an ihre Mutter gezahlten Rentenbeträge setzte sie jeweils in Höhe des Ertragsanteils für 1958 als Betriebsausgaben bei ihren gewerblichen Einkünften und für die Streitjahre 1959 bis 1961 als Werbungskosten bei ihren inländischen Mieteinkünften ab.

Der Revisionskläger (FA) behandelte bei den Einkommensteuerveranlagungen der Steuerpflichtigen die Rente als private Versorgungsrente. Bei der rechtskräftigen Veranlagung für 1958 (unbeschränkte Steuerpflicht) berücksichtigte er die Rente in Höhe ihres Ertragsanteils gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Sonderausgabe. Bei den Veranlagungen für die Streitjahre (beschränkte Steuerpflicht) versagte er dagegen auch den Abzug des Ertragsanteils der Rente als Sonderausgabe, da derartige Sonderausgaben nach dem Gesetz nur bei unbeschränkter Steuerpflicht in Betracht kämen.

Die hiergegen eingelegten Einsprüche der Steuerpflichtigen, in denen sie sich auf das Vorliegen einer betrieblichen Veräußerungsrente berief, hatten keinen Erfolg.

Auf die Berufung der Steuerpflichtigen hob das FG die angefochtenen Einkommensteuerbescheide und die Einspruchsentscheidung des FA auf und setzte die Einkommensteuer wie von der Steuerpflichtigen beantragt fest. Zur Begründung führte es aus, daß die von der Steuerpflichtigen an ihren Vater aufgrund der Anteilsübertragung geleisteten laufenden Zahlungen in Höhe von 600 DM monatlich nicht als private Versorgungsrente, sondern als betriebliche Veräußerungsrente anzusehen seien. Eine solche betriebliche Veräußerungsrente liege in der Regel dann vor, wenn die Rente anläßlich der entgeltlichen Übertragung von Betriebsvermögen oder Gesellschaftsanteilen vereinbart und dabei ihre Höhe unter Abwägung des Wertes von Leistung und Gegenleistung nach kaufmännischen Gesichtspunkten bemessen worden sei. Hierfür sei nicht in jedem Falle erforderlich, daß sich Leistung und Gegenleistung objektiv völlig gleichwertig gegenüberstehen. Sei die Rente objektiv dem Wert des übertragenen Betriebsvermögens nicht angemessen, so müsse sich wenigstens aus der sonstigen Vertragsgestaltung oder aus besonderen Umständen erkennen lassen, daß die Beteiligten jedenfalls subjektiv von der Gleichwertigkeit ihrer beiderseitigen Leistungen ausgegangen, d. h. sich darüber im klaren gewesen seien, daß sich die Höhe der Leistung des einen nach der Höhe der Leistung des anderen Partners richten sollte. Im Streitfall könne dahingestellt bleiben, ob sich der Wert von Leistung und Gegenleistung objektiv vollkommen gedeckt hätten, denn keinesfalls könne von einem offensichtlichen Mißverhältnis zwischen den beiderseitigen Leistungen gesprochen werden. Das FA gehe selbst nur mehr von einem objektiven Mehrwert des übertragenen Betriebsvermögens in Höhe von 8 740 DM über den Kapitalwert der Rente aus. Dieser - für sich betrachtet nicht unerhebliche - Unterschiedsbetrag sei jedoch relativ gesehen zu gering, um ein objektives Mißverhältnis zwischen den beiderseitigen Leistungen zu bejahen, zumal der tatsächliche Geldwert einer Rentenzusage keineswegs stets ihrem - letzten Endes nur fiktiven - Kapitalwert entspreche.

Unter diesen Umständen komme es entscheidend auf den Parteiwillen, d. h. auf die subjektiven Vorstellungen der Vertragspartner über den Wert der beiderseitigen Leistungen an, wie er sich entweder aus dem Vertrage selbst oder aus den sonstigen Umständen ergebe. Wie der Bevollmächtigte des Revisionsklägers vor dem FG ausdrücklich vorgetragen habe, haben die Steuerpflichtige und deren Vater seinerzeit eingehend ihre beiderseitigen Leistungen gegeneinander abgewogen und sich hierbei von ihm selbst, dem Bevollmächtigten, sowie ihrem Anwalt beraten lassen, so daß sie schließlich tatsächlich von der Gleichwertigkeit ihrer beiderseitigen Leistungen überzeugt gewesen seien. Es bestehe kein Anlaß, die Richtigkeit dieser Darstellung des Bevollmächtigten zu bezweifeln, zumal als dieser aus eigener Kenntnis vorgetragen habe, daß die Vertragspartner bei dem Aushandeln der Rente besonders berücksichtigt hätten, daß alle vorherigen Versuche, das Geschäft als Ganzes zu verkaufen, letzten Endes daran gescheitert seien, daß die Interessenten nicht bereit gewesen seien, den voraussichtlich nur mit erheblichem Verlust absetzbaren hohen Warenbestand (Buchwert 31. Dezember 1957: 32 600 DM) zu übernehmen. Da kein Kaufinteressent den Buchwert dieses Warenbestands akzeptiert habe, hätten die Steuerpflichtige und ihr Vater das im Warenbestand vorhandene Verlustrisiko in etwa mit den stillen Reserven im Grundstück, auf denen der vom FA errechnete Mehrwert des übertragenen Betriebsvermögens beruhe, gleichgesetzt und die Rente daher ungefähr nach dem Buchwert des Kapitalanteils des Vaters der Steuerpflichtigen bemessen.

Die Rente sei sonach als betriebliche Veräußerungsrente anzusehen. Dem stehe nicht entgegen, daß die Rente bei der rechtskräftigen Veranlagung der Steuerpflichtigen für 1958 als private Versorgungsrente behandelt worden sei und auch die Steuerpflichtige für 1958 nicht die bilanzmäßig notwendigen Folgerungen aus dem Vorliegen einer betrieblichen Veräußerungsrente (Passivierung des Kapitalwerts der Rentenverpflichtung und in entsprechender Höhe Aktivierung der Anschaffungskosten für die übernommenen Wirtschaftsgüter) gezogen habe. Gegen die Veranlagung 1958 habe die Steuerpflichtige schon mangels Beschwer keinen Rechtsbehelf einlegen können, weil es einkommensteuerlich ohne Auswirkung geblieben sei, ob der von ihr begehrte Abzug der Rente in Höhe des Ertragsanteils als Betriebsausgabe oder als Sonderausgabe berücksichtigt worden sei. Aus der unterlassenen Passivierung des Kapitalwerts der Rentenverpflichtung und der Aktivierung von entsprechenden Anschaffungskosten könnten schon deswegen keine Schlüsse gezogen werden, weil die Steuerpflichtige ohnehin keine Eröffnungsbilanz auf den 13. Juni 1958 (Tag der Anteilsübernahme) erstellt und den Betrieb noch im gleichen Jahr aufgegeben habe. Daß die Rente in gleicher Höhe nach dem Tode des Vaters der Steuerpflichtigen an deren Mutter zu zahlen gewesen sei, sei entgegen der Ansicht des FA kein entscheidendes Moment, das eine betriebliche Veräußerungsrente ausschließe.

Da die Steuerpflichtige das im wesentlichen aus dem Grundstück bestehende Betriebsvermögen in ihr Privatvermögen überführt und in den Streitjahren durch Vermietung und Verpachtung genutzt habe, stehe die Rente, zumal sie durch eine Grundschuld auf diesem Grundstück gesichert sei, in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den inländischen Einkünften der Steuerpflichtigen aus Vermietung und Verpachtung und sei daher gemäß § 9 Nr. 1 EStG jeweils in Höhe ihres Ertragsanteils bei diesen, der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Einkünften als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des FA hat das FG die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

Mit der Revision beantragt das FA, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage gegen die Einspruchsentscheidung als unbegründet abzuweisen. Hilfsweise begehrt es, die Sache zur erneuten Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Gerügt wird unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts (§§ 21, 2 Abs. 4 Nr. 2, § 9 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 50 Abs. 1 EStG) sowie mangelnde Sachaufklärung.

Insbesondere sei das FG von einer Reihe im einzelnen bezeichneter Entscheidungen des BFH abgewichen. Nach diesen Urteilen spreche bei Betriebsübertragung von Eltern auf Kinder oder unter sehr nahen Verwandten gegen Vereinbarung von Rentenzahlungen im allgemeinen eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung für außerbetriebliche Erwägungen. In der Regel sei in solchen Fällen mit der Betriebsübertragung eine Unterhaltsregelung oder die Vorwegnahme einer erbrechtlichen Auseinandersetzung, nicht jedoch eine Betriebsveräußerung beabsichtigt. Da nach ständiger Rechtsprechung bei Rechtsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen eine klare und eindeutige Rechtsgestaltung sowie leichte Nachprüfbarkeit der Verhältnisse gefordert werden müsse, insbesondere dort, wo die Beteiligten in der Gestaltung ihrer Rechtsbeziehungen verschiedene Möglichkeiten hätten, sei ein Ausnahmefall im obigen Sinne nur dann gegeben, wenn zwischen den nahen Angehörigen Leistungen und Gegenleistungen nach den im Wirtschaftsleben üblichen Grundsätzen gegeneinander abgewogen seien und dies in den Verträgen klar zum Ausdruck gekommen sei. Das FG habe eine betriebliche Anteilsveräußerung auf Rentenbasis angenommen, obgleich sich aus dem Vertrag derartiges nicht entnehmen lasse. Der im notariell beurkundeten Vertrag enthaltene Hinweis, nach dem die Steuerpflichtige sich verpflichtet habe, "als Gegenleistung für die Übertragung des Kapitalanteils" ihrem Vater bzw. nach dessen Ableben ihrer Mutter eine lebenslängliche Rente zu zahlen, reiche nicht für die Annahme aus, daß es sich bei dem Vertrag um einen Kaufvertrag gehandelt habe.

Auch hätte sich das FG nicht mit der Erklärung des Prozeßbevollmächtigten der Steuerpflichtigen begnügen dürfen, derzufolge die Vertragsparteien seinerzeit eine Abwägung der beiderseitigen Leistungen vorgenommen haben sollen. Es sei bekannt, daß auch bei dem Vereinbaren privater Versorgungsrenten Leistung und Gegenleistung in gewissem Umfang eine Rolle spielen, wenn auch im Vordergrund der Versorgungsgedanke des Betriebsübergebers stehe. Die Tatsache, daß sich die Vertragsparteien Gedanken über die Höhe der Leistung und Gegenleistung gemacht haben, bedeute deshalb noch nicht, daß sie einen Kaufvertrag über den Gesellschaftsanteil des Vaters haben abschließen wollen. Das FG sei im Rahmen seiner Verpflichtung zur Sachaufklärung zumindest gehalten gewesen, den Notar zu hören, der den Vertrag vom 13. Juni 1958 beurkundet habe. Bei dieser der Lebenserfahrung widersprechenden Darstellung des Prozeßbevollmächtigten sei es keinesfalls angängig, die Rechtsauffassung nur einer Prozeßpartei als allgemein maßgebend anzusehen. Hierin liege ein Verfahrensverstoß.

Zudem habe das FG bei seinen Überlegungen den Kapitalwert der Rente mit 45 400 DM als richtig unterstellt. Da die Wertverhältnisse aber eine so große Bedeutung bei seiner Rechtsfindung gespielt hätten, sei das FG gehalten gewesen, genaue Ermittlungen über die Höhe der Vermögenswerte anzustellen. Insbesondere sei es erforderlich gewesen, den Kapitalwert der Rente nach versicherungsmathematischen Grundsätzen festzustellen. Der Sachverhalt sei insoweit ebenfalls unzureichend aufgeklärt.

Sehe man aber mit dem FG die Rente als betriebliche Veräußerungsrente an, so sei zu berücksichtigen, daß nach dem BFH-Urteil VI 217/64 U vom 7. Mai 1965 (BFH 82, 548, BStBl III 1965, 445) Betriebsschulden, damit auch die Rente, notwendiges Betriebsvermögen seien. An einer Überführung dieser Schuld in das Privatvermögen fehle es. Der Ertragsanteil der laufenden Rentenzahlungen könne daher nur im Rahmen des § 49 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 50 Abs. 1 EStG berücksichtigt werden. Nach diesen Vorschriften seien aber nachträgliche Betriebsausgaben bei beschränkter Steuerpflicht nicht abzugsfähig.

Der Revisionsbeklagte beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Er hält die vom FG gezogene Folgerung, daß es sich um eine betriebliche Veräußerungsrente handele, für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Entscheidung.

Dem FG ist insoweit zuzustimmen, als es die Rente nicht als private Versorgungsrente, sondern als betriebliche Veräußerungsrente angesehen hat. Zwar hat der BFH in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß bei Vermögensübertragungen von Eltern auf Kinder die Vermutung im allgemeinen für die Ursächlichkeit privater Erwägungen spreche, und daß diese Vermutung nur in Ausnahmefällen widerlegbar sei (vgl. BFH-Entscheidung IV 8/62 U vom 23. Januar 1964, BFH 79, 516, BStBl III 1964, 422, mit weiteren Nachweisen). Im vorliegenden Fall konnte die Vermutung indes vom FG aufgrund der festgestellten Tatsachen als widerlegt angesehen werden. Wohl sind Leistung und Gegenleistung des zwischen der Steuerpflichtigen und ihrem Vater geschlossenen Vertrags nicht als gleichwertig anzusehen, wenn man das Warenlager mit seinem Buchwert in den Vergleich einbezieht. Eine völlige objektive Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen ist jedoch - wie das FG zutreffend dargelegt hat - nicht erforderlich. Vielmehr können annähernd gleiche Wertverhältnisse - wie im vorliegenden Fall - als ausreichend erachtet werden, sofern die Beteiligten nur subjektiv davon ausgehen, daß sich Leistung und Gegenleistung etwa entsprechen. Keinen Bedenken begegnet es, daß die Vorinstanz bei der Prüfung dieser Frage der sich bei Anteilsveräußerung abzeichnenden Unsicherheit über die Verkaufsmöglichkeit des Warenlagers Rechnung trug. Auch bedurfte es - entgegen der Auffassung des FA - keiner über den vorliegenden schriftlichen Vertrag hinausgehenden Abmachungen zwischen der Steuerpflichtigen und ihrem Vater, um darzutun, daß beide Vertragsteile die beiderseitigen Leistungen subjektiv als gleichwertig ansahen. Die Rechtsprechung zu Verträgen zwischen Ehegatten und nahen Angehörigen besagt nur, daß die Rechtsbeziehungen zwischen diesen Personen eindeutig schriftlich festgelegt sein müssen, nicht aber, daß auch eine schriftliche Niederlegung der Motive der Vertragspartner jeweils erforderlich ist.

Zu Unrecht rügt das FA, die Vorinstanz habe ihre Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts verletzt, indem sie sich im wesentlichen mit den Angaben des Prozeßbevollmächtigten der Revisionsbeklagten begnügt und zudem den Kapitalwert der Rente nicht selbst ermittelt habe. Dem FG steht zur Sachverhaltsaufklärung ein gewisser Ermessensspielraum zur Verfügung, innerhalb dessen es sich je nach Lage des Einzelfalles bewegen kann. Konnten bereits die selbst vom FA nicht als unrichtig bezeichneten Erklärungen des Prozeßbevollmächtigten dem FG die Überzeugung verschaffen, daß die Steuerpflichtige und ihr Vater bei Vertragsabschluß von der Gleichwertigkeit ihrer vertraglich übernommenen Verpflichtungen ausgegangen waren, so war eine weitere Sachverhaltsaufklärung insoweit nicht erforderlich.

Der Kapitalwert der Rente war vom FA selbst mit 45 400 DM in seine Berechnungen aufgenommen worden (vgl. S. 5 des Schriftsatzes des FA vom 26. November 1963 an das FG). Daß sich dem FG die Unrichtigkeit dieses Wertes hätte aufdrängen müssen, trägt das FA nicht vor. Es würde einer Überspitzung der Verpflichtung des FG zur Sachverhaltsaufklärung gleichkommen, wenn man auch die Überprüfung von Tatsachen fordern wollte, die zwischen den Beteiligten offenbar unstreitig sind und für deren Unrichtigkeit sich keine sonstigen Anhaltspunkte ergeben.

Obgleich das FG die von der Steuerpflichtigen an ihren Vater zu zahlende Rente ohne Rechtsverstoß als betriebliche Veräußerungsrente ansah, kann der Vorentscheidung im Ergebnis nicht beigetreten werden. Die Steuerpflichtige war in den Streitjahren beschränkt steuerpflichtig. Die an ihren Vater entrichteten Rentenbeträge können daher nur dann und insoweit steuerlich berücksichtigt werden, als sie sich innerhalb einer der in § 49 EStG genannten Einkunftsarten auswirken. Dies ist nicht in vollem Umfang der Fall.

Insbesondere sind die Zahlungen nicht als - negative - Einkünfte aus Gewerbebetrieb, für den im Inland eine Betriebstätte unterhalten wird, anzusehen, und zwar unabhängig davon, ob die Rentenlast im Jahre 1958 bei Betriebsaufgabe in das Privatvermögen der Steuerpflichtigen überführt wurde oder nicht. Erfolgte eine Überführung in das Privatvermögen, wofür die von der Vorinstanz festgestellten Tatsachen sprechen, so wären die einzelnen Rentenzahlungen private Ausgaben der Steuerpflichtigen, die ohne Einfluß auf deren gewerbliche Einkünfte bleiben müßten.

Blieb die Rentenlast dagegen Betriebsvermögen, so müßten die einzelnen Rentenzahlungen nach der Betriebsaufgabe als nachträgliche gewerbliche Ausgaben angesehen werden (vgl. BFH-Urteile IV 107/63 U vom 12. März 1964, BFH 79, 476, BStBl III 1964, 406, und I 238/60 U vom 15. Januar 1963, BFH 76, 649, BStBl III 1963, 237). Als solche könnten sie jedoch bei beschränkter Steuerpflicht im Inland nur dann zu negativen Einkünften aus Gewerbebetrieb führen, wenn sie im Rahmen einer im Inland noch unterhaltenen Betriebstätte angefallen wären (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Eine solche lag in den Streitjahren nicht mehr vor.

Die einzelnen Rentenzahlungen können aber auch nicht im vollen Umfang als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung angesehen werden, denn die hierzu vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen vermögen eine solche Entscheidung nicht zu tragen. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Auch Rentenzahlungen, die in Erfüllung einer als Kaufpreis für ein Grundstück übernommenen Rentenlast geleistet werden, können hinsichtlich ihres Ertragsanteils Werbungskosten sein (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 1 EStG), soweit sie nicht als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen sind. Wurde bei der Betriebsaufgabe im Jahre 1958 auch die Rentenverpflichtung in das Privatvermögen übernommen, so kann der jeweilige Ertragsanteil der Rentenzahlung insoweit als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung angesehen werden, als die Rentenverpflichtung eine Gegenleistung für den von der Steuerpflichtigen übernommenen Grundstücksanteil darstellt. Da dies nur zum Teil der Fall ist, können die Rentenzahlungen mit ihrem Ertragsanteil auch nur teilweise, nicht jedoch im vollen Umfang als Werbungskosten von den Einnahmen aus diesem Grundstück abgezogen werden.

Der volle Abzug des Ertragsanteils der Rente ist nicht etwa deshalb gerechtfertigt, weil das Betriebsvermögen - wie das FG meint - im wesentlichen aus dem Grundstück bestand. Dabei kann dahinstehen, ob dieser Schluß erlaubt wäre, wenn neben dem Grundstück nur mehr Wirtschaftsgüter von untergeordnetem Wert zum Betriebsvermögen gehört hätten, denn schon aus der Größe des Warenbestandes vom 31. Dezember 1957 mit einem Buchwert von 32 600 DM wird deutlich, daß das Betriebsvermögen auch außer dem Grundstück noch ins Gewicht fallende andere Wirtschaftsgüter umfaßte.

Auch die Sicherung der gesamten Leibrente durch Belastung des Grundstücks mit einer Grundschuld zugunsten des Vaters ist nicht geeignet, den gesamten Ertragsanteil der Rentenzahlungen als Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung anzusehen, denn die Sicherung schafft nur einen rechtlichen, nicht aber einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Rente und den Mieteinnahmen (vgl. BFH-Urteil IV 215/50 U vom 14. November 1951, BFH 55, 581, BStBl III 1951, 235).

Die Vorinstanz wird sonach noch prüfen und gegebenenfalls anhand einer Schätzung ermitteln müssen, welcher Teil der Rente als Entgelt für den Erwerb des 2/3 Anteils des Grundstücks durch die Steuerpflichtige anzusehen ist. Nur der sich aus diesem Rentenanteil ergebende Ertragsanteil kann als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Steuerpflichtigen berücksichtigt werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68827

BStBl II 1970, 56

BFHE 1970, 63

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